Hypophosphatasie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei der Hypophosphatasie verhindert ein genetischer Enzymdefekt die Mineralisation des Skeletts. Die Betroffenen leiden an Skelettdeformationen und erleiden häufiger Fraktionen. Obwohl bislang keine kurative Therapie zur Verfügung steht, wird die Erkrankung in Zukunft beispielsweise mit der Enzymersatztherapie eventuell heilbar sein.
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Was ist Hypophosphatasie?
Als Hypophosphatasie wird eine seltene Erbkrankheit des Knochenstoffwechsels bezeichnet. Durch Phosphatasemangel kommt es im Rahmen dieser Erkrankung zu zahlreichen Fehlbildungen des Skeletts. Die Knochen werden bei der Hypophosphatasie nicht ausreichend mineralisiert. Sozusagen ist die Erkrankung im engeren Sinne eine Mineralisierungsstörung.
Von der Hypophosphatasie zu unterscheiden ist die Hyperphosphatasie, bei der es zu einer Übermineralisierung kommt. Auch diese Stoffwechselstörung ist genetisch bedingt und lässt sich autosomal-rezessiv vererben. Die Hypophosphatasie wird häufig mit anderen Knochenerkrankungen wie der Osteoporose verwechselt. Eine genaue Prävalenz ist für die Erbkrankheit bislang nicht bekannt.
In einer Studie wurde ein ungefähres Verhältnis von 1:100,000 für das Vorkommen ermittelt. Als Untergruppen der Erkrankung gelten die perinatale, die infantile, die adoleszente und die Erwachsenenform. Im weiteren Sinn sind auch die Odontohypophosphatasie und die Pseudohypophosphatasie zu der Gruppe zu rechnen.
Ursachen
Dieses Phosphat wird von den Osteoblasten zur Knochenmineralisation benötigt. Wenn zu wenig oder lediglich mutierte alkalische Phosphatase vorhanden ist, bildet das Enzym zu wenig Phosphat. Die Knochen können von den Osteoblasten daher nur eingeschränkt mineralisiert werden. Im Organismus liegt zu viel anorganisches Pyrophosphat vor, da es nur beschränkt aufgespalten wird. Diese Überkonzentration an anorganischem Pyrophosphat hemmt die Knochenbildung noch mehr und kann die Pyrophosphatkalziumkristalle in den Organen ausfallen lassen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Der Schwergrad der Erkrankung bestimmt die Symptome. Auch die Form der Hypophosphatasie hat Auswirkungen auf die eintretenden Symptome. Als Faustregel gilt eine früh eintretende Erkrankung als schwerwiegender, als der Krankheitsausbruch in den späteren Lebensdekaden. Besonders die infantile Form ist daher häufig letal, da sie neben starken Skelettfehlbildungen auch zu organischen Schäden führt.
Die Erwachsenenform der Erkrankung verläuft dagegen weniger schwerwiegend. In der Regel kommt es bei der Hypophosphatasie wegen der mangelnden Mineralisation zu einer Knochenverkrümmung, die mit Frakturen einhergeht. Von diesen Frakturen sind vor allem die Röhrenknochen betroffen. Zahnverluste und ein hoher Kalziumgehalt treten begleitend dazu auf.
Auch schnelle Ermüdung, Muskelschwäche, Appetitlosigkeit und Schmerzen können auftreten. Entzündliche Erscheinungen begleiten oft die Frakturen, da sich das anorganische Pyrophosphat mit Kalzium zu Kristallen verbindet und im Körper ablagert. Die Hypophosphatasie wird daher oft mit Osteoporose oder Rheuma verwechselt.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Da die Hypophosphatasie mit verschiedensten Symptomen verbunden sein und außerdem in jeder Lebensdekade zum Ausbruch kommen kann, ist die Diagnosestellung bei der Erkrankung eine Herausforderung. Bislang ist kein direkter Nachweis der Mutation möglich. Lediglich über die Blutwerte lässt sich eine erste Verdachtsdiagnose stellen.
Sowohl Phosphorethanol, als auch anorganisches Pyrophosphat und Pyridoxal-5-Phosphat sind bei Betroffenen erhöht. Schwere Formen der Mineralisierungsstörung sind auch über ein Röntgenbild nachvollziehbar, auf dem sich das Skelett lediglich schemenhaft erkennen lässt. Für Säuglinge mit dieser Erkrankung ist die Prognose am ungünstigsten. Die Letalität ist hoch. Bei Erwachsenen geht man von einem günstigeren Verlauf aus.
Komplikationen
Ebenso kann die Fehlbildung des Skeletts auch zu Schäden an den Organen führen, sodass eventuell eine Transplantation notwendig ist, damit der Patient überleben kann. Nicht selten tritt auch ein Zahnausfall auf, welcher zu Beschwerden bei der Nahrungsaufnahme führen kann. Durch den Ausfall der Zähne kommt es nicht selten zu ästhetischen Beschwerden und damit zu Depressionen.
Weiterhin sinkt die Belastbarkeit des Patienten enorm ab und der Betroffene fühlt sich krank und müde. Es treten starke Schmerzen und eine Appetitlosigkeit auf, die zu einer Unterernährung führen kann. Der Alltag des Patienten wirkt durch die Hypophosphatasie stark eingeschränkt und die Lebensqualität wird erheblich verringert.
Die Behandlung der Hypophosphatasie kann mit Hilfe von Medikamenten erfolgen und führt zu einem positiven Krankheitsverlauf. In vielen Fällen sind auch Therapien notwendig. Die Lebenserwartung kann verringert sein, wenn es durch die Hypophosphatasie zu Organschäden gekommen ist.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn Symptome einer Hypophosphatasie bemerkt werden, sollte zum Hausarzt gegangen werden. Ärztlicher Rat ist gefragt, wenn es bereits bei leichter körperlicher Anstrengung zu Ermüdung und Muskelschwäche kommt. Weitere Warnzeichen, die abgeklärt werden müssen, sind Appetitlosigkeit und Schmerzen in den Gliedern. Begleitend dazu treten oft Entzündungen und zunehmende Versteifungen im Bereich der Gelenke auf. Diese Anzeichen deuten auf eine Hypophosphatasie hin und müssen schnell untersucht und gegebenenfalls behandelt werden. Personen, die bereits seit längerer Zeit an ungewöhnlichen Muskel-, Gelenk- oder Knochenschmerzen leiden, die auf keine bestimmte Ursache zurückzuführen sind, sollten ebenfalls einen Arzt konsultieren.
Da es sich um eine genetische Erkrankung handelt, können etwaige Risikofaktoren nicht vorbeugend behandelt werden. Erst wenn die Erkrankung diagnostiziert wurde, kann der Verlauf der einzelnen Beschwerden verlangsamt werden. Personen, die den Verdacht auf eine ernste Erkrankung der Knochen haben, sollten mit dem Hausarzt sprechen. Der Mediziner kann eine erste Diagnose stellen und den Patienten anschließend an einen Orthopäden oder einen Spezialisten für Knochenerkrankungen weiterleiten. Die weitere Behandlung erfolgt meist in einer Fachklinik.
Behandlung & Therapie
Therapeutisch steht keine kurative Behandlung der Hypophosphatasie zur Verfügung. Auch eine kausale Therapie gibt es beim gegenwärtigen Stand der Medizin bislang nicht. Daher erfolgt die Behandlung in aller Regel symptomatisch. Zur Linderung der Symptome wird eine medikamentöse Therapie durchgeführt. Sowohl die Gabe von Vitamin D, als auch die Gabe von Schmerzmitteln erzielen in den meisten Fällen symptomatische Verbesserungen.
Vor allem die Schmerzen vermindern die Lebensqualität der Betroffenen. Da symptomatische Therapien insbesondere auf eine Verbesserung der Lebensqualität abzielen, steht die Schmerzlinderung im Mittelpunkt der Behandlung. Patienten mit einer erhöhten Konzentration von Prostaglandin E2 kann zu diesem Zweck zum Beispiel fünf Wochen lang ein nicht-steroidales Antiphlogistikum gegeben werden. So lässt sich die körperliche Aktivität mit weniger Schmerzen wieder steigern.
Zur Steigerung der Beweglichkeit kann im Rahmen der Therapie zum Beispiel Physiotherapie sinnvoll sein. Jede Art von körperlicher Betätigung beeinflusst den Krankheitsverlauf positiv, da der gezielte Aufbau von Muskulatur den Bewegungsapparat stabilisieren kann. Auch eine Umstellung der Ernährung wird im Rahmen der Behandlung empfohlen. Phosphatarme Kost reduziert zum Beispiel eine erhöhte Serumkonzentrationen von Phosphat und kann die Bildung von Kristallen reduzieren.
Falls neurologische Symptome auftreten, die von erhöhtem Hirndruck verursacht werden, findet eine neurologische Intervention statt. Die medizinische Forschung ist mittlerweile mit innovativen Konzepten zur Therapie der Hypophosphatasie befasst. Zukünftig werden mit einer Enzymersatztherapie oder einer Fremdspendertransplantation möglicherweise kurative Behandlungen zur Verfügung stehen.
Vorbeugung
Da die Hypophosphatasie eine Erbkrankheit auf Basis einer Genmutation ist, lässt sich der Erkrankung nicht vorbeugen.
Nachsorge
Im Anschluss an eine behandelte Hypophosphatasie geht es für die Patienten unter anderem um die Verbesserung der Beweglichkeit. Hier hilft zumeist eine Physiotherapie. Durch körperliche Bewegung geht die Besserung zügig voran, denn die Muskulatur erhält eine gute Stabilisierung. In der Nachsorge steht auch eine Prüfung der Ernährungsgewohnheiten an.
Durch eine phosphatarme Diät lässt sich die Konzentration im Blut senken, sodass sich weniger Kristalle bilden. Wenn es krankheitsbedingt zu neurologischen Symptomen kommt, sind entsprechende Maßnahmen in diesem Bereich in die Wege zu leiten. Für eine solche Therapie gibt es keine allgemein gültigen Ratschläge für die Nachsorge.
Das hängt mit der rein symptomatischen Behandlung zusammen. Typischerweise müssen die Patienten über einen langen Zeitraum Vitamin D einnehmen. Zudem verschreiben die Ärzte bei starken Schmerzen hilfreiche Medikamente, die diese Beschwerden lindern. Wenn die Betroffenen die Schmerzmittel langfristig einnehmen, ist allerdings mit Schädigungen des Magens zu rechnen.
Hier ist es wichtig, den Körper nicht zu stark zu belasten. Eventuell ist eine Reduzierung der Aktivitäten erforderlich, um die Schmerzen zu lindern. Abhängig von den psychischen Problemen, die oft mit der Krankheit einhergehen, kann im Rahmen der Nachsorge eine individuelle Psychotherapie ratsam sein.
Das können Sie selbst tun
Weiterhin sollten körperliche Aktivitäten nach Möglichkeit eingeschränkt werden, da diese meistens für die Schmerzen verantwortlich sind. Daher ist der Betroffene in seinem Alltag häufig eingeschränkt und sollte auch keine Sportarten ausüben. Die Beweglichkeit kann durch verschiedene Übungen und Therapien gesteigert werden. Diese Übungen können dabei auch zuhause durchgeführt werden.
Falls der Betroffene durch die Hypophosphatasie auch an psychischen Beschwerden leidet, so ist dabei der Kontakt mit anderen Betroffenen sehr sinnvoll. Damit können Informationen und Tipps für einen angenehmen Alltag ausgetauscht und psychische Beschwerden oder Depressionen vermieden werden. Auch Gespräche mit den eigenen Freunden und den Eltern können dabei hilfreich sein. Eine vollständige Heilung dieser Krankheit ist allerdings nicht möglich.
Quellen
- Adler, C.-P.: Knochenkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011