Kleines Knabenkraut
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. Oktober 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Heilpflanzen Kleines Knabenkraut
Das Kleine Knabenkraut gehört mit zu den Frühlingsboten im Jahr, es wird auch Narrenkappe oder Salep-Knabenkraut genannt. Schon ab Mitte April leuchten seine hübschen Blüten in purpurrot oder gänzlich weiß auf Wiesen und es gehört damit zu den ersten Blühern im Jahresverlauf.
Vorkommen & Anbau des kleinen Knabenkrauts
Das Kleine Knabenkraut gehört, wie der Name schon sagt, zur Gattung der Knabenkräuter innerhalb der schönen Familie der Orchideen. Es hat den Ruf, ein kleines Kraut zu sein und kann doch mit seinem kräftigen Stängel eine Höhe von bis zu 50 Zentimetern erreichen. Die am Grund stehenden Blätter zeigen eine Lanzettenform und werden bis zu 10 cm groß. Der Blütenstand zeigt sich meistens in einer reichhaltigen Blütenpracht. Das Kleine Knabenkraut verfügt über zwittrige Blüten und zwar drei an der Zahl.
Es handelt sich bei dieser Pflanze um eine sogenannte Scheinsaftblume, denn der Sporn enthält keinerlei Nektar. Die Bestäubung der Blüten ist eine absolute Voraussetzung für eine Verbreitung, denn ohne diesen Vorgang kann er keine Samen bilden. Eine Selbststerilität ist der Grund dafür. Das Kraut ist europäisch angesiedelt. Es kommt in Vorderasien, Nordafrika und Kaukasien vor, außerdem in England, in den skandinavischen Ländern sowie im Baltikum.
Aber auch südlichen Gefilden ist diese Orchidee zuhause: In Portugal, Kreta und der Türkei gibt es noch ideale Bedingungen für die Pflanze. Das Kleine Knabenkraut ist nicht besonders anspruchsvoll, es benötigt sogar ungedüngte Standorte. Auf mäßig feuchten Wiesen und lichten Wälder wächst es gut. In Norddeutschland ist die Verbreitung stärker zurückgegangen als in Süddeutschland.
Im Mittelmeerraum findet man die Pflanze bereits einen Monat früher, ab März ist sie dort zu bewundern. Durch die Zerstörung von immer mehr natürlichen Wiesenlandschaften wurde das Kleine Knabenkraut insbesondere in Norddeutschland stark zurückgedrängt. Der Arbeitskreis Heimischer Orchideen hat sie deshalb 1991 zur Orchidee des Jahres gewählt. Mit dieser Maßnahme sollte auf ihre Gefährdung hingewiesen werden.
Kleines Knabenkraut in der Natur finden
Das Kleine Knabenkraut (Orchis morio) ist eine Orchideenart, die in Europa heimisch ist und vor allem auf nährstoffarmen, kalkhaltigen Böden vorkommt. Um es in der Natur zu finden, sollte man gezielt auf Magerrasen, Wiesen und lichte Wälder achten, insbesondere in Gebieten, die wenig gedüngt werden. Es bevorzugt sonnige bis halbschattige Standorte und blüht in der Regel zwischen Mai und Juni. Diese Pflanzenart gedeiht häufig auf kalkhaltigen Böden, daher sind kalkreiche Hügellandschaften oder Almen oft gute Suchgebiete.
Wichtig bei der Suche ist, dass man auf Schutzgebiete und geschützte Arten achtet, da das Kleine Knabenkraut in vielen Regionen unter Naturschutz steht und nicht gepflückt werden darf. Der Lebensraum dieser Orchidee ist empfindlich und sollte respektiert werden.
Erkennen kann man das Kleine Knabenkraut an seinen purpur- bis rosafarbenen Blüten, die in einer dichten Traube angeordnet sind. Die Blüten haben eine charakteristische Lippe mit dunklen Flecken. Die Pflanze erreicht eine Höhe von etwa 10 bis 40 cm. Die lanzettlichen Blätter sind meist bodennah angeordnet, während die Blütenstängel aufrecht wachsen. Eine genaue Bestimmung erfordert jedoch oft Übung, da es ähnliche Orchideenarten gibt.
Welche Inhaltsstoffe kommen im Kleinen Knabenkraut vor?
Das Kleine Knabenkraut enthält eine Reihe von Inhaltsstoffen, die für Orchideen typisch sind und ihm seine besonderen Eigenschaften verleihen. Einer der wichtigsten Bestandteile sind Schleimstoffe, die vor allem in den Knollen der Pflanze vorkommen. Diese Schleimstoffe bestehen hauptsächlich aus Polysacchariden, die in der traditionellen Heilkunde genutzt wurden, um Magen-Darm-Beschwerden zu lindern und eine beruhigende Wirkung auf gereizte Schleimhäute auszuüben.
Zudem enthält das Kleine Knabenkraut geringe Mengen an Gerbstoffen, die adstringierend wirken, also Gewebe zusammenziehen und Entzündungen lindern können. Diese Inhaltsstoffe tragen zu den heilenden Eigenschaften der Pflanze bei, die in der Volksmedizin geschätzt wurden. Alkaloide, die in vielen Orchideen vorkommen, sind auch im Kleinen Knabenkraut zu finden, wenn auch in sehr geringen Mengen.
Ein weiterer bemerkenswerter Inhaltsstoff ist Stärke, die vor allem in den Knollen vorhanden ist und zur Ernährung der Pflanze beiträgt. Diese Knollen wurden früher zur Herstellung von Salep verwendet, einem traditionellen Getränk mit heilender Wirkung, das vor allem im Orient bekannt war. Die Inhaltsstoffe des Kleinen Knabenkrauts sind also sowohl für seine biologische Funktion als auch seine medizinische Bedeutung von Interesse.
Wirkung & Anwendung
Der hohe Schleimgehalt des Kleinen Knabenkrauts ist schon lange bekannt. Bereits 800 vor Christi haben Menschen sehr auf die Wirkung des Krautes vertraut und es als Heilpflanze eingesetzt. Es wirkt schwerpunktmäßig auf die Schleimhäute. Gereizte und entzündete Bronchien, Lungenentzündungen, Husten, Rachenprobleme oder auch Probleme mit der Magenschleimhaut können mit ihm gelindert werden.
Grund dafür sind die ihm eigenen Salepknollen, die mit ihrem hohen Schleimgehalt bei diesen Krankheitsbildern schnell Linderung bringen. Tee oder Tinktur - für die Wirksamkeit spielt das keine große Rolle. Sowohl die orale Einnahme in Form eines Tees als auch das Gurgeln der Tinktur haben sich als wirksame Mittel gegen entzündliche Formen der Schleimhäute herausgestellt. Das Kleine Knabenkraut wurde sogar als Aphrodisiakum eingesetzt.
Nach der Signaturenlehre erinnert die Pflanze optisch an einen Hoden. Aufgrund des Ähnlichkeitsprinzips fand sie deshalb auch diese erweiterte Anwendung. Dazu wurden die Knollen der Pflanze zerstampft und eingerieben oder aber auch verzerrt. Die Wirksamkeit in dieser Anwendung ist nicht nachgewiesen, sehr wohl aber die reizlindernde Wirkung mit Hilfe des Schleims bei Schleimhautentzündungen jeglicher Art.
Auch Indikationen wie Reizmagen, Durchfall, schlecht heilende Wunden oder Geschwüre können mit dem Kleinen Knabenkraut behandelt werden. Durch die Kombination von Schleim und Mineralstoffen steht die Heilpflanze ganz vorn in der Liste der wirkungsvollen Kräuter. In den Kriegsjahren wurde das Kraut sogar als Nahrungsmittel bei uns in Deutschland verwendet, im Mittelmeerraum ist das heute noch an der Tagesordnung.
Erst vor 150 Jahren galt ein Butterbrot und ein Becher Salep als eine ausgezeichnete, weil sehr nährende Handwerkermahlzeit. Das Heilkraut ist demnach auch für alle geeignet, die an einer schwachen Gesamtkonstitution leiden. Das Sammeln des Krautes ist in Deutschland allerdings streng verboten, das Kleine Knabenkraut steht unter strengen Naturschutz.
Bedeutung für die Gesundheit, Behandlung & Vorbeugung
Da stand die Knolle als Namensgeber Pate: Im gesamten vorderasiatischen Raum ist ein Milchgetränk sehr beliebt und wird gerne auch Kindern gereicht: Es trägt den Namen „Salèpi“. Es wird als der Salepknolle gewonnen und wegen seines hohen Anteils an Mineralien und Nährstoffen sehr geschätzt. Die Türken verwenden die kostbare Pflanze in Eis, Puddingpulver und vielen anderen Lebensmitteln und auch in der griechischen Küche findet die beliebte Knolle ihre Anwendung.
Wie selbstverständlich wird es bei wärmenden Gerichten in der kalten Jahreszeit untergebracht und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Neben der wirkungsvollen Behandlung von gereizten Schleimhäuten steht das Kraut seit vielen Jahren für seine stärkende Wirkung. Die Verwendung und der Handel sind aufgrund des Artenschutzes nicht mehr erlaubt. Salep wird nach wie vor in Ländern wie China, der Türkei und den Emiraten gehandelt, natürlich auch international.
Einige Händler bieten sogar rein organischen Salep an, Milch-Instant-Puder und Reisprodukte gehören ebenfalls zur Produktrange. Vom Verzehr der reinen Knolle wird nicht nur abgeraten, sondern es ist in Deutschland auch streng untersagt. Der deutsche Zoll führt darüber hinaus viele Kontrollen an den Flughäfen durch und reagiert auf gesetzwidrige Importe mit empfindlichen Strafen.
Nebenwirkungen & Wechselwirkungen
Die Verwendung des Kleinen Knabenkrauts in der traditionellen Heilkunde ist heutzutage eher selten, jedoch sollte bei der Anwendung Vorsicht geboten sein. Da es sich um eine geschützte Pflanzenart handelt, ist das Sammeln in der Natur verboten, was die Nutzung weiter einschränkt. Dennoch wurde das Kleine Knabenkraut früher aufgrund seiner schleimlösenden und beruhigenden Eigenschaften genutzt, insbesondere in Form von Salep, einem Getränk aus den Knollen der Pflanze.
Eine potenzielle Nebenwirkung bei der Einnahme von Produkten aus dem Kleinen Knabenkraut könnte bei empfindlichen Personen eine allergische Reaktion sein, insbesondere bei Menschen, die auf Pflanzenbestandteile allergisch reagieren. Schleimstoffe, die in der Pflanze enthalten sind, könnten theoretisch bei übermäßiger Einnahme zu Verdauungsproblemen wie Durchfall oder Blähungen führen, da sie die Darmtätigkeit beeinflussen.
Wechselwirkungen mit Medikamenten sind zwar nicht gut dokumentiert, jedoch ist bei der gleichzeitigen Anwendung von schleimstoffhaltigen Präparaten Vorsicht geboten. Diese können die Aufnahme bestimmter Medikamente im Magen-Darm-Trakt verlangsamen, was deren Wirksamkeit beeinträchtigen könnte. Daher sollte vor der Anwendung des Kleinen Knabenkrauts, insbesondere in medizinischen Kontexten, ein Arzt oder Heilpraktiker konsultiert werden, um mögliche Risiken und Wechselwirkungen zu klären.
Traditionelle Heilwirkung des Kleinen Knabenkrauts
Das Kleine Knabenkraut (Orchis morio) hat eine lange Geschichte als Heilpflanze und wurde insbesondere in der traditionellen Heilkunde geschätzt. Die heilenden Eigenschaften dieser Orchideenart sind vor allem in den schleimhaltigen Knollen zu finden, die früher zur Herstellung eines pflanzlichen Heilmittels namens „Salep“ verwendet wurden. Obwohl das Kleine Knabenkraut heute in vielen Regionen unter Naturschutz steht und nicht mehr frei gesammelt werden darf, ist seine historische Rolle als Heilpflanze faszinierend.
Verwendung in der traditionellen Medizin
Die Knollen des Kleinen Knabenkrauts enthalten eine hohe Konzentration an Schleimstoffen, die besonders bei Magen-Darm-Beschwerden lindernd wirken. Die Schleimstoffe bilden eine schützende Schicht über gereizten Schleimhäuten, was dazu beitragen kann, Entzündungen im Verdauungstrakt zu lindern und die Symptome von Gastritis oder Magengeschwüren zu verbessern. Diese beruhigende Wirkung machte das Knabenkraut zu einem beliebten Mittel bei Magenverstimmungen und Durchfall.
Zudem wurden die schleimigen Bestandteile auch äußerlich bei Hautreizungen und leichten Entzündungen angewendet. Die adstringierenden Eigenschaften der Gerbstoffe, die ebenfalls in der Pflanze enthalten sind, halfen dabei, Wunden zu heilen und Hautentzündungen zu lindern.
Salep – ein traditionelles Getränk
Besonders bekannt ist das Kleine Knabenkraut für die Herstellung von Salep, einem dickflüssigen Getränk, das traditionell aus den pulverisierten Knollen zubereitet wurde. Salep war im Orient und später auch in Europa verbreitet und wurde für seine stärkenden und heilenden Eigenschaften geschätzt. Es wurde sowohl bei Verdauungsbeschwerden als auch zur Stärkung von geschwächten Personen verwendet, etwa nach Krankheiten oder bei Unterernährung. Die enthaltenen Stärke- und Schleimstoffe sorgten für eine beruhigende und nährende Wirkung, die Salep zu einem beliebten Hausmittel machte.
Gesundheitsrisiken und moderne Perspektive
Obwohl das Kleine Knabenkraut in der Vergangenheit medizinisch genutzt wurde, ist es heute in vielen Regionen streng geschützt, da der natürliche Lebensraum dieser Orchideenart zunehmend bedroht ist. Daher wird Salep nur noch selten aus dem Kleinen Knabenkraut hergestellt. Stattdessen werden andere Orchideenarten oder Ersatzstoffe verwendet, um die historische Tradition des Getränks zu bewahren.
Aus gesundheitlicher Perspektive ist es jedoch wichtig zu beachten, dass die Verwendung der Pflanze heute aufgrund ihres Schutzstatus eingeschränkt ist. Wer dennoch an den heilenden Eigenschaften der Schleimstoffe interessiert ist, sollte auf alternative Heilpflanzen zurückgreifen, die ähnliche Wirkstoffe enthalten und nicht unter Naturschutz stehen.
Quellen
- "Medicinal Plants of the World" von Ben-Erik Van Wyk und Michael Wink
- "Phytotherapy: A Quick Reference to Herbal Medicine" von Francesco Capasso, Timothy S. Gaginella
- "Medicinal Plants of the World: Chemical Constituents, Traditional and Modern Medicinal Uses" von Ivan A. Ross