Methylmalonazidurie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Methylmalonazidurie handelt es sich um eine Erkrankung des Stoffwechsels. Die Krankheit wird unter Umständen synonym auch als Methylmalonazidämie oder mit der Abkürzung MMA bezeichnet. Sie kommt in der Regel überaus selten vor, sodass nur eine relativ geringe Anzahl von Menschen an der Störung erkrankt ist. Die Erkrankung wird üblicherweise zur Kategorie der Organoazidopathien gezählt. Die Methylmalonazidurie wird in erster Linie auf autosomal-rezessivem Weg vererbt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Methylmalonazidurie?

Ein potenzieller Langzeitschaden durch die Methylmalonazidurie bildet sich unter Umständen an der Niere.
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Grundsätzlich ist die Methylmalonazidurie dadurch gekennzeichnet, dass sich ein ungewöhnlich hoher Anteil an Methylmalonsäure anhäuft, der anschließend auf renalem Weg aus dem Organismus ausgeschieden wird. Die Häufigkeit der Krankheit liegt bei circa 1:50.000, sodass es sich um eine sehr seltene vererbte Störung handelt.

Prinzipiell liegt ein Defekt eines bestimmten Enzyms vor, das vom Vitamin B12 abhängt. In der Folge davon ist der Abbau spezieller Amino- und Fettsäuren gestört. Dabei handelt es sich in erster Linie um die Substanzen Isoleucin, Valin, Threonin, Methionin und Cholsäure. Somit entsteht nach und nach eine Ansammlung des Stoffes Methylmalonyl-CoA.

Auf diese Weise bilden sich sogenannte Intoxikationen, die im Metabolismus zu Krisenzuständen führen. Erhalten diese Krisen keine adäquate Therapie, gehen sie unter Umständen in kurzen Zeiträumen mit Läsionen am Hirn einher. In einigen Fällen führen sie zudem relativ schnell zum Tod der betroffenen Person.

Zum einen existiert die vererbbare Form der Methylmalonazidurie, zum anderen gibt es auch einen alimentär bedingten Typ der Erkrankung. Dieser bildet sich in erster Linie dann aus, wenn ein starker Mangel an Vitamin B12 vorliegt.

Ursachen

Bei der Entstehung der Methylmalonazidurie liegt ein charakteristischer Mechanismus vor, der mit der Zeit zur Manifestation der Erkrankung führt. Ausschlaggebend für die Ausbildung der Krankheit ist im überwiegenden Teil der Fälle eine Störung beim Abbau der Substanz Methylmalonyl-CoA. Dieser Stoff bildet sich aus dem sogenannten Propionyl-CoA, der im Rahmen des Abbaus spezieller Amino- und Fettsäuren hervorgeht.

Mögliche Animosäuren sind in diesem Fall zum Beispiel Methionin und Isoleucin. Bei physiologischen Zuständen entwickelt sich aus dem Methylmalonyl-CoA der Stoff Succinyl-CoA, welcher anschließend ein Bestandteil des Zitratzyklus wird. Der entsprechende Umwandlungsschritt ist im Rahmen der Methylmalonazidurie allerdings beeinträchtigt, da hier ein spezielles Enzym nicht richtig arbeitet und wirkt.

Dabei kennt die medizinische Forschung in erster Linie drei Gene, in denen sich entsprechende Mutationen ereignen, die schließlich zur Entstehung der Methylmalonazidurie führen. Zunächst handelt es sich um MCM, das für die Kodierung von Methylmalonyl-CoA-Mutase zuständig ist. Bei einem Fehlen des verantwortlichen Enzyms infolge diverser Mutationen wird der gewöhnliche Ablauf gestört.

Wenn die Methylmalonazidurie auf derartige Mutationen zurückzuführen ist, verschafft in der Regel auch die Gabe von Vitamin B12 keine Linderung der Beschwerden. Stehen MMAA oder MMAB im Vordergrund, entwickeln sich andere Störungen. Denn diese sind für die Kodierung von Enzymen zuständig, die eine Rolle für die Bildung des Stoffes Adenosylcobalamin spielen.

Dabei geht es insbesondere um das Cobalamin-Derivat. Ein anderer Fall liegt vor, wenn die Methylmalonazidurie ohne genetische Komponenten entsteht. Dabei handelt es sich in der Regel um einen gravierenden Mangel an Vitamin B12, der zur Ausprägung der typischen Symptomatik führt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Methylmalonazidurie ist durch bestimmte Beschwerden und Symptome geprägt, die sich bei allen Patienten ähneln. Dennoch sind individuelle Abweichungen im klinischen Erscheinungsbild der Erkrankung möglich. So dominieren bestimmte Symptome bei einigen Personen, während bei anderen Patienten weitere Beschwerden stärker vertreten sind.

Grundsätzlich ist die Methylmalonazidurie durch eine Intoxikation gekennzeichnet, bei der der Zyklus von Harnstoff sowie die Glukoneogenese konsekutiv beeinträchtigt werden. Dadurch entstehen die typischen Symptome der Krankheit, nämlich eine Hyperammonämie, eine metabolische Enzephalopathie sowie eine ketoazidotische Lage des Stoffwechsels.

Ein potenzieller Langzeitschaden durch die Methylmalonazidurie bildet sich unter Umständen an der Niere. Denn bedingt durch die dauerhaft hohe Elimination der Methylmalonsäure über die Nieren bildet sich bei manchen Patienten eine sogenannte tubulointerstitielle Nephritis. Daraus entwickelt sich in einigen Fällen eine chronische Nierenschwäche.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose der Methylmalonazidurie lässt sich auf verschiedene Weise stellen und umfasst in der Regel unterschiedliche Methoden. Zuerst spielt das Patientengespräch eine wichtige Rolle. Der Arzt erörtert die vorliegenden Beschwerden sowie zurückliegende Erkrankungen der betroffenen Person. Auch der persönliche Lebensstil wird thematisiert.

Im Anschluss daran kommen klinische Untersuchungen zum Einsatz. Dabei wird zum Beispiel eine sogenannte Blutgasanalyse durchgeführt. Auch werden bestimmte organische Säuren und andere Substanzen untersucht. Im Hinblick auf die Differenzialdiagnose sind vor allem weitere Arten von Organoazidopathien bedeutsam.

Komplikationen

Aufgrund der Methylmalonazidurie leiden die Betroffenen in erster Linie an einer Störung des Stoffwechsels. Diese kann sich sehr unterschiedlich auswirken, sodass ein allgemeiner Verlauf dieser Krankheit in der Regel nicht vorausgesagt werden kann. Die Betroffenen leiden durch die Methylmalonazidurie nicht selten auch an psychischen Beschwerden, die die Lebensqualität deutlich einschränken.

Weiterhin kommt es bei den meisten Betroffenen zu Schäden an den Nieren, wenn die Krankheit nicht behandelt wird. Im schlimmsten Falle tritt auch eine Niereninsuffizienz auf, die unbehandelt zum Tod des Patienten führen kann. Die Betroffenen sind dann in der Regel auf eine Dialyse oder auf eine Spenderniere angewiesen.

Weitere Komplikationen oder besondere Beschwerden treten bei der Methylmalonazidurie allerdings nicht auf. Durch eine spezielle Diät können die meisten Einschränkungen und Beschwerden dieser Krankheit relativ gut behandelt werden. Auch dabei kommt es in den meisten Fällen nicht zu Komplikationen.

Allerdings sind die Betroffenen in der Regel ihr gesamtes Leben lang auf diese Diät und auf Ergänzungsmittel angewiesen, da eine kausale Behandlung dieser Krankheit nicht möglich ist. Ob es dadurch zu einer Verringerung der Lebenserwartung kommt, kann nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Werden Unregelmäßigkeiten des Stoffwechsels wahrgenommen, sollte ein Arzt für eine intensive Kontrolluntersuchung aufgesucht werden. Kommt es zu diffusen Beschwerden, die sich der Betroffene nicht erklären kann, empfiehlt sich ein Besuch bei einem Arzt. Tritt eine Abnahme der allgemeinen Leistungsfähigkeit ein, kommt es zu einem Krankheitsgefühl oder einem Nachlassen der gewohnten körperlichen Aktivitäten, ist ein Arztbesuch anzuraten. Bei Beschwerden der Nierentätigkeit oder Besonderheiten beim Toilettengang wird ein Arzt benötigt. Eine veränderte Urinmenge, Veränderungen des Geruchs oder Schmerzen sind Anzeichen für eine bestehende gesundheitliche Beeinträchtigung. Ein Entzündungsgefühl im Organismus sowie eine Einschränkung der Nierenfunktion sind ärztlich untersuchen und behandeln zu lassen.

Wird trotz eines gesunden Lebenswandels und einer ausgewogenen Ernährung ein steter Abfall der vorhandenen Energiereserven beobachtet, besteht Anlass zur Besorgnis. Können die üblichen alltäglichen Pflichten nicht mehr ausgeführt werden, tritt eine schnelle Erschöpfung ein oder steigt die Anfälligkeit für Infektionen, liegt eine Störung vor. Ein Arzt sollte konsultiert werden, damit eine Diagnosestellung erfolgen kann. Leidet der Betroffene unter Stimmungsschwankungen, einer erhöhten Reizbarkeit oder einer inneren Unruhe, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Beschwerden der Nerven, Sensibilitätsstörungen auf der Haut, Muskelschwäche und Probleme bei der Aufrechterhaltung der Konzentration sind Hinweise für eine vorliegende Erkrankung. Sie sind ärztlich abklären zu lassen.

Behandlung & Therapie

Zur Therapie der Methylmalonazidurie stehen unterschiedliche Optionen zur Auswahl. In der Regel wird den betroffenen Patienten eine Diät verordnet, die nur einen sehr geringen Anteil an Eiweißen enthält. Diese Ernährungsweise ist üblicherweise das ganze Leben lang beizubehalten. Darüber hinaus empfiehlt es sich unter Umständen, den Stoff L-Carnitin zu substituieren. Ist die Methylmalonazidurie eine Folge der Störung des Stoffwechsels von Cobalamin, so ist ergänzend Vitamin B12 einzunehmen.

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Aussicht & Prognose

Bei dieser Erkrankung ist die Prognose bei der Mitarbeit des Patienten im Normalfall günstig. Dennoch handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die jederzeit zu einer Wiederkehr der Beschwerden führen kann, wenn besprochene Vorgaben nicht eingehalten werden. Die Therapie der Methylmalonazidurie ist nahezu ausschließlich auf eine Veränderung der täglichen Ernährung ausgerichtet. Aus diesem Grund benötigt der Betroffene keine medizinische oder medikamentöse Behandlung. Einzig die Veränderung im Alltag führt zu einer Beschwerdefreiheit. Zur Linderung der Beschwerden und damit zur Verbesserung der allgemeinen Gesundheit ist die vollständige Aufnahme der Lebensmittel an die individuellen Bedürfnisse des Organismus anzupassen.

In den meisten Fällen wird eine spezielle Diät empfohlen, die einen sehr geringen Anteil an Eiweißen enthält. Sofern sich der Betroffene an die Vorgaben des Arztes hält, zeigt sich eine kontinuierliche Veränderung im Organismus. Die Umstellung der Nahrungsmittelzufuhr muss jedoch langfristig und über die gesamte Lebensspanne erfolgen. Andernfalls ist mit einem Rückfall der Beschwerden zu rechnen. Auch sporadische Optimierungen sind nicht ausreichend. Darüber hinaus kann es bei einer eiweißhaltigen Ernährung zu Schäden der inneren Organe kommen. Insbesondere die Niere wird in diesen Fällen angegriffen. Damit droht dem Betroffenen bei einem ungünstigen Krankheitsverlauf einer chronischen Nierenschwäche und folglich eine ungünstige Prognose.

Vorbeugung

Da es sich bei der Methylmalonazidurie meist um eine angeborene Erkrankung des Stoffwechsels handelt, sind keine wirksamen Möglichkeiten zur Prävention der Krankheit erforscht.

Das können Sie selbst tun

In der Regel kann die Methylmalonazidurie relativ gut durch Mittel der Selbsthilfe behandelt werden. Eine medizinische Behandlung ist dabei nicht in jedem Fall notwendig. Jedoch sind regelmäßige medizinische Untersuchungen bei einer chronischen Krankheit immer ratsam, da die Methylmalonazidurie nicht vollständig eingeschränkt werden kann.

Die Symptome und Beschwerden der Erkrankung werden dabei vor allem durch eine spezielle Diät eingeschränkt. Diese Diät sollte arm an Eiweißen sein, weiterhin sind keine Einschränkungen notwendig. Dies bedeutet allerdings, dass der Betroffene auf Eier oder auf Milch in seinem Alltag möglichst verzichten sollte. Auch das Essen von Fleisch sollte nur in geringen Mengen durchgeführt werden, um die Beschwerden nicht zu verstärken. Häufig kann sich auch die Einnahme von L-Carnitin gut auf den Verlauf der Krankheit auswirken, sodass die Patienten hierbei auf eine regelmäßige Einnahme achten sollten. Vitamin B12 kann dabei zusätzlich eingenommen werden, wenn Cobalamin für die Störung des Stoffwechsels und damit für die Methylmalonazidurie verantwortlich ist.

Ebenfalls ist der Kontakt zu anderen Betroffenen der Methylmalonazidurie hilfreich, da es dabei zum Austausch von Informationen oder Rezepten kommen kann, durch die die Lebensqualität erhöht wird.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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