Morbus Coats
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Morbus Coats ist eine angeborene, durch einen Gendefekt ausgelöste Erkrankung der Augen. Morbus Coats führt zur vollständigen Erblindung und ist nur bedingt kurativ behandelbar.
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Was ist Morbus Coats?
Bei Morbus Coats handelt es sich um eine seltene angeborene Augenerkrankung, von der Jungen weit häufiger betroffen sind als Mädchen. Die Blutgefäße der Retina sind erweitert und durchlässig, so dass Blut und Augenflüssigkeit unter die Netzhaut gelangt.
Dadurch entstehen Ödeme, die - bleibt die Krankheit unbehandelt - zur Ablösung der Netzhaut und schließlich zur vollständigen Erblindung führt.
Morbus Coats tritt meist einseitig auf - typisches Merkmal ist ein milchig weißer Film über dem Auge.
Schmerzen treten in der Regel nicht auf. Manchmal entsteht ein Grüner Star durch die Erhöhung des Augeninnendruckes. Bei weniger als zehn Prozent der Betroffenen treten überhaupt keine Symptome auf. Langfristig droht bei Morbus Coats grundsätzlich die völlige Erblindung.
Ursachen
Vermutet wird eine Retardierung des X-Chromosomens. Ursächlich für die Erblindung, zu der Morbus Coats in der Regel führt, sind die defekten Blutgefäße im Auge. Als Folge dieses Defektes entstehen in den Blutgefäßen der Retina Aussackungen (Aneurysmen), welche dazu führen, dass die Blutgefäße porös werden und Flüssigkeiten austreten lassen.
Die Flüssigkeiten (Blut, Cholesterinkristalle, Lipide) lagern sich unter der Netzhaut ab und führen im weiteren Verlauf zu einer Ablösung der Netzhaut. Damit einhergehend wird die Sehkraft des Patienten mehr und mehr nachlassen und schlussendlich zu einer Erblindung führen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die ersten Symptome bei Morbus Coats treten meist im ersten oder zweiten Lebensjahrzehnt auf. Dabei sind Jungen wesentlich häufiger betroffen als Mädchen. Außerdem handelt es sich in über 90 Prozent der Fälle um eine einseitige Augenerkrankung, die durch Aneurysmen der Augenblutgefäße hervorgerufen wird. Als Erstsymptome werden in der Regel sekundäres Schielen und Leukokorie beobachtet.
Bei Leukokorie erscheint der Augenhintergrund auf Fotografien, die mit Blitzlicht durchgeführt wurden, nicht wie üblicherweise rot, sondern weiß. Auf dem betroffenen Auge können die Patienten oft nur verschwommen sehen. Dabei ist das räumliche Sehen beeinträchtigt. Allerdings wird bei Kleinkindern der Sehverlust zunächst oft nicht bemerkt.
Dabei ist jedoch nicht jeder Krankheitsverlauf gleich. So kann das Fortschreiten der Erkrankung zeitweise oder sogar dauerhaft zum Stillstand kommen.
In wenigen Fällen wurde sogar eine Verbesserung der Symptome beobachtet. Allerdings kommt es in den meisten Fällen zu einer Netzhautablösung, die dann zur Erblindung des betroffenen Auges führt. Der Verlauf der Erkrankung ist bei Kindern unter fünf Jahren häufig viel fulminanter als bei älteren Kindern. In schweren Fällen ist unter Umständen eine Entfernung des Augapfels notwendig.
Diagnose & Verlauf
Bei Verdacht auf Morbus Coats - sekundäres Schielen kann ein erstes, sichtbares Anzeichen sein - wird der Augenarzt eine Ophthalmoskopie (Untersuchung des Augenhintergrunds) vornehmen. Dazu leuchtet der Arzt den Augenhintergrund aus und kann damit veränderte Blutgefäße erkennen. Die Untersuchung ist schmerzlos und dauert nur wenige Minuten.
Unter Morbus Coats leidende Patienten zeigen zunächst ein sekundäres Schielen, besonders auffällig ist auch, dass Augen, die mit Blitzlicht fotografiert werden, nicht rot, sondern milchig weiß erscheinen. Während dieser Phase der Erkrankung ist das räumliche Sehen des Patienten eingeschränkt, außerdem nimmt er Bilder nur verschwommen wahr. Der Verlauf ist in der Regel schmerzlos - erst, wenn der Augeninnendruck größer wird, verspürt der Patient Schmerzen im Auge.
Der Anstieg des Augeninnendrucks kann zu "grünem Star" führen, häufige Begleiterkrankung des Morbus Coats. Bei betroffenen Kleinkindern verläuft die Krankheit meist unbemerkt, da sie den stetigen Verlust ihrer Sehkraft nicht wahr nehmen. Überdies ist der Verlauf bei jedem Patient anders - während bei den meisten Patienten die Verschlechterung kontinuierlich eintritt, berichten manche Patienten über eine schubweise auftretende Verschlechterung. In einigen wenigen Fällen konnte gar eine Rückbildung beobachtet werden. In der Regel führt Morbus Coats jedoch zu einer vollständigen Ablösung der Netzhaut und damit zur vollständigen Erblindung.
Komplikationen
Die Betroffenen leiden dabei nicht selten an Minderwertigkeitskomplexen oder an einem verringerten Selbstwertgefühl. Vor allem für junge Menschen ist der Umgang mit einem Sehverlust relativ schwer. Die Betroffenen können weiterhin auch schielen und sehen nur noch verschwommen. Es kommt zu einem Schleiersehen und in einigen Fällen auch zu Doppelbildern.
Weiterhin kann sich auch ein Grüner Star oder ein Grauer Star ausbilden und die Augen besitzen unterschiedliche Augenfarben. Die vollständige Erblindung tritt in der Regel erst dann ein, wenn keine Behandlung der Krankheit stattfindet. Die Behandlung selbst kann relativ einfach erfolgen und führt nicht zu besonderen Komplikationen.
Die Sehbeschwerden können damit gelöst und eine vollständige Erblindung kann verhindert werden. Besondere Komplikationen treten dabei nicht auf. Weiterhin werden auch die Schmerzen durch die Behandlung eingeschränkt. Der Morbus Coats führt nicht zu einer Verringerung der Lebenserwartung.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei einer Beeinträchtigung der Sehkraft wird grundsätzlich ein Arzt benötigt. Kommt es zu einem Schiefstand der Augen oder zu anderen Besonderheiten der Pupillen, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Geplatzte Blutgefäße im Augapfel, Rötungen der Augen sowie eine Trübung der Hornhaut sind von einem Arzt untersuchen und behandeln zu lassen. Da Morbus Coats eine genetisch bedingte Erkrankung ist, wird in vielen Fällen bereits unmittelbar nach der Geburt eine Unregelmäßigkeit festgestellt. Häufig kann die Diagnose nach den ersten Untersuchungen kurz nach der Niederkunft gestellt werden. In einem routinierten Ablauf wird das Neugeborene von den anwesenden Krankenschwestern, Hebammen oder Ärzten intensiv untersucht. Die Funktionsstörung der Augen kann daher bereits in dieser Phase des Lebens getestet werden.
Nehmen Eltern bei ihren Kindern innerhalb des Wachstums- und Entwicklungsprozesses Auffälligkeiten der Sehkraft wahr, sollten sie unverzüglich einen Arzt konsultieren. Kommt es vermehrt zu Unfällen im Alltag oder greift das Kleinkind regelmäßig neben Gegenstände, benötigt es ärztliche Hilfe. Keimt der Verdacht, dass eine vollständige Unfähigkeit des Sehens besteht, ist schnellstmöglich ein Kontrollbesuch bei einem Arzt anzuraten. Schreit das Kind ununterbrochen, kann dies ein Hinweis auf vorhandene Schmerzen oder einen starken Innendruck im Auge sein. Ein Arzt ist zu konsultieren, damit eine Behandlung eingeleitet werden kann.
Behandlung & Therapie
Wird Morbus Coats frühzeitig - also vor ersten Ablösungen der Netzhaut - erkannt, kann sie gut behandelt werden. Ziel dabei ist es, einen Teil der Sehkraft zu erhalten. Ein Augenarzt kann veränderte Blutgefäße lokalisieren und in einem anschließenden Schritt mittels eines Lasers veröden.
Gute Behandlungserfolge kann in dieser Phase der Erkrankung auch mit einer Kältetherapie erzielt werden. Beide Therapien verhindern den Austritt von Flüssigkeit und beugen damit einer Ablösung der Netzhaut vor. Ist Morbus Coats weiter fortgeschritten und hat sich die Netzhaut bereits gelöst, kann Morbus Coats nicht mehr kurativ behandelt werden. Der Arzt kann lediglich den betroffenen Teil des Glaskörpers des Auges und/oder der Netzhaut entfernen.
Um einen bösartigen Hintergrund - etwa ein Retinoblastom - auszuschließen, kann es hilfreich sein, das Auge komplett zu entfernen. Das Sehvermögen lässt sich nach der Ablösung der Netzhaut nicht wieder herstellen - durch beschrieben Eingriffe kann lediglich der Augeninnendruck gelöst und damit Schmerzen im Auge gemindert bzw. vollständig eliminiert werden.
Aussicht & Prognose
Morbus Coats bietet eine relativ gute Prognose. Meist ist nur ein Auge von der Erkrankung betroffen, welches operativ entfernt werden kann. Die Betroffenen können anschließend ein normales, beschwerdefreies Leben führen. Jedoch besteht bei Morbus Coats eine große Gefahr eines Rückfalls. Bei einem Rückfall müssen die Therapiemaßnahmen wiederholt werden. Eine medikamentöse Behandlung der Schmerzen ist mit Neben- und Wechselwirkungen verbunden.
Unbehandelt schreitet die Erkrankung progressiv voran und führt zur vollständigen Erblindung des betroffenen Auges. Eine wirkungsvolle Behandlung ist bislang nicht verfügbar. Die Therapie konzentriert sich darauf, die erkrankten Bestandteile des Körpers zu entfernen und die Schmerzen medikamentös zu behandeln. Das Wohlbefinden ist während der Behandlung reduziert. Nach Abschluss der Therapie ist oft ein normales Leben möglich.
Bei einer vollständigen Erblindung sind die Erkrankten zeitlebens auf Hilfe angewiesen. Die Lebenserwartung ist nicht reduziert, insofern das Netzhautödem vollständig entfernt wurde. Weitere Vorbeugungsmaßnahmen sind notwendig, um einen Rückfall zu vermeiden, welcher in der Regel stärker ausfällt und die Prognose deutlich verschlechtert. Die Prognose stellt der Mediziner unter Einbeziehung des Symptombilds und der gewählten Therapie.
Vorbeugung
Da bei Morbus Coats ein erblicher Hintergrund vermutet wird, lässt sich nach bisherigem Stand der medizinischen Forschung dem nicht vorbeugen. Wird Morbus Coats frühzeitig erkannt, können jedoch die Folgen der Krankheit - meist eine vollständige Erblindung - vorgebeugt werden. Hierzu stehen einige prophylaktische Therapien zur Auswahl, die darauf abzielen, einen teil der Sehrkraft zu erhalten.
Nachsorge
Nach der Behandlung eines Morbus Coats mittels Lasertherapie sollte der Patient körperliche Anstrengungen für einige Tage vermeiden. 24 Stunden nach der Behandlung ist eine aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht möglich. Bei Auffälligkeiten oder Beschwerden ist umgehend der behandelnde Arzt zu verständigen. Er entscheidet auch, wann es Zeit für die erste Kontrolle ist und ob nach dem Eingriff Augentropfen oder Augensalben verordnet werden müssen.
Die Behandlung von Morbus Coats ist nur symptomatisch möglich. Daher können die Beschwerden auch nach einer erfolgreichen Therapie jederzeit wieder auflammen. Zudem erhöht Morbus Coats die Wahrscheinlichkeit, an einem erhöhten Augeninnendruck (grüner Star) oder an einer Linsentrübung (grauer Star) zu erkranken. Deshalb sind regelmäßige augenärztliche Kontrollen unerlässlich. Den Abstand zwischen den Untersuchungen legt der behandelnde Augenarzt fest.
In einigen Fällen lässt sich trotz regelmäßiger Therapie und Kontrolle ein schleichender Verlust der Sehkraft nicht aufhalten, im schlimmsten Fall verlieren Patienten das betroffene Auge. Das stellt für die meist sehr jungen Patienten eine große seelische Belastung dar, weshalb eine psychologische Betreuung in Betracht gezogen werden sollte. Die Unterstützung durch geschulte Fachkräfte erleichtert eine gesunde psychische Entwicklung und unterstützt das Selbstbewusstsein der Betroffenen.
Das können Sie selbst tun
Die angeborene Erkrankung basiert auf einem Gendefekt. Die Möglichkeiten der Selbsthilfe sind bei dieser Krankheit sehr begrenzt. Eine Heilung lässt sich trotz aller eigenverantwortlichen Versuche nicht erzielen. Im Alltag ist auf eine Aufrechterhaltung und Verbesserung des Wohlbefindens zu achten. Die Lebensfreude sollte gefördert werden, damit der Patient im Umgang mit der Erkrankung genügend emotionale Ressourcen zur Verfügung hat. Eine positive Grundeinstellung, Mut machende Worte der Angehörigen und ein stabiles soziales Umfeld helfen dem Patienten bei der Alltagsbewältigung.
Obgleich viele Aktivitäten aufgrund der Beschwerden nicht ausgeführt werden können, sollten bei Kindern die Erfolgserlebnisse gefördert werden. Ein Austausch mit anderen Erkrankten oder in Selbsthilfegruppen kann dabei helfen, gegenseitige Unterstützung und Tipps zu erhalten. Offene Fragen werden geklärt, damit im täglichen Ablauf ein besserer Umgang mit den Beschwerden erfolgen kann.
Der Patient sollte rechtzeitig und umfassend über seine Erkrankung und die Folgen aufgeklärt werden. Ein selbstbewusster und ehrlicher Umgang mit der Krankheit sind für das gesamte Umfeld hilfreich. Dadurch werden unangemessene Äußerungen oder unerwünschte Verhaltensweisen reduziert. In einer Vielzahl der Fälle erleben Menschen aus der näheren Umgebung durch Nichtwissen eine eigene Unsicherheit oder Überforderung mit der Situation, die zu Missverständnissen oder verletzenden Ereignissen für den Betroffenen führen. Dem ist nach Möglichkeit vorzubeugen.
Quellen
- Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
- Grehn, F.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2012
- Lang, G. K.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014