Retinoblastom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Retinoblastom ist ein maligner, mutationsbedingter Netzhauttumor, der vor allem im Kleinkindalter auftritt und von welchem beide Geschlechter gleichermaßen häufig betroffen sind. Bei einer frühzeitigen Diagnose und Therapiebeginn ist ein Retinoblastom in den meisten Fällen (etwa 97 Prozent) heilbar.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Retinoblastom?

Kleinere Retinoblastome rufen meist keine eindeutigen Symptome hervor. Ein mögliches Erstsymptom ist ein weißer Fleck im Bereich der Pupille.
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Als Retinoblastom (auch Glioma retinae, Neuroblastoma retinae) wird ein maligner (bösartiger) Netzhauttumor bezeichnet, der in der Regel im Kindes- und seltener im Jugendalter auftritt und auf eine genetisch bedingte oder spontane, somatische Mutation unreifer Netzhautzellen zurückzuführen ist.

Ein Retinoblastom manifestiert sich typischerweise anhand eines sogenannten amaurotischen Katzenauges, das sich durch eine weiß aufleuchtende Pupille bei bestimmten Lichtverhältnissen auszeichnet, da der Tumor bereits größtenteils den Bereich hinter der Linse ausfüllt.

Darüber hinaus sind in einigen Fällen ein- oder beidseitiger Strabismus (Schielen), Pseudobuphthalmus (Augapfelvergrößerung) sowie ein erhöhter Augeninnendruck und chronisch auftretende Augenentzündungen charakteristische Symptome eines Retinoblastoms.

Mit fortschreitendem Verlauf kann ein Retinoblastom in den Nervus opticus (Sehnerv) und die Meningen (Hirnhäute) einwachsen oder eine Netzhautablösung, die zu einem Visusverlust (Erblindung) führen kann, bewirken.

Ursachen

Ein Retinoblastom ist ursächlich auf spontane somatische oder genetisch bedingte Mutationen beider Allele des sogenannten Retinoblastomgens bzw. Tumorsuppressorgens RB1 auf Chromosom 13 zurückzuführen. Tumorsuppressorgene tragen die genetischen Informationen zur Regulierung des Zellwachstums.

Sollte ein solches Gen durch Mutationsprozesse geschädigt sein, verliert es seine Regulierungsfähigkeit und es kann zu einem unkontrollierten Wachstum von Zellen wie den Netzhautzellen bei einem Retinoblastom kommen. Vererbt wird in der Regel ein geschädigtes Allel und somit die Disposition (Veranlagung) für ein Retinoblastom.

Damit die Regulierungsfähigkeit ausgeschaltet ist, müssen beide Allele des Tumorsuppressorgens gestört sein, d.h. das zweite Allel muss zusätzlich spontan mutieren. Da in diesem Fall sämtliche Körperzellen betroffen sind, tritt ein Retinoblastom bei dieser familiären Form meistens beidseitig auf. Bei einem rein somatisch bedingten Retinoblastom hingegen müssen beide Allele in einer Zelle gleichzeitig spontan mutieren, damit sich die Erkrankung manifestiert. Daher tritt ein Retinoblastom hier in der Regel einseitig auf.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Kleinere Retinoblastome rufen meist keine eindeutigen Symptome hervor. Ein mögliches Erstsymptom ist ein weißer Fleck im Bereich der Pupille. Dieses sogenannte Katzenaugen-Syndrom weist auf ein ausgedehntes Tumorwachstum im Augeninneren hin. Meist handelt es sich um eine weißlich-gelbe Verfärbung, die auf einer oder beiden Pupillen auftritt.

Als Folge des erhöhten Augeninnendrucks kann das betroffene Auge anschwellen, gerötet sein und schmerzen. Wenn der Tumor wächst und sich auf weitere Bereiche des Auges ausbreitet, kann es zu Sehbeschwerden kommen. Die Erkrankten sehen dann Doppelbilder, nehmen ihre Umgebung verschwommen war oder leiden an Gesichtsfeldausfällen.

Im Extremfall droht die Erblindung auf einem oder beiden Augen. Begleitend zur Beeinträchtigung des Sehrvermögens macht sich bei jedem vierten Patienten eine Schielstellung bemerkbar. Mit einer weiteren Ausdehnung des Retinoblastoms kann es zu einer langwierigen Augenentzündung kommen. Neben der Erhöhung des Augeninnendrucks ruft eine solche Entzündung auch starke Schmerzen und weitere Entzündungszeichen (etwa Fieber und Unwohlsein) hervor.

Ein fortgeschrittenes Retinoblastom kann zur Ablösung der Netzhaut und damit zum Verlust der Sehkraft führen. Wenn der Tumor im Auge rechtzeitig behandelt wird, ist eine vollständige Heilung möglich. In einem Großteil der Fälle kann die Sehkraft bewahrt werden, und die Entzündungszeichen nehmen nach einigen Wochen wieder ab. Ein unbehandeltes Retinoblastom kann tödlich verlaufen.

Diagnose & Verlauf

Ein Retinoblastom wird in der Regel im Kleinkindalter anhand des amaurotischen Katzenauges und im Rahmen einer Ophthalmoskopie (Spiegelung des Augenhintergrunds) diagnostiziert.

Mit Hilfe bildgebender Verfahren (Sonographie, Magnetresonanztomographie, Computertomographie) können Aussagen zur Ausdehnung des Retinoblastoms in die umliegenden Gewebestrukturen gemacht werden. Zur Feststellung der familiären Form eines Retinoblastoms werden Blutanalysen des betroffenen Kindes sowie seiner Familienmitglieder (Eltern, Geschwister) durchgeführt.

Bei frühzeitiger Diagnose und Therapiebeginn ist die Prognose bei einem Retinoblastom gut und in der Regel heilt das betroffene Auge unter Erhalt des Sehvermögens wieder vollkommen aus. Untherapiert weist ein Retinoblastom einen letalen (tödlichen)Verlauf auf. Bei der familiären Form können nach erfolgreicher Therapie weitere Retinoblastome sowie verschiedene sekundäre Tumorarten (insbesondere Knochentumoren) auftreten.

Komplikationen

In den meisten Fällen kann das Retinoblastom geheilt werden. Vor allem bei einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung kommt es in den meisten Fällen zu einem positiven Krankheitsverlauf und nicht zu besonderen Komplikationen. Die Betroffenen leiden bei dieser Erkrankung in erster Linie an einem weißen Aufrechten der Pupille. Dadurch kommt es zu erheblichen Sehbeschwerden und dabei auch zu Einschränkungen im Alltag des Betroffenen.

Auch Schielen kann krankheitsbedingt begünstigt werden, wodurch es bei jungen Menschen zu Mobbing oder zu Hänseleien kommen kann. Weiterhin führt das Retinoblastom unbehandelt zu einer Entzündung im Auge und im schlimmsten Fall zu einem vollständigen Sehverlust. Vor allem bei jungen Menschen kann ein Sehverlust zu starken psychischen Beschwerden oder auch zu Depressionen führen. Durch regelmäßige Untersuchungen der Augen können diese Beschwerden leicht vermieden werden.

Das Retinoblastom kann in der Regel relativ einfach entfernt werden. Dabei treten keine Komplikationen auf und das Sehvermögen bleibt erhalten. In schwerwiegenden Fällen muss allerdings der gesamte Augapfel entfernt werden und mit einer Prothese ersetzt werden. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird von dem Retinoblastom in der Regel nicht negativ beeinflusst.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es sich beim Retinoblastom um einen Tumor handelt, muss dieser immer durch einen Arzt untersucht und behandelt werden. Es kommt dabei nicht zu einer Selbstheilung und im schlimmsten Falle zu einer Ausbreitung des Tumors im gesamten Körper. Allerdings kann das Retinoblastom relativ gut behandelt werden, falls es früh diagnostiziert wird.

Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an einer Schwellung am Auge leidet. Dabei ist auch der Innendruck des Auges deutlich erhöht, sodass es zu Sehbeschwerden kommen kann. Dabei leiden die Betroffenen an Doppelbildern oder an einem Schleiersehen. Einige Betroffene schielen auch. Da das Retinoblastom auch den gesamten Körper betrifft, kann es durch diese Erkrankung zu Fieber oder sogar zu Schmerzen am Auge kommen. Treten diese Beschwerden über einen längeren Zeitraum auf und verschwinden nicht wieder von alleine, so muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. Die Behandlung des Retinoblastoms erfolgt in der Regel durch einen Augenarzt.

Behandlung & Therapie

Die spezifischen therapeutischen Maßnahmen hängen bei einem Retinoblastom vom Stadium der Tumorerkrankung ab. So können kleinere Retinoblastome strahlentherapeutisch behandelt werden, indem radioaktives Jod oder Ruthenium während eines operativen Eingriffs direkt auf die Tumorzellen aufgebracht wird, um diese gezielt abzutöten.

Im Rahmen einer Lasertherapie werden die den Tumor versorgenden Gefäße zerstört, wodurch der Tumor abstirbt. Daneben werden thermo- oder kryotherapeutische Maßnahmen angewandt, durch die die Tumorzellen eines kleinen Retinoblastoms infolge von Hitze respektive Vereisung absterben. Bei den genannten Therapiemaßnahmen kann das Sehvermögen in der Regel erhalten werden.

Sollte sich ein Retinoblastom bereits im fortgeschrittenen Wachstumsstadium befinden und eine Schädigung des betroffenen Auges vorliegen, wird eine Enukleation (Entfernung des Augapfels) erforderlich, um einer Metastasierung vorzubeugen. Der entfernte Augapfel wird nach dem chirurgischen Eingriff durch eine Augenprothese ersetzt.

Bei Beteiligung beider Augen wird in der Regel versucht, das Sehvermögen eines Auges zu erhalten, indem bei dem mit dem größeren Tumor betroffenen Auge eine Enukleation durchgeführt wird, während das andere Auge laser-, strahlen- oder kryotherapeutisch behandelt wird. Ist bereits der Nervus opticus (Sehnerv) betroffen und/oder eine Metastasierung feststellbar, kommen zusätzlich chemotherapeutische Maßnahmen bei einem Retinoblastom zum Einsatz.


Vorbeugung

Einem Retinoblastom kann nicht gezielt vorgebeugt werden, da sich die auslösenden Spontanmutationen nicht kontrollieren lassen. Bei Vorliegen von Augenkrebserkrankungen in der Familie sowie symptomatischen Anzeichen sollte das Kind augenärztlich untersucht werden, um ein potenzielles Retinoblastom frühzeitig diagnostizieren und therapieren zu können. Ferner sollten die kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung eines Retinoblastoms genutzt werden.

Nachsorge

Nach der ersten Behandlung des Retinoblastoms finden in regelmäßigen Abständen Nachsorgeuntersuchungen statt. Zu diesem Zweck muss sich der Patient in einer Klinik einfinden. Das Wahrnehmen der Kontrolluntersuchungen ist überaus wichtig. So besteht das Risiko, dass das Retinoblastom erneut auftritt und entsprechend behandelt werden muss. Auch eventuelle Folge- und Begleiterkrankungen sind unter Umständen zu therapieren.

Wichtigstes Ziel der Retinoblastom-Nachsorge ist die frühzeitige Erkennung eines Rezidivs. Je eher der erneute Tumor diagnostiziert wird, desto besser lässt er sich behandeln. Gleiches gilt für Begleit- oder Folgeerscheinungen, die aufgrund der Krankheit auftreten können. Bestehen seelische oder soziale Probleme durch das Retinoblastom, kümmert sich die Nachsorge ebenfalls darum.

Im Rahmen der Kontrolluntersuchungen werden die Augen und Augenhöhlen des betroffenen Kindes regelmäßig überprüft. Dabei erfolgt unter Narkose eine Augenspiegeluntersuchung. Wie viele Nachsorgeuntersuchungen letztlich stattfinden müssen, richtet sich nach der Art der Therapie, dem Alter des Kindes sowie den genetischen Befunden.

Hat das Retinoblastom erbliche Ursachen, werden nach dem operativen Eingriff bis zum 5. Lebensjahr im Abstand von drei Monaten regelmäßige Nachuntersuchungen durchgeführt, die in einem speziellen Zentrum stattfinden. Muss eine Chemotherapie mit anderen Behandlungsformen wie Operation, Kyrobehandlung, Lasertherapie oder Strahlentherapie stattfinden, wird die Untersuchung zumeist alle vier Wochen vorgenommen. Durch dieses Vorgehen lassen sich Neubildungen des Retinoblastoms in der Regel rechtzeitig erkennen.

Das können Sie selbst tun

Das Retinoblastom bedarf zunächst einer engmaschigen ärztlichen Behandlung. Begleitend dazu bieten sich verschiedene Selbsthilfe-Maßnahmen an, welche die ärztliche Therapie unterstützen. Grundsätzlich handelt es sich bei dem Retinoblastom um ein Leiden, dass ärztlich zu behandeln ist. Die Selbsthilfe-Maßnahmen konzentrieren sich darauf, körperlich aktiv zu bleiben und eine schonende Diät zu pflegen.

Das Kind benötigt zudem Unterstützung im Alltag. Aufgrund der eingeschränkten Sehkraft sind viele Tätigkeiten nicht mehr ohne Hilfe möglich. Nach einem operativen Eingriff am Auge darf der Patient das Auge keinem direkten Sonnenlicht oder anderen Reizen aussetzen. Die ärztlichen Vorgaben bezüglich der Wundpflege sind streng einzuhalten, damit keine Infektionen auftreten.

Da es sich um eine schwere Krebserkrankung handelt, leiden die betroffenen Kinder und Jugendlichen oftmals auch seelisch. Die Eltern sollten möglichst viel Zeit mit dem erkrankten Kind verbringen und kindgerechte Informationen zu der Erkrankung einholen. Gespräche mit Fachärzten helfen dem Kind das Leiden besser zu verstehen. Für die Eltern kann ebenfalls eine therapeutische Beratung sinnvoll sein. Bei einem positiven Krankheitsverlauf sollte langfristig der gesunde und aktive Lebensstil beibehalten werden. Zudem benötigt das Kind meist eine Sehhilfe, die frühzeitig organisiert werden sollte. Etwaige äußerliche Veränderungen können durch Make-up oder Prothesen behandelt werden. Die Kinderkrebsstiftung gibt betroffenen Familien eine Orientierung.

Quellen

  • Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Grehn, F.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2012
  • Lang, G. K.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014

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