Morbus Krabbe

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Morbus Krabbe

Der Morbus Krabbe ist eine erbliche Speicherkrankheit, die eine Demyelinisation des Nervensystems auslöst. Die Ursache für diese Erscheinung ist eine chromosomale Mutation. Bislang ist die Erkrankung unheilbar.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Morbus Krabbe?

Dem Morbus Krabbe liegt als Ursache ist ein Defekt des GALC-Gens zu Grunde. Dieses Gen sitzt auf Chromosom 14 und liegt im Abschnitt q3.1.
© Giovanni Cancemi – stock.adobe.com

Unter dem Morbus Krabbe versteht der Mediziner eine seltene Speicherkrankheit aus der Familie der Cerebroside. Die Erkrankung ist auch als Globoidzellleukodystrophie bekannt. Namensgeber der Krankheit ist der dänische Arzt Knud Krabbe. Er beschrieb die autosomalrezessiv vererbbare Erkrankung erstmals ausführlich. Beim Morbus Krabbe häufen sich durch eine Genmutation giftige Verbindungen im Körper an. Neben der infantilen Form existiert eine Sonderform der Erkrankung, die erst im Erwachsenenalter einsetzt.

Vom Morbus Krabbe zu unterscheiden ist der Morbus Gaucher. Auch hierbei handelt es sich um eine erbliche Speicherkrankheit auf Basis einer Genmutation. Bei beiden Krankheiten fehlt den Betroffenen ein Enzym. Beim Morbus Krabbe ist es das Enzym β-Galactosidase. Ohne Galactocerebrosidase kommt es zu einer Demyelinisation des Nervensystems. Beim Morbus Gaucher geht es dagegen um das Enzym Glucocerebrosidase, dessen Fehlen andere Auswirkungen auf den Organismus hat.

Ursachen

Dem Morbus Krabbe liegt als Ursache ist ein Defekt des GALC-Gens zu Grunde. Dieses Gen sitzt auf Chromosom 14 und liegt im Abschnitt q3.1. Bei der biologischen Translation wird die mRNA nach Vorlage zu Proteinen übersetzt. Das GALC-Gen ist bei der Translation die Bauanleitung für die enzymatische Galactocerebrosidase. Ein Defekt dieses Gens verursacht Fehler bei der Translation. Im Fall des Morbus Krabbe findet eine Deletion statt, das heißt, dem Betroffenen fehlt das Enzym Galactocerebrosidase vollständig.

In einer Folge dessen häufen sich Substanzen im Organismus an, die beim Myelinstoffwechsel entstehen. Myelin ist die Isolierung der Nervenfasern im Nervensystem. Das Enzym Galactocerebrosidase spaltet die Stoffwechselprodukte des Myelins in Galactose und Galactocerebrosiden auf. Wenn das Enzym fehlt, kann diese Aufspaltung nicht mehr stattfinden. Vor allem Galaktocerebrosid und Psychosin sammeln sich an. Psychosin ist für Oligodendrozyten schädlich, die den Erhalt von Myelin sichern.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten des Morbus Krabbe sind von ähnlichen Beschwerden betroffen wie Patienten der Multiplen Sklerose. Beide Krankheiten gehen mit einer Demyelinisation der Nervenbahnen einher. Diese Demyelinisation macht sich anfangs oft in Sensibilitätsstörungen bemerkbar. Durch den Abbau des Myelins ist die Nervenleitgeschwindigkeit der Patienten verringert. Je nachdem, welches Gebiet des Nervensystems aktuell betroffen ist, können sich motorische und kognitive Beeinträchtigungen einstellen.

Lähmungen sind denkbar, aber auch die Wahrnehmungsfähigkeit ist beeinträchtigt. Unter Umständen kann zum Beispiel Blindheit auftreten. Auch Taubheit liegt im Bereich des Möglichen. Die Reflexe der Patienten lassen sich in der Regel nicht mehr auslösen. Beim infantilen Morbus Krabbe beginnt die Symptomatik meist schon in einem Lebensalter von wenigen Monaten. Die betroffenen Säuglinge erleiden Schreiattacken und sind leicht irritierbar. Die Beine strecken sich auf äußere Reize hin oft tonisch. Die Entwicklung kommt zu Stillstand und die Arme beugen sich permanent. Hyperventilation und Fieber treten ein.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Bei der Diagnose des Morbus Krabbe muss der Arzt differentialdiagnostisch vor allem die Multiple Sklerose in Betracht ziehen. Eine Liquorprobe kann Aufschluss über die Ursache der Demyelinisation geben. Bei der Multiplen Sklerose finden sich im Liquor trotz der Blut-Hirn-Schranke Immunglobuline. Beim Morbus Krabbe sind dagegen die Eiweiße erhöht. Diagnosesichernd lässt sich Galaktocerebrosidase in den Leukozyten nachweisen.

Auch Fibroblastenkulturen können bei der Sicherung der Diagnose helfen. Dasselbe gilt für eine Genanalyse, die eine Mutation des entsprechenden Chromosoms zu Tage bringt. Für die infantile Form des Morbus Krabbe ist die Prognose ungünstig. Betroffene versterben in einem durchschnittlichen Alter von 13 Monaten. Für die Sonderform im Erwachsenenalter ist die Prognose günstiger, da die Erkrankung in diesem Fall langsamer voran schreitet.

Komplikationen

In den meisten Fällen leiden die Betroffenen bei Morbus Krabbe an verschiedenen Störungen der Sensibilität und an Lähmungen. Dadurch wird der Alltag der Patienten erheblich eingeschränkt und die Betroffenen sind dabei auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Auch die Lebensqualität des Patienten wird durch den Morbus Krabbe deutlich verringert.

Nicht selten führt die Krankheit dabei auch zu kognitiven oder zu motorischen Einschränkungen und kann dadurch auch die Entwicklung von Kindern deutlich beeinträchtigen. Weiterhin kann es dabei bei Kindern auch zu Hänseleien oder zu Mobbing kommen, was nicht selten zu Depressionen oder zu anderen psychischen Beschwerden führen kann.

Weiterhin kann der Morbus Krabbe eine Erblindung bedingen oder zu einer Taubheit führen. Vor allem bei jungen Menschen kann eine plötzliche Erblindung zu schweren Depressionen führen. Babys schreien aufgrund der Beschwerden nicht selten und leiden auch an Fieber. Auch die Angehörigen oder die Eltern können aufgrund der Erkrankung an psychischen Beschwerden oder an Depressionen erkranken.

Die Behandlung kann in der Regel nur mit Hilfe von Medikamenten durchgeführt werden. Allerdings ist auch die Transplantation von Stammzellen möglich. Dabei treten keine besonderen Komplikationen auf. Unter Umständen wird die Lebenserwartung des Betroffenen durch den Morbus Krabbe verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Die klassische Form der Speicherkrankheit Morbus Krabbe ist bereits im frühesten Kindesalter erkennbar. Wenn die Familie um die Vererbbarkeit der Krankheit weiß, erfolgt der Gang zum Arzt schnell. Die Gefahr, dass ein Kind der Familie an Morbus Krabbe erkrankt, ist hoch. Die Geschwister jedoch erkranken nur mit einer Chance von 1:4. Oft wird der Morbus Krabbe bei der pränatalen Diagnostik entdeckt.

Da die Erkrankung nicht geheilt werden kann, ist ein Schwangerschaftsabbruch nach medizinischer Indikation möglich. Die Globoidzell-Leukodystrophie verläuft bei der infantilen Form immer tödlich. Die Kinder sterben meist, bevor sie das erste Lebensjahr vollendet haben. Außer einer symptomlindernden Verabreichung von Schmerzmitteln zu palliativen Zwecken bleibt für den behandelnden Arzt nicht viel zu tun. Der Mediziner kann außerdem muskelentspannende Präparate und Beruhigungsmittel verordnen.

Bei den später auftretenden Sonderformen des Morbus Krabbe sind die Therapiemöglichkeiten ebenso schlecht. Der Verlauf der Erkrankung ist langsamer, die Symptomlage möglicherweise nicht ganz so gravierend. Bei der Spätform des Morbus Krabbe können die Mediziner manchmal mit einer Stammzelltransplantation Besserungen erzielen.

Behandlung & Therapie

Der Morbus Krabbe gilt als unheilbar. Eine ursächliche Therapie steht nicht zur Verfügung. Anders als die Demyelinisation der Multiplen Sklerose lässt sich der Verlauf beim Morbus Krabbe auch nicht hinaus zögern. Statt einer Lebensverlängerung steht therapeutisch daher die Verbesserung der Lebensqualität im Fokus. Um dieses Ziel zu erreichen, werden oft medikamentöse Therapien mit krampflösenden Spasmolytika durchgeführt.

Auch Schmerzmittel und Beruhigungsmittel können symptomatisch positive Effekte erzielen. Die Eltern von betroffenen Kindern werden in der Regel psychotherapeutisch betreut. Bei Spätformen des Morbus Krabbe ist anders als bei der infantilen Form eine Verzögerung des Krankheitsverlaufs möglich. In dieser Hinsicht haben Stammzelltherapien gute Ergebnisse erzielt. Dem Patienten werden im Rahmen dieser Therapie Blutstammzellen eines Spenders übertragen.

Diese allogene Stammzelltransplantation ist allerdings immer eine riskante Angelegenheit. Vor allem entzündliche Reaktionen und Infektionen liegen im Bereich des Möglichen. Mit dem Fortschritt im Bereich der Gentherapie wird es zukünftig eventuell möglich sein, Betroffene des Morbus Krabbe zu heilen. Momentan liegt dieses Szenario aber noch in weiter Ferne.


Aussicht & Prognose

Morbus Krabbe bietet eine schlechte Prognose. Viele Kinder versterben innerhalb von zwölf bis 13 Monaten nach der Geburt. Die Lebenserwartung kann durch eine Stammzelltransplantation verlängert werden. Eine Heilung der genetischen Erkrankung ist bislang nicht möglich. Das Leiden kann lediglich palliativ behandelt werden. Bis zum Tod des Kindes schreiten die Symptome fort, bis schließlich ein weitgehend reaktionsloser Zustand eintritt. Der Tod tritt als Folge von Komplikationen wie Atemstillstand oder Herz-Kreislaufversagen ein.

Die spätinfantile bzw. juvenile Form des Morbus Krabbe bietet eine günstigere Prognose. Kinder, die an der juvenilen Form erkrankt sind, können mehrere Jahre alt werden. Erste Symptome zeigen sich deutlich später, wodurch die Entwicklung des Immunsystems bereits weitgehend abgeschlossen ist. Der bessere Schutz des Körpers eröffnet zusätzliche Behandlungsmöglichkeiten und die Aussicht auf ein relativ beschwerdefreies Leben.

Allerdings verläuft auch die juvenile Form letal. Für das Kind und die Angehörigen bedeutet die Erkrankung eine große Belastung. Deshalb erhalten betroffene Familien eine ausführliche Beratung, in deren Rahmen auch Prognose und Behandlungsmöglichkeiten erörtert werden. Der Verein ELA Deutschland e. V. gibt weitere Details zur Prognose des Morbus Krabbe.

Vorbeugung

Chromosommutationen wie dem Morbus Krabbe lässt sich nicht direkt vorbeugen. Familien in der Kinderplanung können über die Sequenzanalyse ihrer DNA allerdings das Risiko für die Weitergabe von Erbkrankheiten einschätzen lassen. War ein Kind von Morbus Krabbe betroffen, besteht für weitere Kinder eine Erkrankungswahrscheinlichkeit von rund 25 Prozent.

Nachsorge

Morbus Krabbe ist als genetisch bedingtes Leiden derzeit nicht heilbar und es gibt entsprechend auch keine medizinische Nachsorge im engeren Sinne. Der Verlauf endet stets tödlich. Tritt das Leiden bereits im Kindesalter oder nach der Geburt auf, sollten Eltern gut über Morbus Krabbe und die Therapie aufgeklärt werden. Es kommt dann erst zu einer symptomatischen Therapie, die vor allem die Reizbarkeit und spastische Lähmungen kontrollieren soll. Es kommt dann in späteren Stadien der Krankheit vor allem zu palliativen Maßnahmen.

Bei Menschen, bei denen Krankheit später auftritt, zeigen sich die gleichen Symptome. Jedoch ist der Verlauf langsamer, was Angehörigen mehr Zeit geben kann, sich vorzubereiten und noch Zeit mit dem an Morbus Krabbe Erkrankten zu verbringen. Eine Nachsorge besteht für Angehörige in einer psychologischen Betreuung, insofern dies gewünscht ist. Auch kann ein Gentest Aufschluss darüber geben, inwiefern ein Risiko für weitere Nachkommen besteht, an der Krabbe-Krankheit zu leiden.

Eine Stammzellentransplantation ist denkbar. Jedoch kann auch hierdurch keine Heilung erbracht werden. Wird eine Stammzellentransplantation versucht, kommen die nötigen Nachsorgemaßnahmen hinzu. Dies bedeutet zum Beispiel eines besonderen Schutz des Empfängers vor Keimen, weil sein Immunsystem für die Therapie geschwächt werden muss.

Das können Sie selbst tun

Der Morbus Krabbe ist bislang nicht heilbar. Die Eltern von betroffenen Kindern benötigen deshalb oft therapeutische Unterstützung. Die medikamentöse Behandlung kann durch verschiedene Maßnahmen unterstützt werden. Zunächst muss das Kind rund um die Uhr beobachtet werden, damit bei Krämpfen rasch das notwendige Arzneimittel eingesetzt werden kann. Neben Schmerzmitteln können auch körperliche Bewegung und Ablenkung Linderung bringen.

Die typischen motorischen und kognitiven Beeinträchtigungen müssen in jedem Fall in einer Fachklinik behandelt werden. Die Eltern sollten mit dem zuständigen Arzt über weitergehende Therapiemöglichkeiten sprechen, da die Forschung der seltenen Erbkrankheit rasch voranschreitet und immer wieder neue Behandlungsmethoden gefunden werden. Die eigentliche Multiple Sklerose kann durch Krankengymnastik, Massagen und verschiedene Entspannungsübungen behandelt werden. Dadurch lassen sich typische Symptome wie Zittern oder Schwindel effektiv lindern. Bei Potenzproblemen kann regelmäßiges Beckenbodentraining helfen.

Die Lebensqualität von Kind und Eltern kann außerdem durch eine umfassende psychologische Beratung verbessert werden. Vor allem nach einer längeren Krankheitsphase ist es notwendig, die Lebenssituation mit einem Fachmann zu besprechen und neue Behandlungsansätze zu erarbeiten. Parallel dazu müssen organisatorische Aufgaben wie zum Beispiel die Anmeldung in Sonderkindergärten und die Anschaffung von Hilfsmitteln erledigt werden.

Quellen

  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

Das könnte Sie auch interessieren