Motilitätsstörung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei einer Motilitätsstörung handelt es sich um eine Störung der Verdauungsorgane. Deren physiologische Bewegungsvorgänge laufen nicht wie bei gesunden Personen ab, weshalb die Verdauung gestört ist. Unter dem Begriff Motilitätsstörungen werden zahlreiche verschiedene Störungen der Verdauungsprozesse verstanden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Motilitätsstörung?

Grundsätzlich umfasst die Bezeichnung ‚gastrointestinale Motilitätsstörungen‘ spezielle Formen von Bewegungsstörungen des Verdauungstrakts, die zu einer Reihe von verschiedenen Symptomen und Beschwerden führen.
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Zum Verständnis von Motilitätsstörungen sind Kenntnisse über den Aufbau des Verdauungstrakts unerlässlich. Der Verdauungstrakt besitzt über seine gesamte Länge hinweg eine spezielle Art von Muskulatur. Diese Muskulatur ist glatt und befindet sich in der Wand des Trakts. Da Motilitätsstörungen grundsätzlich mit dieser glatten Art von Muskulatur zusammenhängen, können beinahe sämtliche Abschnitte des Verdauungstrakts von den Motilitätsstörungen betroffen sein.

Dazu gehören zum Beispiel der Magen, der Ösophagus, das Duodenum, der Dünndarm, das Colon sowie das Rektum. Aus klinischer Sicht sind vor allem der Magen, der Ösophagus, das Colon und das Rektum von Motilitätsstörungen betroffen. Da Motilitätsstörungen sehr vielseitig sind, existieren verschiedene Arten der Kategorisierung der Störungen.

So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, die Erkrankungen nach der Art der Störung einzuteilen. Diese Einordnung beruht darauf, dass Motilitätsstörungen sowohl durch eine reduzierte als auch durch eine erhöhte Motilität entstehen können. Dementsprechend wird in Hypomotilität, die durch verringerte Bewegungen der Muskulatur zustande kommt, und Hypermotilität bei gesteigerter Bewegungstätigkeit unterschieden.

Außerdem lassen sich Motilitätsstörungen nach der Ursache der Störung unterteilen. Bei den sogenannten primären Motilitätsstörungen handelt es sich um ein eigenständiges Krankheitsphänomen. Hingegen stellen sekundäre Motilitätsstörungen Folgestörungen dar, die sich durch andere Grunderkrankungen ergeben.

Ursachen

Die exakte Ursache der jeweiligen Motilitätsstörung unterscheidet sich von Fall zu Fall und hängt auch davon ab, welcher Abschnitt des Verdauungstrakts von einer Störung betroffen ist. Prinzipiell werden sämtliche Motilitätsstörungen und die damit verbundenen Symptome und Beschwerden von abnormalen Kontraktionen der Muskulatur ausgelöst. Diese Muskeln befinden sich entlang des Verdauungstrakts beginnend an der Speiseröhre und verlaufen bis zum Enddarm.

Grundsätzlich sind Motilitätsstörungen in der Bevölkerung relativ weit verbreitet. Jedoch sind sie im überwiegenden Teil der Fälle vergleichsweise harmlos und meist keine ernsthafte Bedrohung für das Leben des betroffenen Patienten. Dennoch werden sie von zahlreichen erkrankten Personen als störend wahrgenommen und beeinträchtigen mitunter die individuelle Lebensqualität.

Auf der anderen Seite existieren auch Formen von Motilitätsstörungen, die bedingt durch ihre Ausprägung und ihren Schweregrad dringend eine medizinische Therapie erforderlich machen. Denn wenn die Beschwerden der Motilitätsstörung nicht behandelt werden, droht im schlimmsten Fall der Tod des betroffenen Patienten, da sich in einigen Fällen lebensbedrohliche Komplikationen ergeben.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Grundsätzlich umfasst die Bezeichnung ‚gastrointestinale Motilitätsstörungen‘ spezielle Formen von Bewegungsstörungen des Verdauungstrakts, die zu einer Reihe von verschiedenen Symptomen und Beschwerden führen. Diese Symptome unterscheiden sich je nach Patient und Schweregrad der Störungen.

Motilitätsstörungen treten entweder einzeln oder in mehreren Abschnitten des Magen-Darm-Trakts auf. Dabei betreffen sie zum Beispiel die Speiseröhre, den Dick- oder Dünndarm sowie den Magen. In einigen Fällen lösen die Motilitätsstörungen lediglich milde Symptome aus, in anderen Fällen führen sie zu langanhaltenden und bedrohlichen Beschwerden. Die Motilitätsstörungen beruhen entweder auf einer verringerten Bewegung der Muskulatur, bei der die Muskeln teilweise wie gelähmt sind.

Auf der anderen Seite besteht die Möglichkeit, dass die Muskulatur des Verdauungstrakts zu stark arbeitet und sich im Zusammenhang damit oftmals unkoordiniert bewegt. Die jeweiligen Symptome hängen stark vom betroffenen Abschnitt des Magen-Darm-Trakts ab. Mögliche Krankheitsbilder sind zum Beispiel die Achalasie, die Gastroparese, die funktionelle Dyspepsie (beziehungsweise der sogenannte Reizmagen), das Reizdarm-Syndrom sowie eine chronische intestinale Pseudoobstruktion.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Im Hinblick auf die Diagnosestellung von Motilitätsstörungen existieren verschiedene Möglichkeiten und untersuchungstechnische Methoden. Grundsätzlich ist es im überwiegenden Teil der Fälle relativ aufwändig, Motilitätsstörungen sicher zu diagnostizieren. Denn eine bildhafte Darstellung des Verdauungstrakts allein ist nicht ausreichend, da es in erster Linie um die funktionelle Untersuchung von Bewegungen des Darms oder anderen Bereichen des Verdauungstrakts geht.

In vielen Fällen kommt die sogenannte Manometrie zum Einsatz. Diese ist jedoch nur für bestimmte Abschnitte des Verdauungstrakts geeignet. Bei der Ösophagus-Manometrie wird die Speiseröhre untersucht, während eine Antroduodenale Manometrie den Magenausgang und das Duodenum analysiert. Außerdem besteht die Möglichkeit einer Dünndarm-, Colon- und Rektum-Manometrie.

In manchen Fällen wird auch eine Barostat-Untersuchung durchgeführt, die Erkenntnisse bezüglich der Beziehung von Druck und Volumen zulässt. Zu diesem Zweck wird ein intraluminaler Ballon in das Rektum eingeführt. Indem sich der Ballon langsam entfaltet, lassen sich die Wahrnehmung und der Defäkationsreflex des betroffenen Patienten untersuchen.

Bei einer Durchleuchtung erfolgt eine dynamische Röntgenbilddarstellung, bei der spezielle Kontrastmittel zum Einsatz kommen. Dabei wird das Bewegungsverhalten von einzelnen Bereichen des Magen-Darm-Trakts untersucht.

Komplikationen

In der Regel kommt es durch die Motilitätsstörung zu verschiedenen Beschwerden und Störungen im Magen und im Darm. Dadurch können verschiedene Komplikationen und Beschwerden auftreten, die stark von der Ausprägung der Motilitätsstörung abhängen. In der Regel wird allerdings der Alltag des Betroffenen deutlich eingeschränkt.

Nicht selten führt die Motilitätsstörung zu einem sogenannten Reizdarm oder Reizmagen, sodass der Betroffene schon bei leichter Kost mit Bauchschmerzen oder Verstopfungen zu kämpfen hat. Durch die dauerhaften Magenbeschwerden kann es nicht selten auch zu psychischen Beschwerden oder sogar zu Depressionen kommen. Eine frühzeitige Diagnose ist in vielen Fällen nicht möglich, da die Beschwerden nicht charakteristisch für die Erkrankung sind und damit auch mit anderen Krankheiten verwechselt werden können.

Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt in der Regel durch verschiedene Medikamente und Therapien. In der Regel kommt es hierbei nicht zu besonderen Komplikationen und die Lebenserwartung des Patienten wird durch diese Krankheit auch nicht eingeschränkt. Allerdings ist der Betroffene in vielen Fällen auch auf einen gesunden Lebensstil angewiesen, um die Beschwerden der Motilitätsstörung einzuschränken. In den meisten Fällen kommt es dabei allerdings zu einem positiven Krankheitsverlauf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Störungen des Verdauungstraktes sollten ärztlich abgeklärt werden, wenn sie über einen längeren Zeitraum anhalten. Bei einmaligen Beeinträchtigungen können kurzfristige Störungen der Verdauung vorliegen, die durch den Selbstheilungsmechanismus des Organismus abklingen. Bei anhaltenden Störungen ist eine Abklärung der Ursache notwendig, damit eine Behandlung erfolgen kann und dadurch Linderung der Beschwerden erreicht wird. Treten die Unregelmäßigkeiten unmittelbar nach der Nahrungszufuhr auf, können Unverträglichkeiten gegenüber aufgenommener Lebensmittel als Grund vorliegen.

Anhaltender emotionaler oder seelischer Stress sowie belastende Lebensumstände sind ebenfalls als Ursache für die Motilitätsstörung möglich. In einem Gespräch mit dem Arzt werden mögliche Einflussfaktoren besprochen und näher eingegrenzt. Leidet der Betroffene an einem Reizmagen, einer Geräuschentwicklung im Bereich des Magens oder Darms sowie diffusen Schmerzen, wird ein Arzt benötigt.

Treten Blähungen, Durchfall oder Verstopfung über mehrere Tage oder Wochen auf, sind diese untersuchen und behandeln zu lassen. Appetitlosigkeit, Trägheit, erhöhte Müdigkeit und Abgeschlagenheit weisen auf gesundheitliche Störungen hin, die ärztlich abgeklärt werden sollten. Besorgniserregend sind Anzeichen wie eine Lähmung der Muskulatur, Bewegungseinschränkungen sowie ein Verlust der gewohnten Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit. Können die alltäglichen Anforderungen nicht mehr wie gewohnt erfüllt werden, benötigt der Betroffene Hilfe. Kommt es zu Störungen des Kreislaufs, einem allgemeinen Krankheitsgefühl sowie Schlafstörungen, ist ein Arzt aufzusuchen.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung von Motilitätsstörungen richtet sich in erster Linie nach der individuellen Ausprägung der Störung. Dabei besteht zum einen die Möglichkeit von diätetischen Maßnahmen, die unter Umständen einen positiven Einfluss auf den Verdauungstrakt nehmen. Auch sind diverse Medikamente verfügbar, zum Beispiel Prokinetika. In schweren Fällen sind invasive Therapieverfahren notwendig.


Aussicht & Prognose

Die Aussicht hängt vom Ausmaß und der Ursache der Erkrankung ab. In den meisten Fällen lässt sich eine Motilitätsstörung mit einfachen Mitteln beheben. Meist reicht schon die Einhaltung einer Diät aus, um die Beschwerden abzustellen. In anderen Fällen führt die Einnahme von Medikamenten zu einer Heilung. Arzneien selbst können manchmal auch eine Motilitätsstörung auslösen. Dann ist ein Ersatz für die Wirkstoffe zu finden. Genannte Maßnahmen versprechen in der Regel eine Genesung. Sie können zum Teil auch vom Patienten selbst durchgeführt werden. Daraus ergibt sich eine gute Prognose, die sich mit einfachen Mitteln erreichen lässt.

Nur selten führt eine Motilitätsstörung zu einer Verminderung der Lebensqualität. Das ist dann gegeben, wenn die beschriebenen Maßnahmen nicht zum Erfolg führen. Invasive Eingriffe werden dann notwendig. Verzichten Patienten bei einem solch schweren Verlauf auf eine Therapie, sind Magenlähmungen oder Darmverschlüsse die Folge. Daraus ergibt sich ein hohes Risiko, das Auswirkungen auf die Lebenszeit hat. Bestimmte Erkrankungen wie Lebensmittelallergien, Diabetes, ein Leiden am Nervensystem und eine Schilddrüsenunterfunktion begünstigen einen schweren Verlauf. Die Aussicht verschlechtert sich dann dementsprechend.

Vorbeugung

Potenzielle Maßnahmen zur Vorbeugung von Motilitätsstörungen sind vielseitig. Grundsätzlich trägt ein gesunder Lebensstil mit einer ausgewogenen Ernährung und Bewegung zu einer normalen Funktion des Verdauungstrakts bei.

Nachsorge

In den meisten Fällen stehen dem Betroffenen bei der Motilitätsstörung keine besonderen oder direkten Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung, sodass der Betroffene in erster Linie sehr schnell und vor allem frühzeitig einen Arzt aufsuchen sollte. Es kann dabei in der Regel auch nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen, sodass immer eine schnelle Diagnose und anschließende Behandlung durch einen Arzt notwendig ist.

In der Regel kann die Motilitätsstörung relativ gut durch eine strenge Diät behandelt werden. Dabei kann auch der Arzt dem Betroffenen einen Ernährungsplan erstellen. Im Allgemeinen ist bei dieser Krankheit auf eine gesunde Lebensweise mit einer ausgewogenen Ernährung zu achten, wobei auf Alkohol und Tabak zu verzichten ist. Ebenso kann auch die Einnahme von verschiedenen Medikamenten die Beschwerden der Motilitätsstörung lindern und einschränken.

Dabei sollte der Betroffene auf eine richtige Dosierung und eine regelmäßige Einnahme der Medikamente achten. Dabei sind auch regelmäßige Kontrollen durch einen Arzt sehr wichtig. In den meisten Fällen verringert diese Krankheit nicht die Lebenserwartung des Betroffenen, wobei der weitere Verlauf sehr stark vom Zeitpunkt der Diagnose abhängig ist, sodass eine allgemeine Voraussage in der Regel nicht möglich ist.

Das können Sie selbst tun

Welche Maßnahmen die Betroffenen bei einer Motilitätsstörung ergreifen können, hängt in erster Linie von der Art und Ausprägung der Störung ab. Im Allgemeinen lässt sich die Gesundheit des Magen-Darm-Traktes durch eine Umstellung der Diät verbessern. Patienten sollten auf reizende Lebensmittel sowie Genussmittel verzichten und stattdessen mehr verdauungsfördernde Speisen und Getränke auf den Speiseplan aufnehmen.

In Verbindung mit einer gut eingestellten Medikation können die Symptome Beschwerden effektiv gelindert werden. In schweren Fällen ist allerdings eine Operation erforderlich. Da Eingriffe am Magen-Darm-Trakt ein großes Risiko für den Patienten darstellen, ist eine engmaschige Überwachung durch den Arzt notwendig. Begleitend dazu sollte auf etwaige Begleitsymptome oder ungewöhnliche Beschwerden geachtet werden. Sollten sich nach einer Operation zum Beispiel Blutungen oder starke Schmerzen einstellen, muss der zuständige Mediziner informiert werden.

Grundsätzlich ist nach einem chirurgischen Eingriff Schonung wichtig. Vor allem in den ersten Tagen und Wochen nach der Operation darf der Körper und insbesondere der Magen-Darm-Trakt nicht zu stark belastet werden. Die Vorgaben des Arztes bezüglich Diät, Hygienemaßnahmen und Schonung müssen in jedem Fall eingehalten werden. Andernfalls können sich ernste Komplikationen einstellen, die den Heilungsverlauf verzögern.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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