Gastroparese

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Gastroparese

Der Begriff Gastroparese bezeichnet eine Störung der Motilität des Magens. Durch die Lähmung des Magens kommt es zu Schmerzen, Übelkeit oder Erbrechen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Gastroparese?

Eine häufige Komplikation der Gastroparese ist die Refluxösophagitis. Bei der Gastroparese ist auch der Schließmuskel des Magens gelähmt.
© bilderzwerg – stock.adobe.com

Bei einer Gastroparese ist die Magenmotilität eingeschränkt. Motilitätsstörungen sind Störungen der gesunden Bewegungsmuster der verdauenden Organe. Die Muskulatur des Magens besteht zu großen Teilen aus glatter Muskulatur. Bei der Gastroparese kommt es zu einer verminderten Motilität. Das bedeutet, dass die glatte Muskulatur des Magens sich nicht mehr ausreichend bewegt und kontrahiert.

Somit ist die Beweglichkeit des Magens herabgesetzt oder sogar komplett aufgehoben. Infolge dieser Magenlähmung ist die Entleerung des Magens gestört. Synonym zu dem Begriff Gastroparese wird auch der Begriff Magenatonie genutzt. Atonie bedeutet so viel wie Schlaffheit, wohingegen eine Parese eine unvollständige Lähmung ist. Die Lähmung des Magens kann verschiedene Ursachen haben.

So kann beispielsweise eine Schädigung des enterischen Nervensystems für die Lähmung verantwortlich sein. Die Magenlähmung beeinträchtigt die Lebensqualität der betroffenen Personen oft erheblich und kann im Ernstfall auch zu schweren Komplikationen führen. Zur Behandlung der Gastroparese kommen verschiedene Medikamente zum Einsatz. Auch Operationen oder künstliche Ernährung sind mögliche Therapieoptionen.

Ursachen

Die häufigste Ursache der Gastroparese ist die diabetische Neuropathie. Die diabetische Neuropathie ist eine Schädigung der Nerven, die durch die dauerhaft erhöhten Blutzuckerwerte verursacht wird. Sie gehört zu den häufigsten Folgeerkrankungen der Zuckerkrankheit. Jeder dritte Patient mit Diabetes mellitus leidet unter sensiblen Störungen der peripheren Nerven.

Häufig wird aber auch das vegetative Nervensystem in Mitleidenschaft gezogen. Es steuert die Tätigkeit vieler Organe und unter anderem auch die Tätigkeit des Magens. Wenn die Nerven innerhalb der Muskulatur des Magens gestört oder sogar zerstört sind, wird die Motilität stark beeinträchtigt. Eine Schädigung des enterischen und des vegetativen Nervensystems wird auch als autonome Neuropathie bezeichnet.

Das Nervensystem kann aber auch durch Autoimmunerkrankungen geschädigt werden. Schädigungen können zudem entzündlich oder hormonell bedingt sein. Auch Erbkrankheiten wie die hereditäre sensomotorische Neuropathie Typ IV können eine Gastroparese zur Folge haben. Seltener werden die Nerven durch Alkohol- oder Nikotinmissbrauch oder durch Operationen geschädigt. Die meisten iatrogenen Gastroparesen werden durch eine Vagotomie verursacht.

Die Vagotomie ist ein Verfahren zur Behandlung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren. Bei dem chirurgischen Eingriff werden die Äste des zehnten Hirnnervs, des Nervus vagus, durchtrennt. Dadurch soll sich die Produktion vom sauren Magensekret verringern. Aufgrund der sehr wirksamen Protonenpumpenhemmer, die mittlerweile auf dem Markt erhältlich sind, wird die Vagotomie heute nicht mehr oft durchgeführt.

Eine Gastroparese kann auch begleitend zu einer Migräne-Attacke auftreten. Die genauen Pathomechanismen sind hier allerdings noch unbekannt. Doch die Gastroparese tritt nicht nur nach Nervenschädigungen auf. Auch die glatte Muskulatur des Magens kann für die Lähmung verantwortlich sein. So gibt es viele verschiedene Muskelerkrankungen, die eine Magenlähmung verursachen können. Dazu gehört beispielsweise die progressive Muskeldystrophie. Bei dieser Erkrankung stehen Muskelschwäche und Muskelschwund im Vordergrund.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome der Magenlähmung werden durch die gestörte Entleerung verursacht. Die Patienten verspüren nach dem Essen ein Völlegefühl. Sie leiden unter Übelkeit und erbrechen unverdaute Nahrungsbestandteile. Die Patienten haben nur wenig Appetit und verlieren dementsprechend auch an Gewicht.

Eine häufige Komplikation der Gastroparese ist die Refluxösophagitis. Bei der Gastroparese ist auch der Schließmuskel des Magens gelähmt. Somit sind Magen und Speiseröhre nicht ausreichend voneinander getrennt. Nahrungsbestandteile und Magensäure gelangen zurück in die Speiseröhre. Insbesondere nachts, nach Mahlzeiten oder beim Bücken und Heben von Lasten stoßen die Patienten Magensaft auf.

Die Magensäure reizt die Schleimhäute der Speiseröhre, sodass es zu brennenden Schmerzen im Brustbereich kommt. Durch die Reizungen kann auch eine Kehlkopfentzündung (Laryngitis gastrica) entstehen. Ein weiteres typisches Symptom der Refluxösophagitis ist chronischer Husten. Dieser wird häufig fälschlicherweise als Asthma gedeutet.

Diagnose

Bei Verdacht auf eine Refluxösophagitis wird eine Gastroskopie durchgeführt. Bei der Untersuchung führt der Arzt ein spezielles Endoskop, ein sogenanntes Gastroskop, über die Speiseröhre in den Magen ein. Das Endoskop ist in der Regel mit einer Kamera versehen, sodass der Arzt direkt auf einem Monitor den Zustand der Organe beurteilen kann. Die Gastroparese wird durch die Bestimmung der Magenentleerungszeit gestellt. Dafür kommen Oktansäure und Natriumacetat zum Einsatz.

Komplikationen

Im Rahmen einer Gastroparese kann es durch die gestörte Entleerung des Magens zu verschiedenen Komplikationen kommen. Zunächst verspüren Patienten ein starkes Völlegefühl, dass oft mit Übelkeit und Erbrechen verbunden ist. Dadurch kommt es mitunter zu einem starken Gewichtsverlust.

Bleibt die Magenlähmung über einen längeren Zeitraum bestehen, können sich weitere Magen-Darm-Beschwerden entwickeln, die das ursprüngliche Krankheitsbild der Gastroparese intensivieren. Eine typische Komplikation ist etwa die Refluxösophagitis, bei der Nahrungsbestandteile und Magensäure zurück in die Speiseröhre gelangen. Dadurch kommt es vor allem nach den Mahlzeiten oder beim Heben von Lasten zum Aufstoßen.

Wird die Reflux-Krankheit nicht umgehend behandelt, können sich Entzündungen im Rachenraum bilden. Im schlimmsten Fall entwickelt sich aus einer Refluxösophagitis eine Lungenentzündung. Häufiger kommt es zu Kehlkopfentzündungen oder der Entstehung von chronischem Husten. Bei der medikamentösen Behandlung einer Gastroparese können Allergien und Unverträglichkeiten auftreten.

Die verordneten Prokinetika und Antiemetika können außerdem zu kardialen Nebenwirkungen (Herzrhythmusstörungen) sowie zu Schweißausbrüchen und körperlicher Unruhe führen. Bei der Behandlung via Endoskop kann es selten zu Verletzungen der Magenschleimhäute kommen. Muss eine parenterale Ernährung eingeleitet werden, können weiteren Komplikationen auftreten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei Schmerzen in der Magengegend, wiederholt auftretender Übelkeit oder Erbrechen, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Nehmen die Schmerzen an Intensität zu oder breiten sie sich weiter aus, wird ein Arzt benötigt. Vor der Einnahme eines Schmerzmedikamentes ist die Rücksprache mit einem Mediziner erforderlich. Es können weitere Komplikationen oder Beschwerden auftreten, die es zu verhindern gilt. Leidet der Betroffene unter einem Völlegefühl, einer Appetitlosigkeit oder kommt es zu einer verringerten Nahrungsmittelzufuhr, ist ein Arzt zu konsultieren.

Stellt sich eine starke Gewichtsabnahme ein oder kommt es zu Essstörungen, wird ebenfalls ein Arzt benötigt. Können beim Stuhlgang unverdaute Lebensmittel erkannt werden, ist diese Beobachtung mit einem Arzt zu besprechen. Entstehen Beschwerden des Kehlkopfes und kann eine Veränderung der Lautgebung wahrgenommen werden, gilt dies als ungewöhnlich und sollte medizinisch untersucht werden. Bei anhaltendem Husten oder Geräuschen der Atmung ist ein Arzt aufzusuchen.

Besteht eine innere Unruhe, ein Krankheitsempfinden oder kommt es zu psychischen Problemen, ist ein Arzt um Rat zu bitten. Leidet der Betroffene unter einem kontinuierlichen unangenehmen Aufstoßen kurz nach dem Essen, sollte das untersucht werden. Werden zudem regelmäßig Speisereste beim Heben oder Bücken zurück in die Speiseföhre befördert, sollte ein Arzt konsultiert werden.

Behandlung & Therapie

Bei einer neu diagnostizierten oder nur schwach ausgeprägten Gastroparese erfolgt zunächst eine Ernährungsberatung. Die Symptome können vor allem in frühen Stadien durch eine gute Versorgung mit Flüssigkeit und mit Vitalstoffen gelindert werden. Zudem sollten die Patienten fettarme Kost mit wenig Ballaststoffen bevorzugen. Die Nahrung sollte täglich auf mehrere kleine Mahlzeiten aufgeteilt werden.

Zur medikamentösen Behandlung werden Prokinetika und Antiemetika eingesetzt. Prokinetika regen die Tätigkeit der Magen- und Darmmuskulatur an und bewirken so eine schnellere Entleerung des Magens. Antiemetika wirken im Brechzentrum und unterdrücken Erbrechen und Übelkeit. Sie wirken sich aber nicht auf die Magenmotilität aus. Bei starken oder lang anhaltenden Paresen kann eine künstliche Ernährung erforderlich sein.

Dabei werden flüssige Nährstoffe über eine Sonde in den Magen oder in den Dünndarm gegeben. Eventuell werden zusätzlich auch Nährstoffe parenteral verabreicht. Dafür wird eine Nährstofflösung in die Vene des Patienten injiziert. Die parenterale Ernährung wird dann gewählt, wenn eine enterale Ernährung nicht gut vertragen wird. Auch wenn über die enterale Ernährung nicht ausreichend Energie zugeführt werden kann, erfolgt eine parenterale Ernährung.

Aussicht & Prognose

Für die Prognose spielt es eine große Rolle, ob die Gastroparese durch eine andere Krankheit verursacht wird, die heilbar ist oder gut kontrolliert werden kann, oder ob die Ursache irreversibel ist. Wenn die Ursache nicht behandelbar ist, bleibt die Gastroparese in der Mehrzahl der Fälle bestehen. Diese Gefahr besteht auch dann, wenn eine Behandlung theoretisch möglich ist, aber der Patient eine Therapie ablehnt oder nicht befolgt. In beiden Fällen ist es möglich, dass sich die Gastroparese verschlechtert.

Die Gastroparese kann infolge von Diabetes und anderen Erkrankungen auftreten. In diesem Fall verbessert sich die Prognose, wenn der Patient seinen Lebensstil ändert und der Diabetes insgesamt gut unter Kontrolle ist. Patienten, die rauchen und diese Sucht aufgeben, erhöhen dadurch ebenfalls ihre Aussicht auf eine Verbesserung der Symptome.

Eine diabetische Gastroparese scheint sich nicht auf die Sterblichkeitsrate auszuwirken (Chang, Rayner, Jones & Horowitz, 2013). Die Behandlung der diabetischen Gastroparese gilt jedoch insgesamt als kompliziert. Ärzte empfehlen bei dieser und anderen Formen der Gastroparese häufig einen speziellen Ernährungsplan, der auf häufige und kleine Mahlzeiten ausgerichtet ist. Ein Ernährungsberater kann helfen, die Empfehlungen in die Praxis umzusetzen.


Vorbeugung

Die häufigste Ursache der Gastroparese ist die diabetische Neuropathie. Dieser kann durch einen gut eingestellten Blutzucker beim Diabetiker vorgebeugt werden.

Nachsorge

In den meisten Fällen stehen dem Betroffenen bei einer Gastroparese keine besonderen Möglichkeiten der Nachsorge zur Verfügung. Dabei steht im Vordergrund die ärztliche Behandlung der Krankheit, um weitere Komplikationen und Beschwerden zu verhindern. Eine Selbstheilung kann dabei in der Regel nicht eintreten, sodass eine Behandlung durch einen Arzt unerlässlich ist.

Im Allgemeinen wirkt sich eine gesunde Lebensweise mit einer ausgewogenen Ernährung sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Gastroparese aus und kann die Heilung deutlich beschleunigen. Dabei sollte der Betroffene möglichst Ballaststoffe vermeiden und sich gesund ernähren. Weiterhin ist auch die Einnahme von Medikamenten notwendig.

Dabei sollte der Betroffene immer auf eine regelmäßige Einnahme achten, wobei auch mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln zu beachten sind. Vor allem bei Kindern sollten die Eltern auf eine regelmäßige Einnahme der Medikamente achten. In einigen Fällen sind dabei auch regelmäßige Untersuchungen des Magens sinnvoll, um Schäden im Magen schon vorzeigt zu identifizieren und zu behandeln.

Ob die Lebenserwartung des Betroffenen durch die Gastroparese verringert ist, kann nicht universell vorhergesagt werden. Auch der Kontakt zu anderen Betroffenen kann dabei sinnvoll sein, da es dabei zum Austausch an Informationen kommt, welche den Alltag deutlich erleichtern können.

Das können Sie selbst tun

Bei einer Gastroparese sollte auf jeden Fall ein Arzt hinzugezogen werden. Mit Hilfe einiger Selbsthilfemaßnahmen und Hausmittel kann die medizinische Therapie unterstützt werden.

Zunächst gilt es die Ernährung an die Erkrankung anzupassen. Lebensmittel mit einem hohen Fettanteil sollten unbedingt vermieden werden, denn diese Lebensmittel verlangsamen die Verdauungstätigkeit. Besser sind fettarme Alternativen wie mageres Fleisch, fettarme Milch, Hüttenkäse, Eiklar und Joghurt.

Im Allgemeinen empfiehlt sich eine ausgewogene, ballaststoffarme Ernährung mit viel Fisch, Tofu, Weißbrot und Gemüsekonserven. Um die Verdauung zu beschleunigen, können diese Lebensmittel püriert und verzehrt werden. Wer auf feste Nahrung nicht verzichten möchte, sollte jeden Bissen gut kauen und viel Wasser trinken. Bewährt haben sich auch Proteinshakes, klare Suppen und Brühen sowie elektrolytreiche Getränke.

Ein bewährtes Hausmittel ist Ingwertee. Die gesunde Heilwurzel fördert die Bildung von Magensaft und unterstützt die Darmtätigkeit. Ebenso wirksam ist Pfefferminztee, der den Magenmuskel entspannt und die Produktion von Gallenflüssigkeit fördert.

Neben diesen diätetischen Maßnahmen sollten Erkrankte die Auslöser für Beschwerden in einem Tagebuch festhalten. So kann gemeinsam mit einem Ernährungsmediziner ein geeigneter Ernährungsplan zusammengestellt werden.

Quellen

  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Messmann, H.: Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

Das könnte Sie auch interessieren