Nukleoside
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Ein Nukleosid besteht immer aus einer Nukleinbase, die über eine N-glykosidische Bindung mit dem Monosaccharid Ribose oder Desoxyribose verbunden ist. Alle 5 Nukleinbasen - die Bausteine der DNA- und der RNA-Doppel- und Einfachhelices – können enzymatisch in Nukleoside umgewandelt werden. Einige Glykoside haben eine physiologische Bedeutung wie das Adenosin, das den Grundbaustein für ADP und ATP im Energiestoffwechsel der Zellen bildet.
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Was sind Nukleoside?
Die Doppelhelices der DNA und die Einfachhelices der RNA werden aus Sequenzen von nur fünf verschiedenen Nukleinbasen in der Form von Nukleotiden gebildet.
Alle fünf Nukleinbasen, von denen Adenin und Guanin als Grundstruktur auf dem Fünf- und Sechsring des Purins basieren und Cytosin, Thymin und Uracil auf dem aromatischen Sechsring des Pyrimidins, können sich mit dem Monosaccharid Ribose bzw. Desoxyribose N-glykosidisch verbinden. Die Hydroxylgruppe (-OH) am C-Atom 1 der Pentose reagiert unter Bildung und Abspaltung eines H2O-Moleküls mit der Aminogruppe (-NH2) der Nukleinbase. Wenn ein Ribose- oder Desoxyriboserest angelagert wird, entsteht aus Adenin Adenosin bzw. Desoxyadenosin.
Analog dazu wird auch die Purin-Base Guanin in Guanosin bzw. Desoxyguanosin umgewandelt. Die drei Purinbasen Thymin, Cytosin und Uracil verwandeln sich durch die Anlagerung des Riboserestes in Thymidin, Cytidin und Uridin bzw. erhalten jeweils die Vorsilbe „Desoxy-“ falls der angelagerte Zuckerrest aus Desoxyribose besteht. Darüber hinaus existiert eine Vielzahl von abgewandelten Nukleosiden, die teilweise in der Transfer-DNA (tDNA) und in der ribosomalen RNA (rRNA) eine Rolle spielen.
Künstlich hergestellte, modifizierte, Nukleoside, sogenannte Nukleosidanaloga wirken z. T. als Virostatika und werden gezielt zur Bekämpfung von Retroviren eingesetzt. Einige Nukleosidanalogika zeigen eine zytostatische Wirkung, so dass sie zur Bekämpfung bestimmter Krebszellen Verwendung finden.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Einige Nukleoside übernehmen in abgewandelter Form auch Aufgaben in der Katalyse bestimmter Stoffwechselvorgänge. Beispielsweise dient das sogenannte „aktive Methionin“ (S-Adenosyl-Methionin) als Donator von Methylgruppen. Nukleoside fungieren in einigen Fällen in ihrer Nukleotidform auch als Bausteine von gruppenübertragenden Coenzymen. Beispiele dafür sind das Riboflavin (Vitamin B2), das als Vorstufe für viele Coenzyme dient und damit eine zentrale Rolle in vielen Stoffwechselvorgängen einnimmt.
In der Energieversorgung der Zellen spielt Adenosin als Adensindiphosphat (ADP) und als Adenosintriphosphat (ATP) eine sehr wichtige Rolle. ATP kann als universeller Energieträger bezeichnet werden und dient auch Phosphat-Donator in sehr vielen Stoffwechselvorgängen, die eine Phosphorylierung beinhalten. Guanosintriphosphat (GTP) ist der Energieträger im sogenannten Zitratzyklus in den Mitochondrien. Nukleotide sind auch Bestandteile von Coenzym A und Vitamin B12.
Die Nukleoside Uridin und Cytidin werden in Kombination als Arzneimittel zur Behandlung von Nervenentzündungen und Muskelerkrankungen eingesetzt. Z. B. wird das Mittel gegen Nervenwurzelentzündungen an der Wirbelsäule und bei Lumbago verwendet. Modifizierte Nukleoside, sogenannte Nukleosidanaloga, zeigen z. T. virostatische Wirkungen gegen Retroviren. Sie finden in Arzneimitteln Verwendung, die gegen z. B. gegen das Herpes-simplex-Virus und gegen HI-Viren eingesetzt werden. Andere Nukleosidanaloga mit zytostatischer Wirkung spielen eine Rolle in der Krebsbekämpfung.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Nukleoside setzen sich ausschließlich aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff zusammen. Alle Stoffe sind auf der Erde praktisch überall reichlich vorhanden. Spurenelemente und seltene Mineralien werden für den Aufbau von Nukleosiden nicht benötigt. Dennoch synthetisiert der Körper Nukleoside nicht von Grund auf, weil die Synthese komplex und energieaufwändig ist.
Der menschliche Körper geht daher den entgegengesetzten Weg, er gewinnt Nukleoside hauptsächlich aus Abbauprozessen im intermediären Purin- und Pyrimidinstoffwechsel (salvage Pathway). Nukleoside nehmen in Reinform oder in der phosphorylierten Form als Nukleotide an einer Vielzahl von enzymatisch-katalytischen Stoffwechselvorgängen teil. Besonders erwähnenswert ist die Funktion des Adenosins in der Form von ATP und ADP in der sogenannten Atmungskette. Das Nukleotid Guanintriphosphat spielt eine entscheidende Rolle im sogenannten Zitratzyklus.
Bei Zyklen laufen innerhalb der Mitochondrien der Zellen Prozesse ab. Da Nukleoside fast immer in gebundener Form oder als Funktionsträger in praktisch allen Körperzellen in großen Mengen vorhanden sind, existiert kein allgemeiner Grenz- oder Richtwert für eine optimale Konzentration. Die Bestimmung der Konzentration bestimmter Nukleoside oder Nukleotide im Blutplasma kann hilfreich für Diagnosen und Differentialdiagnosen sein.
Krankheiten & Störungen
Krankheiten, die Stoffwechselanomalien der Nukleoside bedingen, betreffen meist auch den Purin- oder den Pyrimidinstoffwechsel, weil die fünf Basisnukleoside entweder ein Purin- oder ein Pyrimidingrundgerüst tragen. Eine bekannte Störung im Purinstoffwechsel wird durch das bekannte Lesch-Nyhan-Syndrom ausgelöst, eine erblich bedingte Krankheit, die einen Mangel an Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HGPRT) verursacht. Der Enzymmangel verhindert die Recyclierung bestimmter Nukleinbasen, so dass es zu einer kumulativen Anhäufung von Hypoxanthin und Guanin kommt.
Das wiederum löst eine Hyperurikämie, einen erhöhten Harnsäurespiegel, aus, der zur Gicht führt. Durch den erhöhten Harnsäurespiegel kommt es zu Ablagerungen an Gelenken und Sehnenscheiden, die schmerzhafte Symptome auslösen können. Eine sehr seltene Erbkrankheit äußert sich in Adenylosuccinate Lyase-Mangel, der zu Problemen im Purinstoffwechsel führt. Die Krankheit führt zu Muskelzuckungen und zu verzögerter, kindlicher Entwicklung mit schwerwiegendem Verlauf.
Quellen
- Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2003
- Lothar, T.: Labor und Diagnose. TH-Books, Frankfurt 2005
- Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012