Purin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Purin ist eine organische Verbindung und ein Heteroaromat mit vier Stickstoffatomen, wird zum fertigen Purin-Kern durch fünf weitere Kohlenstoffatome und bildet den Grundkörper der gesamten Stoffgruppe der Purine. Letztere sind wichtige Bausteine der Nukleinsäuren und gleichzeitig die Speicher der Erbinformationen.
Purine sind in allen Zellen vorhanden, werden mit der Nahrung aufgenommen, aber auch vom Körper selbst gebildet, und zwar hauptsächlich beim Abbau der Körperzellen. Gerade in tierischen Lebensmitteln ist viel Purin enthalten, z.B. in Fisch und Fleisch, besonders in der Haut und den Innereien. In der Natur wurde freies Purin bisher nicht entdeckt.
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Was ist Purin?
Die Bezeichnung der Purine leitet sich aus dem Lateinischen ab. „Purus“ steht für Reinheit und „acidum uricum“ ist die Harnsäure. Purine sind also das reine Grundgerüst der Harnsäure. Sie wurden Ende des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal durch den Chemiker Emil Fischer synthetisiert, der auch der Begründer der organischen Chemie ist und durch seine Arbeiten 1902 den Nobelpreis für Chemie erhielt.
Purine weisen ein heterozyklisch aromatisches Ringgerüst aus sechs Atomen auf. Sie sind die Molekülgrundbausteine der DNA-Basen Guanin und Adenin. Diese werden aus Purin von Wasserstoffatomen abgeleitet und gehören daher auch zu den Purinbasen. Sind diese Basen mit dem C-1-Atom der Ribose verknüpft, bilden sich die Nukleoside Guanosin und Adenosin. Durch eine exotherme Reaktion mit Phosphat entstehen dann Nukleotide. Diese sind Bausteine vieler physiologischer Moleküle.
Purin-Nukleotide sind dabei nicht nur Energielieferanten, sondern auch Bausteine von Co-Enzymen wie NAD, FAD oder NADP. Gleichzeitig sind sie die Signalüberträger und die Zwischenprodukte von Synthesewegen und Stoffwechselvorgängen. Sie bilden dabei ein Netzwerk und werden unter verschiedenen Bedingungen synthetisiert. Das geschieht nicht als freie Moleküle, sondern als Nukleotide. Zum anderen werden sie zu Harnsäure abgebaut. Purine binden sich dabei ebenso an Rezeptoren in der Zellmembran.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Sowohl die Harnsäure selbst als auch alle Zwischenprodukte werden dann in der Niere aufgefangen und dort ausgeschieden. Zunächst bildet der gesamte Purin-Kern. Genauer wird das Trägermolekül Ribose-5-Phosphat phosphoryliert und damit aktiviert. Das geschieht durch Abspaltung vom Pyrophosphat, um so Energie für die nächsten Schritte zu liefern. Neben der Synthese zur Purinbase dient Purin auch für die Biosynthese der NAD und zur Purin-Wiederverwertung.
Ist die Abspaltung vom Pyrophosphat erfolgt, wird Glutamin auf den Phosphoriboserest übertragen. PRA entsteht und wird von der Amidophosphoribosyltransferase katalysiert. Dieses Enzym reguliert den Substratdurchfluss im Stoffwechsel. Nach dieser Reaktion wird das zweite der vier Stickstoffatome eingebaut. Das dritte wird durch Glutamin geliefert und von der Phosphoribosylformylglycinamidin-Synthase verwendet. Nach Wasserabspaltung entsteht AIR, also 5-Aminoimidazolribonukleotid. Diese wird zu CAIR carboxyliert.
Der darauf startende Aspartat-Zyklus baut das vierte Stickstoffatom in den Purin-Kern ein, es kommt zur Kondensation mit Aspartat, Fumarat wird abgespalten. Durch einen Formylrest wird die Reaktion durch die Phosphoribosylaminoimidazolcarboxamid-Formyltransferase katalysiert. Der Pyrimidin-Ring wird unter Wasserabspaltung geschlossen. Der Purin-Kern ist komplett.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
In der Medizin sind Purin-Derivate Arzneistoffe, die als Antimetaboliten eingesetzt werden und z. B. Azathioprin im Immunsystem zu unterdrücken. Die Biosynthese mit Purin kann als Blockade des Folat-Stoffwechsels gehemmt werden, z. B. mit Methotrexat.
Dadurch kommt es zum Mangel der DNA-Bausteine, die Zellvermehrung wird gehindert, insbesondere an proliferationsfreudigen Geweben. Das wiederum dient der Behandlung von Tumorzellen in der Krebstherapie und bei Autoimmunerkrankungen. Allopurinol wird gegen Gicht verwendet und unterbindet den Purin-Abbau zu Harnsäure. Purin-n-Oxide wiederum wirken krebserregend.
Krankheiten & Störungen
Insbesondere aufgrund der Ernährung ist die Gichthäufigkeit im Laufe der Zeit gestiegen. Früher gehörte sie noch zu den Krankheitserscheinungen, die nur in gesellschaftlich höheren Schichten vorkam. Purine werden zur Hälfte vom Körper hergestellt und zur Hälfte über die Nahrung aufgenommen. Die Folge von Gichtanfällen ist dann eine Störung der Nierenfunktion, die wiederum zu schmerzhaften Nierensteinen führen kann.
Gicht wird medikamentös behandelt, ist aber häufig auch von Diätmaßnahmen und einer speziellen Ernährung begleitet, die purinarm ist, also auf Innereien oder Fischsorten wie Hering, Sardellen oder Ölsardinen verzichtet. Sobald der Harnsäurespiegel ansteigt, die Konzentration im Blut zu hoch wird, bilden sich Harnsäurekristalle, die nadelförmig sind und sich in Nieren, Knorpeln, Sehnenscheiden, Haut und Gelenken ablagern. Durch die Ablagerungen kommt es zu Entzündungen.
Der Harnsäuregehalt sollte bei Männern einen Wert von 6,5 mg/dl nicht übersteigen, bei Frauen sollte er noch etwas niedriger sein. Hohe Harnsäurewerte im Blut müssen nicht immer zu Gicht führen, auch genetische Vorbelastung und andere Beschwerden sind Auslöser. Eine davon ist das Lesch-Nyhan-Syndrom. Dabei handelt es sich um eine Erbkrankheit, die auf den gestörten Stoffwechsel der Purine basiert und aufgrund einer Überbelastung des Körpers durch Harnsäure entsteht.
Es ist eine eher seltene, mit dem X-Chromosom rezessiv vererbte Stoffwechselkrankheit, die einen Mangel der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase aufweist. Durch das Fehlen dieses wichtigen Enzyms im Organismus kommt es zum erhöhten Harnspiegel und zu Störungen des zentralen Nervensystems.
Quellen
- Dormann, A., Luley, C., Heer, C.: Laborwerte. Urban & Fischer, München 2005
- Horn, F.: Biochemie des Menschen. Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Thieme, Stuttgart 2018
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013