Pemphigus foliaceus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Pemphigus foliaceus ist eine autoimmunologische Erkrankung der Haut, bei der Zellen des Immunsystems hautverbindende Proteine abbauen. Auf der Haut bilden sich damit Spalten, die im weiteren Verlauf zu Bläschen werden. Die Behandlung erfolgt durch die systemische Gabe von Glukokortikoiden oder anderen Medikamenten, die das Immunsystem dämpfen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Pemphigus foliaceus?

Patienten mit Pemphigus foliaceus besitzen leitsymptomatisch schlaffe und schnell platzende Blasen auf der äußeren Haut. Der Grund der Blasen besteht aus nässenden, krustig belegten Erosionen, die sich langsam ausdehnen und eine generalisierte Erythrodermie hervorrufen können.
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Das menschliche Abwehrsystem erkennt Krankheitserreger und andere Substanzen mit körperfremdem Ursprung als Bedrohungen. Nach der Identifikation als körperfremd fährt das Immunsystem Attacken, um etwaige Gefahren für den Organismus schnellstmöglich zu eliminieren. Bei Autoimmunerkrankungen ist dieser Prozess gestört.

Das Immunsystem von Betroffenen greift statt körperfremden Stoffen körpereigenes Gewebe an. Autoimmunerkrankungen können sich gegen jedes Gewebe richten. Solche der Haut nennt der Mediziner Autoimmundermatosen. Bei Pemphigus foliaceus handelt es sich um eine Autoimmundermatose, die Blasbildungen der oberen Epidermis-Schicht hervorruft und neben dem Menschen auch andere Säugetiere betreffen kann.

Für den humanen Pemphigus foliaceus unterscheidet der Medizin vier unterschiedliche Formen: Neben dem sporadischen Pemphigus foliaceus Typ Cazenave gibt es den vorwiegend in Südamerika verbreiteten Pemphigus braziliensis, den Pemphigus seborrhoicus und den Pemphigus erythematosus. Wie für die meisten Autoimmunerkrankungen ist die Ursache der zugrundliegenden Abwehrstörung bislang auch für den Pemphigus foliaceus nicht abschließend geklärt.

Ursachen

Patienten mit Pemphigus foliaceus bilden Autoantikörper, die sich gegen Desmoglein 1 richten. Dabei handelt es sich um ein Protein innerhalb der Desmosomen, das für den Zellzusammenhalt von Keratinozyten innerhalb der äußersten Hautschichten entscheidend ist. Durch Antigen-Antikörper-Reaktionen setzt der Körper der Patienten proteolytische Enzyme frei, die Proteine abbauen.

Diese Enzyme bauen mit den Proteinen die Verbindungen zwischen einzelnen Hautzellen ab. Da der Haut in einer Folge der Zellzusammenhalt fehlt, runden die Keratinozyten ab. Es kommt zu einer sogenannten Akantholyse. In der Epidermis bilden sich daraufhin Spalten, die im späteren Verlauf Blasen werfen. Desmoglein 1 kommt als Protein nur zu geringen Anteilen innerhalb der Schleimhäute vor.

Seine Funktion in den Schleimhäuten wird bei einem Ausfall durch das Desmoglein 3 der oberen Schleimhautschichten kompensiert. Aus diesem Grund beschränken sich die Auswirkungen von Pemphigus foliaceus auf die äußere Haut. Welche Faktoren primär an der Fehlprogrammierung des Immunsystems beteiligt sind, ist bisher ungeklärt. Diskutiert werden für Autoimmunerkrankungen zum Beispiel primärursächliche Viruserkrankungen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit Pemphigus foliaceus besitzen leitsymptomatisch schlaffe und schnell platzende Blasen auf der äußeren Haut. Der Grund der Blasen besteht aus nässenden, krustig belegten Erosionen, die sich langsam ausdehnen und eine generalisierte Erythrodermie hervorrufen können. Die Erythrodermie entspricht einer Rötung, die das gesamte Hautorgan oder größere Teile der Haut betreffen kann.

Die Erosionen von Patienten mit Pemphigus foliaceus riechen in vielen Fällen unangenehm. Das in den Blasen enthaltene Sekret wird von Bakterien zersetzt, deren Stoffwechselprodukte für den schlechten Geruch verantwortlich sind. Manche Patienten klagen zusätzlich über Juckreiz oder brennende Hautstellen. Da sie wegen des Juckreizes über die Haut reiben und an den Blasen kratzen, verbreitet sich die Blasenbildung häufig unkontrolliert.

Die sich ausbreitenden Blasen gehen dabei auf das Prinzip des positiven Nikolski-Phänomens zurück. In den meisten Fällen betreffen die Blasen den Kopf, das Gesicht und den Körperstamm. Innerhalb der Schleimhäute kommt es nur in den seltensten Fällen zur Blasenbildung.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose Pemphigus foliaceus stellt der Dermatologe anhand der Serologie und Histopathologie. Einen ersten Verdacht können die Nikolski-Zeichen begründen. Die Haut der Patienten lässt sich im aktiven Stadium durch leicht tangentialen Druck zum Beispiel ablösen. Im Serum und im Interzellularraum sind Autoantikörper zu beobachten.

In späteren Stadien der Erkrankung liegt außerdem beschleunigte Blutsenkung vor. Außerdem verändert sich das Blutbild. Dysproteinämien treten ein. Histopathologisch betrifft die akantholytische Blasenbildung vor allem das Stratum granulosum. Innerhalb der Dermis kann oft ein Nachweis über Akanthose, Papillomatose oder Leukozyteninfiltration erbracht werden.

Differenzialdiagnostisch muss die Erkrankung von einem diskoiden Lupus erythematodes und einem seborrhoisches Ekzem abgegrenzt werden. Bei der Feindiagnose wird die Diagnose auf eine der vier Erkrankungsformen eingegrenzt. Pemphigus foliaceus ist wie alle anderen Autoimmunerkrankungen von individuellem Verlauf gekennzeichnet. Damit lässt sich die Prognose für Patienten mit der Erkrankung nicht ohne Weiteres pauschalieren.

Komplikationen

Pemphigus foliaceus muss dringend behandelt werden, weil es sonst zu mehren Komplikationen führen kann. So können die sich die aufgrund der Autoimmunreaktion des Körpers hervorgerufenen Hautläsionen ohne Behandlung über den ganzen Körper ausbreiten und eine sogenannte generalisierte Erythrodermie hervorrufen. Bei der generalisierten Erythrodermie entzündet und rötet sich die gesamte Haut.

Kennzeichnend für den Krankheitsprozess sind Wärme- und Eiweißverlust, verstärkte Zellproliferation von Hautzellen und die Erweiterung der Blutgefäße. Schwerwiegende Komplikationen, die sogar lebensbedrohlich werden können, treten bei besonders ausgeprägten Hautreaktionen auf. So kann ein starker Flüssigkeitsverlust eine lebensgefährliche Dehydration verursachen. Aufgrund der erstärkten Bildung von Hautzellen sowie einer großflächigen Hautschuppung treten gefährliche Eiweiß- und Wärmeverluste auf.

Des Weiteren führt die Erweiterung der Blutgefäße oft zu schweren Herzkreislauferkrankungen. Die ständige Blasen- und Flüssigkeitsbildung bietet bakteriellen Krankheitserregern außerdem einen idealen Nährboden. So können sich unbehandelt schwere Infektionen entwickeln, die unter Umständen auch tödlich verlaufen. Diese Gefahr kann aber noch verstärkt werden mit der Gabe von Immunsuppressiva.

Da Pemphigus foliaceus jedoch nur mittels einer Suppression des Immunsystems behandelt werden kann, werden zur Vermeidung von schweren Infektionen während der Behandlung vorsorglich meist auch Antibiotika gegeben. Bisher gibt es noch keine kurative Behandlung. Das Immunsystem muss ständig unterdrückt werden, sodass auch ständig Vorsorge zur Vermeidung von Infektionskrankheiten getroffen werden muss.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es bei Pemphigus foliaceus nicht zu einer Selbstheilung und in den meisten Fällen zu einer Verstärkung der Beschwerden kommt, ist eine Behandlung durch einen Arzt sinnvoll. Nur durch eine ärztliche Behandlung können die Beschwerden eingeschränkt und gelindert werden. Der Arzt ist bei Pemphigus foliaceus dann aufzusuchen, wenn es auf der Haut zur Ausbildung von Blasen kommt, welche nicht ohne Weiteres verschwinden und über einen längeren Zeitraum auftreten. Ebenfalls kann dabei Juckreiz oder eine starke Rötung auf der betroffenen Hautstelle auf Pemphigus foliaceus hindeuten und sollte von einem Arzt untersucht werden.

Da sich die Betroffenen bei dieser Erkrankung häufig kratzen, verstärken sich die Beschwerden. Die Blasen treten an verschiedenen Körperregionen auf und können das Leben des Patienten deutlich erschweren. Bei diesen Beschwerden ist unverzüglich ein Arzt aufzusuchen. In der Regel kann die Krankheit Pemphigus foliaceus durch einen Allgemeinarzt oder durch einen Hautarzt diagnostiziert und behandelt werden. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird nicht negativ beeinflusst.

Behandlung & Therapie

Bislang ist der primäre Auslöser für Pemphigus foliaceus nicht identifiziert worden. Aus diesem Grund gestaltet sich eine Kausaltherapie schwierig. Die Erkrankung gilt daher als unheilbare Erkrankung ohne ursächliche Therapiemöglichkeit.

Symptomatische und supportive Behandlungsmethoden stehen für die Therapie der Patienten allerdings zur Verfügung. Im Wesentlichen ähnelt die symptomatische Therapie des Pemphigus foliaceus der Behandlung des Pemphigus vulgaris. Systemisch werden Glukokortikoide verabreicht.

Anfänglich sind hohe Dosen angemessen, um den Krankheitsprozess zum Stehen zu bringen. Sobald die Nikolski-Zeichen negativ sind und die Hautdefekte abzuheilen beginnen, ist eine schrittweise Reduzierung der Dosis angezeigt. Zusätzlich zu den Glukokortikoiden können die Patienten weitere Immunsuppressiva erhalten.

Eine immunsuppressive Dauertherapie ist genauso wichtig wie die Pflege der Hautläsionen. Zur Prävention von Komplikationen eignet sich die Gabe von Antibiotika. Dringend zu vermeiden ist ein rasches Absetzen von einzelnen Medikamenten. In diesem Kontext wurden häufig Rezidive der Symptome dokumentiert.


Aussicht & Prognose

Die chronische Autoimmun-Krankheit Pemphigus foliaceus führt ohne Behandlung meist fünf Jahre nach der Erkrankung zum Tod. Um die Prognose zu verbessern, werden vom Dermatologen häufig eine ganzheitliche Kortikosteroid-Behandlung, Immunsuppressiva, Plasmaaustausch oder Immunglobulin verordnet. Die Behandlungen, die zur Reduktion der Antikörpertiter führen sollen, erfolgen meist stationär und unter Beaufsichtigung, um allfällig auftauchenden – auch letale – Komplikationen während der Therapie entgegenzuwirken.

Seit den 50er-Jahren führt vor allem der Einsatz von Kortikosteroiden über einen Zeitraum von einem Jahr hinweg zu besseren Langzeit-Aussichten für betroffene Patienten, sodass bis zu 80 % langfristig beschwerdefrei oder gar vollständig genesen weiterleben können. Oft sind Betroffene während und nach der Behandlung in ihren alltäglichen Tätigkeiten eingeschränkt, indem sie mit vielen Abwesenheitsstunden beim Job, Gewichtsabnahme und Schlafmangel rechnen müssen. Dabei kann ihnen der Austausch mit weiteren betroffenen Personen, die dasselbe durchmachen müssen, helfen, mit ihrer Lebensumstellung zurechtzukommen.

Dennoch enden etwa 5 % der Fälle aufgrund der Folgen von Behandlungen systemischer Infektionen – seltener nach Superinfektionen der Läsionen –, sowie fehlender Behandlung immer noch tödlich. Je eher die Krankheit diagnostiziert und mit der Behandlung begonnen wird, desto besser sind die Aussichten der Betroffenen beschwerdefrei leben zu können.

Vorbeugung

Bislang stehen keine erfolgsversprechenden Vorbeugemaßnahmen gegen Pemphigus foliaceus zur Verfügung. Die primären Auslöser der Autoimmunerkrankung sind bisher nicht bekannt. Nur die Identifizierung und anschließende Vermeidung der Auslöser könnte einer Präventivmaßnahme entsprechen.

Nachsorge

Bei Pemphigus foliaceus sind die Möglichkeiten einer direkten Nachsorge in den meisten Fällen stark eingeschränkt. Der Betroffene ist auf die schnelle und vor allem auf die frühzeitige Diagnose und Behandlung dieser Krankheit angewiesen, damit keine weiteren Komplikationen mehr auftreten und es auch nicht zu anderen Beschwerden kommt.

Die Einnahme von verschiedenen Medikamenten ist notwendig. Dabei sind immer die Anweisungen des Arztes zu beachten. Ebenso ist auf eine richtige Dosierung und auch auf eine regelmäßige Einnahme zu achten, um die Beschwerden richtig und dauerhaft zu lindern.

Bei der Einnahme von Antibiotika sollten Betroffene beachten, dass diese nicht zusammen mit Alkohol eingenommen werden sollten, um ihre Wirkung nicht zu verringern. Medikamente sollten bei Pemphigus foliaceus nicht rasch abgesetzt werden. Es sind auch regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen von einem Arzt notwendig, um den aktuellen Zustand der Erkrankung zu überwachen und andere Schäden schon früh festzustellen.

Das können Sie selbst tun

Pemphigus foliaceus lässt sich mit Kortison lindern, welches der Arzt als Tabletten oder Infusion verschreibt. Bei der Einnahme von Kortison sollten sich die Patienten exakt an die Dosierungsempfehlung halten. Die Kortisonbehandlung schützt vor neuen Entzündungen, sodass die Hauterosionen zurückgehen. Dabei ist es wichtig, die betroffenen Hautstellen nicht unnötig zu reizen. Bei der Einnahme der Präparate können Nebenwirkungen auftreten. Genau darum spielt die richtige Dosierung eine so wichtige Rolle.

Um die geschädigte Haut zu heilen, können die Patienten auch zu Salben oder Lotionen greifen. Dabei sollten sie unbedingt auf die ärztliche Empfehlung hören. Die sorgfältige, korrekte Hautpflege beugt sekundären Entzündungen vor. Wenn weitere Hautprobleme oder Autoimmunerkrankungen vorliegen, sollte der Arzt unbedingt darüber Bescheid wissen. So kann er helfen, die ideale Anpassung der Medikamente vorzunehmen.

Um die geschädigte Haut zu schützen, dürfen sich die Patienten natürlich nicht kratzen. Ansonsten verschlimmert sich das Problem noch. Beruhigungsübungen und ein gutes Körperbewusstsein helfen dabei, die Stellen in Ruhe heilen zu lassen. So können sich die Betroffenen das Leben etwas leichter machen. Allergiker sollten besonders vorsichtig sein und dem Allergieauslöser so gut wie möglich aus dem Weg gehen.

Quellen

  • Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Murphy, K., Travers, P., Walport, M.: Janeway – Immunologie. Spektrum, Heidelberg, 2010
  • Sterry, W., Paus, R.: Checkliste Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010

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