Blasenbildende Autoimmundermatosen
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Blasenbildende Autoimmundermatosen sind autoimmunologische Erkrankungen, bei denen das körpereigene Immunsystem Bindeglieder zwischen den Hautschichten als abzuwehrende Stoffe erkennt. Das Abwehrsystem zerstört daher mit Antikörpern Teile der Haut und initiiert damit Blasenbildung. Das Abwehrsystem von Patienten wird mit Autoimmundermatosen wird mittels immunsuppressiver Langzeitbehandlung soweit wie möglich hinabreguliert.
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Was sind Blasenbildende Autoimmundermatosen?
Das menschliche Immunsystem erkennt Krankheitserreger und andere Fremdstoffe, die in den Organismus eingedrungen sind. Immunologische Zellen schicken daraufhin Antikörper zur Abwehr der Gefahrenstoffe in das betroffene Gebiet. Unterschiedliche Erkrankungen können diese körpereigene Abwehrreaktion beeinträchtigen.
Bei Autoimmunerkrankungen handelt es sich um immunologische Fehlfunktionen. Zellen des Immunsystems erkennen dabei fälschlicherweise körpereigene Gewebe als körperfremd und greifen diese Gewebe an. Prinzipiell können alle Gewebearten von Autoimmunerkrankungen betroffen sein. Von Autoimmunerkrankungen des Hautgewebes gibt es zum Beispiel unterschiedliche Unterkategorien.
Eine davon ist die der blasenbildenden Autoimmundermatosen. Das Abwehrsystem von Menschen mit blasenbildenden Autoimmundermatosen richtet Antikörper gegen Hautbestandteile. Die oberen Schichten der Haut lösen sich in einer Folge vom darunterliegenden Gewebe. Blasenbildung setzt ein. Untertypen dieser Erkrankungsart sind die Pemphigoid- und die Pemphigus-Erkrankungen. Die beiden Typen besitzen unterschiedliche Pathophysiologie.
Ursachen
Die Ätiologie von Autoimmunerkrankungen gilt bislang generell als ungeklärt. Als primärursächliche Faktoren für die immunologische Fehlprogrammierung wurden in der Vergangenheit unterschiedliche Einflüsse diskutiert, so unter anderem Viren und Umweltgifte. Die Pathophysiologie blasenbildender Autoimmundermatosen steht trotz ungeklärter Primärursache relativ deutlich fest.
Bei Pemphigoid-Erkrankungen richten sich Antikörper gegen Proteinmoleküle, die einzelne Keratozyten-Schichten mit der Basalmembran verbinden. Dieser Prozess löst die Basalmembran ab und fördert die Bildung von prallen Blasen. Beispiele für solche Erkrankungen sind bullöses Pemphigoid, vernarbendes Schleimhautpemphigoid und Pemphigoid gestationis.
Bei Pemphigus-Erkrankungen greifen die Antikörper dagegen Desmosomen in der Epidermis an, die Keratozyten untereinander verbinden. Die Blasenbildung ist bei diesen Autoimmundermatosen dezenter. In manchen Fällen löst sich die obere Hautschicht blätterteigartig. Beispiele für bekannte Pemphigus-Erkrankung sind Pemphigus vulgaris und Pemphigus foliaceus.
Symptome, Beschwerden und Anzeichen
Patienten mit blasenbildenden Autoimmundermatosen leiden an unterschiedlichen Symptomen. Im Einzelfall hängen die Symptome vor allem vom Untertypen ab. Prall gefüllte Blasen weisen auf Pemphigoid-Erkrankungen hin. Dezentere oder ausbleibende Blasen sprechen eher für Pamphigus-Erkrankungen.
Viele Autoimmundermatosen gehen mit Juckreiz oder leichtem Brennen einher. Dieses Symptom motiviert die Patienten zum Kratzen. Durch den Kratzprozess verschlimmern oder verbreiten sich die Dermatosen allerdings weiter. Während im Einzelfall auch die Schleimhäute von blasenbildenden Autoimmundermatosen betroffen sein können, ist dieses Phänomen speziell für Pamphigus-Erkrankungen eher untypisch.
Gemeinsam ist allen blasenbildenden Dermatosen mit autoimmunologischer Natur die Zerstörung von Proteinen, Enzymen oder anderen Bindegliedern innerhalb der Hautschichten. Welche Bindeglieder die Autoantikörper im Einzelnen zerstören und in welchen Schichten diese Substanzen angesiedelt sind, hängt von der spezifischen Erkrankung ab.
Diagnose und Verlauf
Die Diagnose einer blasenbildenden Autoimmunerkrankung stellt der Dermatologe. Der erste Verdacht stellt sich rein blickdiagnostisch ein. Bestätigt wird der Verdacht über Immunfluoreszenz-Mikroskopie von Hautpartikeln oder Serumdiagnostik.
Die Abgrenzung von einzelnen Autoimmundermatosen mit bloßem Auge kann schwerfallen. In der histopathologischen Analyse lassen sich die einzelnen Formen allerdings relativ gut voneinander abgrenzen. Der Nachweis von bestimmten Antikörpern in der Haut ist dazu ein entscheidender Schritt. Für Patienten mit blasenbildenden Autoimmundermatosen hängt die Prognose von der jeweiligen Krankheit ab.
Auch persönliche Faktoren spielen eine entscheidende Rolle. Gerade für Autoimmunerkrankungen gilt grundsätzlich ein individueller Verlauf. Darüber hinaus haben sich die Behandlungsmöglichkeiten für betroffene Patienten in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert.
Komplikationen
Blasenbildende Autoimmundermatosen umschreiben bestimmte dermatologische Erkrankungen, welche durch Antikörper des eigenen Körperhaushaltes die Hautstruktur befallen. Dabei lösen sich Haut- und Gewebeteile schichtweise ab und es bilden sich Blasen. Das Symptom tritt vorwiegend an den Extremitäten, am Oberkörper, im Gesicht und an den Schleimhäuten auf.
Für den Betroffenen entstehen Komplikationen im Alltags- und Berufsleben. Unangenehme Schmerzsymptome und Juckreiz können zur zusätzlichen physischen wie zu psychologischen Belastungsprobe werden. In der Dermatologie wird die blasenbildende Autoimmundermatose in Gruppen eingeteilt.
Pemphigoid-Erkrankungen richten sich dabei gegen die verbindenden Proteinmoleküle mit eher krustiger Hautablösung. Die seltene lineare IgA-Dermatose im Kindes- und Erwachsenenalter zeigt eine Gefäßerweiterung der Hautstruktur nebst Blasenbildung. Ebenfalls selten auftretend ist Epidermolysis bullosa acquisita, wo Antikörper das Kollagen 7 zerstören und die Haut mit Läsionen und Blasen befällt.
Das Morbus Duhring reagiert mit Hautschuppung, hartnäckigem Juckreiz und Blasenbildung. Bei Verdacht auf eine blasenbildende Autoimmundermatose ist umgehend der Arzt zu konsultieren. Die medikamentöse Therapie ist fallorientiert und setzt voraus, das Immunsystem zu schwächen, um das Symptom einzudämmen.
Dabei kann es je nach Konstitution des Patienten zu weiteren Komplikationen kommen. So werden neben Kortikoide auch Immunsuppressiva gereicht, die nicht immer vertragen werden. Im Notfall muss eine Blutwäsche für einen Antikörperaustausch eingeleitet werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Blasenbildende Autoimmundermatosen erfordern immer einen Besuch beim Arzt. Bei dieser Gruppe von blasenbildenden Hauterkrankungen richtet sich das Immunsystem gegen bestimmte Hautareale bzw. Hautschichten. Die betroffene Haut bildet Blasen, die sich irgendwann öffnen.
Ohne einen Arztbesuch kann weder die Ursache der Blasenbildung abgeklärt werden, noch kann eine fachgerechte Behandlung erfolgen. Diese Gruppe von blasenbildenden Hauterkrankungen wird den Autoimmunerkrankungen zugerechnet. Damit schließen sich eine erfolgreiche Selbstbehandlung oder das Erkennen der Auslöser durch den Patienten aus. Betroffene sind auf einen fachkundigen Arzt angewiesen, um ihrem Leiden an offenen Blasen ein Ende zu bereiten.
In vielen Fällen steht den Betroffenen ein fachkundiger Arzt erst nach einer langen Odyssee durch verschiedene Hautarztpraxen zur Verfügung. Der Grund: Die bullösen Autoimmunerkrankungen zählen zu den eher selten auftretenden Hauterkrankungen. Oftmals finden solche Patienten erst im "Zentrum für seltene Erkrankungen" des UKSH oder ähnlichen klinischen Einrichtungen Hilfe.
Sind die blasenbildenden Autoimmundermatosen erst einmal korrekt zugeordnet, kann durch eine gezielte Behandlung und eine Immunsuppression meist eine langfristige Besserung erzielt werden. Ohne eine histopathologische bzw. serologische Diagnostik kann den betroffenen Menschen nicht geholfen werden. Alle Versuche der Betroffenen, ohne die Hilfe eines Arztes zurechtzukommen, schlagen fehl.
Behandlung & Therapie
Die primären Auslöser für Autoimmunerkrankungen sind trotz intensiver Forschung nicht abschließend geklärt. Somit können im Wesentlichen nur Spekulationen zu den Primärursachen der Erkrankungen vorgenommen werden, eine kausale Therapie bleibt bis zur ursächlichen Heilung noch ungeklärt. Moderne Behandlungen setzen zwar am Immunsystem an, machen allerdings nicht die Fehlprogrammierung rückgängig.
Stattdessen wird das Immunsystem von den modernen Behandlungsansätzen prinzipiell gedämpft, damit die Attacken auf körpereigenes Gewebe in Zukunft moderater ausfallen. Solche Behandlungsansätze sind auch als immunsuppressive Therapien bekannt. Dabei handelt es sich meist um konservativ medikamentöse Behandlungen.
Mit Immunsuppressiva wird die Aktivität des körpereigenen Immunsystems herunterreguliert. Bekanntes Immunsuppressiva sind zum Beispiel unterschiedliche Cortison-Präparate, die systemisch wirken. Zur immunsuppressiven Langzeitbehandlung von blasenbildenden Autoimmundermatosen sind außerdem Mittel wie Dapson, Azathioprin und Mycophenolatmofetil im Einsatz.
Die Akuttherapie erfolgt häufig mit Cortison-Selben. Die Patienten werden dazu angewiesen, die Blasen nicht zu kratzen. Außerdem ist die allgemeine Hautpflege und Hygiene im Kontext von Autoimmundermatosen relevant. In besonders schweren Fällen können die schädlichen Antikörper mittels einer speziellen Blutwäsche aus dem Blut genommen werden.
Diese Blutwäsche macht sich zentrifugale Kräfte zunutze und trennt das Blut des Patienten selektiv von den Antikörpern, um dem Betroffenen das so gefilterte Blut wieder zuzuführen. Außerdem lässt sich über verschiedene Medikamente die Neubildung von Antikörpern hemmen.
Da für einige Autoimmundermatosen Ernährung als Risikofaktor identifiziert wurde, sollte die Ernährung gegebenenfalls angepasst werden. Auch die Vermeidung von Stresssituationen oder die Anwendung von Strategien zur Stressbewältigung kann sich positiv auf den persönlichen Verlauf auswirken.
Aussicht & Prognose
Die Prognose den blasenbildenden Autoimmundermatosen ist ungünstig. Trotz aller Bemühungen ist es Wissenschaftlern und Forschern bislang nicht gelungen, die Ursache der Erkrankung zu finden. Eine gezielte medizinische Behandlung ist daher nicht möglich.
In der Praxis finden verschiedene Therapieansätze zur Symptombehandlung Anwendung, die jedoch zu keiner Heilung der Erkrankung führen. In den meisten Fällen findet eine Langzeittherapie statt, da auch Monaten nach dem Behandlungsbeginn unmittelbar nach dem Absetzen der Medikation eine sofortige Rückkehr der Beschwerden erfolgt.
Mit Naturheilmitteln oder alternativen Heilmethoden konnten bislang ebenfalls keine ausreichenden Ergebnisse erzielt werden. Sie können individuell den Körper unterstützen und eine Linderung verschiedener Folgeerscheinungen bewirken, aber keine vollständige Genesung bewirken. Hilfreich sind die gegen Juckreiz oder zum Stressabbau. Damit erlebt der Patient eine Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens.
Da einige Forschungsergebnisse vermuten lassen, dass sich eine Lösung in einem gesunden Immunsystem finden lässt, gibt es Bemühungen, dieses zu stabilisieren und zu verbessern. Der Patient kann daher bei einer gesunden Lebensweise und einer ausgewogenen Ernährung eine Linderung seiner Beschwerden erfahren. Zum Umgang mit der Erkrankung im Alltag hilft eine psychotherapeutische Begleitung des Patienten. Wenngleich derzeit keine Heilung möglich ist, kann mit den Ansätzen ein Weg gefunden werden, um trotz der blasenbildenden Autoimmundermatosen eine gute Lebensqualität zu erreichen.
Vorbeugung
Präventive Maßnahmen eliminieren Risikofaktoren, die zur Entstehung einer Krankheit beitragen könnten. Bei blasenbildenden Autoimmundermatosen werden Ernährungsangewohnheiten sowie psychische Stressbelastungen und Viruserkrankungen für Risikofaktoren gehalten. Zwar lassen sich nicht alle Risikofaktoren zwangsläufig ausschließen, allerdings stehen zur Prävention speziell im Kontext von Autoimmunerkrankungen kaum andere Möglichkeiten zur Verfügung.
Nachsorge
In den meisten Fällen sind die Maßnahmen oder Möglichkeiten der Nachsorge bei dieser Krankheit sehr stark eingeschränkt. In erster Linie ist der Betroffene dabei auf eine frühzeitige Erkennung der Erkrankung angewiesen, damit weitere Komplikationen und eine weitere Verschlechterung der Beschwerden vermieden werden können. Je früher dabei ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf dieser Krankheit.
Aus diesem Grund steht dabei die frühzeitige Erkennung im Vordergrund. Die Patienten sind bei dieser Krankheit auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen. Dabei ist auf eine richtige und auf eine regelmäßige Einnahme zu achten, wobei auch die richtige Dosis zu beachten ist. Bei Fragen oder Unklarheiten sollte dabei immer zuerst ein Arzt kontaktiert werden.
Nicht selten sind die Betroffenen jedoch auch auf eine Dialyse angewiesen. Sie benötigen dabei häufig auch die Hilfe und die Unterstützung von Freunden und der Familie, wobei auch eine psychologische Unterstützung sehr wichtig ist. In den meisten Fällen ist durch diese Krankheit auch die Lebenserwartung des Betroffenen verringert. Im Allgemeinen wirkt sich bei dieser Krankheit auch eine gesunde Lebensweise mit einer gesunden Ernährung positiv auf den weiteren Verlauf aus.
Das können Sie selbst tun
Betroffene können aus schulmedizinischer Sicht wenig gegen die Ursachen der Krankheit selbst tun, sie können jedoch eine Reihe von Fehlern vermeiden, die den Krankheitsverlauf verschlimmern. Keinesfalls sollten die Patienten die Bläschen aufkratzen. Beim Aufkratzen besteht zum einen die Gefahr, dass sich Narben bilden, zum anderen können Keime in die Kratzwunde gelangen, was zu sehr unangenehmen und mitunter gefährlichen Sekundärinfektionen führen kann.
Wenn die Bläschen stark jucken, helfen Antihistamine aus der Apotheke, die als Creme, Tabletten oder Tropfen angeboten werden. Personen die den Kratzimpuls nicht kontrollieren können, sollten Baumwollhandschuhe tragen, damit sie die kranke Haut nicht mit den Fingernägeln verletzen. Die Bläschen selbst können mit Make-up meist nicht unsichtbar gemacht werden, es lassen sich aber zumindest die Rötungen kaschieren, so dass die Hautveränderungen unauffälliger werden.
In der Naturheilkunde wird ein Zusammenhang zwischen dem Autoimmunsystem und der Darmgesundheit vermutet. Betroffenen von Autoimmunerkrankungen wird deshalb oftmals zu einer Darmreinigung mit anschließender Darmsanierung geraten. Die Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode ist nicht wissenschaftlich gesichert. Patienten berichten aber immer wieder über Heilerfolge. Da die Behandlung zumindest keine ernsthaften Nebenwirkungen befürchten lässt, spricht nichts gegen einen Versuch.
Mit der Darmsanierung geht meist auch eine Ernährungsumstellung einher, die auch von der Schulmedizin befürwortet wird. Betroffene sollten in jedem Fall ein Ernährungstagebuch führen und prüfen, ob sich ein statistischer Zusammenhang zwischen bestimmten Nahrungsmitteln und akuten Schüben der Krankheit zeigt.
Quellen
- Abeck, D.: Häufige Hautkrankheiten in der Allgemeinmedizin. Springer, Berlin Heidelberg 2011
- Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010
- Sterry, W., Paus, R.: Checkliste Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010