Persistierender Ductus arteriosus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als persistierender Ductus arteriosus wird das postnatale Offenbleiben der Verbindung zwischen Aorta und Pulmonalarterie bezeichnet. Eine ehestmögliche Diagnose und angemessene Therapie verhindert Komplikationen wie schlimmstenfalls den Tod des Neugeborenen. Bei einem erfolgreichen und vollständigen Verschluss ist mit keinen weiteren Komplikationen zu rechnen.
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Was ist ein persistierender Ductus arteriosus?
Der persistierende Ductus arteriosus bezeichnet einen Herzfehler des neugeborenen Kindes. Pränatal besteht eine Verbindung zwischen Aorta und Pulmonalarterie, wodurch der Lungenkreislauf des Ungeborenen umgangen wird (Rechts-Links-Shunt). Normalerweise sorgt ein postnataler Sauerstoffanstieg im Blut für eine Kontraktion und anschließende Rückbildung der Verbindung.
Dies sollte innerhalb der ersten drei Tage nach der Geburt geschehen. Bei etwa 30 Prozent aller vor der 31. Schwangerschaftswoche geborenen Säuglinge ist dies nicht der Fall. Bleibt der Ductus offen, kommt es zu einer Shuntumkehr (Links-Rechts-Shunt). Ein persistierender Ductus arteriosus besteht, wenn die Verbindung länger als drei Monate nach der Geburt offen bleibt.
Der persistierende Ductus arteriosus macht fünf bis zehn Prozent aller angeborenen Herzfehler aus und tritt oft in Kombination mit anderen Herzfehlern auf. Weibliche Neugeborene sind zwei- bis dreimal häufiger betroffen als männliche.
Ursachen
Manche Kinder passen ihre Atmung nach der Geburt nicht spontan den veränderten Umständen an, was als respiratorische Anpassungsstörung bezeichnet wird. Eine weitere Ursache kann in Chromosomenaberrationen wie Trisomie 21 oder Trisomie 18 liegen. Im Zuge einer Rötelnembryopathie, bei der das Röteln-Virus von der Mutter auf den Fetus übertragen wird, kann der Ductus ebenfalls offen bleiben. Ein familiär gehäuftes Auftreten ist üblicherweise nicht der Fall.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Symptome hängen von der Größe des Shunts ab. Ein kleiner Durchgang bleibt in der Regel frei von Symptomen. Bei größerem Gang ist bei Auskultation ein typisches Herzgeräusch hörbar, welches im linken oberen Thorax am deutlichsten ist. Darüber hinaus kommt es zu Belastungsdyspnoe, Tachykardie, Atembeschwerden, Zyanose, Erschöpfung und geringem Wachstum sowie Apnoe und Bradykardie bei Frühgeborenen.
Im Extremfall können rezidivierende Atemwegsinfekte, stauungsbedingte Herzinsuffizienz oder bei älteren Menschen Ductusverkalkungen und Aneurysmata auftreten. Eine weitere Komplikation liegt in einer Entzündung der Herzinnenhaut oder der Arterien, welche zu septischen Embolien und Lungenabszessen führen kann.
Ein symptomloser Verlauf hat zwar eine gute Prognose, birgt aber das lebenslange Risiko einer Endokarditis. Ein großer Gang kann Lungenhochdruck sowie eine irreversible Veränderung der Lungengefäße mit sich bringen.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Diagnostisch gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine pränatale Diagnose ist nicht möglich, da der Ductus bei allen Ungeborenen offen steht. Bei Verdacht auf persistierenden Ductus arteriosus kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz. Bei einer Pulsmessung kann ein Pulsus celer et altus als Zeichen einer großen Blutdruckamplitude hinweisend sein. Die typischen, permanenten Herzgeräusche sind bei Auskultation deutlich zu hören.
Je nach Druck- und Volumenbelastung sind im EKG Zeichen einer Hypertrophie des Herzens sichtbar. Eine Vergrößerung des linken Herzens ist bei großem Shunt auch im Thoraxröntgen zu sehen. Das Echokardiogramm sowie die Untersuchung mittels Herzkatheter können den Ductus und begleitende Anomalien darstellen. Differentialdiagnostisch sind arterio-venöse Fisteln, ein Ventrikel-Septumdefekt sowie eine periphere Pulmonalstenose auszuschließen.
Komplikationen
Kleinere Verbindungen zwischen den beiden Blutkreisläufen können völlig symptomlos sein und sind nicht unmittelbar behandlungsbedürftig. Bei größeren Verbindungen zwischen den beiden Blutkreisläufen fließt Blut von der Aorta in die Lungenarterie, so dass sich der pulmonale Blutdruck erhöht. Als typische Folgeschäden können sich daraus irreversible Sklerotisierungen der Lungengefäße ergeben, die den pulmonalen Bluthochdruck irreversibel machen, er wird quasi fixiert.
Als weitere Folgeschäden stellen sich aufgrund des höheren Füllungsgrades des Linksherzens eine Erweiterung (Dilatation) des linken Vorhofs und der linken Herzkammer ein. Langfristig münden die Veränderungen am Herzen in eine Herzinsuffizienz. Es empfiehlt sich daher, bei Neugeborenen mit einem relativ großen persistierenden Ductus arteriosus mittels eines kleinen Eingriffs die beiden Blutkreisläufe voneinander zu trennen. In der Regel können derartige Eingriffe sogar in einem Herzkatheterlabor ausgeführt werden, so dass eine operative Versorgung entfällt.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Diese Erkrankung bedarf in jedem Falle einer ärztlichen Untersuchung und einer weiterführenden Behandlung. Sollte keine Behandlung eintreten, so führt diese Krankheit in der Regel zu einem vorzeitigen Tod des Betroffenen oder zu anderen lebensbedrohlichen Komplikationen. Ein Arzt sollte in der Regel dann aufgesucht werden, wenn der Betroffene unter relativ lauten und deutlich hörbaren Herzgeräuschen leidet.
Dabei kann es auch zu Schmerzen im Herzen kommen, wobei diese Schmerzen von starken Atembeschwerden oder einer Blaufärbung der Haut begleitet werden. Auch eine starke Erschöpfung oder eine verlangsamte Entwicklung bei Kindern können auf diese Krankheit hindeuten und sollten in jedem Falle von einem Arzt untersucht werden. Weiterhin führt die Krankheit zu einer Herzinsuffizienz, sodass auch die Leistung des Patienten abnimmt und dieser müde oder träge wirkt.
Die Erkrankung kann durch einen Allgemeinarzt diagnostiziert werden. Die weitere Behandlung wird jedoch von einem Facharzt durchgeführt. Ob es dadurch zu einer verringerten Lebenserwartung kommt, kann nicht im Allgemeinen vorhergesagt werden. Je früher die Behandlung erfolgt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für einen positiven Krankheitsverlauf.
Behandlung & Therapie
Eine frühzeitige Diagnostik und Therapie ist vor allem bei Frühgeborenen und Neugeborenen mit niedrigem Gewicht unabdingbar, da bei diesen aufgrund der hämodynamischen Instabilität sowohl Komorbidität als auch Mortalität wesentlich höher sind. Ein persistierender Ductus arteriosus sollte immer verschlossen werden, um das Risiko einer Endokarditis zu minimieren.
Die Therapie des persistierenden Ductus arteriosus erfolgt auf unterschiedliche Weise. Medikamentös kann mit Prostaglandinsynthesehemmern behandelt werden. Diese dürfen auf keinen Fall während der Schwangerschaft verabreicht werden, da der Ductus pränatal unbedingt offen bleiben muss. Bei Frühgeburten kommt die medikamentöse Therapie in der Regel immer zum Einsatz. Dafür gibt es spezielle Präparate, welche bei Geburten vor der 34. Schwangerschaftswoche angewendet werden können.
Eine minimal-invasive Behandlungsmethode ist das Einbringen einer Spirale oder eines Schirms über Herzkatheter, welche den Ductus ebenfalls verschließen. Im Gegensatz zur medikamentösen Therapie kommt diese Methode eher bei älteren Kindern zum Einsatz.
Operativ ist eine Ligatur des Ductus möglich. Die Letalität liegt bei diesem Eingriff im Kindesalter bei ein Prozent, im Erwachsenenalter bei zwölf Prozent. Spontanverschlüsse des Ductus sind möglich. Ist der Verschluss erfolgreich, hat das Neugeborene dieselbe Prognose wie die Normalpopulation. Eine weitere Endokarditisprophylaxe ist für ein halbes Jahr sinnvoll, um das Ergebnis der Behandlung zu überprüfen. Anschließend sind keine Folgeuntersuchungen mehr notwendig.
Aussicht & Prognose
Die beste Prognose besteht bei einem persistierenden Ductus arteriosus, wenn der Ductus verschlossen werden kann. Das Problem ist, dass diese Störung bei einem Neugeborenen gar nicht vorkommen sollte. Normalerweise schließt sich diese Verbindung nach der Geburt selbstständig. Bei Frühchen kommt es aber öfter zu einem Versagen dieses Mechanismus. In seltenen Fällen wird eine minimalinvasive Ductus-Operation notwendig.
Frühchen oder Neugeborene wegen eines persistierenden Ductus arteriosus operieren zu müssen, birgt hohe Risiken. Daher bemühen sich die Kinderkardiologen insbesondere bei frühgeborenen Kindern, den nicht von alleine verschlossenen Ductus arteriosus Botalli mittels eines geeigneten Medikaments zu verschließen. Dieses Präparat hemmt die Prostaglandin-Bildung. Prostaglandin ist ein Botenstoff, der das Immunsystem beeinflusst. Bei sinkendem Prostaglandin-Spiegel verschließt sich der persistierende Ductus arteriosus oft doch noch.
Die Gabe von „Indometacin“ ist aber nicht im jedem Fall möglich oder erfolgreich. Versagt diese Methode, oder erweist sie sich nicht als anwendbar, kann die nicht geschlossene Verbindung zwischen der Hauptschlagader und der Lungenschlagader bei dem betroffenen Säugling nur noch operativ geschlossen werden. Dies geschieht aber erst bei größeren Kindern mittels eines Herzkatheters. Gelingt die Ductus-Abdichtung, sind die Aussichten auf ein langes Leben recht gut.
Deutlich schlechter ist die Prognose bei einem persistierenden Ductus arteriosus, wenn dieser zusammen mit anderen Herzfehlern auftritt.
Vorbeugung
Eine Prophylaxe des persistierenden Ductus arteriosus ist während der Schwangerschaft nicht möglich, da der offene Ductus für die Entwicklung des Neugeborenen unabdingbar ist. Verschiedene Studien untersuchten die Wirksamkeit einzelner Medikamente, wobei kein signifikanter Unterschied festgestellt werden konnte.
Eine weitere Studie untersuchte den Zusammenhang zwischen Phototherapie bei Frühgeborenen, welche auch bei Gelbsucht eingesetzt wird, und dem Offenbleiben des Ductus arteriosus. Es konnte allerdings keine eindeutige Wirksamkeit festgestellt werden. Da eine effiziente Prophylaxe sehr schwierig beziehungsweise unmöglich ist, sind die rechtzeitige Diagnose und Intervention umso wichtiger für die Gesundheit des Neugeborenen.
Nachsorge
Eine Nachbehandlung ist vor allem nach einem chirurgischen Verschluss des persistierenden Ductus arteriosus notwendig. Nach der Operation erfolgt die Verlegung des Patienten zur Beobachtung auf die Intensivstation. Wurde ein Herzkatheter an ein Bein angelegt, ist es wichtig, dieses zu Beginn nicht selbstständig zu bewegen. Auf starke körperliche Beanspruchungen ist in der ersten Woche nach der Intervention zu verzichten.
Um einen Befall mit schädlichen Bakterien zu verhindern, werden zur Vorbeugung intravenös entsprechende Medikamente verabreicht. Außerdem erhält der Patient Heparin. Im Rahmen der Nachsorge muss der Patient drei Monate lang Clopidogrel sowie für sechs Monate Acetylsalicylsäure (ASS) zu sich nehmen.
Die Gabe dieser Arzneimittel dient dazu, der Bildung von Blutklumpen auf den verwendeten Materialien entgegenzuwirken. Verabreichte antibiotische Wirkstoffe schützen Herz und Gefäße vor Entzündungen. Einen Tag nach dem Eingriff werden zur Kontrolle Röntgenaufnahmen angefertigt. Nach etwa sechs Monaten findet eine Untersuchung per Schluckecho statt.
Zeigen sich während der Nachsorge eventuelle Auffälligkeiten, müssen diese so schnell wie möglich von einem Arzt abgeklärt werden. Um den Erfolg der Behandlung sicherzustellen, sollten regelmäßig Nachuntersuchungen stattfinden. Erst einige Jahre später, sofern sich keine Beschwerden zeigen, kann vollständig auf diese Untersuchungen verzichtet werden. Ob dies auch bei Kindern möglich ist, die mit einem Herzkatheter versorgt wurden, lässt sich aufgrund mangelnder Langzeiterfahrungen nicht eindeutig sagen.
Das können Sie selbst tun
Der persistierende Ductus arteriosus bei Neugeborenen lässt sich durch die genaue Dosierung der Medikamente oder durch eine Operation behandeln. Die Eltern des betroffenen Kindes sollten im Alltag die Hinweise der Ärzte genau befolgen. Infektionen und andere Erkrankungen sind nach Möglichkeit zu vermeiden, vor allem in der ersten Zeit nach der Geburt.
Bei dem diagnostizierten Ductus arteriosus oder bei einem Verdacht auf diesen Herzfehler ist es sehr wichtig, auf die Herzgeräusche des Neugeborenen zu achten. Zusammen mit Fieber oder anderen Symptomen weisen solche Beobachtungen auf die medizinischen Probleme hin. Auch der Blutdruck spielt eine Rolle. Für die Eltern sind regelmäßige Nachkontrollen unverzichtbar. Nur so lässt sich prüfen, ob das Kind gesund ist und normal aufwachsen kann. Die Termine für die Untersuchungen sind strikt einzuhalten.
Wenn eine Operation durchgeführt wird, folgen ebenfalls weitere Arzttermine. Gleichzeitig können die Eltern ihr Kind sorgfältig beobachten. So erkennen sie rechtzeitig eventuelle Probleme wie Folgeverletzungen, Entzündungen oder eine Verkrümmung des Rückens. In solchen Fällen sollten sie nicht den nächsten Untersuchungstermin abwarten, sondern möglichst schnell einen Arzt aufsuchen. Wichtig ist auch, dass das Neugeborene keinen zu großen Strapazen ausgesetzt wird.
Quellen
- Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
- Kerbl, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2011
- Sitzmann, F.C.: Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012