Phenylketonurie (PKU)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Krankheiten Phenylketonurie (PKU)
Die erblich bedingte Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie (PKU) tritt nur selten auf, erfordert aber im Falle einer Erkrankung eines Kindes von der ersten Minute an eine konsequente Ernährung, um Schäden in der Entwicklung des Gehirns und damit auftretende Komplikationen zu verhindern.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist Phenylketonurie?
Phenylketonurie ist eine erblich bedingte Stoffwechselkrankheit, bei der sich ein bestimmter Eiweißbestandteil im Körper anlagert, der vor allem die Hirnentwicklung bei Kindern einschränkt.
In der Bundesrepublik Deutschland ist unter 10.000 geborenen Kindern statistisch nur eines betroffen. Wenn die Krankheit bei diesem Kind frühzeitig diagnostiziert wird, kann Phenylketonurie behandelt und dem Kind eine völlig normale Entwicklung ermöglicht werden.
Ursachen
Die Ursache für Phenylketonurie ist ein Gendefekt. Dieser führt dazu, dass der Eiweißbestandteil Phenylalanin, der in allen eiweißhaltigen Lebensmitteln vorkommt und daher mit der Nahrung aufgenommen wird, nicht mehr abgebaut werden kann. Bei gesunden Menschen ist hierfür ein Enzym tätig, das bei Menschen mit einer Erkrankung an Phenylketonurie je nach Schweregrad nur noch teilweise funktioniert oder seine Funktionsweise vollkommen eingestellt hat.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Wenn die Erkrankung nicht gleich nach der Geburt erkannt und behandelt wird, zeigen sich die ersten Anzeichen etwa im Alter von drei Monaten. Die Hirnreifung ist gestört, das Gehirn wächst nicht adäquat, was bei älteren Kindern durch einen deutlich kleineren Kopf sichtbar wird. Die geistige Entwicklung gerät in Rückstand. Bei Erreichen der Pubertät bestehen schwerste geistige Behinderungen.
Durch die Schädigung der Gehirnzellen leiden die Kinder an Übererregbarkeit, welche häufig epileptische Anfälle verursacht. Auch die Muskelzellen werden von der Krankheit geschädigt. Die Muskulatur spannt sich krampfartig an (Spastik), wodurch normale Bewegungsabläufe erschwert sind. Weiterhin treten Verhaltensstörungen in Form von Hyperaktivität und Aggressivität auf. Die Kinder neigen zu unkontrollierten Wutausbrüchen.
Ein typisches Anzeichen für die PKU ist der Geruch nach Aceton, den Betroffene verströmen. Er entsteht durch die Bildung von Phenylazetat im Körper. Dieser Stoff wird über die Schweißdrüsen ausgeschieden und ist auch im Urin enthalten. Charakteristisch das Aussehen der an PKU Erkrankten.
Da ihr Oranismus den Pigmentfarbstoff Melanin nicht ausreichend produzieren kann, haben sie häufig weißblonde Haare, sehr helle empfindliche Haut und hellblaue, transparent schimmernde Augen. Durch die Pigmentstörung können ekzemartige Hautausschläge auftreten. Die Ausprägung der Symptome hängt davon ab, wie stark der Stoffwechsel eingeschränkt ist und von der Norm abweicht.
Diagnose & Verlauf
Die Phenylketonurie lässt sich über eine Blutuntersuchung feststellen, die üblicherweise beim Neugeborenenscreening im Rahmen der sogenannten Vorsorgeuntersuchung U2 durchgeführt wird. Bei der hier durchgeführten Blutuntersuchung wird unter anderem der Phenylalanin-Spiegel des Säuglings ermittelt.
Da bei einer Erkrankung mit Phenylketonurie der Stoffwechsel gestört ist und das Phenylalanin nicht mehr abgebaut werden kann, lagert es sich vermehrt im Blut ab und kann hier nachgewiesen werden. Ein erhöhter Phenylalanin-Wert mit über 1 bis 2 Milligramm pro Deziliter im Blut kennzeichnet eine Erkrankung mit Phenylketonurie.
Wenn während einer Schwangerschaft ein Verdacht auf Phenylketonurie besteht, kann mithilfe einer Fruchtwasseruntersuchung bereits pränatal eine DNA-Untersuchung des Säuglings durchgeführt und eine Diagnose gestellt werden. Wenn eine Phenylketonurie diagnostiziert wurde, erfolgen anschließend weitere Untersuchungen zum Schweregrad der Erkrankung, an dem die Behandlung ausgerichtet wird.
Wird Phenylketonurie nicht behandelt, zeigen sich nach ungefähr drei Monaten die ersten Symptome der Stoffwechselerkrankung, die schnell zu schwerwiegenden Komplikation führen, darunter verzögerte geistige Entwicklungen bis hin zu schweren geistigen Behinderungen, gestörte Muskelspannungen bis hin zu epileptischen Anfällen.
Komplikationen
Es kommt dabei auch zu einer erhöhten Reizbarkeit, sodass die Kinder aggressiv wirken. Auch eine Verzögerung der motorischen und der geistigen Entwicklung kann sich abzeichnen und die Lebensqualität des Betroffenen erheblich verringern. In vielen Fällen leiden dabei auch die Eltern an Depressionen oder an anderen psychischen Verstimmungen. Die Betroffenen zeigen dabei auch einen unangenehmen Körpergeruch, sodass betroffene Kinder und Jugendliche Opfer von Hänseleien oder Mobbing werden können.
Weiterhin treten auch epileptische Anfälle auf, die im schlimmsten Fall zum Tode führen können. Auch Pigmentstörungen können beim Kind auftreten. Die Behandlung der Phenylketonurie ist nicht mit Komplikationen verbunden. Durch eine richtige Ernährung können die Fehlentwicklungen vermieden werden, sodass es zu keinen Komplikationen im Erwachsenenalter mehr kommt.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da die Phenylketonurie zu starken Schäden am Gehirn des Kindes führen kann, muss diese Erkrankung in jedem Falle sofort behandelt werden. Eine frühzeitige Diagnose ist sehr wichtig, um weitere Komplikationen oder einer gestörten Entwicklung des Kindes vorzubeugen. In der Regel macht sich die Phenylketonurie durch eine verlangsamte Entwicklung des Kindes bemerkbar, außerdem spielen geistige Behinderungen und epileptische Anfälle eine Rolle.
Im Falle eines epileptischen Anfalls ist sofort der Notarzt zu rufen oder das Krankenhaus aufzusuchen, da nur dadurch weitere Schäden vermieden werden können. In den jungen Jahren führt die Phenylketonurie häufig zu Wutausbrüchen oder zu starken Verhaltensstörungen. Sollten auch diese Beschwerden eintreten, so ist ein Besuch bei einem Arzt notwendig. Ebenfalls können Pigmentstörungen oder Flecken auf der Haut auf diese Erkrankung hindeuten.
Die Behandlung der Phenylketonurie richtet sich nach den genauen Beschwerden und wird von verschiedenen Fachärzten durchgeführt. Häufig ist auch eine psychologische Behandlung sinnvoll, bei welcher auch die Eltern oder die Angehörigen teilnehmen können. Bei einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung wird die Lebenserwartung des Patienten meistens nicht negativ beeinflusst.
Behandlung & Therapie
Wenn eine Phenylketonurie diagnostiziert wurde, kann diese in der Regel recht gut therapiert werden, so dass Kinder nicht unter einer Fehlentwicklung des Gehirns leiden müssen und sich stattdessen geistig völlig normal entwickeln.
Jedoch ist dies nur mit einer konsequent eingehaltenen phenylalaninarmen Diät möglich. Eine andere beispielsweise medikamentöse Therapiemöglichkeit gibt es nicht, um Phenylketonurie zu behandeln und Schädigungen des Gehirns zu vermeiden. Besonders wichtig ist der fast vollständige Verzicht auf phenylalaninhaltige Lebensmittel in der Zeit, während der sich das Gehirn entwickelt - also in der Zeit von der Geburt bis hin zur Pubertät.
Je früher mit der Diät begonnen wird, desto besser ist der Verlauf von Phenylketonurie. Aus diesem Grund wird in der Regel bereits ab der Geburt eines Neugeborenen mit der Diät begonnen, und Säuglinge erhalten anstelle der Muttermilch eine spezielle Säuglingsnahrung, die kaum Phenylalanin enthält. Auch wenn die phenylalaninarme Ernährung bis zur Pubertät besonders wichtig ist, empfehlen Ärzte eine lebenslange Ernährung mit wenig Phenylalanin, um bis ins hohe Alter nicht durch die Erkrankung eingeschränkt zu werden.
Wichtig bei der Diät zur Therapie von Phenylketonurie ist es jedoch, dass die Ernährung wenig Phenylalanin enthält, nicht jedoch die Aufnahme von Phenylalanin vollständig verhindert. Denn Phenylalanin ist eine lebensnotwendige Aminosäure, die besonders für das Wachstum auch von an Phenylketonurie erkrankten Kindern notwendig ist. Jedoch sollte ein bestimmter Wert im Blut nicht überschritten werden. Deshalb müssen sich Menschen mit einer Erkrankung an Phenylketonurie regelmäßig einer Blutkontrolle unterziehen.
Aussicht & Prognose
Die Prognose bei der klassischen Phenylketonurie ist ausgesprochen gut, wenn die Diagnose frühzeitig erfolgt, möglichst schon beim neugeborenen Kind. Wird schon im frühen Säuglingsalter eine phenylalaninarme Diät verabreicht, sind keine körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen zu erwarten. Die Betroffenen haben ein normales Leben und eine durchschnittliche Lebenserwartung.
Eine wichtige Voraussetzung für eine positive Prognose ist die strikte Einhaltung der Diät, vor allem in den ersten sechs Lebensjahren, wenn sich das Gehirn besonders ausgeprägt entwickelt. Frauen mit Phenylketonurie können auch schwanger werden und eigene Kinder bekommen. Obwohl es sich um eine erbliche Stoffwechselerkrankung handelt, sind für das Kind keine Schäden zu erwarten. Die Diät muss jedoch während der Schwangerschaft konsequent eingehalten werden.
Ohne die phenylalaninarme Diät führt die Krankheit bereits im frühen Kindheitsalter zu Störungen der Hirnentwicklung. Bereits ab dem 4. Lebensmonat sind neurologische Auffälligkeiten erkennbar. Da die Gehirnschäden irreversibel sind, besteht keine Aussicht auf Heilung. Der Intelligenzquotient wird meist dauerhaft unter der Norm liegen. Daneben können Krampfanfälle, Verhaltensstörungen und motorische Behinderungen auftreten.
Ein Sonderfall ist die atypische Form der Phenylketonurie, die durch einen Mangel an Coenzym BH4 (Tetrahydrobiopterin) gekennzeichnet ist. Die Prognose der geistigen Entwicklung bei diesen Patienten kann nicht einheitlich beurteilt werden. Trotz frühzeitiger Diät können Schädigungen des Nervensystems auftreten.
Vorbeugung
Da es sich bei einer Phenylketonurie um eine erblich bedingt Stoffwechselerkrankung handelt, gibt es keine Möglichkeit, um einer Erkrankung an Phenylketonurie vorzubeugen. Wer an einer Phenylketonurie erkrankt ist, kann jedoch durch eine Diät mit phenylalaninarmen Nahrungsmitteln Beschwerden und Komplikationen vorbeugen, die bei einer Erkrankung mit Phenylketonurie üblicherweise auftreten.
Um die eigenen Kinder vor den Folgen einer Erkrankung mit Phenylketonurie zu schützen, sollten betroffene Personen, die bereits schwanger sind, deren Partnerin schwanger ist oder die eine Schwangerschaft planen, sich unbedingt streng an einen phenylalaninarme Ernährungsplan halten. Im Falle einer Erkrankung des Kindes sollte auch für dessen Wohl auf eine phenylalaninarme Ernährung geachtet werden.
Nachsorge
Da Phenylkentonurie zu den erblichen Stoffwechselstörungen gehört und nicht ursächlich geheilt, sondern nur behandelt werden kann, sind Nachsorge und Behandlung weitgehend identisch. Dazu gehört in erster Linie eine phenylalaninarme Diät sowie die regelmäßige Kontrolle des PA-Spiegels im Blut. Diese Maßnahmen müssen besonders strikt bis zum sechsten Lebensjahr eingehalten werden, sind aber lebenslang notwendig.
Bei der atypischen Phenylketonurie muss zusätzlich das Coenzym BH4 supplementiert werden. Falls die Behandlung zu spät begonnen wurde, kann sich die Nachsorge auch auf bereits vorhandene Schäden erstrecken. Diese liegen meist im Bereich der Gehirnentwicklung und können unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Hier kann der frühzeitige Beginn von Fördermaßnahmen (zum Beispiel Ergotherapie) sinnvoll sein, um Verhaltensstörungen entgegen zu wirken. Zu diesen gehören Schlafprobleme, Kontrollzwang, selbstschädigendes oder antisoziales Verhalten, deren Ausprägung oft erfolgreich abgemildert werden kann. Bei motorischen Störungen kann gezielte Krankengymnastik die Symptome bessern.
Unter Einhaltung der vorgeschriebenen Maßnahmen ist es heute vielen Patienten möglich, ein weitgehend normales Leben zu führen. Mit dem Erreichen der Pubertät ist die sensibelste Phase abgeschlossen. Größere, neurologische Defekte sind dann in der Regel nicht mehr zu erwarten, auch wenn durch Schwankungen im PA-Spiegel die Gehirnchemie zeitweise beeinträchtigt sein kann. Dagegen hilft die Zufuhr von Dopamin-Präparaten.
Das können Sie selbst tun
Bei der klassischen Phenylketonurie steht die Einhaltung einer lebenslangen veganen Diät ohne die Phenylalaninquelle Aspartam im Vordergrund. Neugeborene werden ausschließlich mit phenylalaninfreier Flaschennahrung ernährt. Als Beikost eignen sich Obst- und Gemüsegläschen. Eltern von an PKU erkrankten Kindern müssen den Phenylalaningehalt aller gefütterten Speisen berechnen und Grenzwerte konsequent einhalten.
Später wird die Säuglingsnahrung durch ein speziell für diese Erkrankung entwickeltes Eiweißpulver ersetzt. Die Aminosäurenmischung für PKU-Patienten muss jeder Mahlzeit zugesetzt werden. Sie bildet den lebenslangen Hauptbestandteil der notwendigen phenylalaninarmen Ernährungsweise. Es empfiehlt sich daher, schon das Kleinkind spielerisch an Geruch und Geschmack des Pulvers zu gewöhnen.
Mittlerweile existiert ein breitgefächertes Angebot an Schulungen und Kochkursen für betroffene Kinder aller Altersstufen. Diese pädagogischen Maßnahmen fördern die Eigenverantwortlichkeit schrittweise. Gleichzeitig unterstützen sie einen positiven Umgang mit ernährungsrelevanten Einschränkungen. Phenylalaninarme Fertigprodukte ermöglichen den kleinen Patienten die Teilnahme an Ausflügen und Klassenfahrten. Eltern erkrankter Kinder sind starken organisatorischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Für sie ist es hilfreich, sich in Selbsthilfegruppen mit Leidensgenossen auszutauschen.
Erwachsene Phenylketonurie-Patienten mit Kinderwunsch müssen bei der Familienplanung besondere Sorgfalt walten lassen: Nur die Einhaltung einer strengen Diät gewährleistet normale Phenylalaninwerte in der Schwangerschaft. Normwerte sind schon zum Zeitpunkt der Zeugung zwingend notwendig, um schwerwiegende Schädigungen am Ungeborenen zu vermeiden.
Quellen
- Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
- Hellstern, G., et al: Kurzlehrbuch Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
- Muntau, A.C.: Intensivkurs Pädiatrie. Urban & Fischer, München 2011