Polymerase-Kettenreaktion

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Polymerase-Kettenreaktion stellt ein Verfahren aus der Molekularbiologie dar, das Abschnitte aus dem genetischen Material (Desoxyribonukleinsäure, DNA) vervielfältigt. Aus kleinsten DNA-Mengen werden Millionen identischer Kopien hergestellt. Auf diese Weise liegen Mengen vor, die für verschiedene Untersuchungen ausreichend sind.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Polymerase-Kettenreaktion?

Die Polymerase-Kettenreaktion stellt ein Verfahren aus der Molekularbiologie dar, das Abschnitte aus dem genetischen Material (Desoxyribonukleinsäure, DNA) vervielfältigt.

Der Begriff Polymerase-Kettenreaktion (englisch: Polymerase Chain Reaction, PCR) beschreibt die in vitro (lateinisch: im Glas) Umsetzung mit Hilfe eines Enzyms, der Polymerase (DNA Polymerase), die zur Vervielfältigung bestimmter Gen-Sequenzen führt. Dabei ist das Produkt der Reaktion gleichzeitig Ausgangsmaterial für einen neuen Zyklus dieser Reaktion. Die Anzahl der Moleküle verdoppelt sich und dient gleichzeitig als Vorlage für einen neuen Zyklus. Man spricht von einer exponentiellen Vervielfachung.

Sie läuft im Labor mit einer großen Geschwindigkeit von wenigen Minuten, ähnlich einer Kettenreaktion, ab. Bei diesem Laborverfahren wird die unter natürlichen Bedingungen vorkommende Verdopplung der Erbinformation (DNA) während der Replikation nachgeahmt. Der amerikanische Chemiker K. B. Mullis gilt als Entdecker dieses Verfahrens. Im Jahre 1983 führte er dieses DNA Syntheseverfahren ein und erhielt zehn Jahre später den Nobelpreis für Chemie.

Funktion, Wirkung & Ziele

In lebenden Organismen besitzt die DNA in den Chromosomen eine Länge, die mit Hilfe der PCR nicht amplifizierbar ist. Sie wird stattdessen angewendet, um einen definierten Abschnitt zu vermehren. Dies können Gene, ein bestimmter Teil eines Gens oder Bereiche sein, die nicht in Eiweiße umgeschrieben werden, also nicht-kodierend sind.

Diese Abschnitte umfassen in der Regel nicht mehr als drei Tausend Basenpaare, im Vergleich zu zirka zweimal drei Milliarden Basenpaaren pro Chromosomensatz des Menschen. Für die Polymerase-Kettenreaktion wird eine einzel – oder doppelsträngige DNA-Kette benötigt, deren Struktur wenigstens teilweise bekannt sein muss. Neben dem Enzym, der Polymerase, kommen zwei Primer zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Bausteine der DNA, die als Start – und Endpunkt fungieren. Sie zeichnen sich durch eine Sequenz aus, die genau zu dem zu amplifizierenden Bereich passt.

Im Labor wird die Polymerase-Kettenreaktion in einem programmierbaren Heizblock durchgeführt. Die notwendigen Komponenten wie Polymerase, Primer, die Bausteine, um den neuen Strang aufzubauen (Desoxyribonucleosidtriphosphate) und Magnesium-Ionen werden in einer Pufferlösung zusammengegeben. Das Temperatur-Zeit-Programm für die Reaktion startet mit der Denaturierung bei einer Temperatur oberhalb von 94°C. Dabei wird die doppelsträngige DNA gespalten und liegt einzelsträngig vor. Im nächsten Schritt, bei etwa 70°C wird der Primer an die Gensequenz gebunden und bildet den Startpunkt für die Enzymreaktion. Die Polymerase synthetisiert von hier aus den komplementären Strand.

Im Anschluss beginnt ein neuer Zyklus, wieder bestehend aus den drei Schritten Denaturierung, Primer Bindung und Synthese des DNA Stranges. Anwendung findet die Polymerase-Kettenreaktion in der Gerichtsmedizin, der klinischen Diagnostik und in der klinischen Forschung. In der Kriminalistik wird DNA aus der Haut, dem Speichel, aus Haaren, Sperma oder Blut von Tatorten gewonnen und nach der Amplifikation mit bekannten Proben verglichen und zur Identifizierung bestimmter Personen eingesetzt.

Mit Hilfe dieses genetischen Fingerabdrucks kann in einem modifizierten Ansatz auch die Vaterschaft geklärt werden. Bei der Aufklärung von Krankheiten werden mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion die betroffenen Gene verifiziert. Einige bakterielle Erkrankungen lassen sich über die Erkennung spezifischer Sequenzen klassifizieren. Virus Erkrankungen können charakterisiert werden, wenn die Virus DNA oder die RNA umgewandelt und amplifiziert wird. Im Blutspendedienst gelingt es, zu einem sehr frühen Zeitpunkt Hepatitis oder HIV vermittelte Krankheiten zu entdecken.

In der Tumordiagnostik findet sie Anwendung bei der Identifizierung von Tumorzellen. Damit lässt sich der Tumor klassifizieren, der Verlauf der Erkrankung, der Therapieerfolg und die Prognose beurteilen. In der Forschung wird die Polymerase-Kettenreaktion genutzt, um Gene zu identifizieren, die mit den verschiedenen Krankheiten im Zusammenhang stehen. Für das Klonieren von Genen, was nicht mit dem Klonieren eines Organismus gleichzusetzen ist, wird das Gen vervielfältigt bevor es in einem Vektor (lateinisch: Reisender, Träger) auf andere Organismen übertragen wird. Diese können als Modell fungieren, um Krankheiten besser zu studieren, oder zur Herstellung von Eiweißen, die als Arzneimittel verwendbar sind.


Risiken & Gefahren

Die Polymerase-Kettenreaktion hat ein riesiges Potenzial bei der Detektion geringster DNA Mengen. Um die Vielzahl der Möglichkeiten nutzen zu können und sich vor folgenschweren Irrtümern zu schützen, müssen bestimmte Voraussetzungen und verschiedene Fehlerquellen berücksichtigt werden. Amplifiziert werden können nur Abschnitte des Erbmaterials, deren Sequenz wenigstens zum Teil bekannt ist.

Vollkommen unbekannte Sequenzen lassen sich nicht durch dieses Verfahren vermehren. Die Produkte einer Amplifizierung lassen sich anschließend visualisieren. Ist das erwartete Signal nicht sichtbar, obwohl die gesuchte Sequenz vorhanden war, liegt ein falsch negatives Resultat vor. Am häufigsten ist das die Folge von nicht oder schlecht optimierten Reaktionsbedingungen. Diese müssen in Abhängigkeit von der Zielsequenz ermittelt werden. Dazu werden unterschiedliche Temperatur- und Zeitprofile, Primer-Sequenzen und –mengen sowie Konzentrationen weiterer Stoffe im Reaktionsgemisch getestet. Falsch positive Ergebnisse zeigen sich als Signale, die nicht dem gewünschten Produkt zuzuordnen sind.

Große Probleme bereiten Verunreinigungen mit DNA, die vom Untersucher oder aus einer anderen als der zu analysierenden Quelle stammen. Auch DNA bakterieller Herkunft beeinflusst das Resultat einer Polymerase-Kettenreaktion. Durch das Tragen von Handschuhen und große Sorgfalt lassen sich solche Fehler verhindern und zuverlässige Aussagen zu den amplifizierten Produkten formulieren.

Quellen

  • Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH., Weinheim 2003
  • Clark, D.P.: Molecular Biology: Das Original mit Übersetzungshilfen. Spektrum Akademischer Verlag., Heidelberg 2006
  • Schartl, M., Biochemie und Molekularbiologie des Menschen. 1. Auflage, Urban & Fischer Verlag, München 2009

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