Spirillen
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 6. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Spirillen sind eine Bakterien - Gattung der Familie Spirillaceae. Sie wurden 1832 von dem Naturwissenschaftler Christian G. Ehrenberg entdeckt.
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Was sind Spirillen?
Die Gattung der Spirillen umfasste ehemals fünf Arten und war umstritten, da lediglich den Arten Spirillum volutans und Spirillum winogradskyi eine Verwandtschaft nachgewiesen werden konnte. Die drei Arten Spirillum minus, Spirillum pleomorphum und Spirillum pulli sind aus morphologischen Beobachtungen der Gattung zugeordnet worden. Eine direkte Artverwandtschaft konnte durch die DNA- Zusammensetzung nicht nachgewiesen werden.
Die mangelhafte und behelfsmäßige Einteilung wird daher neuerdings durch weitere Gattungskategorien erweitert. Die Gattung Spirillum beinhaltet nun noch die 2 Arten Spirillum volutans und Spirillum pleomorphum.
Die anderen Arten sind in weitere Gattungen wie die Aquaspirillum eingeordnet worden. Zudem werden neue Spirillenarten wie das Aquaspirillum serpens entdeckt und ältere umbenannt. Im Gegensatz zu den Angehörigen der ursprünglichen Spirillengattung wurden nun auch Salz liebende Spirillen entdeckt, die in die Gattung der Oceanospirillum eingeordnet werden.
Für stickstofffixierende Spirillen wurden die Gattungen Azospirillum und Herbaspirillum geschaffen. Das Spirillum minus, welches das Rattenbissfieber auslöst, konnte noch nicht eindeutig zugeordnet werden.
Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften
Spirillen sind gram-negative Bakterien. Es ist also nur eine dünne Mureinschicht mit aufgelagerter Lipidmembran als Zellhülle vorhanden. Auffällig und namensgebend ist die starr wendelförmige Gestalt. Zur Fortbewegung nutzen die Spirillen eine polytrich- bipolare Begeißelung, also eine Begeißelung an den beiden Enden der spiralenförmigen Zelle. Spirillen sind mit einem Durchmesser von 1,4–1,7 µm und einer Länge von 14–60 µm verhältnismäßig groß.
Der Atmungsstoffwechsel des Bakteriums hat sich auf organische Substrate spezialisiert. Eine Verwertung von Kohlenhydraten ist nicht möglich. Im Gegensatz zu den meisten aerob lebenden Organismen, besitzt das Spirillum keine Katalse. Die Katalase ist ein Enzym, was für die Spaltung von Wasserstoffperoxid verantwortlich ist. Spirillen sind daher sehr empfindlich gegenüber Wasserstoffperoxid.
Durch den mangelhaften Abbau von Wasserstoffperoxid haben die Spirillen mikroaerophile Eigenschaften und bevorzugen daher sauerstoffarme Umgebungen. Eine Umgebung mit circa 20% des in der normalen Luft enthaltenen Sauerstoffs bietet eine gute Lebensbedingung für das Bakterium. In einer Umgebung ohne Sauerstoff können Spirillen nicht überleben.
Eine weitere Empfindlichkeit weist Spirillum gegenüber hohen Natriumchlorid- Konzentrationen auf. Eine Konzentration von 0,2 g/L NaCl kann bereits abtötend wirken. Spirillen sind aufgrund ihrer Nacl-Unverträglichkeit besonders im Süßwasser zu finden. Da der Keim zudem mikroaerophil ist, überlebt er besonders gut in Süßwasser mit geringem Sauerstoffanteil.
Es können aber auch in anderen Flüssigkeiten verschiedene Spirillenarten gefunden werden. In frischer Schweinejauche etwa lässt sich die Art Spirillum volutans in einer sehr hohen Konzentration nachweisen.
Trotz der mikroaerophilen Vorliebe der Spirillen gelingt es labortechnisch auch, sie bei normalen Sauerstoffkonzentrationen zu züchten. Für eine effiziente Kultivierung sind spezielle Kulturmedien nötig, da Kohlenhydrate von den Spirillen nicht als Energie verwertet werden können.
Krankheiten & Beschwerden
Das Rattenbissfieber wird weltweit sehr selten übertragen und spielt nur in Japan eine größere Rolle. Dort wird es als "Sodoku" bezeichnet. Die Inkubation der Erkrankung kann bis zu drei Wochen dauern. Anschließend setzen Hautveränderungen an der Wunde ein. Ein rotes Exanthem bildet sich aus und der Erkrankte leidet unter Fieberschüben, die mehrere Tage andauern können und periodisch alle 4-5 Tage abklingen. Die Erkrankung kann Wochen bis Monate andauern. Die Rekonvaleszenz findet in einem ähnlich langen Zeitraum statt.
Es ist für den Erkrankten auch möglich, ohne medizinischen Beistand zu genesen. Einige japanische Experten warnen jedoch vor gravierenden Folgen und geben eine Todesrate von 5-10% für Patienten an, die ohne medizinische Hilfe versuchen, das Rattenbissfieber auszukurieren.
Als Begleitsymptom kann eine Lymphangitis auftreten. Die Lymphangitis ist eine sehr seltene Entzündung der Lymphbahnen. Das augenscheinlichste Symptom einer Lymphangitis sind schmerzhafte, rote Streifen, die sich unter der Haut an den Lymphbahnen zeigen. Es sind insbesondere die Lymphbahnen im Unterhautfettgewebe (Subkutis) betroffen.
Bei einem Rattenbissfieber gehen die typischen Streifen von dem roten Exanthem der infizierten Wunde aus. Die Lymphknoten in der Nähe des Entzündungsherdes vergrößern sich daraufhin und dienen als Lymphabflussgebiet. Umgangssprachlich bezeichnet man die Lymphangitis auch als „Blutvergiftung“. Diese Bezeichnung ist jedoch irreführend, da die Lymphangitis sich nicht im Blut abspielt und auch symptomatisch nicht mit der Sepsis, also der tatsächlichen Blutvergiftung verglichen werden kann. Die Lymphangitis kann aber in sehr seltenen und schweren Fällen des Rattenbissfiebers die Vorstufe einer echten Sepsis sein. Hierfür muss die Infektion sich jedoch so stark ausprägen, dass sie sich auf den Blutkreislauf ausdehnen kann.
Quellen
- Buselmaier, W.: Biologie für Mediziner. Springer, Berlin Heidelberg 2006
- Chmiel, H.: Bioprozesstechnik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2011
- Groß, U.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Thieme, Stuttgart 2009