Keime

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 29. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Keime sind überall. Der Mensch trägt sie auf der Haut, im Körper und verbreitet sie mittels husten, niesen und jeder Form des Körperkontakts. Tiere bringen Keime von einem Ende des Landes zum anderen, oft sogar von einem Kontinent zum nächsten. Ob Armlehne im Zug, Türklinken oder Einkaufswagen vor dem Supermarkt – sie alle haben eine Sache gemeinsam: Sie sind übersät mit Keimen. Anders als unsere Angst vor Autounfällen, ungesunder Ernährung, Zigarettenrauch oder gentechnisch veränderter Nahrung, wird die Gefahr der Keime leicht übersehen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Keime?

Im gewöhnlichen Alltag ist Desinfektion die gängigste Methode im Kampf gegen Keime. Ob Markenprodukte oder einfach nur heißes Wasser und Essig – vollkommene Keimfreiheit ist eine Illusion.
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Aus den Augen aus dem Sinn ist eine mögliche Erklärung, warum Keimen als Krankheitsverursacher so wenig Bedeutung geschenkt wird. Verständlich, denn Keime sind nichts anderes als Mikroorganismen.

Mikroorganismen setzten sich aus den allgemein bekannten Bakterien, Viren und Pilzen zusammen sowie aus Protozoen, Archaea und Mikroalgen. Alle haben eines gemeinsam: Sie sind mikroskopisch klein. Was sie nicht gemein haben, ist ihre Wirkung.

Denn Mikroorganismen können beides, für den Menschen und seine Umwelt von positiver als auch von negativer Wirkung sein. Keime bezeichnen jedoch Mikroorganismen, welche eine gefährlich bis lebensbedrohliche Auswirkung auf die Gesundheit des Menschen haben.

Vorkommen & Vermehrung

Keime, einschließlich Bakterien, Viren, Pilze und Protozoen, sind allgegenwärtig und kommen in verschiedenen Umgebungen vor. Sie sind auf Oberflächen, in der Luft, im Wasser, im Boden und sogar im menschlichen Körper zu finden. Im Kontext der menschlichen Gesundheit sind Keime besonders in bestimmten Bereichen des Körpers häufig präsent, darunter die Haut, der Mund, die Atemwege, der Darm und die Urogenitalregion.

Die Haut ist die erste Barriere des Körpers gegen Keime, und sie beherbergt eine Vielzahl von Mikroorganismen, die als Hautflora bezeichnet werden. Diese Mikroben sind meist harmlos und können sogar nützlich sein, indem sie pathogene Keime verdrängen und die Haut vor Infektionen schützen.

Der Mund und die Atemwege sind ebenfalls stark besiedelt. Der Mund beherbergt zahlreiche Bakterienarten, die in der Mundflora zusammenleben. Viele dieser Bakterien sind wichtig für die Verdauung und die Aufrechterhaltung der Mundgesundheit. Allerdings können einige pathogene Keime in der Mundhöhle und den oberen Atemwegen Infektionen verursachen, insbesondere wenn das Immunsystem geschwächt ist.

Der Darm ist ein weiteres wichtiges Habitat für Mikroorganismen, insbesondere für eine große Vielfalt an Bakterien, die als Darmflora oder Mikrobiom bezeichnet werden. Diese Bakterien spielen eine entscheidende Rolle bei der Verdauung, der Synthese von Vitaminen und der Stärkung des Immunsystems. Ein Ungleichgewicht im Darmmikrobiom kann jedoch zu gesundheitlichen Problemen führen.

Die Urogenitalregion beherbergt ebenfalls eine Vielzahl von Mikroorganismen. Im weiblichen Genitaltrakt beispielsweise sorgt eine gesunde Balance von Laktobazillen für ein saures Milieu, das vor pathogenen Keimen schützt.

Keime vermehren sich, indem sie geeignete Bedingungen wie Nährstoffe, Feuchtigkeit und eine passende Temperatur finden. Bakterien vermehren sich durch Zellteilung, während Viren Wirtszellen infizieren und deren zelluläre Maschinerie nutzen, um neue Viruspartikel zu produzieren. Pilze können sich durch Sporenbildung oder Zellteilung ausbreiten, und Protozoen vermehren sich oft durch binäre Spaltung oder andere komplexere Lebenszyklen.

Innerhalb des menschlichen Körpers nutzen pathogene Keime verschiedene Strategien, um sich zu vermehren und das Immunsystem zu überwinden, was zu Infektionen und Krankheiten führen kann.

Bedeutung & Funktion

Die Bakterien Lactobacillus acidophilus leben in unserem Darm und übernehmen wichtige Funktionen bei der Verdauung. Hier handelt es sich um einen für den Menschen wichtigen Mikroorganismus.

Während Pilze, bei der Brot-, Wein- und Bierherstellung unumgänglich ist. Viele Protozoen jagen und sammeln Mikroben als Nahrung. Und das im menschlichen Verdauungstrakt. Ohne Schaden auf den menschlichen Wirt auszuüben.

Ansteckung & Übertragung

Menschen können sich auf verschiedene Weisen mit Keimen anstecken, und diese Keime werden über mehrere Übertragungswege auf den Menschen übertragen. Diese Wege umfassen direkte und indirekte Kontaktübertragung, Tröpfcheninfektion, aerogene Übertragung, fäkal-orale Übertragung und Vektoren.

Direkte Kontaktübertragung erfolgt durch direkten physischen Kontakt mit infizierten Personen oder Tieren. Ein Beispiel ist das Händeschütteln, bei dem Keime von der Haut eines Individuums auf die Haut eines anderen übertragen werden können.

Indirekte Kontaktübertragung geschieht über kontaminierte Gegenstände oder Oberflächen (Fomiten). Keime können auf Türgriffen, Spielzeugen, Besteck oder medizinischen Instrumenten überleben und so auf den Menschen übertragen werden.

Tröpfcheninfektion tritt auf, wenn eine infizierte Person niest, hustet oder spricht und dabei mikroskopisch kleine Tröpfchen in die Luft freisetzt, die Keime enthalten. Diese Tröpfchen können von anderen Personen eingeatmet werden oder auf Schleimhäute (Augen, Nase, Mund) gelangen.

Aerogene Übertragung (oder luftgetragene Übertragung) bezieht sich auf die Verbreitung von Keimen durch sehr feine Aerosolpartikel, die über längere Zeiträume in der Luft bleiben und über größere Entfernungen eingeatmet werden können. Krankheiten wie Tuberkulose und Masern werden oft auf diesem Weg übertragen.

Fäkal-orale Übertragung beinhaltet die Aufnahme von Keimen durch den Mund, die aus kontaminiertem Wasser, Lebensmitteln oder durch unzureichende Handhygiene stammen. Diese Art der Übertragung ist typisch für Erreger von Durchfallerkrankungen, wie Noroviren oder Escherichia coli.

Vektorübertragung erfolgt durch Insekten oder andere Tiere, die Keime von einem Wirt zum anderen übertragen. Ein bekanntes Beispiel ist die Übertragung des Malariaparasiten durch Mückenstiche.

In Deutschland gibt es eine gesetzliche Meldepflicht für bestimmte Infektionskrankheiten gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Diese Meldepflicht soll helfen, die Ausbreitung von Krankheiten zu überwachen und zu kontrollieren. Ärzte und Labore sind verpflichtet, Fälle von meldepflichtigen Krankheiten wie Tuberkulose, Masern, Hepatitis, und bestimmten gastrointestinalen Infektionen an das zuständige Gesundheitsamt zu melden. Das Gesundheitsamt ergreift dann entsprechende Maßnahmen zur Infektionskontrolle und informiert das Robert Koch-Institut (RKI), das die epidemiologische Überwachung und Auswertung übernimmt.

Krankheiten

Dennoch ist die Welt der Keime nicht zu unterschätzen. Cholera, Meningitis, Lebensmittelvergiftung, Scharlach und viele andere Infektionskrankheiten werden durch Bakterien ausgelöst.

Sterilisation von Geräten, Desinfektion von Körperteilen und Antibiotika sind die drei Wege zur Bekämpfung von Bakterien. Während Sterilisation und Desinfektion nie an Gültigkeit verlieren, wird die Bekämpfung von Bakterien mittels Antibiotika immer schwieriger. Multiresistent bezeichnet man in der Fachsprache die Tatsache, dass einige Keime gegen eines oder mehrere Antibiotika resistent geworden sind. Die Ursachen sind vielseitig, aber die drei am häufigsten genannten sind:

Antibiotika werden unnötig verschrieben, auch wenn es nachweislich nicht hilft. Patienten, die Antibiotika nicht richtig einnehmen und die Unmengen an Antibiotika in der Nutztierhaltung.

Im gewöhnlichen Alltag ist Desinfektion die gängigste Methode im Kampf gegen Keime. Ob Markenprodukte oder einfach nur heißes Wasser und Essig – vollkommene Keimfreiheit ist eine Illusion. Die meisten herkömmlichen Reiniger, sowie gesunder Hausverstand genügen jedoch für eine Verminderung von Keimen. Zum Beispiel können 99% aller Keime im Küchenschwamm mithilfe der Mikrowelle getötet werden. Nur sollte nicht vergessen werden, dass der Schwamm befeuchtet sein muss. Interessant ist, dass die meisten Keime nicht, wie vielfach angenommen, in der Toilette leben, sondern auf dem Fußboden. Auch ist warm und feucht zwar ein ideales Brutgebiet, aber überleben können einige Mikroorganismen sogar in Temperaturen von -15° C bis zu +113° C.

Während Keime in Form von Bakterien und Pilzen sehr wohl durch Hygiene Einhalt geboten werden kann, sieht es mit Viren anders aus. Das Hauptproblem bei Viren ist, dass sie keine Lebewesen im klassischen Sinne sind. Sie benötigen eine Zelle, sei es menschlicher, tierlicher oder pflanzlicher Natur, um zu überleben. Somit muss die Wirtszelle bekämpft werden, um den Virus zu beseitigen. Dies erklärt auch die starken Nebenwirkungen bei antiviralen Medikamenten. Ungefähr 17% aller Krebsfälle werden durch Viren ausgelöst. Und jeder kennt heutzutage den HI-Virus, der die Krankheit AIDS verursacht. Daneben lösen Viren noch Grippe, Masern und weitere, weniger tödliche Krankheiten aus.

Welche Auswirkungen Keime auf den menschlichen Organismus haben, hängt stark von der Art des Mikroorganismus ab sowie den Immunabwehrkräften des Patienten und der Umgebung des Kranken. Hunderttausende Menschen sterben jährlich nicht an ihrer Krankheit allein, sondern an Keimen, die in Krankenhäusern trotz sterilem Umfeld überleben. Der Kampf gegen Keime gleicht dem zwischen einem beinahe unsichtbaren David und einem menschlichen Goliath.


Therapie & Resistenz

Die Behandlung einer Infektion mit Keimen beim Menschen hängt von der Art des Erregers ab und kann verschiedene Ansätze umfassen. Bakterielle Infektionen werden in der Regel mit Antibiotika behandelt, die entweder das Wachstum von Bakterien hemmen oder diese abtöten. Es ist wichtig, das richtige Antibiotikum basierend auf der Art des Bakteriums und seiner Empfindlichkeit zu wählen, um eine wirksame Behandlung sicherzustellen.

Virale Infektionen hingegen können nicht mit Antibiotika behandelt werden. Hier kommen antivirale Medikamente zum Einsatz, die die Vermehrung der Viren hemmen oder ihre Ausbreitung im Körper verhindern. Beispiele hierfür sind Medikamente gegen HIV, Influenza und Herpesviren. Bei vielen viralen Infektionen, wie der Erkältung oder Grippe, beschränkt sich die Behandlung oft auf symptomatische Linderung und Unterstützung des Immunsystems.

Pilzinfektionen werden mit Antimykotika behandelt, die das Wachstum von Pilzen hemmen oder diese abtöten. Diese Medikamente können lokal, wie bei Hautinfektionen, oder systemisch, wie bei schweren inneren Infektionen, verabreicht werden.

Infektionen durch Protozoen werden mit antiparasitären Medikamenten behandelt. Die Wahl des Medikaments hängt von der spezifischen Protozoenart und der Art der Infektion ab.

Komplikationen bei der Behandlung von Infektionen können auftreten, wenn der Erreger Resistenzen gegen die eingesetzten Medikamente entwickelt. Antibiotikaresistenzen sind ein wachsendes globales Problem, das durch übermäßigen und unsachgemäßen Gebrauch von Antibiotika begünstigt wird. Resistente Bakterien, wie Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) oder multiresistente Tuberkulose (MDR-TB), sind schwer zu behandeln und erfordern oft den Einsatz von Reserveantibiotika, die teurer und nebenwirkungsreicher sein können.

Neben Resistenzen können auch allergische Reaktionen und Nebenwirkungen der Medikamente Komplikationen verursachen. Allergien gegen Antibiotika wie Penicillin können lebensbedrohlich sein und erfordern sofortige ärztliche Intervention. Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall und Leberschäden sind ebenfalls mögliche Komplikationen bei der medikamentösen Behandlung von Infektionen.

Darüber hinaus können bei schweren Infektionen und bei immungeschwächten Patienten Komplikationen wie Sepsis auftreten, die eine intensive medizinische Betreuung und oft eine Kombination aus verschiedenen Therapieansätzen erfordert, um die Infektion zu kontrollieren und die Organfunktionen zu unterstützen.

Vorsorge & Prävention

Um sich vorsorglich vor Keimen und ihren krankheitsgefährdenden Auswirkungen zu schützen, sind mehrere Präventionsstrategien essenziell. Diese umfassen Hygienemaßnahmen, Impfungen, gesunde Lebensgewohnheiten und Vorsichtsmaßnahmen in bestimmten Umgebungen.

Eine der effektivsten Methoden zur Prävention ist die gründliche Handhygiene. Regelmäßiges Händewaschen mit Seife und Wasser für mindestens 20 Sekunden entfernt Keime, die durch Berührung von Oberflächen oder Menschen aufgenommen wurden. In Situationen, in denen Wasser und Seife nicht verfügbar sind, kann ein Handdesinfektionsmittel auf Alkoholbasis eine gute Alternative sein.

Impfungen spielen eine entscheidende Rolle bei der Prävention von Infektionskrankheiten. Sie stärken das Immunsystem und bieten Schutz vor spezifischen Erregern wie Influenza, Masern, Hepatitis und HPV. Durch Impfprogramme wird nicht nur der Einzelne geschützt, sondern auch die Ausbreitung von Krankheiten in der Bevölkerung reduziert, was zu einer sogenannten Herdenimmunität führt.

Gesunde Lebensgewohnheiten tragen ebenfalls zur Stärkung des Immunsystems bei und helfen, Infektionen abzuwehren. Eine ausgewogene Ernährung, reich an Vitaminen und Mineralstoffen, regelmäßige körperliche Aktivität und ausreichend Schlaf unterstützen die Immunfunktion. Der Verzicht auf Rauchen und maßvoller Alkoholkonsum tragen ebenfalls zur allgemeinen Gesundheit und zur Verringerung des Infektionsrisikos bei.

Atemhygiene ist besonders wichtig zur Vermeidung von Tröpfcheninfektionen. Das Bedecken von Mund und Nase mit einem Taschentuch oder dem Ellbogen beim Husten und Niesen verhindert die Ausbreitung von Keimen in der Umgebung. Das Tragen von Masken in überfüllten oder schlecht belüfteten Räumen kann ebenfalls dazu beitragen, die Übertragung von Atemwegsinfektionen zu reduzieren.

In bestimmten Umgebungen, wie Krankenhäusern oder anderen Gesundheitseinrichtungen, sind zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen notwendig. Dazu gehören das Tragen von Schutzkleidung, die Verwendung von Einweghandschuhen und die sorgfältige Desinfektion von Oberflächen und medizinischen Geräten, um nosokomiale Infektionen zu verhindern.

Sicheres Verhalten im Umgang mit Lebensmitteln ist ebenfalls wichtig. Das gründliche Waschen von Obst und Gemüse, das Kochen von Fleisch bei sicheren Temperaturen und das Vermeiden von Kreuzkontaminationen in der Küche tragen dazu bei, Lebensmittelinfektionen vorzubeugen.

Durch diese Präventionsmaßnahmen kann das Risiko, sich mit krankheitserregenden Keimen zu infizieren, erheblich reduziert werden, was zu einer besseren Gesundheit und einem geringeren Infektionsrisiko führt.

Quellen

  • Bachmann, K.: Biologie für Mediziner. Springer, Berlin 1990
  • Marre, R. et al: Klinische Infektiologie. Infektionskrankheiten erkennen und behandeln. Urban & Fischer, München 2007
  • Schwarzkopf, A.: Multiresistente Erreger im Gesundheitswesen. mhp Verlag, Wiesbaden 2016

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