Tietze-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei starken Schmerzen in der Brust, die bis in den linken Arm ausstrahlen, denken viele sofort an einen Herzinfarkt. Doch diese Beschwerden können auch ganz andere Ursachen haben. Eine davon ist das Tietze-Syndrom, das erstmals 1921 von Alexander Tietze (1864 bis 1927) in seiner in der „Berliner klassischen Wochenschrift“ in seiner Arbeit „Über eine eigenartige Häufung von Fällen mit Dystrophie der Rippenknorpel“ beschrieben hat.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Tietze-Syndrom?

Das Tietze-Syndrom ist durch starke Brustschmerzen gekennzeichnet, die besonders bei Bewegung plötzlich auftreten. Eine Schwellung der oberen Rippenknochen kann bestehen.
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Beim Tietze-Syndrom, welches im medizinischen Sprachgebrauch auch Chondropathia tuberosa, Costochondritis oder Morbus Tietze genannt wird, handelt es sich um eine schmerzhafte Schwellung der Knorpelansätze des Brustbeins bzw. der Rippen. Oft können die Ursachen dafür nicht eindeutig geklärt werden. Die Beschwerden verschwinden in einigen Fällen nach einiger Zeit von selbst.

In der Regel klagen die Betroffenen über einseitige, unspezifische Schmerzen im Bereich der Brust und des Brustbeins, meist linksseitig. Die Schmerzen, die sich beim tiefen Einatmen oft noch verstärken, sind teilweise so heftig, dass sie unter Umständen einen Herzinfarkt vortäuschen können. Bei Beschwerdezunahme strahlen die Schmerzen bis in den Arm oder in die Halsseite aus.

Auch wenn dies auf den ersten Blick vermutet werden könnte, liegt dem Tietze-Syndrom meist keine Entzündung zugrunde. Da die Beschwerden ähnlich denen von anderen Erkrankungen wie Herzbeschwerden sind, sollten diese durch eine umfassende Untersuchung ausgeschlossen werden.

Ursachen

Häufig treten die Beschwerden beim Tietze-Syndrom ohne erkennbaren Auslöser auf. Medizinische Untersuchungen bleiben oftmals ohne Befund. Die Vermutung geht dahin, dass bestimmte Faktoren das Auftreten von Morbus Tietze begünstigen können.

Hierzu gehören z. B. Mikrobrüche der betroffenen Knochen, die durch Überbelastung oder Ermüdung entstehen könne. Ein vorheriger operativer Eingriff, bei dem der Brustkorb geöffnet wurde, kann ebenfalls ursächlich für das spätere Auftreten des Tietze-Syndroms sein.

Oft handelt es sich bei den Betroffenen um Menschen zwischen dem 30. und dem 40. Lebensjahr. Dabei können sich die Beschwerden in zunehmendem Alter noch verstärken. Auch bei Kindern ist das Auftreten von Morbus Tietze nicht ausgeschlossen. Bei Frauen tritt dieses Syndrom, Statistiken zufolge, deutlich häufiger auf als Männer.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Tietze-Syndrom ist durch starke Brustschmerzen gekennzeichnet, die besonders bei Bewegung plötzlich auftreten. Eine Schwellung der oberen Rippenknochen kann bestehen. Meist sind Frauen im Alter von 20 bis 40 Jahren betroffen. Die Erkrankung ist harmlos und heilt von alleine wieder aus. Da das Tietze-Syndrom jedoch ähnliche Beschwerden wie Angina Pectoris zeigt, sollte es in einer Differenzialdiagnose von dieser abgegrenzt werden.

Die Schmerzen werden durch Bewegungen der Rippen ausgelöst. Dabei bewegen sich die Rippen jedoch immer beim Atmen, bei allgemeiner körperlicher Bewegung, beim Husten oder beim Niesen. Von den Betroffenen werden die Schmerzen als plötzlich auftretende sehr intensive Attacken wahrgenommen. Obwohl die Beschwerden hauptsächlich kurzzeitig erscheinen, können bei bestimmten Gelegenheiten auch chronische Schmerzen bestehen.

Chronische Beschwerden treten immer nur im Bereich der Entzündung auf. Plötzliche Bewegungen, die durch Husten, Niesen oder tiefe Atembewegungen erzeugt werden, tragen zur kurzfristigen Verschlimmerung der Beschwerden bei. Dabei kommt es zur gelegentlichen Ausstrahlung der Schmerzen in die Arme oder Schultern. In der Regel sind nicht alle Rippen betroffen.

Die Veränderungen treten meist nur an den oberen beiden Rippen auf. Eine kurative Therapie der harmlosen Erkrankung ist nicht notwendig, da sie von alleine ausheilt. In Einzelfällen kann der Heilungsprozess jedoch mehr als ein Jahr dauern. Lediglich eine Schmerzbehandlung wird häufig notwendig.

Diagnose & Verlauf

In vielen Fällen erfolgt die Diagnose des Tietze-Syndroms nach einer Einlieferung des Betroffenen in eine Klinik. In vielen Fällen wird die Erkrankung zunächst aufgrund der ähnlichen Symptome für eine Angina pectoris oder einen Herzinfarkt gehalten. Diese Verwechselbarkeit machte eine umfassende medizinische Untersuchung zum Ausschluss anderer gefährlicher Erkrankungen unabdingbar.

Morbus Tietze ist trotz der teilweise starken Schmerzen und der Belastung für den Betroffenen nicht lebensbedrohlich. Es gibt einzelne Fälle, bei denen außer den Schwellungen keine weiteren Symptome auftreten. Bei anderen Patienten kommt es zu einem beschleunigten Puls und einem übersteigerten, mit einem schmerzhaften Brennen einhergehenden Hitzegefühl.

Da viele Symptome des Tietze-Syndroms zunächst unspezifisch sind, kann eine konkrete Diagnose ausschließlich durch einen Fachmediziner erfolgen. Dieser kann meist die Erkrankung nach einer regulären Untersuchung des Patienten diagnostizieren, zum Beispiel durch einen Drucktest auf die betroffenen Areale. Bei der Diagnose kann ein ausführliches Gespräch hilfreich sein.

Komplikationen

Morbus Tietze hat im Normalfall keine größeren Komplikationen zur Folge. Die typischen Symptome – also Brustschmerzen, Probleme beim Atmen und Schwellungen im Rippenbereich – können unter Umständen jedoch weitere Beschwerden hervorrufen. Leidet die betroffene Person beispielsweise an chronischen Atembeschwerden, so kann das Tietze-Syndrom Atemnot nach sich ziehen.

Begleitend dazu können Panikattacken auftreten, die meist auch Auswirkungen auf die psychische Verfassung des Betroffenen haben. Auch die typischen Brustschmerzen können mit anderen Leiden korrelieren und ein starkes Unwohlsein hervorrufen. In Einzelfällen ruft das Tietze-Syndrom außerdem Blutdrunkschwankungen hervor, die meist mit einem schmerzhaften Brennen und einem Hitzegefühl in Brust und rechtem Arm verbunden sind.

Behandelt werden die Beschwerden meist mit Antirheumatika und Schmerzmitteln – Medikamente, die immer mit Nebenwirkungen einhergehen. Auch alternative Behandlungsmethoden wie Akupunktur oder Wärme- und Kältetherapie bergen Risiken. Im Fall einer Akupunktur können Infektionen, Blutergüsse und selten auch Kreislaufprobleme auftreten.

Die Kryotherapie kann zu kleineren Erfrierungen führen und das Gewebe unter Umständen dauerhaft schädigen. Auch allergische Reaktionen auf die verwendeten Mittel und Materialien sind bei der Behandlung von Morbus Tietze nicht grundsätzlich auszuschließen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Tietze-Syndrom ist eine harmlose, aber schmerzhafte Erkrankung, die zügig ärztlich abgeklärt werden sollte. Wenn die typischen Schmerzen im Bereich der Brustkorbs auftreten wird am besten umgehend ein Arzt konsultiert. Weitere Warnzeichen, die abgeklärt werden müssen, sind rote Stellen und Schwellungen im Brustbereich sowie Atemnot und Herzrasen. Die Schmerzen können bis in den Rücken und in die Arme ausstrahlen. Wenn diese Warnzeichen wiederholt auftreten, muss ein Facharzt aufgesucht werden.

Der Mediziner kann das Leiden anhand eines MRT feststellen und eine geeignete Medikation verordnen. Begleitend dazu ist eventuell eine Physiotherapie sinnvoll. Blockaden im Rippenbereich werden durch einen Osteopathen behandelt. In Rücksprache mit dem Hausarzt ist auch eine homöopathische Behandlung denkbar. Leichte Beschwerden lassen sich mit Haltungs- und Atemübungen reduzieren. Das Tietze-Syndrom kann jedoch wiederholt auftreten und bedarf deshalb in jedem Fall einer ärztlichen Überwachung. Betroffene sollten regelmäßig beim Arzt vorstellig werden, insbesondere wenn die Beschwerden stärker werden oder neue Symptome auftreten. Chronische Erkrankungen müssen operativ behandelt werden.

Behandlung & Therapie

Im besten Fall verschwindet das Tietze-Syndrom mit all seinen Beschwerden nach einigen Monaten von allein. Die während der Erkrankung auftretenden, teilweise starken Schmerzen werden meist durch eine entsprechende Schmerztherapie (Tabletten, örtlich wirkende Salben) behandelt.

Welche Wirkstoffe im Einzelfall verabreicht werden, ist von der Stärke der auftretenden Schmerzen abhängig. Bei einigen Betroffenen genügt die Gabe leichter Schmerztabletten bzw. Antirheumatika. In ganz schweren Fällen können die Symptome nur durch die Einspritzung des Wirkstoffes ins Rückenmark gelindert werden.

Muskelentspannende Medikamente können beim Tietze-Syndrom ebenfalls zur Eindämmung der Beschwerden zum Einsatz kommen. Teilweise werden auch Antidepressiva eingesetzt, da die fortwährenden Schmerzen sich negativ auf das seelische Befinden des Betroffenen auswirken können.

Auch alternative Behandlungsmethoden wie Akupunktur können bei Morbus Tietze Anwendung finden. Häufig wird auch Krankengymnastik verordnet, um die Muskeln zu lockern und die Beweglichkeit des Patienten zu erhalten. Je nach Einzelfall können auch Wärme- oder Kältetherapien unterstützend eingesetzt werden.


Vorbeugung

Vorbeugende Maßnahmen gegen das Tietze-Syndrom können kaum ergriffen werden, da die Beschwerden oftmals ohne einen bekannten Auslöser ganz spontan auftreten. Beim Auftreten von auf Morbus Tietze hindeutenden Symptomen sollte jedoch möglichst bald ein Arzt aufgesucht werden. Auch hier gilt, wie bei den meisten Erkrankungen, dass die Chance, die Krankheit einzudämmen, um so größer ist, je früher eine geeignete Therapie eingeleitet wird.

Nachsorge

Bei der Nachsorge des Tietze-Syndroms benötigen Betroffene ausreichend Ruhe und Schonung. Die Schmerzen müssen behandelt werden, indem der Betroffene seine vom Arzt verordnete Krankengymnastik sorgfältig Zuhause ausführt. Besondere Symptome sollten beachtet und dem Arzt umgehend mitgeteilt werden. Bei übermäßigen Schmerzen sollten Betroffene sich einer strengen Bettruhe unterziehen.

Die Schmerzen stellen sich bei regelmäßiger Einnahme der vom Arzt verordneten Medikamente und ausreichend Schonung von selbst ein. Betroffene sollten auf jeden Fall in Erwägung ziehen, sich einer psychologischen Therapie zu unterziehen. Auftretende Entzündungen bedürfen einem Besuch beim Arzt. Es wird empfohlen, gegen diese Medikamenten einzunehmen.

Den Betroffenen wird außerdem empfohlen, den sozialen Kontakt zur Familie und Angehörigen auszuweiten, da es sehr wahrscheinlich ist, dass ihre Hilfe zur Bewältigung des Alltags verstärkt in Anspruch genommen werden muss. Die Lebensqualität verringert sich aufgrund der Krankheit erheblich. Aus diesem Grund sollte der Betroffene mit seinen Angehörigen Aktivitäten ausführen.

Das können Sie selbst tun

Das Tietze-Syndrom bedarf einer ärztlichen Schmerzbehandlung. Begleitend dazu sollten die Betroffenen verschiedene Selbsthilfe-Maßnahmen ergreifen, damit das Syndrom rasch abklingt. Bei leichten Beschwerden, wie sie etwa nach Brustoperationen auftreten, genügen Schonung und Ruhe. Begleitend dazu müssen die schmerzauslösenden Funktionsstörungen behandelt werden, indem der Patient zu Hause die empfohlene Krankengymnastik durchführt. Außerdem sollten die Symptome beobachtet und Veränderungen dem Arzt mitgeteilt werden.

Bei starken Schmerzattacken gilt Bettruhe. Die Schmerzen sollten rasch wieder abklingen, insofern das vom Arzt verschriebene Schmerzmittel eingenommen wird und ansonsten auf Schonung geachtet wird. Nach der Einnahme von Antidepressiva, die dazu dienen, das Schmerzgedächtnis zu löschen, ist gegebenenfalls eine therapeutische Begleitbehandlung notwendig. Der Patient sollte seine Stimmung beobachten und bei Gefühlsschwankungen die notwendigen Gegenmaßnahmen ergreifen. Unter Umständen müssen Corticoide eingenommen werden, welche Nebenwirkungen hervorrufen können. Auch hier gelten nach der Einnahme Schonung und Ruhe.

Bei anhaltenden Beschwerden empfiehlt sich ein Besuch beim Arzt. Die Entzündungen können außerdem durch homöopathische Mittel behandelt werden. Sie stellen allerdings nur eine Ergänzung zur konservativen Therapie dar. Die Einnahme muss vom zuständigen Arzt abgesegnet und kontrolliert werden.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008

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