Bettruhe
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. August 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei einigen Erkrankungsbildern ist die Einhaltung von Bettruhe als medizinische Maßnahme unabdingbar. Es gilt jedoch heutzutage, dass die Bettruhe so lang wie nötig, aber so kurz wie möglich angeordnet werden sollte.
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Was ist Bettruhe in der Medizin?
Die Bettruhe wird in der Medizin definiert als das Einhalten einer liegenden Position im Bett nicht nur zur Schlafenszeit, sondern einen ganzen Tag oder sogar über mehrere Tage.
Dabei unterscheidet man zwischen der strengen Bettruhe, bei der der Kranke überhaupt nicht aufstehen darf, sich im Bett waschen muss oder gewaschen wird und statt Toilettengang die Bettschüssel benutzen muss, und der eingeschränkten Bettruhe, bei der kurzes Aufstehen unter Aufsicht gestattet ist.
Da strenge Bettruhe gesundheitliche Nachteile mit sich bringt, steht heute in der Medizin die möglichst frühe schonende Mobilisierung und Rehabilitierung der Kranken im Vordergrund und die Bettruhe wird nur bei klaren Indikationen angeordnet und so kurz wie möglich gehalten.
Geschichte & Entwicklung
Die Praxis der Bettruhe als Therapie bei Erkrankungen hat eine lange Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Schon Hippokrates, der als Vater der modernen Medizin gilt, empfahl Ruhe und Schonung bei bestimmten Krankheiten. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurde Bettruhe häufig als zentrale Maßnahme bei einer Vielzahl von Erkrankungen verordnet, besonders bei Fieber, Lungenentzündungen und Tuberkulose. Damals glaubte man, dass der Körper durch Ruhe die Kraft sammeln könne, um Krankheiten zu überwinden.
Im 19. Jahrhundert wurde die Bettruhe durch medizinische Autoritäten wie Florence Nightingale weiter propagiert. Nightingale, die als Begründerin der modernen Krankenpflege gilt, sah Bettruhe als wichtigen Bestandteil der Genesung an. Sie betonte die Bedeutung von Ruhe und Pflege, insbesondere bei schwerkranken Patienten. Auch in der Behandlung von Herzinfarkten und Schlaganfällen spielte Bettruhe eine zentrale Rolle, da man davon ausging, dass körperliche Aktivität die Heilung behindern könnte.
Im 20. Jahrhundert begann sich das Verständnis von Bettruhe zu wandeln. Während sie weiterhin bei bestimmten Erkrankungen empfohlen wurde, erkannte man zunehmend die Risiken einer zu langen Immobilisierung, wie Thrombosen und Muskelabbau. Heute wird Bettruhe nur noch gezielt und oft zeitlich begrenzt verordnet, während die frühzeitige Mobilisierung und Rehabilitation zunehmend im Vordergrund stehen. Die Entwicklung der Bettruhe zeigt, wie sich medizinische Konzepte im Laufe der Zeit verändern und an neue Erkenntnisse anpassen.
Einsatz & Indikation
Bettruhe wird vom Arzt verordnet, wenn es notwendig ist, den Körper zu schonen und zu entlasten, um die Heilung zu unterstützen oder Komplikationen zu vermeiden. Dies ist besonders bei akuten Erkrankungen oder Verletzungen der Fall, bei denen körperliche Aktivität den Zustand verschlechtern könnte.
Eine häufige Situation, in der Bettruhe verordnet wird, ist bei Herzinfarkten oder Schlaganfällen. In diesen Fällen soll die körperliche Belastung minimiert werden, um das Herz und das Kreislaufsystem zu entlasten. Auch bei schweren Infektionen wie einer Lungenentzündung oder Grippe kann Bettruhe notwendig sein, um dem Körper die nötige Ruhe zu geben, um gegen die Krankheit anzukämpfen.
Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie oder drohende Frühgeburten sind weitere Situationen, in denen Bettruhe verordnet wird. Hier soll durch die Einschränkung der körperlichen Aktivität das Risiko für Mutter und Kind reduziert werden.
Auch nach operativen Eingriffen kann Bettruhe notwendig sein, um den Heilungsprozess nicht zu gefährden, insbesondere wenn eine frühe Mobilisierung das Risiko von Komplikationen wie Nachblutungen erhöhen könnte.
Bettruhe wird auch bei bestimmten orthopädischen Erkrankungen, wie schweren Rückenproblemen oder nach Knochenbrüchen, angewendet, um die betroffenen Körperbereiche zu stabilisieren und eine schnelle Heilung zu fördern. Sie wird in der Regel zeitlich begrenzt verordnet und sollte engmaschig überwacht werden, um die möglichen negativen Auswirkungen von Inaktivität, wie Thrombosen oder Muskelschwund, zu vermeiden.
Sinn & Zweck der Bettruhe bei Erkrankungen & zur Genesung
Die Bettruhe wird nicht nur bei schwerkranken Patienten, die man als bettlägerig bezeichnet, wenn sie gar nicht anders können, als im Bett zu liegen, angeordnet, sondern auch bei bestimmten Indikationen, bei denen jegliches Aufstehen der Gesundung entgegenwirken würde.
Zu diesen Indikationen zählen zum Beispiel der Zustand unmittelbar nach einem Herzinfarkt, schwere Herzinsuffizienz, Lungenembolie oder bei einer ausgedehnten Thrombose, Schockzustand, Beatmung, unversorgte Fraktur des Schenkelhalses oder anderer Knochen der unteren Extremitäten, instabile Frakturen der Wirbelkörper oder ausgeprägte Sturzgefahr.
Auch während der Dialyse ist strenge Bettruhe einzuhalten. Außerdem wird Schwangeren mehr oder weniger strikte Bettruhe verordnet, wenn das Risiko einer Frühgeburt besteht durch eine Schwäche des Gebärmutterhalses oder bei Zwillings- oder Mehrlingsschwangerschaften, beim Auftreten vaginaler Blutungen, Fehl-, Früh- oder Totgeburten in der Krankengeschichte der Schwangeren, einer Fehllage oder Verwachsung der Plazenta, bei einer verzögerten Entwicklung des Fötus oder wenn die Schwangere unter Präeklampsie, also Schwangerschafts-Bluthochdruck in Verbindung mit Proteinurie, was vermehrte Eiweißausscheidung im Urin bedeutet, leidet.
Erkrankungen, die mit – unter Umständen hohem – Fieber einher gehen, wie Lungenentzündung, akute Bronchitis, Blasen- oder Nierenbeckenentzündung und Grippe, werden in der modernen Medizin nicht mehr mit längerer Bettruhe in Verbindung mit Medikamenten behandelt, sondern man hält die Bettruhe so kurz wie möglich und bietet Patienten mit schwachem Kreislauf Hilfe beim Aufstehen und regt sie zu leichter Bewegung an. Längere Bettruhe würde weitere gesundheitliche Probleme nach sich ziehen.
Vorteile & Nutzen
Bettruhe bietet mehrere spezifische Vorteile gegenüber anderen Behandlungsmethoden, besonders in Situationen, in denen der Körper maximale Ruhe benötigt, um Heilung zu fördern und Komplikationen zu vermeiden. Ein wesentlicher Vorteil ist die Schonung des Körpers. Durch die Reduzierung der körperlichen Aktivität kann der Körper seine Energie auf die Bekämpfung der Erkrankung und die Regeneration konzentrieren. Dies ist besonders wichtig bei akuten Erkrankungen wie Herzinfarkten, Schlaganfällen oder schweren Infektionen, bei denen körperliche Anstrengung den Zustand verschlechtern könnte.
Ein weiterer Vorteil der Bettruhe ist die Reduzierung des Risikos für weitere Verletzungen oder Komplikationen. Bei Knochenbrüchen, schweren Rückenproblemen oder nach operativen Eingriffen hilft Bettruhe, den betroffenen Bereich zu stabilisieren, indem unnötige Bewegungen vermieden werden. Dies fördert eine schnellere Heilung und verringert das Risiko von Nachblutungen oder Verschlimmerungen der Verletzung.
Bettruhe kann auch den psychischen Stress reduzieren, der oft mit aktiven Behandlungen oder invasiven Eingriffen verbunden ist. Durch die Verordnung von Bettruhe wird dem Patienten eine Phase der Erholung ermöglicht, in der er sich auf die Heilung konzentrieren kann, ohne sich um die Anforderungen des Alltags kümmern zu müssen.
In der Schwangerschaft, insbesondere bei Komplikationen wie Präeklampsie oder drohender Frühgeburt, bietet Bettruhe eine wichtige Möglichkeit, das Risiko für Mutter und Kind zu minimieren, indem die körperliche Belastung stark eingeschränkt wird.
Durchführung & Ablauf
Bettruhe wird vom Arzt verordnet, wenn es notwendig ist, dem Körper vollständige Ruhe zu gönnen, um die Heilung zu fördern oder Komplikationen zu vermeiden. Der genaue Ablauf der Bettruhe hängt von der Erkrankung oder Verletzung ab, die behandelt wird, und kann variieren.
Im einfachsten Fall bedeutet Bettruhe, dass der Patient die meiste Zeit im Bett verbringt und nur für grundlegende Bedürfnisse wie Toilettengänge aufsteht. Oft werden Patienten angehalten, sich nicht unnötig zu bewegen, um den betroffenen Körperbereich zu schonen. Bei strengeren Formen der Bettruhe darf der Patient das Bett überhaupt nicht verlassen und wird vollständig versorgt, einschließlich der Hilfe beim Waschen und Essen.
Während der Bettruhe ist es wichtig, den Patienten regelmäßig zu überwachen. Das Pflegepersonal achtet auf mögliche Komplikationen wie Druckgeschwüre (Dekubitus), die durch das ständige Liegen entstehen können. Um dies zu verhindern, werden Patienten regelmäßig umgelagert, und spezielle Matratzen oder Polsterungen können verwendet werden.
Die Dauer der Bettruhe wird vom Arzt bestimmt und hängt davon ab, wie gut der Patient auf die Behandlung anspricht. In manchen Fällen kann die Bettruhe nur wenige Tage dauern, während sie in anderen Fällen über Wochen oder sogar Monate aufrechterhalten werden muss.
Während der Bettruhe werden oft physiotherapeutische Maßnahmen empfohlen, um Muskelabbau zu verhindern und die Durchblutung zu fördern. Dies kann passive Bewegungstherapien oder einfache Atemübungen umfassen, die im Bett durchgeführt werden können, ohne den Patienten zu belasten.
Risiken & Nebenwirkungen
Während einer längere Zeit andauernden Bettruhe geschehen im menschlichen Körper zahlreiche Vorgänge, die den allgemeinen Gesundheitszustand stark beeinträchtigen und sogar akute Gefahren mit sich bringen. Die Sauerstoffaufnahme ist bei mangelnder Bewegung vermindert, und diese Minderbelüftung der Lunge kann eine Lungenentzündung nach sich ziehen.
Auch das Schlagvolumen des Herzens ist vermindert, während der Blutdruck dazu neigt, anzusteigen. Die Anzahl der roten Blutkörperchen nimmt ab, die Konzentration an Blutfetten steigt an und die Gerinnungsfähigkeit des Blutes verändert sich. Dadurch besteht ein erhöhtes Thromboserisiko. Die Muskulatur wird abgebaut, Fettsubstanz aufgebaut und durch Kalziumverlust nimmt die Stärke der äußeren Knochensubstanz ab. Blutzucker kann nicht mehr gut genug verwertet werden und ein – vorübergehender – Diabetes kann die Folge sein.
Außerdem kann das Gehör sich verschlechtern, ebenso das Gedächtnis und Schlafstörungen können auftreten. Häufig leidet auch der Geschmackssinn. Bei dauerhafter Bettruhe droht ein Wundliegen im Steißbereich, der sogenannte Dekubitus. Nach länger andauernder Bettruhe haben Patienten bei wieder beginnender Mobilisation mit Muskel- und Kreislaufschwäche zu kämpfen. Nicht zu vernachlässigen sind auch die psychischen Aspekte, denn ein Patient, dem strenge Bettruhe verordnet ist, wird sich kränker fühlen, als ein Patient, der zumindest zeitweilig aufstehen darf.
Aus all diesen Gründen wird heutzutage sehr genau abgewogen, ob die Nachteile einer längeren Bettruhe aufgewogen werden durch den Nutzen, den die Bettruhe in dem jeweiligen Fall bietet, und es wird, obwohl natürlich Ruhe und Schonung bei vielen Krankheitsbildern notwendig ist, eine Bettruhe nur so lang wie unumgänglich nötig und so kurz wie irgend möglich gehalten.
Alternativen
Wenn Bettruhe nicht möglich oder nicht die beste Option für einen Patienten ist, gibt es mehrere alternative Verfahren, die je nach Zustand und Bedürfnissen des Patienten in Betracht gezogen werden können.
Frühzeitige Mobilisierung ist eine der wichtigsten Alternativen zur Bettruhe, insbesondere in der modernen Medizin. Anstatt Patienten lange im Bett zu halten, fördert die frühzeitige Mobilisierung das Aufstehen und Bewegen so schnell wie möglich nach einer Operation oder während einer Krankheit. Diese Methode hat sich als wirksam erwiesen, um Komplikationen wie Thrombosen, Lungenentzündungen und Muskelabbau zu verhindern. Durch kontrollierte Bewegungen und unter Anleitung von Physiotherapeuten können Patienten ihre Genesung beschleunigen und ihre Unabhängigkeit schneller wiedererlangen.
Physiotherapie kann ebenfalls eine wertvolle Alternative zur Bettruhe sein, besonders wenn vollständige Immobilität vermieden werden soll. Durch gezielte Übungen, die auch im Bett oder im Sitzen durchgeführt werden können, wird die Muskelkraft erhalten und die Durchblutung gefördert, ohne den Körper zu überlasten.
Intermittierende Ruhepausen sind eine weitere Möglichkeit, bei der Patienten kurze Ruhephasen im Bett mit Phasen der leichten Aktivität abwechseln. Dies kann besonders bei Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder chronischen Schmerzen hilfreich sein, bei denen vollständige Ruhe zwar entlastend wirkt, aber auch die Risiken einer langen Inaktivität vermieden werden sollen.
In Situationen, in denen Bettruhe nicht möglich ist, weil der Patient nicht im Bett bleiben kann oder will, können adaptive Pflege- und Bewegungstechniken eingesetzt werden. Dazu gehören unterstützende Geräte wie Gehwagen oder Aufstehhilfen, die es dem Patienten ermöglichen, sich sicher zu bewegen und gleichzeitig die notwendige Schonung zu gewährleisten.
Durch diese Alternativen zur Bettruhe kann die Heilung gefördert und die Lebensqualität des Patienten verbessert werden, ohne die Risiken der völligen Immobilität einzugehen.
Quellen
- Gesenhues, S., Zisché, R.H., Breetholt, A. (Hrsg.): Praxisleitfaden Allgemeinmedizin. Urban & Fischer, München 2013
- Mader, F., Weißgerber, H.: Allgemeinmedizin und Praxis. Springer, Heidelberg 2014
- Nixdorff, U.: Check-Up-Medizin. Thieme, Stuttgart 2009