Trigeminusneuralgie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Trigeminusneuralgie oder Gesichtsneuralgie ist die Erkrankung oder Überreizung des 5. Hirnnervs. Die Beschwerden sind starke anfallsartige Schmerzen im Gesicht. Die Behandlung wird zunächst mit Medikamenten durchgeführt, in schweren Fällen kann eine Operation nötig sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Trigeminusneuralgie?

Die Ursache für eine Trigeminusneuralgie ist eine Schädigung, Überreizung oder Erkrankung des 5. Hirnnervs (Trigeminusnerv). Bei der klassischen Trigeminusneuralgie ist der Auslöser meist ein erhöhter Druck auf den Nerv.
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Die Trigeminusneuralgie ist eine Erkrankung des Trigeminusnervs. Er innerviert mit seinen drei Ästen (trigeminus = Drilling) das Gesicht, den Kauapparat und den Schlund und ist direkt mit dem Gehirn verbunden. Er gehört zu den 12 Hirnnerven und wird als 5. Hirnnerv bezeichnet.

Neuralgie ist das medizinische Fachwort für Nervenschmerz (neuron = Nerv, -algie = Schmerz). Eine Trigeminusneuralgie äußert sich in anfallsartigen Schmerzen an der Wange, in Ober- und Unterkiefer sowie auf der Stirn, um das Auge oder in der Stirnhöhle.

Man unterscheidet zwischen symptomatischer und klassischer Trigeminusneuralgie. Die seltener vorkommende symptomatische Form tritt als Begleiterscheinung zu anderen Grunderkrankungen auf, häufig bei multipler Sklerose oder nach einem Schlaganfall. Sie entsteht oft beidseitig. Die klassische Trigeminusneuralgie ist die häufigere Art. Sie bildet sich meist nur einseitig und ist von beschwerdefreien Intervallen gekennzeichnet.

Ursachen

Die Ursache für eine Trigeminusneuralgie ist eine Schädigung, Überreizung oder Erkrankung des 5. Hirnnervs (Trigeminusnerv). Bei der klassischen Trigeminusneuralgie ist der Auslöser meist ein erhöhter Druck auf den Nerv.

Dies wird durch verdickte Blutgefäße verursacht. Wenn Arterien verkalkt sind, lässt ihre Elastizität nach und sie werden dick und unbeweglich. Liegt nun eine solche verdickte Arterie in der Nähe des Nervs, erzeugt sie Druck und verursacht so eine Reizung oder Schädigung des Nervs.

Bei der selteneren symptomatischen Trigeminusneuralgie liegt die Ursache in einer anderen Erkrankung. Bei multipler Sklerose entzünden sich die Nerven und lösen so die Trigeminusneuralgie aus, bei einem Schlaganfall kann eine Durchblutungsstörung im Gehirn die Neuralgie verursachen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Hauptsymptom der Trigeminusneuralgie ist ein starker einseitiger Schmerz im Gesicht, der plötzlich und ziehend einschießt. Es fühlt sich fast wie ein blitzartiger Stromstoß an, der nach kurzer Zeit wieder verebbt. Manchmal werden die Schmerzen auch als brennend oder stechend wahrgenommen. Je nachdem welcher Ast des Trigeminusnervs betroffen ist, liegen die Beschwerden im entsprechenden Areal des Gesichts.

Am häufigsten erkranken der zweite und der dritte Ast. Dies führt zu Schmerzen an den Wangen, dem Jochbein und dem Kinn, an der Nase oder am Ober- und Unterkiefer. Auch die Zähne können wehtun. Eher selten dagegen sind Beschwerden an der Stirn, wo der erste Nervenast verläuft. Die Schmerzattacken können durch Berührung der Haut ausgelöst werden, durch einen Luftzug, durch Zähneputzen, durch Bewegungen des Kiefers beim Sprechen oder Kauen oder durch Schlucken.

Sie können jedoch auch völlig unvermittelt und ohne vorherigen Reiz aufflammen. Manchmal ist der einschießende Schmerz von Zuckungen der Gesichtsmuskulatur begleitet. Der Trigeminusnerv ist einer der dicksten Nerven im Körper, daher ist der ausgelöste Schmerz fast unerträglich.

Aus Angst vor einer Schmerzattacke verzichten manche Patienten darauf, Nahrung und Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Dies kann Gewichtsabnahme und Austrocknung verursachen. Da die Beschwerden extrem belastend sind, kann die Erkrankung zu Depressionen führen.

Diagnose & Verlauf

Die Beschwerden bei einer Trigeminusneuralgie äußern sich hauptsächlich in plötzlich einschießenden starken Schmerzen im Gesicht, die nur wenige Sekunden lang andauern und dann wieder nachlassen. Sie fühlen sich an wie Stromstöße und können sich in mehreren kurzen Intervallen wiederholen und dann für einen Zeitraum wieder verschwinden.

Oft werden diese Schmerzattacken durch Berührungen im Gesicht oder durch Bewegungen des Kiefers ausgelöst. Es kann beim Kauen oder Schlucken passieren, beim Zähneputzen oder auch beim Sprechen. Manchmal werden die Attacken auch durch einen Luftzug ausgelöst. Die Schmerzen einer Trigeminusneuralgie gehören zu den stärksten Schmerzen, die es gibt. Betroffene vermeiden oft zu essen oder zu sprechen, da dadurch die Schmerzattacken ausgelöst werden.

Um die Diagnose Trigeminusneuralgie eindeutig stellen zu können, muss der Arzt zunächst die Krankengeschichte des Patienten erfragen und ihn neurologisch untersuchen. Durch eine zahnärztliche, orthopädische und HNO-ärztliche Untersuchung kann man andere Krankheiten mit ähnlichen Schmerzen ausschließen. Mit einer Kernspintomografie (MRT) kann man frühere Schlaganfälle, Tumore oder Entzündungen erkennen, die eventuell der Auslöser für die Trigeminusneuralgie sind.

Komplikationen

Die äußerst schmerzhafte Trigeminusneuralgie kann verschiedene Komplikationen nach sich ziehen. Diese sind meist als postoperative Komplikationen einzuordnen. Aufgrund der anfallsartig auftretenden und heftigen Schmerzen können die Betroffenen bei einer Trigeminusneuralgie an schmerzbedingten Depressionen leiden.

Abgesehen vom medizinischen Behandlungsziel, eine dauerhafte Schmerzlinderung zu erwirken, sind manchmal psychotherapeutische Interventionen notwendig. Sind die Schmerzattacken der Trigeminusneuralgie mit Medikamenten nicht zu lindern - oder haben diese zu starke Nebenwirkungen - sind operative Methoden üblich. Die ehemals ausgeführte Durchtrennung des Trigeminus führte meist zu einer partiellen Gesichtslähmung.

Da diese Operationsmethode oft mehr Schmerzen hervorrief als zuvor, ist man von dieser Behandlungsmethode abgekommen. Doch auch die heute eingesetzten OP-Methoden sind nicht risikolos. Bei symptomatischen Trigeminusneuralgien können die potenziell möglichen Komplikationen von der zugrunde liegenden Erkrankung geprägt sein.

Es kann sich dabei um Krebserkrankungen oder Multiple Sklerose handeln. Entsprechende Komplikationen wie Metastasenbildungen, Lähmungen oder Blindheit sind denkbar. Nach Operationen am Ganglion Gasseri kann es zu Druckempfindlichkeit, Empfindungsstörungen oder noch stärkeren Schmerzen kommen. Diese sind allerdings meist Dauerschmerzen.

Bei der mikrovaskulären Dekompression bestehen neben erhöhten Narkoserisiken auch höhere Komplikationsrisiken. Gelegentlich kommt es durch den Eingriff zu einseitigem Hörverlust, Blutungen oder Kleinhirn-Schwellungen. Bei Bestrahlungen des gereizten Trigeminusnervs mit einem Linearbeschleuniger treten vergleichsweise weniger Komplikationen auf. Die Erfolgsquote ist deutlich niedriger.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da die Trigeminusneuralgie mit massiven Gesichtsschmerzen einhergeht, sollte der Betreffende schnell zum Arzt gehen. Dieser muss feststellen, ob es einen konkreten Auslöser gab, oder ob es sich um eine idiopathische Trigeminusneuralgie handelt.

Bei der symptomatischen Variante der Trigeminusneuralgie ist die auslösende Grundproblematik möglichst zeitnah festzustellen. Erst danach kann eine zielgerichtete Behandlung einsetzen. In deren Verlauf kann auch der massive Gesichtsschmerz verschwinden.

Der schnelle Arztbesuch ist auch deshalb angeraten, weil sich hinter der schweren Schmerzsymptomatik im Gesichtsbereich eine Spätkomplikation der Gürtelrose, ein Tumorgeschehen oder eine Multiple Sklerose verbergen können. Auch Schlaganfallsymptome oder eine Borreliose sind bereits als Auslöser einer symptomatischen Trigeminusneuralgie festgestellt worden. Tumoren sind eher selten die Auslöser einer Trigeminusneuralgie. Falls sie es aber sind, kann die Tumoren sowohl gutartig als auch metastasierte Ausläufer eines noch nicht entdeckten Tumors sein.

In der Summe sind die möglichen Auslöser ernsthaft genug, um eine Trigeminusneuralgie nicht monatelang unter selbst verordneten Schmerzmitteln zu ertragen. Davon abgesehen, sind die Schmerzen bei einer Trigeminusneuralgie oft massiv. Der Gang zum Arzt geschieht daher oft von allein.

Behandlung & Therapie

Die Trigeminusneuralgie wird zunächst mit Schmerzmitteln behandelt. Die üblichen apothekenpflichtigen Medikamente sind hierbei allerdings wirkungslos, da die Schmerzen extrem stark sind. Treten sehr viele Schmerzattacken hintereinander in einem kurzen Zeitraum auf, so wird intravenös mit einem hoch dosierten Antiepileptikum behandelt.

Für diese Therapie bei einem akuten Anfall ist die stationäre Aufnahme in ein Krankenhaus nötig. Um den Schmerzattacken vorzubeugen, werden Antiepileptika als Tabletten in niedrigeren Dosen, aber dauerhaft, verabreicht. Liegen andere Grunderkrankungen vor, so müssen diese in erster Linie behandelt werden, da sie die Auslöser für die Trigeminusneuralgie sind.

Tritt durch die medikamentöse Behandlung keine Besserung ein, so ist eine Operation möglich. Dabei wird in einem chirurgischen Eingriff der Schädelknochen eröffnet, um den Nerv von einengenden Gefäßen zu befreien. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit, bei der keine chirurgische Eröffnung des Schädels nötig ist, ist die radiochirurgische Therapie. Hierbei wird der Nerv durch den Knochen hindurch mit Strahlen behandelt.

Eine dritte Möglichkeit zur Behandlung der Trigeminusneuralgie ist die perkutane (durch die Haut) Thermoagulation, bei welcher unter Kurznarkose eine Sonde zu Nervenzellen des Trigeminusnervs geschoben wird und dort mit Hitze die Schmerzfasern des Nervs zerstört werden.


Vorbeugung

Gegen eine Trigeminusneuralgie kann man nicht vorbeugen. Man kann jedoch durch ausgewogene Ernährung und eine gesunde Lebensweise einer Arterienverkalkung vorbeugen, die oft Ursache für eine Trigeminusneuralgie ist.

Nachsorge

Wird die Trigeminusneuralgie durch einen chirurgischen Eingriff behandelt, ist eine Nachsorge erforderlich. In den meisten Fällen bessern sich die Beschwerden schon unmittelbar nach der Operation. Zur Kontrolle findet am Operationstag meist eine Computertomographie (CT) statt. Dadurch kann der Arzt mögliche Lufteinschlüsse oder Nachblutungen diagnostizieren.

Die ersten fünf bis sechs Tage nach der Operation verbringt der Patient im Krankenhaus. Danach wird er normalerweise entlassen. Zur Entfernung von Fäden oder Klammern reicht meist eine ambulante Versorgung aus. Einschränkungen sind nach dem Klinikaufenthalt in der Regel nicht zu befürchten. Gesundheitliche Beeinträchtigungen bestehen bei den meisten Patienten nach der Entlassung nicht mehr.

Die Schmerzmittel, die der Patient bislang eingenommen hat, sind in Absprache mit einem Neurologen oder Schmerztherapeuten Schritt für Schritt zu reduzieren. Dabei erfolgt eine unterstützende Betreuung durch den Therapeuten. In seltenen Fällen treten nach der OP Beschwerden im Narbenbereich, Kopfschmerzen, Fieber oder der Ausfluss einer klaren Flüssigkeit aus der Nase auf. In diesem Fall muss der Betroffene einen Neurochirurgen aufsuchen. Eine Rehabilitation braucht nicht angetreten zu werden.

Bis der Patient wieder sportlichen Betätigungen nachgehen darf, dauert es im Normalfall etwa drei bis vier Wochen. In diesem Zeitraum sind zudem Aufenthalte in der Sauna oder der prallen Sonne zu vermeiden, da sonst Schwindelgefühle oder Kopfschmerzen auftreten können.

Das können Sie selbst tun

Die möglichen Selbsthilfemaßnahmen bei einer Trigeminusneuralgie sind begrenzt. Sie erstrecken sich auf die Unterstützung einer ärztlichen Behandlung und sind allgemeiner Natur.

So tragen die Vermeidung von Stress und eine ausgewogene Ernährung zum Wohlbefinden bei. Manche Patienten setzen auf autogenes Training oder andere Entspannungstechniken. Andere sind beruflich kürzergetreten und haben Rituale, die eine Auszeit erlauben, in ihren Tag integriert. Auch regelmäßiger Sport gilt als wichtiger Faktor, um eine erneute Schmerzattacke abzumildern. Der Konsum von Nikotin und Alkohol sollte komplett eingestellt werden. Diese Maßnahmen verhindern nicht unbedingt alle Beschwerden. Sie lassen aber aufgrund eines gesteigerten Wohlbefindens die Symptome nicht so beschwerlich erscheinen.

Der Alltag der Betroffenen ist stark beeinträchtigt, da die Attacken wiederkehren können. Manche Patienten leiden unter chronischen Angstzuständen. Daraus resultiert oft ein zurückgezogenes Leben ohne Unternehmungen. In der Folge stellen sich häufig Depressionen ein. Diesem Zustand zu entkommen, kann schwierig sein. Ein starkes Umfeld und soziale Kontakte versprechen einen positiven Umgang mit der Trigeminusneuralgie. Der Kontakt zu Gleichgesinnten hilft manchmal ebenso. In Selbsthilfegruppen lassen sich Erfahrungen und Tipps zur Alltagsbewältigung austauschen.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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