Unterschenkel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Unterschenkel des Menschen sind nicht nur wichtige Werkzeuge für den menschlichen Gang, sondern oftmals auch ein optisches Merkmal: Sie können stramm sein oder haarig, sie sind gebräunt oder von Krampfadern durchsetzt. All das hat oft auch mit der Gesundheit zu tun. Zeit also für eine eingehendere Betrachtung des Unterschenkel.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Unterschenkel?

Die Funktion des Unterschenkels ist natürlich erst einmal die Gewährleistung von Stabilität für den aufrechten Stand und die Bereitstellung von Muskulatur für den Gang.
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Der Unterschenkel ist jener Abschnitt der unteren Extremität, welcher das Knie mit dem Fuß verbindet. Im Volksmund wird auch "Wade" dazu gesagt. Er besteht aus zwei Knochen und jeder Menge Muskulatur und ist durch innere Häute (Faszien) streng kompartimentiert.

Anatomie & Aufbau

Die Anatomie des Unterschenkels ist eigentlich recht übersichtlich: Zwei Knochen verleihen diesem Teil des Beines Stabilität, Schienbein (Tibia) an der Innen- und Wadenbein (Fibula) an der Außenseite verlaufen nebeneinander zwischen Kniegelenk und oberem Sprunggelenk.

Den überwiegenden Großteil der Last trägt dabei jedoch das Schienbein - das Wadenbein ist am Kniegelenk selbst gar nicht beteiligt und hat erst ein Stück darunter ein kleines Teilgelenk mit dem Schienbein, in welchem jedoch kaum Bewegung stattfindet. Am Sprunggelenk ist das Wadenbein immerhin gering beteiligt, dennoch wird das Gewicht des Körpers größtenteils über das Schienbein auf die Fußknochen übertragen. Die Funktion des Wadenbeins ist im Wesentlichen die Federung des oberen Sprunggelenks, außerdem dient es als Muskelursprung.

Vier wesentliche Muskelkompartimente umlagern das knöcherne Skelett des Unterschenkels: die vordere Fußhebermuskulatur, die vorne-seitliche "Fibularisgruppe" (auch "Peroneusgruppe"), die hintere oberflächliche sowie die hintere tiefe Muskelgruppe, welche für die Beugung im Sprunggelenk und in den Fußwurzelgelenken zuständig sind. Der prominenteste Muskel ist hierbei wohl der Musculus triceps surae, der als dreiköpfiger Muskel über die Achillessehne am Fersenbein inseriert und hier eine Menge Kraft zum menschlichen Gang beisteuert.

Blutgefäße ziehen komplett durch die Kniekehle in den Unterschenkel und teilen sich dann zwischen oberflächlicher und tiefer Muskelgruppe in kleinere Äste auf. Ein großer Ast zieht durch die Membrana interossea, eine Membran zwischen den beiden Knochen, wieder nach vorn und versorgt das vordere Muskelkompartiment bis hinunter auf den Fußrücken. Der obere Teil des vorderen Unterschenkels wird zudem von einem Nerven versorgt, der außen um das Wadenbeinköpfchen direkt unterhalb des Knies herumzieht und an dieser Stelle anfällig für Druckschäden ist.

Die restlichen Leitungsbahnen, auch die Nerven, ziehen hinten unter dem Innenknöchel entlang bis unter die Fußsohle. Der venöse Abfluss ist medizinisch oftmals von besonderem Interesse: Oberflächliche Hautvenen verlaufen über den gesamten Unterschenkel und drainieren laufend auch in ein tieferes Abflusssystem. Alle Beinvenen münden schließlich in der Leistengegend in die Vena iliaca.

Funktion & Aufgaben

Die Funktion des Unterschenkels ist natürlich erst einmal die Gewährleistung von Stabilität für den aufrechten Stand und die Bereitstellung von Muskulatur für den Gang.

Des Weiteren muss er genug Blut hindurchlassen, um auch den Fuß sicher mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen - dies ist bei aufrechtem Stand zunächst einmal keine schwierige Aufgabe, da zum vom Herzen erzeugten Blutdruck auch noch die Schwerkraft hinzukommt, welche allein schon das Blut vom Herzen in die Füße bringen würde.

Auf der anderen Seite ist es aber eine besonders schwierige Aufgabe, das hinabgeflossene Blut gegen die Schwerkraft wieder zurück zum Herzen transportieren. Hierfür ist von der Natur ein komplexes System aus oberflächlichen und tiefen Venen erfunden worden: In den Venen befinden sich in regelmäßigen Abständen Venenklappen, welche einen Blutstrom nur in Richtung Herzen zulassen und einen Rückfluss verhindern.

Um überhaupt einen Fluss zu erzeugen, ist neben der hier unten noch recht schwachen "Sogwirkung" des Herzens vor allem die Muskelpumpe von entscheidender Bedeutung: Die Venen liegen allesamt zwischen den verschiedenen Muskelgruppen des Unterschenkels oder ziehen durch sie hindurch, sodass sie bei jeder Muskelanspannung regelrecht "ausgequetscht" werden - dank Venenklappen immer nur nach oben.


Krankheiten & Beschwerden

Es gibt eine Reihe von Beschwerden und Erkrankungen, die am Unterschenkel auftreten können. Zunächst genannt seien die recht häufigen Unfälle, bei denen Knochenbrüche, vor allem am Schienbein passieren können.

Hierbei bildet sich leicht ein sogenanntes Kompartmentsyndrom, ein absoluter Notfall, bei welchem Blutergüsse in den sehr engen Muskelkompartimenten des Unterschenkels die Blutzufuhr des gesamten unteren Beines "abklemmen".

Auch Bänderrisse am Sprunggelenk sind eine häufige Sportverletzung. Sehr viele Menschen haben mit Besenreisern und Krampfadern zu tun, welche sich bilden, wenn Muskulatur und Bindegewebe im Unterschenkel schwächer werden, die Venenklappen ausleiern und die Blutsäule im Bein praktisch "stehen bleibt". Dies bedeutet einen enormen Druck auf den Unterschenkel, welcher zu Schmerzen führen kann.

Auch das arterielle System ist Schauplatz von schweren Krankheiten: Bei der pAVK, der peripher-arteriellen Verschlusskrankheit, sind die Arterien durch Arteriosklerose verengt und die Blutversorgung von Muskulatur und anderem Gewebe in Bein und Fuß gerät in Gefahr.

Quellen

  • Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie. Urban & Fischer, München 2008
  • Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
  • Lang, J.: Praktische Anatomie, Band 5 – Bein und Statik. Springer, Berlin 2004

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