WHIM-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das WHIM-Syndrom steht für Warzen–Hypogammaglobulinämie–Immundefizienz–Myelokathexis–Syndrom und stellt eine vererbbare und sehr seltene Immunschwächekrankheit dar. Die Erkrankung basiert auf dem sogenannten Zytokinrezeptordefekt, der das Immunsystem betrifft. Das WHIM-Syndrom wird autosomal dominant oder rezessiv vererbt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das WHIM-Syndrom?

Zu den typischen Folgeerscheinungen zählen Warzen und respiratorische Infektionen. Vor allem Warzen können beim Betroffenen psychische Beschwerden hervorrufen, denn der kosmetische Makel stellt eine erhebliche seelische Belastung dar.
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Das Hauptmerkmal des WHIM-Syndroms ist eine Immunschwäche, welche von wiederkehrenden bakteriellen und viralen Infektionen gekennzeichnet ist. Betroffen sind immer die Atemwege. Hier treten im Verlauf der Erkrankung Nasennebenhöhlenentzündungen, Lungen- und Mandelentzündungen auf.

Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kann es zu schweren Folgeerscheinungen kommen. Die Betroffenen leiden außerdem häufig an Infektionen mit humanen Papillomaviren. Diese verursachen eine Warzenbildung, meist an den Händen und Füßen. Weiterhin weisen die Patienten mit Whim-Syndrom ein hohes Risiko auf, viral bedingte Tumore zu entwickeln wie beispielsweise das Zervixkarzinom.

Im Blutserum zeigen sich häufig niedrige IgG-Konzentrationen, was als Hypogammaglobulinämie bezeichnet wird. In der Histologie weist das Knochenmark der Betroffenen des WHIM-Syndroms übermäßig viele T-Vorläuferzellen auf. Im Gegensatz dazu stellt sich häufig eine sogenannte Neutropenie dar, die auf eine fehlerhafte Freisetzung und dem Zurückhalten der neutrophilen Granulozyten des Knochenmarks zurückzuführen ist. Dies wird als Myelokathexis bezeichnet.

Ursachen

Die Ursachen für das WHIM-Syndrom liegen in einem Gendefekt. Es handelt sich um ein sogenanntes Antikörpermangelsyndrom, das sporadisch oder auch familiär gehäuft auftreten kann. Letzteres ist jedoch eher der Fall. und tritt bei etwa der Hälfte der Betroffenen auf. Fast immer zeigt sich ein autosomal dominant oder rezessiv vererbtes Muster in den Erbanlagen.

In den meisten Fällen wird die Erkrankung von einer Generation auf die nächste übertragen, wobei die Verteilung auf die Geschlechter meist ausgeglichen ist. Daher wird auch von einem autosomal dominanten Erbgang gesprochen. Verschiedene Studien bei Zwillingen haben gezeigt, dass Geschwister ebenso konkordant wie diskordant für das Auftreten des WHIM-Syndroms sind.

Eine mögliche Ursache für das WHIM-Syndrom stellen nach heutigem Erkenntnisstand auch diverse Umwelteinflüsse oder epigenetische Faktoren dar, wenn gleichzeitig ein prädispositionierendes Gen als Auslöser des WHIM- Syndroms vorhanden ist.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das WHIM-Syndrom stellt eine autosomal-dominant vererbbare Erkrankung dar. Ursächlich dafür ist bei über 90 Prozent der Betroffenen eine Mutation des Gens auf dem Genlocus 2q21. Dieses ist dafür zuständig, den sogenannten Chemokinrezeptor CXCR4 zu entschlüsseln.

Die Mutation, die im intrazellulären Bereich des membranständigen Rezeptors für das Zytokin CXCL12 zu finden ist, bewirkt das Auftreten eines verkürzten Rezeptorproteins. Dieses ist nicht dazu in der Lage, sich nach der Aktivierung zu internalisieren. Auf diese Weise werden alle Mechanismen, welche die negative Selbstregulation bewirken, permanent geblockt.

Die Rezeptoren werden somit dauerhaft stimuliert. Die verminderte Expression des CXCR4 wird außerdem für die Freisetzung der T-Vorläuferzellen des Knochenmarks vorausgesetzt. Die Mutationen sowie die nicht gegebene Internalisierung des CXCR4 verbleiben oberflächlich auf den TZ-Vorläuferzellen. Daher sind sie nicht dazu in der Lage, das Knochenmark zu verlassen.

Somit sind sie ursächlich für histologische Befunde in Blut und Knochenmark der Patienten. Das WHIM-Syndrom kann allerdings auch in seltenen Fällen mit einem nicht-mutierten Chemokinrezeptor auftreten. Dem liegt meist eine Fehlfunktion der Proteine zugrunde, die eine Beteiligung an der Internalisierung des CXCR4 aufweisen.

Hier tritt ebenfalls eine gestörte Immunabwehr auf, weil der CXCR4-Rezeptor auch an anderen Migrationsprozessen beteiligt ist. Die zum Teil stark verminderte Immunabwehr der Betroffenen stellt also das Hauptmerkmal des WHIM-Syndroms dar.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Wird das WHIM-Syndrom nachgewiesen, sollte unbedingt eine exakte Anamnese der Medikamente erfolgen, um eine Medikamenten-induzierte Erkrankung auszuschließen. Diese kann beispielsweise nach der Gabe von Antibiotika auftreten. Ist das WHIM-Syndrom isoliert, ohne dass es zu einer klinisch nachweisbaren Symptomatik kommt, sollten regelmäßige Kontrollen des Blutbildes einschließlich eines Differentialblutbildes sowie klinische Untersuchungen vorgenommen werden.

In einigen Fällen konnte auch eine spontane Remission der Erkrankung beobachtet werden, die nach etwa fünf bis sechs Wochen auftrat. Meist verläuft das WHIM-Syndrom jedoch chronisch. Dank der modernen Genforschung ist es mittlerweile möglich, die meisten Erbkrankheiten bereits vor ihrem Ausbruch festzustellen. Da die Erbinformationen bei jedem Menschen jedoch sehr verschieden sind, sind die Genanalysen immer noch sehr ungenau.

Komplikationen

DAS WHIM-Syndrom geht mit einer ganzen Reihe von Beschwerden und Komplikationen einher. Zu den typischen Folgeerscheinungen zählen Warzen und respiratorische Infektionen. Vor allem Warzen können beim Betroffenen psychische Beschwerden hervorrufen, denn der kosmetische Makel stellt eine erhebliche seelische Belastung dar.

Personen, die am WHIM-Syndrom leiden, entwickeln daher oftmals seelische Erkrankungen, zum Beispiel soziale Ängste, Depressionen oder Minderwertigkeitskomplexe. Des Weiteren kann es im Rahmen der Erkrankung zu einer Pneumonie kommen. Wird eine Lungenentzündung nicht umgehend behandelt, treten ernste Komplikationen wie hohes Fieber, Atemnot und Zyanose auf. Im schlimmsten Fall endet die Pneumonie tödlich. Das WHIM-Syndrom kann auch Infektionen im Ohr und im Nasenrachenraum hervorrufen.

In den späteren Stadien der Erkrankung kommt es aufgrund der geschwächten Immunabwehr zu Sinusitis, Otitis und anderen Infektionskrankheiten, die jeweils mit schwerwiegenden Komplikationen verbunden sind. Die Behandlung des Warzen-Hypogammaglobulinämie-Immundefizienz-Myelokathexis-Syndroms verläuft meistens ohne Zwischenfälle.

Allerdings kann es durch den Einsatz von Immunglobulinen zu unerwünschten Neben- und Wechselwirkungen kommen. Selten treten allergische Reaktionen auf. Sehr selten kommt es zu einem anaphylaktischen Schock oder zu ernsten Kreislaufreaktionen. Bei unbeabsichtigter Gabe in die Venen können Gewebeschäden und Kreislaufbeschwerden auftreten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Der Betroffene sollte beim WHIM-Syndrom immer einen Arzt kontaktieren, da es dabei nicht zu einer Selbstheilung kommen kann und sich die Beschwerden weiterhin verschlechtern, wenn kein Arzt aufgesucht wird. Dabei wirkt sich eine frühzeitige Erkennung und Behandlung der Krankheit sehr positiv auf den weiteren Verlauf aus. Da es sich dabei um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, kann keine vollständige Heilung erfolgen. Bei einem Kinderwunsch sollte jedoch auch ein Arzt konsultiert werden, um eine genetische Beratung durchzuführen.

Ein Arzt ist beim WHIM-Syndrom weiterhin auch dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an einem sehr schwachen Immunsystem leidet und dadurch sehr häufig krank wird. Dabei bilden sich häufig auch Warzen am gesamten Körper aus und der Betroffene leidet wiederholt an Entzündungen der Lunge oder der Mandeln. Treten diese Symptome über einen längeren Zeitraum auf und verschwinden nicht von alleine, so sollte immer ein Arzt konsultiert werden. Die Diagnose des WHIM-Syndroms kann durch einen Allgemeinarzt erfolgen. Dabei richtet sich die weitere Behandlung nach den genauen Beschwerden und nach ihrer Ausprägung.

Behandlung & Therapie

Die gängige Therapie der vom WHIM-Syndrom betroffenen Patienten besteht in dem Bestreben, die Anfälligkeit für Infekte zu senken, da diese das Hauptproblem der Erkrankung darstellt. Um das Immunsystem der Betroffenen zu unterstützen, wird häufig auf Substitutionen mit Immunglobulinen zurückgegriffen.

Weiterhin ist es notwendig, das Freisetzen der neutrophilen Granulozyten des Knochenmarks zu normalisieren. Damit dies erreicht werden kann, wird meist das GM-CSF oder G-CSF verwendet. Die Anwendung der sogenannten CXCR4-Antagonisten, zu denen auch Plerixafor zählt, wird bereits in mehrfachen klinischen Studien analysiert. Allerdings gehört sie noch nicht zur Standardtherapie des WHIM-Syndroms. Zur Behandlung der Erkrankung ist eine lebenslange Medikation angezeigt, da der Gendefekt nicht geheilt werden kann.


Vorbeugung

Da es sich bei dem sogenannten WHIM-Syndrom um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, kann sie nicht geheilt werden. Aus diesem Grund ist auch eine Vorbeugung nicht möglich. Es handelt sich um eine autosomal dominant vererbbare Krankheit. Genmutationen sowie fehlende Internalisierung des CXCR4 verbleiben auf den Oberflächen der TZ-Vorläuferzellen. Daher können diese nicht aus dem Knochenmark austreten und stellen die Ursache für histologische Blut- und Knochenmarksbefunde dar. Dem WHIM-Syndrom läßt sich somit nicht vorbeugen.

Nachsorge

Betroffenen stehen beim WHIM-Syndrom in der Regel nur eingeschränkte und auch nur wenige Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Aus diesem Grund sollten Betroffene bei dieser Krankheit schon idealerweise sehr früh einen Arzt aufsuchen und auch eine Behandlung einleiten, damit es im weiteren Verlauf nicht zu Komplikationen oder zu anderen Beschwerden kommt. Eine Selbstheilung kann sich dabei nicht einstellen.

Da es sich beim WHIM-Syndrom um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, sollte bei einem Kinderwunsch auf jeden Fall eine genetische Untersuchung und Beratung durchgeführt werden, damit das Syndrom nicht bei den Kindern erneut auftreten kann. Die Betroffenen sind beim WHIM-Syndrom in der Regel auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen.

Dabei sollte immer auf eine richtige Dosierung und auch auf die regelmäßige Einnahme geachtet werden, wobei bei Fragen oder Unklarheiten immer zuerst ein Arzt zu kontaktieren ist. In vielen Fällen ist auch die Hilfe und die Unterstützung der eigenen Familie sehr wichtig.

Dadurch können Depressionen verhindert oder eingeschränkt werden. In einigen Fällen kann der Kontakt zu anderen Betroffenen des WHIM-Syndroms sinnvoll sein und dabei den Alltag des Betroffenen erleichtern. Das Syndrom kann die Lebenserwartung des Betroffenen deutlich einschränken.

Das können Sie selbst tun

Erkrankte des WHIM-Syndroms leiden unter einer Immunschwäche. Aus diesem Grund sollte lebenslang alles getan werden, um das Immunsystem nach besten Möglichkeiten zu unterstützen und zu stabilisieren. Eine ausgewogene und gesunde Ernährung ist besonders wichtig. Eine vitaminreiche Kost trägt dazu bei, dass die Anfälligkeit gegenüber Krankheitserregern gemindert wird.

Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass der Konsum von Schadstoffen Nikotin oder Drogen vollständig vermieden wird. Die Umgebungsluft sollte stets sauerstoffreich sein, um Störungen der Atemtätigkeit vorzubeugen. Eine regelmäßige ausreichende Bewegung im Freien ist daher sehr zu empfehlen. Sobald es zu Zuständen der Atemnot kommt, sollte der Betroffene die Umgebung verlassen oder die Rücksprache mit einem Arzt suchen. Insbesondere in Phasen des Jahreszeitenwechsels sollte auf das Tragen von wärmender Kleidung geachtet werden. Häufig werden Temperaturen unterschätzt und damit steigt das Erkältungsrisiko.

Der direkte Körperkontakt zu anderen Menschen, die an einem Infekt oder einer Erkältung leiden, ist zu vermeiden. Es empfiehlt sich, Desinfektionsmittel für die Hände oder Füße stets bei sich zu tragen. Dies kann vorbeugend angewendet werden, wenn sich Menschen in unmittelbarer Nähe befinden, die erste Erkältungserscheinungen zeigen. In öffentlichen Einrichtungen ist ebenfalls darauf zu achten, dass Bereiche, in denen sich viele Keime aufhalten, gemieden werden. Anzuraten ist das Tragen von entsprechender Schutzkleidung.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Murphy, K., Travers, P., Walport, M.: Janeway – Immunologie. Spektrum, Heidelberg, 2010
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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