Ätzgel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ätzgel wird in der Zahnmedizin zur Vergrößerung der Zahnoberfläche für die bessere Haftung von Zahnfüllungen oder Zahnersatz angewendet. Dazu wird es im Rahmen der Schmelz-Ätz-Technik und der Total-Etch-Technik zum Ätzen von Zahnsubstanz eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Ätzgel?

Ätzgel wird in der Zahnmedizin zur Vergrößerung der Zahnoberfläche für die bessere Haftung von Zahnfüllungen oder Zahnersatz angewendet.

Ätzgel besteht aus einer 37-prozentigen gelartigen Phosphorsäurelösung und wird zum Ätzen von Zahnsubstanz zur Befestigung von Zahnrestaurationen mithilfe von Kunststoff angewendet.

Im Rahmen der Adhäsivtechnik dient die Lösung zur Haftvermittlung am Zahnschmelz und am Dentin. Beim Auftragen der Säure auf die Oberfläche des Zahnes löst sie den Zahnschmelz teilweise auf und bildet kleine Höhlen und Lakunen. Dadurch vergrößert das Ätzgel die Oberfläche des Zahnes. Vom Dentin entfernt es die Schmierschicht (Smear Layer), damit der Kleber ins Dentin eindringen und somit die Haftfähigkeit verbessern kann.

Bei der Adhäsivtechnik muss zwischen Mikroretention und dentinadhäsiver Befestigung unterschieden werden. Beide Verfahren werden zur Befestigung von Zahnrestaurationen verwendet. Während bei der Mikroretention die Befestigung am Zahnschmelz erfolgt, werden bei der dentinadhäsiven Befestigung die Zahnrestaurationen wie Kunststofffüllungen oder Kronen am Zahndentin verankert.

Zahnschmelz enthält meist nur anorganische Substanz wie Kalziumhydroxylapatit mit einem geringen Anteil an organischer Substanz. Auch das Dentin besteht zu einem hohen Prozentsatz aus Kalziumhydroxylapatit. Allerdings ist die organische Substanz in Form des Odontoblastenfortsatzes und durch Kollagenfasern im Dentin noch zu einem höheren Prozentsatz enthalten und erzeugt auf dessen Oberfläche eine Schmierschicht, die durch das Ätzgel entfernt wird.

Formen, Arten & Typen

Für die Anwendung von Ätzgel im Rahmen der Adhäsivtechnik wurden bisher mehrere Systeme entwickelt, wobei das Dreiflaschensystem immer noch die vorherrschende Anwendung darstellt. Beim Dreiflaschensystem werden die drei Komponenten Konditionierer, Primer und Adhäsiv jeweils einzeln angewendet. Zunächst wird der Konditionierer (Ätzgel) auf Zahnschmelz und Dentin aufgetragen. Nach dem Anätzen des Zahnschmelzes vergrößert sich dessen Oberfläche durch Höhlenbildung. Dann löst sich die Schmierschicht und etwas anorganische Substanz aus dem Dentin.

Die so vorbereitete Oberfläche kann nun mit einem Primer aus Hydroxyethylmethacrylat (HEMA) versetzt werden. Der Primer polymerisiert innerhalb des Kollagengerüstes des Dentins und liefert so die Basis für das Eindringen des Adhäsivs (der ungefüllte Kunststoff) an die Dentinoberfläche. Nach weiterem Vordringen in die Dentintubuli kommt es zum Verbund von Dentin und Kunststoff.

Neben dem vorherrschenden Dreiflaschen-System kommen regelmäßig Neuerungen auf den Markt. Weltweit werden inzwischen ca. 80 Haftvermittlungssysteme angeboten. Bei neueren Einflaschensystemen sind Primer und Adhäsiv in einer Flasche vereinigt.

Weiterhin gibt es auch selbstätzende Dentinadhäsive. Bei diesen Systemen wird im Rahmen der Polymerisation des Primers neue Säure nachgebildet, sodass ein einmaliges Auftragen der Substanz genügt.

Aufbau & Funktionsweise

Die Funktion des Ätzgels besteht in der Haftvermittlung zwischen Zahn und Kunststoffpolymerisat zur Befestigung von Zahnersatz am Zahnschmelz oder Dentin. Dazu wird zunächst bei der Mikroretention nur den Zahnschmelz durch gelartige Phosphorsäure angeätzt. Dabei lösen sich verschiedene anorganische Bestandteile aus dem Schmelz und bilden höhlenartige Vertiefungen. Die Oberfläche vergrößert sich somit.

In einem zweiten Schritt wird bei dem als Säure-Ätz-Technik bezeichneten Verfahren die aufgeraute Oberfläche des Zahns mit einem Monomerengemisch versetzt. Die Monomeren gelangen in die Hohlräume und polymerisieren dort aus. Dadurch kommt es zur engen Verbindung von Zahnschmelz und Polymerisat. Der eigentliche Schmelzverbund wird durch das Auftragen weiterer Monomerengemische aus Bisphenolglycidylmethacrylat und Triethylenglycoldimethacrylat und dessen Polymerisat hergestellt. Mithilfe von eindiffundierenden Sauerstoffatomen entsteht über radikalische Reaktionen eine feste Verbindung.

Bei der Total-Etch-Technik wird neben dem Zahnschmelz auch das darunterliegende Dentin angeätzt. Auf der Oberfläche von Dentin befindet sich eine Schmierschicht aus proteinogenen Bestandteilen des Dentins. Diese Schicht verhindert eine feste Haftung des Kunststoffpolymerisats (Komposit). Nach Durchdringen des Zahnschmelzes wird dort die Oberfläche durch Hohlraumbildung erhöht. Im Anschluss an die Entfernung der Schmierschicht (Smear Layer) durch das Ätzgel löst dieses noch anorganische Substanzen aus dem Dentin. Der nach dem Abwaschen des Ätzgels aufgetragene Primer aus Hydroxyethylmethacrylat dringt in die geschaffenen Strukturen ein und polymerisiert dort.

Dann wird die Kunststofflösung aufgetragen, die dort aushärtet und mit dem Zahnersatz verbunden werden kann. Die enorme Vergrößerung der Zahnoberfläche durch die Wirkung des Ätzgels garantiert eine sehr gute Haftung.


Medizinischer & gesundheitlicher Nutzen

Um gute Haftungen zu erreichen, müssen jedoch einige Dinge beachtet werden. Bei unzureichender Vorbereitung des Zahns kann es schon nach wenigen Wochen wieder zur Lockerung und Lösung von Zahnersatz kommen. Auch Zahnfüllungen aus Komposit bedürfen zur bestmöglichen Haftung einen intensiven Kontakt von Zahn, Haftvermittler und Kunststofffüllung. Voraussetzung ist die völlige Trockenlegung des zu behandelnden Zahnes, zB unter Zuhilfenahme eines Kofferdams. Kunststoff ist hydrophob und würde unter dem Einfluss von Feuchtigkeit nicht gut haften. Die Vernetzungsreaktionen zwischen den einzelnen Monomeren sind bei Feuchtigkeit gestört.

Wichtig ist bei der Total-Etch-Technik auch die Entfernung der Schmierschicht (Smear Layer) von der Oberfläche des Dentins. Diese Schicht verhindert eine feste Haftung des Haftvermittlers am Dentin. Es kommt zu Schrumpfungskräften bei der Polymerisation, die zum Abreißen der Füllung vom Zahn führen würden. Daher muss das Haftmittel noch innerhalb des Dentins verankert werden.

Eine feste Haftung des Zahnersatzes und der Füllungen hat auch eine große Bedeutung für die allgemeine Zahngesundheit. So wird die Gefahr von Infektionen an den Zähnen und im Zahnhalteapparat verringert. Auch die physiologische Kaufunktion kann lange gewährleistet werden. Die Gesundheit der Zähne und des Zahnhalteapparates hat zudem positive Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit.

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