Aarskog-Scott-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Aarskog-Syndrom oder auch Aarskog-Scott-Syndrom ist nach dem Pädiator Charles I. Jr. Scott beziehungsweise nach dem Humangenetiker Dagfinn Aarskog benannt. Es handelt sich dabei um ein sehr selten auftretendes X-chromosomal vererbtes Syndrom. Dieses Fehlbildungssyndrom geht sehr häufig mit Kleinwuchs einher.
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Was ist das Aarskog-Scott-Syndrom
Das Aarskog-Scott-Syndrom ist eine genetische Störung, die äußerst selten auftritt und deren Ursache eine Mutation auf dem X-Chromosom ist. Betroffen sind vor allem die Körpergröße, Knochen, Muskeln, Gesichtszüge und Genitalien.
Die Erkrankung tritt meist nur bei Männern auf, Frauen entwickeln häufig nur eine leichtere Form des Syndroms. Im Normalfall treten die Symptome bis zum dritten Lebensjahr auf.
Ursachen
Die Ursache des Aarskog-Scott-Syndroms ist eine Mutation des so genannten faciogenitalen Dysplasie-Gens (FGD1-Gen), das mit dem X-Chromosom verbunden ist. Eltern vererben X-Chromosome an die Kinder. Da männliche Kinder nur über ein X-Chromosom verfügen, wird der Gendefekt wahrscheinlich von der Mutter vererbt.
Weibliche Kinder hingegen verfügen über zwei X-Chromosome. Hat also ein Chromosom den Gendefekt, so kann das zweite Chromosom diesen kompensieren. Aus diesem Grund entwickeln weibliche Betroffene eine leichtere Form des Syndroms.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Aarskog-Syndrom ist gekennzeichnet von einer Anomalie der Genitalien, der Gesichtszüge, der Füße und Hände beziehungsweise von einem Minderwuchs. Die Betroffenen haben eine Stupsnase mit breitem Nasenrücken, eine breite Stirn und ein rundes Gesicht, meistens ist auch die Hornhaut der Augen verändert. Die Hände sind oft relativ breit und kurz und an den Handwurzelknochen sind Verknöcherungen beziehungsweise Verwachsungen feststellbar.
Die Finger sind übergelenkig und der Finger-Mittel-Knochen kann überstreckt werden, was man auch als Hypermobilitäts-Syndrom bezeichnet. Darüber hinaus ist auch eine so genannte Klinodaktylie erkennbar, das heißt, das Fingerglied kann seitlich abknicken. Ähnliches gilt auch für die Füße. Die Fußwurzelknochen sind verknöchert, die Zehen abgewinkelt und die Füße ziemlich dick und kurz. Im Laufe der Zeit können sich die fazialen Auffälligkeiten zurückbilden.
Darüber hinaus sind oftmals auch die motorische Entwicklung sowie die sexuelle Reifung verzögert. Bei vielen Patienten tritt Kurzsichtigkeit und Schielen auf, es werden aber auch komplexere Augenveränderungen festgestellt. Der Gaumen kann ebenfalls stark verknöchert sein, beschrieben werden außerdem Zahnfehlstellungen oder ein so genannter „Fehlbiss“. Auch der Oberkiefer ist oft unterentwickelt, was als so genannte "Maxillarhypoplasie" bezeichnet wird.
Weitere Symptome sind darüber hinaus ein spitzer Haaransatz, Nasenlöcher, die nach vorne gerichtet sind und mandelförmige und/oder weit auseinanderliegende Augen. Die Ohren sind oft nach unten gefaltet, über der Oberlippe befindet sich eine Grube, desweiteren können hängende Augenlider und ein verzögertes Zahnwachstum eintreten.
Darüber hinaus können auch die Knochen und Muskeln missgebildet sein. Anzeichen dieser Anomalien sind eine Trichterbrust, Schwimmhäute zwischen den Fingern und Zehen und Falten in der Handfläche.
Treten Fehlbildungen an den Genitalien auf, so umfassen diese eine Hodenretention, einen Knoten in der Leiste oder im Hodensack, eine verzögerte Geschlechtsreife oder eine Anomalie des Hodensacks.
Des Weiteren kann es auch zu Entwicklungsstörungen des Gehirns kommen. Dadurch ist die kognitive Leistung verlangsamt, die Betroffenen leiden oftmals am Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADHS/ADS) und die kognitive Entwicklung ist ebenfalls verzögert. Diese Auffälligkeiten verbessern sich meistens nach der Pubertät oder verschwinden im Erwachsenenalter oft ganz.
In den meisten Fällen kann auch eine leichte Retardierung festgestellt werden, sodass manchmal auch ein Intelligenztest durchgeführt wird. Häufig liegen die Ergebnisse im durchschnittlichen beziehungsweise niedrigen Bereich, hohe IQ-Werte werden bei den Betroffenen kaum verzeichnet.
Diagnose & Verlauf
Meistens untersucht der Arzt zuerst die Gesichtszüge des Kindes, wodurch festgestellt werden kann, ob dieses vom Aarskog-Scott-Syndrom betroffen ist. Anschließend folgt eine Familienanamnese sowie eine körperliche Untersuchung. Vermutet der Mediziner ein Aarskog-Scott-Syndrom, so kann auch ein Gentest angeordnet werden. Des Weiteren ist außerdem eine Röntgenaufnahme sinnvoll, sodass die Schwere der Anomalien, die durch das Syndrom verursacht werden, bestimmt werden können.
Komplikationen
Beim Aarskog-Scott-Syndrom treten viele verschiedene Komplikationen auf. Eine komplette Heilung des Symptoms ist leider nicht möglich. Allerdings können die Fehlstellungen durch operative Eingriffe beseitigt werden. Neben dem Syndrom selbst leidet der Patient oft an Minderwuchs.
Hände und Füße des Betroffenen, sowie die Genitalien und der Mund sind anomal. Die Hände sehen dabei breit aus. Durch kleine und dicke Füße fällt den Patienten das Laufen relativ schwer, sodass sie sich im Alltag nur beschränkt fortbewegen können. Bei Menschen mit Aarskog-Scott-Syndrom treten ebenso Sehprobleme auf.
Die sexuelle Aktivität wird durch das Symptom ebenso negativ beeinflusst. Die Betroffenen zeichnen sich nicht selten durch Fehlstellungen der Zähne und einem verschobenen Gebiss aus. Die Fehlbildungen selbst können in vielen Fällen korrigiert werden, sodass es zu keinen weiteren Komplikationen kommt.
Dies gilt vor allem für Hoden, Zähne und Knochen. Allerdings leiden die Patienten auch an einer verzögerten Entwicklung, was zu Behinderungen und Ausgrenzungen im Leben führen kann. Nicht selten treten dabei auch psychische Probleme auf. Meistens sind die Betroffenen Menschen auf die Hilfe von anderen Personen im Alltag angewiesen. Die Wahrscheinlichkeit für Jungen, mit diesem Symptom auf die Welt zu kommen ist höher als bei Mädchen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Das Aarskog-Scott-Syndrom kann anhand der auffälligen Symptomatik oft schon bei der Ultraschall-Untersuchung festgestellt werden. Spätestens bei der Geburt des Kindes kann der Gendefekt erkannt und vom Arzt als das Aarskog-Scott-Syndrom diagnostiziert werden. Durch eine Familienanamnese oder einen Gentest ist eine eindeutige Diagnose möglich. Auch darüber hinaus müssen die Eltern regelmäßig einen Arzt aufsuchen.
So können die Fehlstellungen eine Reihe von Komplikationen hervorrufen, die in jedem Fall medizinisch behandelt werden müssen. Sollten Symptome des Aufmerksamkeitsdefizit-Syndroms bemerkt werden, muss ein Verhaltenstherapeut konsultiert werden. Bei Seh- und Hörstörungen sollte umgehend eine Beratung beim entsprechenden Facharzt erfolgen. Durch eine umfassende Therapie verschwinden die Symptome zwar nicht, das Leben mit ihnen wird jedoch erleichtert.
Die Betroffenen selbst sollten im späteren Leben ebenfalls einen Arzt konsultieren. Dieser kann über die Symptome und Beschwerden, die mit dem Aarskog-Scott-Syndrom verbunden sind, informieren und Tipps zur deren Bewältigung geben. Da die Fehlbildungen häufig zu Ausgrenzung und einem verminderten Selbstwertgefühl führen, ist auch eine psychotherapeutische Beratung sinnvoll.
Behandlung & Therapie
Ein Aarskog-Scott-Syndrom ist nicht heilbar. Im Rahmen einer Behandlung kann eine Korrektur der Fehlbildungen vorgenommen werden, die am Gewebe, den Knochen bzw. an den Zähnen der Betroffenen auftreten. In vielen Fällen sind chirurgische Eingriffe erforderlich. Dazu zählen:
- dentalchirurgische beziehungsweise kieferorthopädische Eingriffe, um abnorme Knochenstrukturen oder schiefe Zähne zu korrigieren
- Leistenbruch-OP, um den Knoten im Hodensack beziehungsweise in der Leiste zu entfernen
- Operation am Hodensack, um den Hoden zu verlagern
Weitere Behandlungen umfassen Maßnahmen zur Unterstützung kognitiver Entwicklungsverzögerungen. Leidet das Kind am Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom, so sind ebenfalls spezielle Therapien erforderlich. Hier kann ein Verhaltenstherapeut die Eltern unterstützen.
Aussicht & Prognose
Durch das Aarskog-Scott-Syndrom kommt es beim Patienten in der Regel zu unterschiedlichen Fehlbildungen und auch zu einem Minderwuchs. Durch die Fehlbildungen sind oft Kinder von Hänseleien und Mobbing betroffen. Es treten durch das Syndrom stark Anomalien an den Füßen und den Händen auf, die den Alltag des Patienten erschweren. Die Symptome können auch zu psychischen Beschwerden und zu Depressionen führen.
Die Sehkraft und das Hörvermögen des Patienten sind durch das Aarskog-Scott-Syndrom ebenso eingeschränkt und es kommt zu Verformungen an den Zähnen, die zu Schmerzen führen. In der Regel können diese Verformungen operativ behandelt werden. Die geistige und motorische Entwicklung des Kindes kann verzögert sein, sodass die Patienten auf Unterstützung im Alltag angewiesen sind. Im Erwachsenenalter finden sich die Betroffenen meist jedoch gut zurecht, sodass es später keine Einschränkungen mehr gibt.
Bei der Behandlung kommt es in den meisten Fällen zu keinen weiteren Beschwerden, viele Fehlbildungen können mit Hilfe von Operationen ausgeglichen werden.
Vorbeugung
Die Wahrscheinlichkeit am Aarskog-Scott-Syndrom zu erkranken kann durch zwei Faktoren erhöht werden: erbliche Veranlagung und Geschlecht. Ist ein Kind männlich, so ist die Wahrscheinlichkeit, am Gendefekt zu erkranken, höher, da es nur über ein X-Chromosom verfügt. Trägt die Mutter also das defekte Gen in sich, so steigt das Risiko für das Kind, dass es zu einer Ausbildung dieses Defekts kommt.
Prinzipiell kann ein Aarskog-Scott-Syndrom nicht verhindert werden. Frauen haben die Möglichkeit, einen Gentest zu machen, um ein mutiertes FGD-1 Gen festzustellen. Trägt man das mutierte Gen in sich, so kann dann entschieden werden, ob man ein Kind bekommen möchte oder nicht.
Das können Sie selbst tun
Einige der durch den Gendefekt hervorgerufenen Fehlbildungen können operativ behoben werden. Dennoch werden die Betroffenen zeitlebens mit Einschränkungen leben müssen. Die meisten können im Erwachsenenalter ihren Alltag jedoch selbst bewältigen.
Vor allem in der Kindheit leiden die jungen Patienten unter Mobbing. Ein stabiles familiäres Umfeld stellt die wichtigste Stütze dar. Eltern sollten sich nicht scheuen eine psychologische Begleitung für sich selbst und ihr Kind in Anspruch zu nehmen. Nur selbstsichere und gefestigte Eltern können dies an ihr Kind vermitteln. Auch bietet die pädagogische Fachliteratur Methoden um das kindliche Selbstwertgefühl spielerisch zu stärken. Selbsthilfegruppen bilden eine sehr gute Plattform zum Erfahrungsaustausch. Während der Schulzeit kann ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom hinzutreten. Eine spezielle Verhaltenstherapie könnte dabei unterstützend wirken.
Im Alltag sollten Eltern auf eine konsequente Durchführung motorischer und logopädischer Übungen achten. Dies ist begleitend zur Behandlung beim Therapeuten wichtig. Je nach Ausprägungsgrad der Erkrankung kann eine lebenslange Unterstützung für die Betroffenen nötig sein. Wenn Eltern dies nicht mehr leisten können – weil womöglich weitere Kinder zu betreuen sind oder die physischen und psychischen Belastungen zu groß sind – sollte eine Pflegekraft in Anspruch genommen werden. Auch über die Unterbringung in einer Einrichtung betreuten Wohnens kann ohne Scheu diskutiert werden. Die eigene Gesundheit sollten Eltern nicht außer Acht lassen.
Quellen
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
- Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage, de Gruyter, Berlin 2014
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003