Antivenin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Antivenin wird ein immunsystemstärkendes Mittel zur akuten Hilfe gegen Schlangenbisse bezeichnet. Das Präparat ist mit Antikörpern angereichert. Auf diese Weise können die schädigenden Inhaltsstoffe des Giftes im Organismus neutralisiert oder sogar beseitigt werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Antivenin?

Als Antivenin wird ein immunsystemstärkendes Mittel zur akuten Hilfe gegen Schlangenbisse bezeichnet.

Die Berührung mit wilden Tieren mag hierzulande nicht allzu oft vorkommen. Für Zoologen oder Biologen ist der Kontakt mit Schlangen und Skorpionen aber möglich. Ebenso können auch in den hiesigen Breitengraden einige wenige Arten der in der Natur lebenden Reptilien ein gesundheitsschädliches bis – in sehr hohen Dosierungen – tödliches Gift durch den Biss in den Körper des Menschen injizieren.

Gegen die dadurch eintretenden Symptome soll das Antivenin helfen. Seine Bestandteile werden direkt aus dem Gift der Schlangen und Skorpione gewonnen. Die in dem Serum enthaltenen Antikörper können im Blutkreislauf – die Verabreichung erfolgt in der Regel intravenös – die schädigenden Gifte binden. Je nach Ausformung des Präparats werden die darin vorkommenden Enzyme aber auch auf die Nervenzellen, die Organe und die Blutkörperchen zugreifen. Die Anwendungsmöglichkeiten erreichen somit ein breites Spektrum.

Pharmakologische Wirkung

Das Antivenin hilft durch die in Flüssigkeit gebundene hohe Anzahl der Antikörper. Diese werden aus dem Gift der Reptilien gewonnen und sodann therapeutisch eingesetzt. Der erwünschte Effekt tritt in der Regel nach wenigen Minuten bereits ein.

Der gesamte Prozess, bei dem die Giftstoffe durch die Antikörper gebunden und aus dem Organismus geführt werden, kann indes einige Stunden andauern. Die Behandlung an sich mag sich folglich vergleichsweise einfach gestalten. Komplexer ist es aber, eine individuelle Diagnose zu erstellen. So lassen sich in den beruflichen Risikogruppen nicht selten rund 300 bis 400 unterschiedliche Arten von Giften unterscheiden. Gegen jedes von ihnen musste somit ein geeignetes Präparat entwickelt werden.

Daraus folgt, dass das Antivenin in vielfachen Zusammensetzungen und Dosierungen auf dem Markt verfügbar ist. Die Verabreichung muss daher durch den Arzt erfolgen. Bereits ein Fehlgebrauch kann für den Betroffenen weitere gesundheitliche Probleme hervorrufen oder das durch die Schlange injizierte Gift in seiner Wirkung verstärken. Jeder Biss durch Reptilien muss fachärztlich untersucht und behandelt werden.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Zur Anwendung kommt das Antivenin hauptsächlich gegen Schlangenbisse und Skorpionstiche. Grundsätzlich haben sich dabei zwei Arten des Serums entwickelt. Das monovalente Antivenin wird verabreicht, wenn die Art des Reptils konkret bekannt ist und lediglich diese eine Spezies beißend oder stechend eingegriffen hat.

Demgegenüber kann es aber auch vorkommen, dass in dem Moment der Wundenzufügung nicht genau erkennbar war, um welche Schlangengattung es sich handelte – und ob diese giftig ist. In diesen Fällen wird dagegen ein polyvalentes Antivenin injiziert. Bei ihm sind die Antikörper mehrerer Schlangen- und Skorpionengifte miteinander kombiniert. Es soll folglich eine höhere Bandbreite an infrage kommenden Toxinen gebunden werden können.

Die Wirkung des zuletzt genannten polyvalenten Mittels kann im Vergleich zum monovalenten Antivenin aber mit zeitlichen Verzögerungen einsetzen und somit deutlich länger für die Beseitigung der Gifte benötigen. In der weiteren Anwendung ist auch ein vorbeugender Einsatz gegen bestimmte Reptilienbisse denkbar und wird insbesondere vor Reisen in ferne Länder vorgenommen.


Verabreichung und Dosierung

Die Verabreichung und Dosierung von Antivenin, auch als Antitoxin bekannt, ist entscheidend für die effektive Behandlung von Giftbissen durch Schlangen, Spinnen, Skorpione und andere giftige Tiere. Antivenin ist spezifisch für das Gift des Tieres, das den Biss oder Stich verursacht hat, und seine korrekte Auswahl und Anwendung kann lebensrettend sein. Hier sind einige wichtige Aspekte, die bei der Verwendung von Antivenin zu beachten sind:

Art des Antivenins: Zuerst muss das für das spezifische Gift geeignete Antivenin identifiziert werden. Es gibt polyvalente Antivenine, die gegen die Gifte mehrerer Arten wirksam sind, und monovalente Antivenine, die spezifisch für das Gift einer bestimmten Art entwickelt wurden.

Dosierung: Die Dosierung hängt von der Schwere der Vergiftung ab und wird normalerweise in Abhängigkeit von der geschätzten Menge des injizierten Gifts bestimmt. Schwere Vergiftungsfälle erfordern höhere Dosen. Die Erstdosis sollte so schnell wie möglich nach dem Biss verabreicht werden.

Verabreichungsweg: Antivenin wird üblicherweise intravenös verabreicht, um eine schnelle Verteilung im Körper zu gewährleisten. Die Infusion sollte unter sorgfältiger Überwachung der Vitalzeichen und auf Anzeichen allergischer Reaktionen erfolgen, da Antivenine allergische Reaktionen hervorrufen können.

Überwachung und Supportive Therapie: Patienten benötigen nach der Verabreichung von Antivenin eine sorgfältige Überwachung, um die Wirksamkeit der Behandlung zu bewerten und auf mögliche allergische Reaktionen zu reagieren. Supportive Therapien, einschließlich Flüssigkeitszufuhr und Schmerzmanagement, können erforderlich sein.

Allergietestung: Vor der Verabreichung kann ein Allergietest durchgeführt werden, um das Risiko einer schweren allergischen Reaktion zu minimieren. Bei Patienten mit bekannter Sensibilität können präventive Maßnahmen ergriffen werden.

Die Verabreichung von Antivenin sollte immer unter medizinischer Aufsicht erfolgen, da die korrekte Anwendung und die Überwachung des Patienten entscheidend für die erfolgreiche Behandlung von Vergiftungen durch Gifttiere sind.

Risiken & Nebenwirkungen

In der Verabreichung erweist sich das Antivenin aber als nicht ganz unbedenklich. Grundsätzlich kann es durch den Körper abgestoßen werden und insofern selbst eine allergische Reaktion im Organismus auslösen. Diese wird allgemein als Serumkrankheit erfasst und kennzeichnet den Zustand, in dem der Betroffene negativ auf ein ihm injiziertes Mittel reagiert.

In einigen wenigen Fällen resultiert daraus auch ein Schockzustand. Er kann in unbehandelter Form den Tod auslösen. Häufiger klagt der Patient dagegen über Bluthochdruck, einen Kreislaufkollaps oder ein spontan auftretendes Fieber. Das Antivenin wird daher nur relativ selten eingesetzt.

Erst beim Vorliegen eines klar definierbaren Schlangengiftes, bei dem weitere Heilmittel ausgeschlossen werden, kann die Verabreichung erfolgen. Stets ist neben der medizinischen Indikation aber ebenso auf den gesundheitlichen Gesamtzustand des Betroffenen abzustellen, um die vorgenannten Nebenwirkungen zu vermeiden.

Kontraindikationen

Die Verwendung von Antivenin, essentiell zur Behandlung von Vergiftungen durch Tierbisse oder -stiche, kann in bestimmten Situationen kontraindiziert sein. Kontraindikationen müssen sorgfältig abgewogen werden, da die Entscheidung, Antivenin zu verabreichen, oft eine Abwägung zwischen dem Risiko schwerwiegender Vergiftungssymptome und den potenziellen Nebenwirkungen der Behandlung selbst darstellt.

Schwere Allergien: Eine der Hauptkontraindikationen für die Verwendung von Antivenin ist die bekannte schwere Allergie oder Überempfindlichkeit gegen das Antivenin oder seine Bestandteile. Dies schließt Patienten mit schweren allergischen Reaktionen auf frühere Dosen des Antivenins oder ähnliche Produkte ein.

Schwangerschaft: Obwohl nicht grundsätzlich kontraindiziert, wird die Anwendung von Antivenin während der Schwangerschaft mit Vorsicht betrachtet. Die Entscheidung basiert auf einer Risiko-Nutzen-Abwägung, da das Risiko für den Fötus gegenüber dem potenziellen Nutzen der Behandlung für die Mutter abgewogen werden muss.

Schwere präexistente Gesundheitszustände: Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen, wie schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, könnten ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen durch Antivenin haben. In solchen Fällen ist eine individuelle Risikoabschätzung erforderlich.

Verzögerung der Behandlung: Während dies keine absolute Kontraindikation darstellt, kann eine erhebliche Verzögerung bei der Verabreichung von Antivenin dessen Wirksamkeit einschränken. Frühzeitige Verabreichung ist entscheidend für die optimale Wirksamkeit.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Entscheidung zur Verabreichung von Antivenin in vielen Fällen eine Abwägung zwischen dem potenziellen Risiko einer allergischen Reaktion und dem ernsten Risiko der Giftwirkung erfordert. In lebensbedrohlichen Situationen wird die potenzielle Rettung des Lebens oft höher gewichtet als das Risiko möglicher Kontraindikationen. Die Verwendung von Antivenin sollte daher unter sorgfältiger medizinischer Überwachung erfolgen, um sowohl die Vergiftungssymptome als auch mögliche Nebenwirkungen der Behandlung zu managen.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Die Verwendung von Antivenin zur Behandlung von Vergiftungen durch Bisse oder Stiche giftiger Tiere ist oft ein kritischer Notfall, der schnelles Handeln erfordert. Während die direkten Interaktionen von Antivenin mit anderen Medikamenten möglicherweise weniger umfangreich dokumentiert sind als bei anderen Arten von Medikamenten, gibt es dennoch wichtige Überlegungen im Hinblick auf mögliche Wechselwirkungen und die allgemeine Behandlungsstrategie.

Immunmodulatoren und Steroide: Einige Behandlungsprotokolle können die Verwendung von Kortikosteroiden oder anderen immunmodulierenden Medikamenten beinhalten, um die Immunreaktion auf das Antivenin zu modifizieren oder schwere allergische Reaktionen zu behandeln. Diese Medikamente können das Immunsystem beeinflussen und potenziell die Reaktion auf das Antivenin modifizieren.

Antihistaminika: Antihistaminika können zusammen mit Antivenin verabreicht werden, um die Risiken von allergischen Reaktionen zu mindern. Ihre gleichzeitige Verwendung sollte sorgfältig überwacht werden, um sicherzustellen, dass sie die Behandlung nicht negativ beeinflussen.

Blutverdünner: Bei Patienten, die Antikoagulanzien oder Blutverdünner einnehmen, besteht potenziell ein erhöhtes Risiko für Blutungen, da einige Antivenine die Blutgerinnung beeinflussen können. Eine sorgfältige Überwachung und Abstimmung der Medikation sind erforderlich.

Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen: Da Antivenin biologische Komponenten enthält, die eine Immunreaktion auslösen können, könnten Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken oder modulieren, die Wirksamkeit von Antivenin beeinflussen oder das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen.

Andere NSAR und Schmerzmittel: Die Verwendung von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) oder anderen Schmerzmitteln in Verbindung mit Antivenin sollte überwacht werden, um mögliche Wechselwirkungen oder verstärkte Nebenwirkungen, insbesondere im Gastrointestinaltrakt, zu vermeiden.

Die Behandlung mit Antivenin erfolgt häufig in einem Notfallkontext, in dem die direkten Risiken der Vergiftung die potenziellen Risiken von Medikamenteninteraktionen überwiegen. Dennoch ist es wichtig, den behandelnden Arzt über alle Medikamente, die der Patient einnimmt, zu informieren, um mögliche Wechselwirkungen zu berücksichtigen und die bestmögliche Behandlungsstrategie zu entwickeln.

Alternative Behandlungsmethoden

In Fällen, in denen Antivenin aufgrund von Unverträglichkeiten, allergischen Reaktionen oder anderen Kontraindikationen nicht verwendet werden kann, müssen alternative Behandlungsmethoden in Betracht gezogen werden, um die Symptome einer Vergiftung durch Bisse oder Stiche giftiger Tiere zu behandeln. Diese alternativen Ansätze konzentrieren sich in der Regel darauf, die Symptome zu lindern, die Ausbreitung des Gifts zu minimieren und den Körper bei der Bewältigung der Toxine zu unterstützen.

Symptomatische Behandlung: Die Verwaltung der Symptome, die durch das Gift verursacht werden, steht im Vordergrund, einschließlich Schmerzmanagement, Behandlung von Übelkeit oder Erbrechen und Senkung von Fieber. Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen können für Schmerzen und Fieber eingesetzt werden, während Antiemetika helfen können, Übelkeit zu kontrollieren.

Immuntherapie: In einigen Fällen könnte eine Desensibilisierung oder eine vorsichtige Verabreichung von Antivenin unter strenger medizinischer Überwachung und nach Vorbereitung des Körpers durch Vorbehandlung mit Steroiden und Antihistaminika möglich sein. Diese Methode ist jedoch risikoreich und erfordert spezialisierte medizinische Einrichtungen.

Unterstützende Therapien: Zu den unterstützenden Therapien gehören Flüssigkeitsersatz und Elektrolytausgleich durch intravenöse Infusionen, um Dehydration zu vermeiden und den Blutdruck zu stabilisieren. In schweren Fällen kann eine Sauerstofftherapie oder mechanische Beatmung erforderlich sein.

Lokale Wundpflege: Die richtige Pflege der Biss- oder Stichstelle ist wichtig, um Infektionen zu vermeiden und die lokale Reaktion zu minimieren. Dies kann Reinigung, Ruhigstellung der betroffenen Extremität und in einigen Fällen eine chirurgische Intervention zur Entfernung von nekrotischem Gewebe umfassen.

Naturheilkundliche und traditionelle Methoden: Obwohl wissenschaftliche Belege oft fehlen, greifen einige Personen auf naturheilkundliche oder traditionelle Behandlungsmethoden zurück, wie Kräutermedizin, die bestimmte Pflanzenextrakte zur Linderung der Symptome nutzen. Solche Methoden sollten jedoch mit Vorsicht betrachtet und idealerweise in Absprache mit medizinischem Fachpersonal eingesetzt werden.

Es ist wichtig zu betonen, dass bei einer Vergiftung durch Tierbisse oder -stiche die frühzeitige medizinische Behandlung entscheidend ist. Selbst wenn Antivenin nicht verwendet werden kann, sollte eine medizinische Betreuung erfolgen, um die bestmöglichen alternativen Behandlungsmethoden zu evaluieren und anzuwenden.

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