Blutverdünner

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Blutverdünner oder besser Gerinnungshemmer beeinträchtigen direkt oder indirekt den komplexen Prozess der Blutgerinnung. Die Gefahr einer Gerinnung am „falschen Ort“ innerhalb des Blutgefäßsystems im Gehirn, am Herzen oder in der Lunge soll verringert werden, um damit einem Schlaganfall, einer Embolie oder einem Herzinfarkt vorzubeugen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Blutverdünner?

Um die Gefahr einer Blutgerinnselbildung bei bekannten Risikofaktoren zu verringern, werden zur Prophylaxe Gerinnungshemmer (Blutverdünner) verabreicht, die direkt oder indirekt den Prozess der Blutgerinnung erschweren.

Der komplexe Prozess der Blutgerinnung (Koagulation) zur Stillung der Blutung nach einer inneren oder äußeren Verletzung ist prinzipiell lebensrettend, da ansonsten jede kleinste Verletzung zu einer Verblutung führen würde. Bei künstlich zugefügten Verletzungen durch eine Operation oder bei Herzleiden – etwa Vorhofflimmern – besteht die Gefahr, dass der Prozess der Koagulation durch mechanische Reize ungewollt ausgelöst wird und sich im inneren der Gefäße ein Blutgerinnsel, ein Thrombus, bildet.

Der Thrombus kann vom Blutstrom mitgenommen werden und an ungünstiger Stelle einen Gefäßverschluss verursachen, was unmittelbar zu einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder einer Lungenembolie führen kann. Um die Gefahr einer Blutgerinnselbildung bei bekannten Risikofaktoren zu verringern, werden zur Prophylaxe Gerinnungshemmer (Blutverdünner) verabreicht, die direkt oder indirekt den Prozess der Blutgerinnung erschweren.

Abgesehen von Nebenwirkungen besteht dabei das Problem der optimalen Dosierung. Eine zu hohe Dosis kann zu gefährlichen inneren Spontanblutungen oder zu anhaltenden Blutungen nach Verletzungen führen.

Medizinische Anwendung, Wirkung & Gebrauch

Das weit verbreitete Vorhofflimmern, der Einsatz künstlicher Herzklappen und Stents sowie bevorstehende Operationen sprechen für eine Prophylaxe. Eine direkt therapeutische Anwendung kann zur Behandlung von Thrombosen und Arteriosklerosen erfolgen.

Es existiert mittlerweile eine Vielzahl von Medikamenten und Stoffgruppen, die an bestimmten Stellen des Gerinnungsmechanismus direkt oder indirekt eingreifen und spezifische Vor- und Nachteile haben. Die erste Stufe der Blutgerinnung beginnt mit einem Verkleben der Blutplättchen (Thrombozyten), das nach Einsetzen von Stents, nach einem Herzinfarkt oder bei diagnostizierter Arteriosklerose gefürchtet ist.

Zur Vorbeugung kommen deshalb Medikamente zum Einsatz, die die Thrombozytenaggregation hemmen wie z. B. die bekannte Acetylsalicylsäure (ASS), Hauptwirkstoff in Aspirin. Weitere Wirkstoffe, oft in Kombination mit ASS verabreicht, sind Clopidogrel, Prasugrel und Ticagrelor. Zur Thromboseprophylaxe nach Operationen und zur Behandlung von Lungenembolien und Venenthrombosen werden niedermolekulare Heparine bevorzugt. Sie werden subcutan injiziert und hemmen direkt den Gerinnungsfaktor X (Xa) zusammen mit dem körpereigenen Gerinnungshemmer AT III.

Für Patienten, die über einen längeren Zeitraum – oder auch lebenslang – Gerinnungsschutz vorhalten müssen, waren über Jahrzehnte Cumarine mit dem Hauptwirkstoff Phenprocoumon (Marcumar) oder Warfarin das Mittel der Wahl. Es handelt sich um Vitamin-K-Antagonisten, die über die Hemmung der Vitamin-K-Wirksamkeit indirekt bestimmte Gerinnungsfaktoren hemmen. In den letzten Jahren sind neue Medikamente zugelassen worden, die direkt am Gerinnungsfaktor X (Xa) angreifen und eine regelmäßige Überprüfung des Blutgerinnungsfaktors INR erübrigen.

Pflanzliche, natürliche, homöopathische & pharmazeutische Blutverdünner

Der Wirkstoff Phenprocoumon, ein Vitamin-K-Antagonist und wirksamer Bestandteil des Medikaments Marcumar, ist ursprünglich pflanzlicher Herkunft (Waldmeister), wird aber heute synthetisch hergestellt.

Citrat, ein weiterer natürlicher „Blutverdünner“ wird hauptsächlich für die vorbeugende Gerinnungshemmung bei der Dialyse verwendet. Hirudin, das ursprünglich aus medizinischen Blutegeln gewonnen wurde, wirkt gerinnungshemmend über seine blockierende Wirkung der Thrombinsynthese. Hirudin wird heute unter den Namen Lepirudin und Desirudin aus genmanipulierten Hefezellen gewonnen.

Für Therapiezwecke werden die Mittel parenteral über subkutane Injektionen oder intravenös verabreicht. Acetylsalicylsäure gehört zu den Wirkstoffen, die der Verklebung der Aggregation der Thrombozyten entgegenwirkt und wird deshalb auch als Thrombozytenaggregationshemmer bezeichnet. Der Wirkstoff ist ebenfalls pflanzlicher Herkunft. Er wurde ursprünglich aus Salicyl hergestellt, einer Stoffgruppe, die aus Weidenrinde extrahiert wurde. Acetylsalicylsäure wird in größeren Mengen synthetisch hergestellt.

Die Gruppe der Heparine, die hauptsächlich zur Vorbeugung gegen Thrombosen und Embolien nach Operationen zeitlich begrenzt verwendet werden, sind tierischen Ursprungs und werden auch heute noch aus Därmen der Schweine gewonnen. Seit 2008 sind die neuen Medikamente Pradaxa, Xarelto und Efient.als Gerinnungshemmer zur Vermeidung von Thrombosen und Embolien zugelassen. Sie sind einfacher in der Handhabung, weil die ständige Kontrolle des Gerinnungsfaktors INR im Blut entfällt.


Risiken & Nebenwirkungen

Grundsätzliche Risiken bei der Anwendung von Blutverdünnern bestehen in einer (ungewollten) Überdosierung, die im Falle der Einnahme von Vitamin-K-Antagonisten durch Ernährungsumstellung oder durch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten entstehen kann.

Die neu zugelassenen Medikamente Pradaxa®, Xarelto® und Efient® können überdosiert werden, wenn z. B. aus Versehen anstelle einer Tablette zwei Tabletten eingenommen werden oder eine gestörte Nieren- oder Leberfunktion die Wirkstoffe zu langsam abbaut. Bei Überdosierung besteht die Gefahr innerer Blutungen und auch die Gefahr, dass Blutungen nach Verletzungen nur schwer zu stoppen sind.

Bei der Langzeiteinnahme von Vitamin-K-Antagonisten muss bedacht werden, dass das Vitamin K außer bei der Blutgerinnung noch weitere wichtige Aufgaben im Calciumhaushalt des Körpers, also im Aufbau von Knochen hat und einen gewissen Schutz vor Arteriosklerosen bietet. Bei Unterdrückung des Vitamins, werden auch diese Funktionen behindert, so dass langzeitmäßig Osteoporose und Arteriosklerose begünstigt werden.

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