Chorea Huntington (Huntington-Krankheit)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Chorea Huntington oder Huntington-Krankheit ist eine Nervenkrankheit bei der es vor allem zu unkontrolierten Bewegungen verschiedener Körperteile kommt. Meist tritt die Erkrankung zwischem dem 30. und dem 40. Lebensjahr auf.
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Was ist Chorea Huntington?
Die Chorea Huntington oder Huntington-Krankheit, früher bekannt als „erblicher Veitstanz“, ist eine Nervenkrankheit, die ihre Ursache in der Mutation des Erbguts hat.
Symptomatisch sind eine unkontrollierte Mimik, Schluck- und Sprechbeschwerden sowie übermäßige Bewegungen von Gliedmaßen, Hals und Rumpf. Erstmals beschrieben wurde die Chorea Huntington Ende des 19. Jahrhunderts.
Bis heute existieren zahlreiche Therapiemöglichkeiten, die der Linderung der Symptome dienen sollen. Eine Heilung ist jedoch bisher nicht möglich.
Ursachen
Bei der Chorea Huntington handelt es sich um eine Erbkrankheit, die autosomal-dominant an das Kind weitergegeben wird. Das heißt, dass das defekte Gen, nicht auf einem Geschlechtschromosom liegt (dem X- oder Y-Chromosom) und somit schon in Erscheinung treten kann, wenn nur ein Elternteil das krankhafte Gen vererbt.
Trägt eines der Elternteile das mutierte Gen in sich, hat jedes Kind ein 50-prozentiges Risiko, auch zu erkranken. Das mutierte Gen, welches sich am Ende des Chromosoms 4 befindet, ist bei gesunden Menschen dafür verantwortlich, das Protein Huntingtin zu bilden. Die Mutation führt dazu, dass das betroffene Gen zwar Huntingtin bildet, das Protein jedoch zusätzliche Eigenschaften aufweist.
Diese zusätzlichen krankmachenden Eigenschaften sorgen dafür, dass Nervenzellen in der Gehirnrinde nicht ausgebildet werden bzw. sich nicht regenerieren können. Diese großen Zellverbände kontrollieren beim gesunden Menschen den koordinierten Ablauf von Bewegungen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Häufig sind unwillkürliche und unkontrollierbare Bewegungen erste Anzeichen der Huntington-Krankheit. Im Anfangsstadium macht sich die Erkrankung durch kaum wahrnehmbare Muskelzuckungen bemerkbar, die die Betroffenen oft noch in ihre natürlichen Bewegungsabläufe einbauen können. Im weiteren Verlauf treten diese übertriebenen und unmotivierten Muskelkontraktionen unübersehbar am ganzen Körpers auf.
Gehen und die Ausübung alltäglicher Tätigkeiten fallen damit zunehmend schwerer. Die planlose Motorik nimmt bei Erregung zu, im Schlaf kommen die sogenannten choreatischen Bewegungen selten vor. Im fortgeschrittenen Stadium verlieren Erkrankte die Kontrolle über die Zungen- und Schlundmuskulatur: Die Sprache wird zunehmend unverständlich, beim Essen können Schluckprobleme Erstickungsanfälle verursachen.
Chorea Huntington beeinflusst auch Psyche und Verhalten des Menschen. Das fortschreitende Absterben von Gehirnzellen führt häufig zu einer Veränderung des Charakters, nicht selten begegnen Erkrankte ihrer Umgebung aggressiv oder verletzend. Da Menschen mit Chorea Huntington auch die Kontrolle über ihre Gesichtsmuskeln verlieren, sind sie nicht in der Lage, ihren Gefühlen über die Mimik Ausdruck zu verleihen.
Dies führt häufig zu Missverständnissen mit den Mitmenschen. Sozialer Rückzug und schwindende geistige Fähigkeiten ziehen in vielen Fällen Depressionen, Angstzustände, Psychosen und Suizidgedanken bis hin zum tatsächlichen Selbstmord nach sich. Das Endstadium der Erkrankung geht in der Regel mit vollständiger Demenz und Bettlägerigkeit einher.
Diagnose & Verlauf
Die Chorea Huntington weist verschiedenste Symptome auf, die erst im Verlauf der Krankheit stärker hervortreten. Dies erschwert eine eindeutige Diagnose besonders im Anfangsstadium.
Die Diagnose anhand von Symptomen erweist sich als schwierig, da sie oftmals auch auf andere Erkrankungen hinweisen könnten. Bei Verdacht auf die Huntington-Krankheit kann die Diagnose bereits Jahre vor Ausbruch der Erkrankung durch vielfältige Mittel wie Computertomografie, Magnetresonanztomografie und Hirnstrommessungen erfolgen. Im Rahmen einer Blutuntersuchung erfolgt außerdem eine DNA-Analyse.
Bei Ausbruch der Krankheit sind die Betroffenen meist zwischen 35 und 45 Jahre alt. Tritt die Krankheit später auf, ist auch die Entwicklung der Symptome weniger rasant. Charakteristisch für die Chorea Huntington ist das Absterben von Nervenzellen, welches im Verlauf der Krankheit immer schneller voranschreitet. Die Huntington-Krankheit verläuft über mehrere Jahre und Jahrzehnte, in denen sich die Symptome verschlimmern. Einige Betroffene leben bis zu 40 Jahre mit der Krankheit. Der vorzeitige Tod tritt meist durch Atem- oder Schluckprobleme ein.
Komplikationen
Da die Huntington Krankheit nicht behandelt werden kann, kommt es zu einer Verschlechterung der Symptome wie die eingeschränkte Bewegungsfreiheit, der Verlust der Fähigkeit zu Sprechen oder weitere kognitive Beeinträchtigungen. Die betroffenen Patienten können sich im Alltag nicht mehr zurecht finden und benötigen eine ausgiebige Betreuung. Es gibt Hinweise darauf, dass Sprechtherapien oder Physiotherapien den Verlauf der Erkrankung verlangsamen.
Jedoch muss dies in Zukunft mit einer höheren Anzahl von Patienten getestet und verifiziert werden. Vom Auftreten der ersten Symptome bis hin zum Tod kommt es trotz medikamentöser Behandlung der Symptome in etwa 20 Jahren. Die größte Gefahr für die Patienten ist die Entwicklung einer Lungenentzündung. Dies kommt durch eine verschlechterte Koordination bei der Atmung sowie durch ein erschwertes Lösen von Schleim aus der Lunge zustande.
Bei einigen Patienten kann es auch zu Herzerkrankungen kommen, welche dann zum Tod führen. Neben diesen Todesursachen kann auch der Suizid erfolgen. Der Suizid kann durch die Huntington Krankheit und die dadurch entstandenen Gehirnschäden ausgelöst werden, oder der Patient möchte so das Durchleben der Verschlechterung der Erkrankung vermeiden.
Des Weiteren kann es leicht zum Verschlucken von Nahrungsmitteln durch den Patienten kommen. Aufgrund dessen muss dem Patienten auch bei der Nahrungsaufnahme eine betreuende Person zur Seite stehen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Chorea Huntington oder Morbus Huntington wurde wegen der unwillkürlichen Bewegungen, die Betroffene ausführen, früher Veitstanz genannt. Da die Symptome dieser erblichen Erkrankung meist erst im späteren Lebensalter auftreten, ist der Besuch beim Arzt sinnvoll, wenn es zu Bewegungsstörungen kommt. Nur ein Gentest kann nachweisen, dass es sich tatsächlich um die Erbkrankheit Chorea Huntington handelt. Alternativ könnten die Symptome aber auch von einem Hirntumor, einem Schlaganfall, Schilddrüsenstörungen oder Ähnlichem herrühren.
Problematisch ist, dass ohne einen rechtzeitigen Arztbesuch nicht festgestellt werden kann, ob es sich tatsächlich um Chorea Huntington handelt. Es könnten auch choreatoforme genetische Erkrankungen wie Huntington’s Disease ähnliche Erkrankungen, die Kupferspeicherkrankheit Morbus Wilson, eine Friedrich-Ataxie, die spino-cerebelläre Ataxie Typ 1, 2, 3, 17 oder eine Neuroakanthozytose vorliegen. Eine medizinische Abklärung ist bei unerklärlichen Bewegungsstörungen unbedingt notwendig, um die Behandlungsoptionen abzuwägen.
Die medizinische Behandlung der Chorea Huntington kann derzeit nur in einer Linderung der Symptome liegen. Es geht dabei um den Ausgleich von Bewegungsstörungen, Depressionen, Aggressivität oder Psychosen. Nervenzellen im Gehirn gehen zunehmend verloren. Zukünftig könnte die Gentherapie einen Durchbruch bei der Behandlung ergeben. Derzeit bietet die moderne Medizin innovative Behandlungsansätze durch eine Stammzellentransplantation oder die Implantierung eines Hirnschrittmachers. Inwieweit diese Maßnahmen hilfreich sind, muss erst noch klinisch verifiziert werden.
Behandlung & Therapie
Eine Heilung der Chorea Huntington ist nach dem heutigen Stand der Forschung nicht möglich. Eine Behandlung kann demnach nur das Ziel haben, die zahlreichen Symptome möglichst weitreichend zu lindern. Zur Einschränkung der unkontrollierten Bewegungen kommen unterschiedliche Medikamente mit den Wirkstoffen Tiaprid und Tetrabenazin zum Einsatz.
Ergänzend werden Betroffene oftmals physio- und ergotherapeutisch sowie logopädisch betreut. So können die für die Krankheit typischen Sprach- und Schluckbeschwerden gemildert werden und ein selbstständiges Leben ist auch im weiteren Verlauf der Krankheit vorerst möglich. Unterstützend werde an Chorea Huntington erkrankte Patienten psychotherapeutisch betreut, um besser mit den Belastungen der Krankheit umgehen zu können.
Im weiteren Verlauf der Chorea Huntingon kommt es oft zu einem starken Gewichtsverlust, welcher durch eine besonders kalorienreiche Ernährung des Betroffenen abgemildert werden soll.
Einige Therapien zur Linderung oder gar Heilung der Chorea Huntington befinden sich noch im Experimentalstadium. So gelingt es beispielsweise durch die Gabe von Enzymen, den Verfall der Nervenzellen geringfügig zu verlangsamen. Eine medikamentöse Therapie, die das Abbauen der Nervenzellen vollständig verhindern kann, ist jedoch bisher nicht bekannt.
Aussicht & Prognose
Die Chorea Huntington hat eine schlechte Prognoseaussicht. Zudem ist die Erkrankung mit den derzeitigen medizinischen und rechtlichen Möglichkeiten nicht heilbar. Die genetische Erkrankung hat einen progressiven Krankheitsverlauf, der trotz aller Bemühungen nicht gestoppt werden kann. Die ärztlich ergriffenen Maßnahmen konzentrieren sich auf die Erwirkung eines langsamen Krankheitsfortschritts und die möglichst lange Aufrechterhaltung der vorhandenen Lebensqualität.
Den errechneten Werten folgend kommt es im Durchschnitt ungefähr 19 Jahre nach der Feststellung der Erkrankung zum Ableben des Patienten. Dank des medizinischen Fortschritts und der medizinischen Forschung konnten in den vergangenen Jahren die einzelnen Phasen der Chorea Huntington länger erhalten bleiben und der Eintritt des Todes nach hinten verschoben werden. Zudem gibt es innerhalb einzelner Phasen mehr therapeutische Möglichkeiten, um den Patienten stabilisieren und das allgemeine Wohlbefinden verbessern zu können.
Die vorhandenen Therapiemöglichkeiten werden ganz individuell je nach den aktuellen Beschwerden empfohlen und eingesetzt. Damit eine optimale Versorgung des Patienten stattfinden kann, sollten regelmäßige Kontrolluntersuchungen in Anspruch genommen werden. Zudem können Spezialisten in eigens errichten Zentren zur Behandlung der Chorea Huntington eine Anpassung an den Krankheitsverlauf besser gewährleisten. Da nicht alle empfohlenen Therapien von Krankenkassen finanziert werden, wird der Krankheitsverlauf von den finanziellen Möglichkeiten des Patienten maßgeblich mitbeeinflusst.
Vorbeugung
Der Chorea Huntington kann nicht vorgebeugt werden. Ein Betroffener, der das mutierte Gen in sich trägt, wird in jedem Fall erkranken. Kinder von Erkrankten tragen ein 50%-iges Risiko, auch an Chorea Huntington zu erkranken. Es gibt keine Möglichkeit, diesem Risiko vorzubeugen. In Frage kommt nur der Verzicht auf leibliche Kinder sowie eine pränatale Untersuchung des Genmaterials des ungeborenen Kindes und - bei positivem Nachweis der Chorea Huntington - ein eventueller Schwangerschaftsabbruch. Dies ist ethisch jedoch höchst umstritten.
Nachsorge
Chorea Huntington ist bislang noch nicht heilbar. Umso wichtiger ist es, eine konstante und durchgängige Therapie und Behandlung in Anspruch zu nehmen. Die Behandlung bezweckt die Linderung der Symptome und die Steigerung der Lebensqualität. Medikamentös können Bewegungsstörungen mit Hilfe von Neuroleptika behandelt werden. Depressionen können mit Gabe von Antidepressiva therapiert werden.
Neben medikamentöser Behandlung können Krankengymnastik und Ergotherapie für die Patienten hilfreich sein. So kann versucht werden die Bewegungsabläufe besser zu koordinieren. Die Inanspruchnahme eines Logopäden, um Sprech- und Schluckstörungen entgegenzuwirken und diese zu verringern, ist ebenso ratsam.
Trotz der Behandlung mit Neuroleptika und Antidepressiva sollte begleitend auch an eine Psychotherapie und an psychiatrische Hilfe gedacht werden. Diese kann nicht nur für den Patienten selbst, sondern auch für die Angehörigen eine Entlastung darstellen. Oftmals profitieren Patienten auch von der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe anderer Betroffener.
Da Patienten mit der Krankheit Chorea Huntington durch die erschwerte Aufnahme der Nahrung oft schnell in die Gefahr kommen an Gewicht zu verlieren, sollte für hochkalorische und leicht aufzunehmende Nahrung gesorgt werden. Hier eignen sich Lebensmittel die einfach zu schlucken sind, wie etwa Brei, Pudding, Quark und Flüssiges.
Zuletzt sollten auch experimentelle Ansätze nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Neue Therapieangebote und Behandlungsmethoden sollten in Betracht gezogen werden. Die Chance, dass dadurch mehr Symptomfreiheit erzielt werden kann, besteht durchaus.
Das können Sie selbst tun
Die Optionen einer Selbsthilfe sind bei der Chorea Huntington Erkrankung begrenzt. Durch den Krankheitsverlauf gibt es nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand keine Möglichkeiten, die zu einer Linderung der Symptome oder Heilung führen.
Der Verlauf der Krankheit ist progressiv, so dass Erkrankte im Alltag auf eine Erhaltung ihres Wohlbefindens trotz der zunehmenden Beschwerden achten sollten. Zur Vermeidung von Überraschungen oder unangenehmen Situationen ist es hilfreich, wenn sich der Betroffene umfassend über die Entwicklung der Erkrankung informiert. Gleichzeitig sollte das enge soziale Umfeld in Kenntnis gesetzt werden. Durch eine Aufklärung können Situationen der Überforderung verhindert oder minimiert werden. Da es sich um eine Erbkrankheit handelt, ist ein Erfahrungsaustausch unter den Erkrankten hilfreich.
Für eine psychische Gesundheit ist ein Teilnahme am gesellschaftlichen Leben wichtig. Freizeitaktivitäten und eine ausreichende Bewegung verbessern das Wohlbefinden. Darüber hinaus können mit einer gesunden Lebensweise der Organismus und das Immunsystem ausreichend gestärkt werden. Schadstoffe wie Alkohol und Nikotin sind zu vermeiden.
Mit einer ausgewogenen und vitaminreichen Ernährung, ausreichend Schlaf und der Einhaltung von Ruhephasen werden dem Körper neue Kräfte gegeben. Gleichzeitig kann er sich gegen eindringende Krankheitserreger wehren. Für eine mentale Stärkung können verschiedene Entspannungsmethoden wie Meditation oder Yoga angewendet werden. Dies hilft bei dem emotionalen Umgang mit der Erkrankung.
Quellen
- Diener, H.-C., et al.: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013