Chronisch-venöse Insuffizienz
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Begriff chronisch-venöse Insuffizienz bezeichnet in der Medizin eine Venenerkrankung, bei der es zu einem sogenannten Stausyndrom in den Venen kommt. Sie tritt besonders häufig in den Beinen auf und führt zu Wasseransammlungen und Hautveränderungen. Die Krankheit kann auf verschiedene Weisen therapiert werden, was zu einer deutlichen Linderung der Beschwerden führen kann.
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Was ist chronisch-venöse Insuffizienz?
Die chronisch-venöse Insuffizienz ist eine Erkrankung zumeist der Beinvenen, die sowohl die oberflächlichen als auch die tiefen Venen betrifft.
Die Funktion der befallenen Venen ist durch die Insuffizienz zunächst leicht und im weiteren Verlauf stark eingeschränkt. Nicht selten liegt der chronisch-venösen Insuffizienz eine vorhergehende Thrombose zugrunde. Da es sich um ein chronisches Leiden handelt, besteht die Erkrankung dauerhaft und ist nicht heilbar.
Sie kann aber mit einer entsprechenden Therapie und bestimmten Verhaltensregeln gelindert werden. Statistiken zufolge sind bis zu 10 % aller erwachsenen Deutschen von einer chronisch-venösen Insuffizienz betroffen, wobei Frauen häufiger erkranken.
Ursachen
Die Ursachen für eine chronisch-venöse Insuffizienz liegen nur in den seltensten Fällen in einer angeborenen Venenschwäche. Meist sind es persönliche Risikofaktoren und die individuelle Lebensweise, die dazu beitragen, dass die Krankheit auftritt.
Besteht in der Familie ein erhöhtes Vorkommen einer chronisch-venösen Insuffizienz, ist die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung höher als ohne diese Vorbelastung. Besonders Menschen, die weitgehend sitzende Tätigkeiten ausüben und auch in ihrer Freizeit wenig Bewegung bekommen, sind gefährdet.
Auch Übergewicht, zu enge Schuhe, Rauchen oder bei Frauen die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel ("Pille") können dazu beitragen, dass es mit zunehmendem Lebensalter zu einer chronisch-venösen Insuffizienz kommen kann.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Da das Blut bei der Chronisch-venösen Insuffizienz aus den Beinvenen nicht mehr wie gewohnt abfließen kann, erhöht sich der Druck in den Beinvenen und es kommt zu einem Schwere- beziehungsweise Spannungsgefühl. Meist tritt zusätzlich auch ein dumpf-ziehender Schmerz auf. Verstärkt werden diese Symptome vor allem durch langes Gehen und Stehen.
Anhand weiterer Symptome wird die Chronisch-venöse Insuffizienz in drei Stadien eingeteilt. Im ersten Stadium zeigen sich reversible Ödeme, das heißt Flüssigkeitsansammlungen in den Unterschenkeln, die sich beim Hochlegen der Beine wieder zurückbilden. Zusätzlich werden die erweiterten Venen vor allem im Bereich der Knöchel in Form von sogenannten Kölbchenvenen sichtbar.
Über den Fußrändern können dunkelblaue Hautvenenveränderungen beobachtet werden. Im Stadium 2 bilden sich die Ödeme nicht mehr zurück und die Beine sind dauerhaft geschwollen. Es zeigen sich rot-braune Hautverfärbungen im Bereich der Unterschenkel und weiße Flecken meist oberhalb der Sprunggelenke.
Es können sich zusätzlich in den betroffenen Bereichen sogenannte Stauungsekzeme, ein juckender Hautausschlag, bilden. Vom Stadium 3 sprechen Mediziner, wenn es zum Absterben der Haut, der sogenannten Nekrose, kommt. Dieser Defekt reicht meist bis in tiefe Hautschichten und heilt nur sehr schwer wieder ab. Das nun offene Bein wird als Ulcus cruris bezeichnet.
Diagnose & Verlauf
Oftmals kann eine chronisch-venöse Insuffizienz vom behandelnden Arzt bereits bestehender Hautveränderung am Unterschenkel und Fuß erkannt werden.
Zusätzlich zu einem ausführlichen Gespräch werden die Beine abgetastet und mit dem Ultraschallgerät untersucht. Mithilfe einer Photoplethysmographie wird der Venendruck ermittelt. Auf diese Weise kann genau festgestellt werden, ob, an welcher Stelle und wie weit die Venen verengt sind.
Darüber hinaus kann eine Prognose gestellt werden, ob und wie die Erkrankung behandelt werden kann. Der Verlauf einer chronisch-venösen Insuffizienz hängt von Einzelfall ab. Meist kommt es unbehandelt zu Schwellungen und darauffolgenden Haut- und Gewebeveränderungen. Schlimmstenfalls kann sich ein sogenanntes offenes Bein ausbilden, das schmerzhaft und nur schwer zu therapieren ist.
Komplikationen
Eine chronisch-venöse Insuffizienz kann zu verschiedenen, teilweise sehr schwerwiegenden Komplikationen führen. Durch die Störung des Blutrückflusses zum Herzen ergeben sich unter anderem kosmetische Probleme. In Folge der Insuffizienz erweitern sich die Venen an der Oberfläche.
Diese ästhetische Komplikation kann im Alltag sehr belastend sein und negative Auswirkungen auf den Alltag der Betroffenen haben. Minderwertigkeitskomplexe und soziale Isolation sind mögliche Folgen. In einem späteren Stadion der Erkrankung können Geschwüre an den Unterschenkeln entstehen. Die Behandlung dieser Geschwüre ist sehr langwierig.
Zudem können sich diese Geschwüre erneut zurückbilden und einen chronischen Verlauf nehmen. Sie können den Alltag der Patienten sehr erschweren und zu Einschränkungen der Flexibilität und Mobilität führen. Zudem ist häufig die Wundheilung gestört. Aus kleinen Rissen und Schnitten an der Haut können infolgedessen massive Entzündungen entstehen.
Eine weitere mögliche Komplikation ist eine Entzündung des Unterhautfettgewebes. Diese Infektion ist besser unter ihrem Fachbegriff, der Cellulites, bekannt. Eine venöse Insuffizienz tritt zunächst im oberflächlichen Venensystem auf. Bei unzureichender Behandlung kann die Insuffizienz jedoch auch in tiefere Venenareale übergehen. Dann ist die Bildung von Thrombosen in den Beinvenen möglich.
Thrombosen können sich von ihrem Bildungsort lösen und durch den Blutkreislauf wandern. In weiterer Folge besteht die Gefahr, dass sie Blutgefäße verstopfen. In seltenen Fällen sind also auch sehr schwerwiegende Komplikationen wie eine Lungenembolie, ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall möglich. Diese Komplikationen können im schlimmsten Fall tödlich enden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da es bei dieser Erkrankung nicht zu einer Selbstheilung kommt, muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. Die Krankheit kann zu schwerwiegenden Komplikationen und Beschwerden führen, sodass eine frühzeitige Behandlung sich positiv auf die Lebenserwartung des Betroffenen auswirkt. Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn der Betroffene an Schwellungen und an Schmerzen in den Beinen leidet. Die Beine selbst fühlen sich in vielen Fällen schwer an und es kommt zu Einschränkungen in der Bewegung.
Weiterhin können auch Störungen der Durchblutung oder Lähmungserscheinungen auf diese Krankheit hindeuten und müssen daher von einem Arzt untersucht werden. Auch bei plötzlichen Rötungen auf der Haut oder bei einem starken Juckreiz ist ein Besuch beim Arzt ratsam, um diese Beschwerden abzuklären. In der Regel kann diese Krankheit von einem Hautarzt oder von einem Allgemeinarzt erkannt werden. Die weitere Behandlung richtet sich stark nach der Ausprägung der Erkrankung, sodass dabei auch die Unterstützung anderer Fachärzte notwendig sein kann.
Behandlung & Therapie
Hat der behandelnde Arzt eindeutig eine chronisch-venöse Insuffizienz diagnostiziert, wird er eine Therapie einleiten, die in erster Linie eine Verbesserung des Gesundheitszustands und eine Linderung der Beschwerden verfolgt.
Dazu muss der Venendruck in der betroffenen Region reguliert werden, d. h., das Blut muss zuverlässig in Richtung Herz gepumpt werden können. Der Patient sollte zu diesem Zweck medizinische Stützstrümpfe tragen und dafür Sorge tragen, dass er seine Beine so oft wie möglich hochlagert. Weiterhin ist es günstig Sport und ewegung in den Lebensaltag zu integrieren. Der Konsum von Genussgiften, besonders Alkohol und Nikotin muss reduziert bzw. ganz vermieden werden.
Reichen diese Methoden nicht aus, kann die chronisch-venöse Insuffizienz medikamentös oder letztendlich auch operativ behandelt werden. Beispielsweise kann unter Umständen eine chirurgische Verödung der betroffenen Vene bzw. Venenteile stattfinden. Deren Aufgabe wird dann von umliegenden Venen übernommen.
Ob sich eine Operation eignet oder ob darauf verzichtet werden kann (etwa, weil die Venen zu tief liegen), hängt vom Einzelfall ab. Da die chronisch-venöse Insuffizienz nicht heilbar ist, wird der Patient mit hoher Wahrscheinlichkeit sein Leben lang bestimmte Verhaltensregeln einhalten müssen, um die Beschwerden so gering wie möglich zu halten.
Aussicht & Prognose
Die chronisch-venöse Insuffizienz hat eine individuelle Prognoseaussicht. Maßgeblich ist der Heilungserfolg von der vorliegenden Ursache sowie des Gesundheitszustandes des Patienten abhängig. Bei Menschen im mittleren Erwachsenenalter mit einem gesunden Immunsystem sind die Aussichten einer Genesung günstig.
Eine Beschwerdefreiheit wird innerhalb von wenigen Monaten erreicht. Bei einer guten medizinischen Behandlung erleben auch Patienten im hohen Alter eine Heilung. Die Dauer bis zu einer Genesung ist bei diesen Patienten meist verlängert.
Voraussetzung für eine Beschwerdefreiheit ist, dass keine weiteren Erkrankungen vorliegen und die Wundbehandlung sehr sorgfältig und gewissenhaft erfolgt. Die Qualität der Krampfader- sowie Kompressionsbehandlung sind entscheidend für den Heilungserfolg. Der Patient muss diszipliniert und sorgfältig mit den Bedürfnissen seines Körpers umgehen und die Schritte der Heilung gemeinsam in Rücksprache mit einem Arzt in die Wege leiten.
Bei einer eigenverantwortlichen Wundversorgung kommt es vermehrt zu Komplikationen und Verzögerungen. Mit einer Prävalenz von 5 % kommt es bei den Patienten der chronisch-venösen Insuffizienz zu einem Auftreten von Geschwüren. Diese können sich wiederholt ausbilden und immer wieder zu Beeinträchtigungen führen. Ärzte sprechen in diesen Fällen von einer Ulzeration. In äußert seltenen Fällen erleiden die Patienten ein offenes Bein und damit eine Ulcus cruris. Dies lindert die Aussichten auf eine Heilung erheblich.
Vorbeugung
Eine chronisch-venöse Insuffizienz wird oft durch den Lebensstil des Betroffenen verursacht. Wer der Erkrankung vorbeugen möchte, sollte auf regelmäßige Bewegung achten und sich sportlich betätigen. Ein Verzicht auf Alkohol und Zigaretten sowie bei Frauen auf die Antibabypille kann das Risiko einer chronisch-venösen Insuffizienz deutlich minimieren. Besteht ein Verdacht auf eine Venenerkrankung, sollte so bald wie möglich ein Arzt aufgesucht und eine Behandlung eingeleitet werden.
Nachsorge
Nach einer medizinischen Behandlung der chronisch-venösen Insuffizienz ist es wichtig, dass die Patienten durch eine Nachsorge-Therapie erneuten Problemen vorbeugen. Im Alltag sollten sie nicht zu lange sitzen oder stehen, sondern sich ausreichend bewegen. Durch die Aktivierung der Beinmuskelpumpe durch sportliche Betätigung wie Radfahren oder Schwimmen werden die Venen gestärkt. Ein weiterer wirksamer Schutz gegen Venenerkrankungen sind flache Schuhe.
Zudem sollten die Betroffenen Übergewicht vermeiden und ausreichend trinken. Häufig empfehlen die Ärzte im Anschluss an die Behandlung medizinische Kompressionsstrümpfe. Diese sollten genau auf die individuellen Komplikationen zugeschnitten sein. Denn nur wenn die Wadenstrümpfe die richtige Elastizität und den perfekten Sitz haben, unterstützen sie die Venen wie gewünscht.
Zu diesem Zweck erfolgt eine genaue Anpassung der Strümpfe, die regelmäßig erneuert werden sollten. Die Kompressionsstrümpfe passen sich an die jeweilige Beinform sowie an die Ansprüche an. Sie sind auf den Einsatz im normalen Berufsleben zugeschnitten oder für sportliche Aktivitäten.
Eine konsequente und sorgfältige Beobachtung der Beinvenen ist im Zusammenhang mit der Nachsorge nach einer OP oder einer anderen Therapieform enorm wichtig, damit ernste Schäden rechtzeitig erkannt werden. Eine Störung im Blutfluss kann ansonsten zu einer Verschlimmerung führen, die eventuell den kompletten Organismus beeinträchtigt.
Das können Sie selbst tun
Eine Anpassung des Verhaltens im Alltag an eine chronisch-venöse Insuffizienz und die Anwendung von Selbsthilfemaßnahmen können positiven Einfluss auf den Verlauf der Krankheit nehmen. Es kann sich dabei um alleinige Maßnahmen handeln oder um solche, die medizinisch notwendige Therapien begleiten. In vielen Fällen wird die Insuffizienz der Venen auf genetische Ursachen zurückgeführt, so dass keine Therapien im Sinne einer Ursachenbekämpfung existieren. Um so wichtiger ist es, allgemeine Verhaltensweisen im Alltag zur Verbesserung der Symptome und zur Vorbeugung zu befolgen.
Vorsorgemaßnahmen bestehen darin, langes Stehen oder Sitzen möglichst zu vermeiden oder zumindest zu unterbrechen. Falls derartige Perioden nicht vermieden werden können, kann das Tragen von Stützstrümpfen verhindern, dass beispielsweise die Beinvenen zu sehr aussacken und sich zu viel venöses Blut in den unteren Extremitäten ansammelt. Mit aktivem Sport, der die Beinmuskelpumpe beansprucht, kann die Beinmuskulatur gestärkt werden, die für die inneren, tief liegenden Venen, ähnlich wie Stützstrümpfe einer Aussackung der Venen entgegen wirkt. Sportarten wie Radfahren, Schwimmen, Nordic-Walking und auch Treppen steigen begünstigen die Funktion der Venenklappen.
Wichtig und hilfreich zur positiven Beeinflussung des Krankheitsverlaufes sind auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und die Vermeidung von Übergewicht. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sorgt für ausreichende Fließeigenschaften des Blutes. Günstig wirken sich auch warme und kalte Wechselbäder auf die Funktion Venenklappen aus.
Quellen
- Encke, A., Breddin, H. K.: Die venöse Thrombose. Prophylaxe und Therapie. Schattauer, Stuttgart 2000
- Marshall, M., Loew, D.: Venenerkrankungen. Springer, Berlin 2003
- Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012