Endothel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Endothel wird die innerste Zellschicht von Blut- und Lymphgefäßen bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine einzellige Schicht von Endothelzellen. Das Endothel reguliert den Stoffaustausch zwischen Blut und Körpergewebe, es produziert wichtige Botenstoffe und beeinflusst die Gerinnungsfähigkeit des Blutes sowie die Neubildung von Blutgefäßen (Angiogenese).

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Endothel?

Das Endothel erfüllt über seine Funktion als Innenwandauskleidung der Blut- und Lymphgefäße hinaus eine Reihe wichtiger physiologischer Aufgaben. Eine der wichtigsten Aufgaben besteht in der Regelung des Stoffaustausches zwischen Blut und umgebendem Körpergewebe.
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Das Endothel besteht aus einer einzelligen Schicht von Endothelzellen, die ein sogenanntes Plattenepithel bilden und alle Blut- und Lymphgefäße innen auskleiden. Das Endothel nimmt vielfältige Aufgaben wahr und hat entscheidenden Einfluss auf den Stoffaustausch zwischen Blut und Körpergewebe.

Diese Funktion ist besonders wichtig in den Kapillaren, in denen das sauerstoffreiche arterielle Blut des großen Körperkreislaufs den Sauerstoff abgibt und „verbrauchte“ Stoffe aufnimmt und als nunmehr sauerstoffarmes venöses Blut abtransportiert. Die Oberfläche, die das Endothel in den Gefäßen bedeckt, beträgt etwa 7.000 qm, und die Anzahl der Endothelzellen erreicht beim Menschen die beeindruckende Zahl von mehr als 10 Billionen.

In den Gefäßen, die das Hirn versorgen, spielt das Endothel in der Aufrechterhaltung der Blut-Hirn-Schranke eine besondere Rolle. In der Hirnregion ist das Endothel für Stoffe praktisch undurchlässig, außer für selektive Stoffgruppen, die mit streng spezifisch wirksamen Transportmechanismen das Endothel durchqueren und damit die Blut-Hirn-Schranke überwinden können.

Anatomie & Aufbau

Das Endothel, das Blut- und Lymphgefäße innen auskleidet, besteht aus einer einzelligen Schicht von Endothelzellen, die in Form eines Plattenepithels miteinander verbunden sind. Unterhalb des Endothels befindet sich die Basallamina als Teil der Basalmembran, die die Verbindung zu dem darunter liegenden Gewebe herstellt und von netzartig angeordneten Fibrillen durchzogen ist.

Die Endothelzellen bilden sich durch Ausdifferenzierung von teilpotenten Angioblasten, die sich wiederum aus den multipotenten Stammzellen des Blut- und Gefäßsystems, den Hämangioblasten, entwickeln. Hämangioblasten stehen lebenslang als Stammzellen im Blut zur Verfügung. Je nach Funktionsbereichen im Körper sind die Endothelzellen untereinander verschieden stark verbunden und bilden so unterschiedlich wirksame Stoffbarrieren. Prinzipiell besteht die Verbindung der Endothelzellen untereinander aus „Tight Junctions“ in Form von dünnen Strängen von Transmembranproteinen wie z. B. Occludin.

Je nach Fähigkeit zum Stoffaustausch wird zwischen kontinuierlichem, diskontinuierlichem und fenestriertem Endothel unterschieden. Während das kontinuierliche Endothel nur hochselektiven Stoffaustausch über spezialisierte Transportvehikel zulässt, bestehen bei dem diskontinuierlichen Endothel kleine Lücken, die den Stoffaustausch mit bestimmten Stoffen auch ohne Transportvehikel ermöglichen. Das fenestrierte Endothel ist besonders für hydrophile Stoffe und für Wasser durchlässig.

Funktion & Aufgaben

Das Endothel erfüllt über seine Funktion als Innenwandauskleidung der Blut- und Lymphgefäße hinaus eine Reihe wichtiger physiologischer Aufgaben. Eine der wichtigsten Aufgaben besteht in der Regelung des Stoffaustausches zwischen Blut und umgebendem Körpergewebe. Diese Aufgabe ist besonders kritisch im Bereich des Gehirns, wo zum Schutz der Nervenzellen das kontinuierliche Endothel die Blut-Hirn-Schranke aufrecht erhält und ausschließlich selektiven Stofftransport über spezifische Transportvehikel zulässt.

Eine weitere Aufgabe besteht in der Regulierung des Blutdrucks über bestimmte Botenstoffe. In erster Linie sind Stickstoffmonoxid (NO) und Prostacyclin zu erwähnen. Beide Substanzen werden vom Endothel synthetisiert und führen zur Entspannung der glatten Muskulatur in den Gefäßwänden, so dass es über die Lumenerhöhung in den Adern zu einer Senkung des Blutdrucks kommt. Das Endothel synthetisiert aber auch Endothelin, das die glatte Muskulatur in der Gefäßwand zur Kontraktion veranlasst und so den Blutdruck erhöht.

Auch auf die Gerinnungsprozesse nimmt das Endothel Einfluss. Der Gerinnungsprozess kann durch Stoffe, die das Endothel synthetisiert, aktiviert oder gehemmt werden. Bei Bedarf produziert das Endothel den Gewebsplasminogenaktivator (tPA), durch den über die Bildung von Plasminogen die Thrombenlösung moduliert wird. Auch bei Entzündungsvorgängen übernimmt das Endothel wichtige Aufgaben. Über eine lokale Aktivierung des Endothels werden verschiedene Arten von Leukozyten angelockt wie z. B. neutrophile Granulozyten, Monozyten, Makrophagen und T-Lymphozyten.

Die angelockten Leukozyten können an der entsprechenden Stelle über einen spezifischen Transportmechanismus aus dem Blutgefäß durch die Gefäßwand in das umliegende Gewebe geleitet werden, um dort eine vom Immunsystem erkannte Infektion zu bekämpfen. Wenn der Körper neue Blutgefäße benötigt (Angiogenese), übernimmt auch hier das Endothel eine wichtige Funktion. Das Endothel setzt Stoffe frei, die eine Sprossung neuer Blutgefäße bewirken.

Krankheiten

Die differenzierten und komplexen physiologischen Aufgaben, die das Endothel wahrnimmt, lassen erkennen, dass Fehl- oder Dysfunktionen des Endothels gravierende Auswirkungen haben können. Entzündungen, Verletzungen oder bestimmte Toxine können zu Dysfunktionen des Endothels führen, die zu Sekundärschäden wie Arteriosklerose, Störung der Blutgerinnung und zu Fehlleitungen des Immunsystems führen.

Endotheliale Dysfunktionen können z. B. den Blutdruckregelmechanismus und die Durchlässigkeit der Gefäßwände für bestimmte Stoffe so beeinflussen, dass sich pathologische Auswirkungen einstellen. Störungen in den endothelialen Regelmechanismen werden vor allem als Verursacher von Arteriosklerose diskutiert. Andere Autoren postulieren die Hypothese, dass erst krankhafte Veränderungen in den Gefäßen zu einer Dysfunktion des Endothels führen, dass also die Ursache-Wirkung genau umgekehrt ist. Besonders gravierend wirkt sich eine Störung der Stickstoffmonoxid Synthese aus, die als eNOS (endotheliale NO-Synthase) bezeichnet wird.

Der Botenstoff Stickstoffmonoxid nimmt über seine gefäßerweiternde Eigenschaft hinaus Einfluss auf eine Reihe weiterer gefäßschützender Wirkmechanismen, die für den Erhalt der endothelialen Funktionen eine hohe Bedeutung haben. Eine chronische Verringerung der NO-Produktion kann für eine Reihe von Gefäßerkrankungen verantwortlich gemacht werden. Ein früher Marker für eine Endotheldysfunktion sind geringe Mengen Albumin im Urin (Mikroalbuminurie). Allerdings kann die Mikroalbuminurie auch auf Nierenschäden hindeuten, so dass unbedingt eine Differentialdiagnose gestellt werden muss.


Quellen

  • Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie. Urban & Fischer, München 2008
  • Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
  • Gerok, W., Huber, C., Meinertz, T., Zeidler, H. (Hrsg.): Die innere Medizin – Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer, Stuttgart 2007

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