Leukozyten

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Laborwerte Leukozyten

Leukozyten sind neben den Erythrozyten und den Thrombozyten einer der drei wichtigen Zellreihen des menschlichen Blutes. Sie sind als Bestandteil unseres Immunsystems für die Abwehr von Krankheitserregern zuständig und verüben diese Tätigkeit bis weit über die Grenzen der Blutgefäße hinaus. Leukozyt ist daher nicht Leukozyt - es gibt eine ganze Menge bunter Unterarten.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Leukozyten?

Eine Blutuntersuchung dient dem Arzt zur weiteren Diagnose von verschiedenen Krankheiten.

Leukozyten werden auch als "weiße Blutkörperchen" bezeichnet. Sie machen den Großteil der Immunzellen des menschlichen Körpers aus und sind, als Blutwert gemessen, ein wichtiger Richtwert in der ärztlichen Diagnostik und Therapie.

Nach ihrem Bildungsort und ihrer Funktion unterscheidet man verschiedene Subklassen der Leukozyten, die ebenfalls einzeln als sogenanntes "Differentialblutbild" im Labor gemessen werden können. Einen Großteil machen die Granulozyten aus, die wiederum zum Großteil nach ihrem Anfärbeverhalten in Neutrophile, Eosinophile und Basophile Granulozyten unterteilt werden und vor allem für die Abwehr von Bakterien und Parasiten wichtig sind, aber auch bei der Entstehung von Allergien und Autoimmunerkrankungen eine Rolle spielen. Sie können auch zum unspezifischen angeborenen Immunsystem gezählt werden und werden im Knochenmark gebildet.

Eine weitere wichtige Gruppe sind die Lymphozyten, die zum spezifischen Immunsystem zu zählen sind. Hier wiederum unterscheidet man B-Lymphozyten, die ebenfalls aus dem Knochenmark kommen ("B" für "bone mark"), von T-Lymphozyten, die im Thymus hergestellt werden (daher "T"). Der Thymus ist ein wichtiges menschliches Organ mit einer schlchten Lobby - kaum jemand außerhalb der medizinischen Berufe kennt es - welches sich im oberen Brustkorb hinter dem Brustbein befindet.

Im Kindesalter ist der Thymus Bildungsort jener T-Zellen, welche dann wiederum als T-Killerzellen oder T-Helferzellen spezialisiert werden und eine wichtige Rolle bei der Virusabwehr und der Bildung des immunologischen Gedächtnisses (Kinderkrankheiten, Impfungen etc.) spielen. Im Erwachsenenalter verkommt der Thymus immer mehr und wandelt sich in einen funktionslosen Fettkörper um - vielleicht kennt man ihn deshalb so wenig. Die B-Lymphozyten aus dem Knochenmark sind derweil die Zellen, welche die Antikörper produzieren und damit die spezifische Immunabwehr des menschlichen Organismus tragen.

Noch eine ganz entscheidende Gruppe von Leukozyten: Die Makrophagen. Im Blut heißen sie zunächst noch Monozyten, wenn sie dann ins Gewebe austreten, nehmen sie ihre Hauptarbeit als Makrophagen oder Riesen-Fresszellen auf und lauern überall im Gewebe von Haut, Darm, Lunge und dem Rest des Körpers auf Krankheitserreger und Fremdmaterial.

Einen schönen Namen haben derweil die Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), die eine Rolle bei der Verteidigung gegen Viren und Tumorzellen spielen. Auch Dendritische Zellen und Mastzellen zählen zu den Leukozyten, kommen aber strenggenommen nicht im Blut vor sondern in Oberflächengeweben wie Haut und Darm und zählen damit zur äußersten Verteidigungslinie des angeborenen Immunsystems.

Blutwerte, Blutuntersuchung & Leukozyten messen

Die Erstellung des Blutbildes wurde ursprünglich unter dem Mikroskop vorgenommen und trennt zunächst einmal rote Blutkörperchen (Erythrozyten) von Leukozyten und den Blutplättchen (Thrombozyten).

Dies ist recht simpel, da Erythrozyten aufgrund ihres Hämoglobingehaltes tatsächlich rot sind und Leukozyten nicht, während die Thrombozyten viel kleiner sind und eine charakteristische Form haben. Des Weiteren kann man dieses "Große Blutbild" weiter unterteilen, indem man ein "Differential-Blutbild" erstellt, bei dem die einzelnen Leukozyten-Subklassen dann einzeln aufgeschlüsselt sind. Hierzu kann man verschiedene Färbungen durchführen, welche die Leukozyten dann in verschiedenen Rot-Blau-Violett-Tönen zeigen.

Heutzutage wird zumindest das "Große Blutbild" maschinell angefertigt. Auch für das "Diff-BB" gibt es automatisierte Verfahren, aufgrund größerer Fehleranfälligkeit und Messungenauigkeiten blickt der Labormediziner hier jedoch auch des Öfteren noch selbst durchs Mikroskop.

Die Normwerte für Leukozyten allgemein liegen bei 4000-10000/Mikroliter, davon 50-75 Prozent Neutrophile, 20-45 Prozent Lymphozyten, 2-8 Prozent Monozyten, 2-5 Prozent Eosinophile und 0-1 Prozent Basophile (Merkspruch: "Never let monkeys eat bananas").

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Die Funktion der Leukozyten lässt sich grundsätzlich als "Abwehrsystem des Körpers" zusammenfassen. Die Zellen patrouillieren im Blut und wandern bei Bedarf ins Gewebe ein, entweder, um dort veraltete "Wächterzellen" (z.B. die Dendritischen Zellen) zu ersetzen oder bei akutem Bedarf, angelockt durch Botenstoffe.

Konkret könnte eine Abwehrreaktion so aussehen: Ein Krankheitserreger dringt durch eine Wunde in der Haut ein und wird von dort ständig angesiedelten Makrophagen gefressen. Die Fresszelle setzt Botenstoffe frei und sorgt mit diesen dafür, dass weitere Abwehrzellen an den Ort des Geschehens gelockt werden - es könnten ja noch weitere Erreger dort sein. Ist der Erreger ein Bakterium, sind es vor allem Neutrophile, die dann einwandern und alles Fremde fressen, was ihnen in den Weg kommt.

Handelt es sich um ein Virus, werden T-Lymphozyten angelockt. Diese können teilweise selbst als Fresszellen aktiv werden oder helfen (als "T-Helferzellen") den B-Zellen dabei, Antikörper zu produzieren, welche dann im Blut und auf Schleimhäuten verbreitet werden und jeden dem ursprünglichen Erreger ähnelnden Fremdpartikel markieren und damit inaktivieren und den Fresszellen zum Fraße vorbereiten.


Krankheiten

Eine Messung des Leukozytenwertes gehört eigentlich zu jeder anständigen Basisdiagnostik bei der Krankenhausaufnahme oder im ambulanten ärztlichen Bereich dazu. Eine Erhöhung der Leukozytenzahl kann Hinweis auf eine Infektion sein, mit welcher sich der Körper zum jeweiligen Zeitpunkt auseinandersetzt.

Nimmt man dann noch ein Differential-Blutbild hinzu, kann man eventuell anhand der Erhöhung von Neutrophilen oder Lymphozyten auch eine grobe Einschätzung vornehmen, ob es sich eher um eine bakterielle oder eine virale Infektion handeln könnte.

Dies ist jedoch sehr ungenau und lediglich Ausgangspunkt bzw. Anlass weiterer Diagnostik. Bei einer schweren Blutvergiftung oder speziellen Einzelinfektionen kann die Leukozytenzahl auch mal erniedrigt sein.

Ist die Leukozytenzahl in obstruser Weise erhöht, kann dies Ausdruck einer Leukämie sein. Dies als zufälliger Befund bei einer Blutentnahme aus ganz anderer Ursache ist in vielen Fällen der erste Hinweis überhaupt auf einen Blutkrebs, wenn der Betroffene sich noch relativ gesund fühlt. Auch hier gibt das Diff-BB Anhalt über die Herkunft und Art der Leukämie. Und auch hier ist das Ganze oft uneindeutig und es gibt viele Leukämien, bei denen der Leukozytenwert normal oder gering erniedrigt ist.

Schauplatz einer weiteren Erkrankung sind die Leukozyten bei Befall mit dem Humanen-Immundefizienz-Virus (HIV): Hier sind vor allem die T-Helferzellen durch das Virus befallen und werden dadurch funktionsunfähig. Da die Erkrankung jahrelang ohne äußere Anzeichen im Körper vor sich hinschlummert, bevor das Vollbild des AIDS ausbricht, spielt die Messung der T-Zellen hier eine wichtige Rolle, um den Fortschritt der Erkrankung und den Therapieerfolg abschätzen zu können.

Quellen

  • Gressner, A. M., Arndt, T.: Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. Springer Verlag, Berlin 2007
  • Kohse, K. P., Dörner, K.: Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie. Thieme, Stuttgart 2019
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015

Das könnte Sie auch interessieren