Epidermolysis bullosa
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter der Bezeichnung Epidermolysis bullosa, Schmetterlingshaut oder Schmetterlingskrankheit wird ein sehr heterogenes Spektrum an genetisch bedingten Hauterkrankungen, die mit Blasenbildung infolge von Hautfragilität einhergehen, zusammengefasst. Die Epidermolysis bullosa weist eine Inzidenz von etwa 1:50000 bis 1:100000, wobei beide Geschlechter gleichermaßen betroffen sind.
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Was ist Epidermolysis bullosa?
Als Epidermolysis bullosa wird eine Reihe genetisch bzw. mutativ bedingter Dermatosen (Hauterkrankungen) bezeichnet, bei welchen minimale Traumata zu einer Blasenbildung der Haut und/oder Schleimhäute führen.
Klinisch kann sich eine Epidermolysis bullosa in Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Mutation äußerst heterogen (von letalen Verläufen mit ausgeprägten Befall im frühen Lebensalter, über milde Formen mit akralem Befallsmuster bis hin zu minimalen Läsionen, die zu keiner Blasenbildung führen) äußern.
Traditionell wird zwischen drei Formen der Epidermolysis bullosa differenziert, die jeweils unterschiedliche Subtypen aufweisen. Bei der sogenannten Epidermolysis bullosa simplex (EBS) ist die Blasenbildung vor allem an Händen und Füßen (Weber Cockayne) oder generalisiert (Dowling-Meara, Koebner-EBS) zu beobachten. Bei der generalisierten Form einer Epidermolysis bullosa junctionalis (EBJ) ist meistens die Schleimhaut und der gastrointestinale Trakt beteiligt, während die lokalisierte Form eine akrale Blasenbildung mit Nageldystrophien und Zahnschmelzdefekten aufweist.
Die schwerste Form der Epidermolysis bullosa dystrophica (Hallopeau-Siemens-Typ) geht mit Narbenbildung, Invalidität und verminderter Lebenserwartung einher. Sekundäre klinische Symptome einer Epidermolysis bullosa umfassen in Abhängigkeit von der Erkrankungsform unter anderem Pseudosyndaktylien, Ösophagusstenosen, Muskeldystrophie, Pylorusatresie, Anämie sowie Eiweiß- und Eisenmangel, Entwicklungsretardationen und psychosomatische Beeinträchtigungen.
Ursachen
Eine Epidermolysis bullosa ist auf autosomal-dominante oder autosomal-rezessiv vererbte Mutationen in bestimmten Strukturproteinen der Basalmembranzone (BMZ) der Haut, die eine Fragilität in den jeweils betroffenen Hautschichten bedingen, zurückzuführen.
Die betroffenen Gene kodieren wichtige Strukturkomponenten (Hemidesmosomen, Verankerungsfibrillen), die die Epidermis mit der Dermis verbinden. Infolge der Mutationen weisen diese Strukturelemente einen Funktionsverlust auf oder fehlen vollständig, so dass der Zusammenhalt der Hautschichten nicht mehr gewährleistet ist und leichte Traumata eine Blasenbildung in Haut und Schleimhaut induzieren.
Bei der Epidermolysis bullosa simplex bedingen Mutationen auf den Keratin- oder Plectin-Genen (v.a. für Keratine 5, 14) einen Zusammenbruch des Keratin-Zytoskeletts sowie eine Zytolyse (Zellauflösung) der Keratinozyten in der Basalmembran, während bei der Epidermolysis bullosa junctionalis die die Epidermis mit der Basalmembran verankernden Hemidesmosomen u.a. infolge von Mutationen auf dem Laminin-5-Gen morphologische und funktionale Abnormitäten aufweisen.
Bei einer sogenannten Epidermolysis bullosa dystrophica ist die Vernetzung der Basalmembran mit der darunterliegenden Dermis infolge defekter Verankerungsfibrillen gestört.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Aufgrund der Epidermolysis bullosa leiden die Betroffenen in der Regel an unterschiedlichen Hautbeschwerden, die sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken und diese deutlich verringern. Es treten dabei starke Blasen auf der Haut auf, die den gesamten Körper des Betroffenen bedecken können. Auch im Inneren des Körpers können die Blasen dabei auftreten.
Sie sind mit Schmerzen verbunden und in der Regel auch mit einer Flüssigkeit gefüllt. Weiterhin kommt es auch zu Wunden oder zu Narben, falls die Blasen aufplatzen. Es können sich auch verschiedene Fehlbildungen am Körper durch Epidermolysis bullosa einstellen, sodass zum Beispiel Zehen verwachsen oder die Nägel ausfallen.
Dadurch wird auch die Ästhetik des Patienten erheblich verringert und eingeschränkt, sodass viele Betroffene an einem deutlich verringerten Selbstwertgefühl oder auch an Minderwertigkeitskomplexen leiden. Bei Kindern kann es durch Epidermolysis bullosa zu Mobbing oder zu Hänseleien kommen.
Weiterhin leiden die Patienten auch an einer Kleinwüchsigkeit und nicht selten an Haarausfall. In vielen Fällen kommt es weiterhin zu einem sehr starken Schwitzen, sodass der Betroffene auch nachts Schlafbeschwerden aufweist. In der Regel wirkt sich die Epidermolysis bullosa nicht negativ auf die Lebenserwartung des Patienten aus.
Diagnose & Verlauf
Eine Epidermolysis bullosa wird in aller Regel anhand der charakteristischen Blasenbildung diagnostiziert. Eine molekulare Diagnostik ermöglicht die genaue Bestimmung des Subtyps bereits im Neugeborenenalter, während eine Hautbiopsie und ein Antigen Mapping Aussagen zur Lokalisation der Blasenbildung sowie zu den spezifisch betroffenen Strukturproteinen zulassen.
Elektronenmikroskopisch können auffällige Strukturen und typische Merkmale in den Keratinfilamenten, Hemidesmosomen und Verankerungsfibrillen beurteilt werden. Verlauf und Prognose hängen bei einer Epidermolysis bullosa vom spezifisch vorliegenden Subtyp ab. Während der Verlauf der häufig vorkommenden milden EBS in aller Regel sehr günstig ist, kann beispielsweise eine EBJ (v.a. Herlitz-EBJ) letal sein.
Komplikationen
Durch die Epidermolysis bullosa kommt es zu einer vermehrten Bildung von Blasen auf der Haut und auch im Inneren des Körpers. Diese Blasen verringern bei vielen Menschen das Selbstwertgefühl und können auch zu Minderwertigkeitskomplexen führen und dadurch psychische Beschwerden und Depressionen auslösen. Von den Blasen bleiben nicht selten Narben und Wunden übrig.
Ebenso leidet der Patient an unterschiedlichen Fehlbildungen in verschiedenen Regionen des Körpers und an Kleinwuchs. Nicht selten kommt es auch zu einem Haarausfall und zu starken Schweißausbrüchen und Panikattacken. Die Lebensqualität des Patienten ist durch die Epidermolysis bullosa stark eingeschränkt. Blasen auf der Haut können auch von einem Juckreiz betroffen sein und zu einer starken Rötung führen.
Die Behandlung zielt in erster Linie auf die Symptome ab und heilt die Blasen. Diese werden meistens aufgebrochen und desinfiziert. Entzündungen und Juckreize können mit Hilfe von Antibiotika behandelt werden, wobei der Patient oft auch eine Umstellung der Ernährung durchführen muss. In vielen Fällen kann die Epidermolysis bullosa gut behandelt werden, sodass es zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt. Die Lebenserwartung wird in der Regel nicht eingeschränkt.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Zeigen Neugeborene ungewöhnliche Veränderungen des Hautbildes, sollten die von einem Arzt abgeklärt werden. Bilden sich am Körper Blasen, gilt dies als ein ungewöhnliches Erscheinungsbild. Ein Arzt sollte umfassende Untersuchungen einleiten, um eine Ursache ermitteln zu können.
Stellen sich Wunden ein oder leidet der Betroffene unter einer Narbenbildung, empfiehlt es sich, einen Arzt zu konsultieren. Bei offenen Wunden können Keime in den Organismus eindringen und weitere Erkrankungen auslösen. Ein Arztbesuch sollte daher rechtzeitig stattfinden. Eine optische Auffälligkeit der Nagelbildung an den Fingern oder Zehen gilt als besorgniserregend.
Ein Arzt sollte konsultiert werden, damit eine Behandlung eingeleitet werden kann. Fallen die Haare aus nicht erklärbaren Gründen aus, ist es nötig, einen Arzt aufzusuchen. Bei einer starken Schweißbildung ist es ratsam, wenn die Beschwerden mit einem Mediziner besprochen werden. Kommt es zu emotionalen oder seelischen Problemen, sollte die Unterstützung eines Arztes oder Therapeuten in Anspruch genommen werden.
Kommt es zu einem sozialen Rückzug, Verhaltensauffälligkeiten oder Schwankungen der Stimmung, ist es hilfreich, wenn ein Arzt konsultiert wird. Bei einem verminderten Selbstbewusstsein, einer gedrückten Gefühlslage und anhaltender Apathie, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Tritt aufgrund der Narben ein Unwohlsein auf, empfiehlt es sich, den Kontakt zu einem Schönheitschirurgen zu suchen.
Behandlung & Therapie
Die therapeutischen Maßnahmen zielen bei einer Epidermolysis bullosa auf Symptomlinderung und Stabilisierung. Im Rahmen einer täglichen Lokaltherapie werden die Blasen aufgestochen, desinfiziert und die Wunden mit rückfettenden Lotionen versorgt, wobei bei der Wundversorgung auf Pflaster und verklebende Materialien verzichtet werden sollte.
Bewährt haben sich diesbezüglich selbsthaftende Binden, Schlauchverbände, Fettgazen in Kombination mit Vlieskompressen und silikonbeschichtete Gitterverbände. Bei Juckreiz und Ekzematisierung können kurzfristig Steroide und topische Antibiotika bei Sekundärinfektionen zum Einsatz kommen. Systemische Therapieansätze existieren für eine Epidermolysis bullosa bislang nicht und systemisch angewandte Steroide und Phenylhydantoin konnten sich nicht bewähren.
In Einzelfällen sind Therapien mit Antibiotika, Retinoiden oder Vitamin-E erfolgreich. Zudem wird eine Ernährungsumstellung empfohlen, da durch die vermehrte Epithelregeneration und Wundabsonderung ein erhöhter Kalorien-, Mineralstoff- (v.a. an Eisen, Zink) sowie Proteinbedarf besteht.
Gentherapeutische Behandlungsansätze, die zum jetzigen Zeitpunkt noch erforscht werden, können die Grundlagen für eine zukünftige kausale Therapie legen. Hierbei soll das jeweils betroffene Gen durch gesunde oder synthetisch „reparierte“ Keratinozyten-Transplantate oder mit Hilfe externer Gen-Vehikel (v.a. Liposomen) ersetzt werden, um die Synthese normal funktionierender Strukturproteine zu bewirken und somit die Manifestierung einer Epidermolysis bullosa zu verhindern.
Aussicht & Prognose
Die Aussichten bei der Epidermolysis bullosa sind unterschiedlich. Bei einem spektakulären Fall konnte die Gentherapie einem todkranken Jungen das Leben retten. Die Transplantation gentechnisch veränderter Eigenhaut wurde erstmals vorgenommen. In der Gentherapie sehen die Mediziner bei schweren Fällen von Epidermolysis bullosa die besten Chancen auf vollständige Gesundung.
In den meisten Fällen ist die Prognose von der Struktur eines bestimmten Proteins abhängig. Die Epidermolysis bullosa kann milde ausfallen, aber auch mit schweren Folgeerscheinungen wie Hauttumoren einhergehen. Da die Epidermolysis bullosa erblich ist, wird sie oft frühzeitig entdeckt. Bei einer schweren Epidermolysis bullosa erreichen die betroffenen Kinder nicht das Erwachsenenalter - es sei denn, durch die noch nicht zugelassene Gentherapie. Bei milden Formen der Epidermolysis bullosa können die Symptome sich mit dem fortschreitenden Alter etwas abmildern.
Die milden Formen der Epidermolysis bullosa kommen häufiger vor. Dadurch fällt die Prognose insgesamt besser aus. Die Symptome dieser erblichen Erkrankung sind meist so früh erkennbar, dass der Erkrankungstyp schnell ermittelt werden kann. Problematisch ist jedoch, dass es außer der Gentherapie bisher keine geeigneten Behandlungsansätze gibt. Die Epidermolysis bullosa kann daher nur sympthomatisch therapiert werden. Das bedeutet, dass vorwiegend prophylaktische und schmerztherapeutische Maßnahmen sowie eine Wundversorgung vorgenommen werden. Gegebenenfalls können operative Maßnahmen die Lebensqualität etwas verbessern.
Vorbeugung
Da eine Epidermolysis bullosa genetisch bedingt ist, kann dieser nicht vorgebeugt werden. Allerdings sollten Betroffene Traumata und Hitze vermeiden und durch eine konsequente Hautpflege und Lokalbehandlung der Blasen (sekundären) Symptomen der Epidermolysis bullosa vorbeugen.
Nachsorge
In den meisten Fällen sind bei einer Epidermolysis bullosa die Möglichkeiten oder die Maßnahmen einer Nachsorge sehr stark eingeschränkt. Die Betroffenen sind dabei in erster Linie auf die frühzeitige Diagnose und Behandlung dieser Krankheit angewiesen, um weitere Komplikationen und Beschwerden an der Haut zu verhindern. Nur durch eine frühzeitige Diagnose kann es zu einer vollständigen Heilung kommen.
Aus diesem Grund steht bei der Epidermolysis bullosa im Vordergrund die schnelle Diagnose der Erkrankung. In den meisten Fällen wird die Krankheit mit Hilfe von Antibiotika behandelt. Der Betroffene ist dabei auf eine richtige und regelmäßige Einnahme angewiesen und sollte dabei auch unbedingt den Anweisungen des Arztes folgen. Weiterhin sollte bei der Einnahme von Antibiotika auch kein Alkohol getrunken werden, da dieser ihre Wirkung deutlich verringern kann.
Auch nach Abklingen der Beschwerden der Epidermolysis bullosa sollten die Medikamente nach ärztlicher Anweisung trotzdem noch einige Tage lang eingenommen werden. Nicht selten kann sich auch die Einnahme von Vitamin-E Präparaten positiv auf den Verlauf der Epidermolysis bullosa auswirken. Die Betroffenen sind im Allgemeinen auch auf die Unterstützung und die Hilfe der eigenen Familie angewiesen, damit es nicht zu psychischen Verstimmungen oder zu Depressionen kommt.
Das können Sie selbst tun
Im Umgang mit der Epidermolysis bullosa sollte der Patient nur dermatologisch getestete kosmetische Artikel benutzen. In vielen Fällen ist es hilfreich, wenn auf die Verwendung von Kosmetika vollständig verzichtet werden kann. Dies entlastet die Haut und beugt zusätzlichen Hautirritationen vor. Das Jucken und Scheuern an den betroffenen Regionen sollte vollständig unterlassen werden. Dadurch nehmen die Beschwerden zu und Krankheitserreger können durch die offenen Wunden in den Organismus gelangen.
Damit der Körper ausreichende Abwehrkräfte im Kampf gegen die Erkrankung erzeugen kann, ist es ratsam, auf eine gesunde Lebensführung zu achten. Mit einer ausgewogenen und vitaminreichen Ernährung wird das Immunsystem gestärkt. Zusätzlich fördern regelmäßige Bewegung und das Nachgehen von sportlichen Aktivitäten das allgemeine Wohlbefinden.
Zur Stabilisierung der Psyche ist es hilfreich, wenn der Patient Entspannungstechniken anwendet. Über Methoden wie Yoga oder Meditation kann der Stress abgebaut werden und eine innere Balance wird hergestellt. Gespräche und der Austausch mit anderen Menschen werden immer wieder als wohltuend im Umgang mit der Epidermolysis bullosa empfunden.
In Selbsthilfegruppen können Patienten in einer vertrauensvollen Atmosphäre Erfahrungen miteinander teilen und sich gegenseitige Hilfestellungen geben. In Unterhaltungen mit Angehörigen oder Menschen des sozialen Umfeldes können Bedenken oder Ängste besprochen und abgebaut werden.
Quellen
- Dirschka, T., Hartwig, R.: Klinikleitfaden Dermatologie. Urban & Fischer, München 2011
- Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010
- Sterry, W., Worm, M., Burgdorf, W.: Checkliste Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2014