Extramedulläre Hämatopoese

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der extramedullären Hämatopoese handelt es sich um eine spezielle Form der Bildung von Blut. Grundsätzlich steht der Begriff „Hämatopoese“ für Blutbildung beziehungsweise die Produktion von Blutzellen, die außerhalb des Knochenmarks stattfindet. Während der Fetalzeit ist die Blutbildung außerhalb des Knochenmarks physiologisch. Postnatal erfolgt diese Form der Blutbildung jedoch ausschließlich im pathologischen Zusammenhang.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine extramedulläre Hämatopoese?

Bei der extramedullären Hämatopoese handelt es sich um eine spezielle Form der Bildung von Blut.

Grundsätzlich wird unter der Bezeichnung „Hämatopoese“ die Bildung von Blutzellen beziehungsweise Blutkörperchen verstanden. Diese Zellen werden dabei von speziellen Stammzellen produziert, die zur Bildung von Blutzellen in der Lage sind. Eine Vielzahl von Blutkörperchen weist eine beschränkte Lebensdauer auf.

So werden die Erythrozyten zwischen 40 und 120 Tage alt, während die Thrombozyten über eine Lebensdauer von drei bis zehn Tagen verfügen. Aus diesem Grund ist die ständige Nachbildung neuer Blutzellen notwendig. Bei erwachsenen Personen bilden sich pro Tag mehrere Milliarden neuer Blutkörperchen.

Grundsätzlich stammt der Begriff Hämatopoese aus dem Griechischen und steht für das Hervorbringen von Blut. Beim Menschen beziehungsweise Fetus erfolgt die Bildung von Blutzellen zunächst in den Blutinseln innerhalb des Dottersacks. Denn erst später werden jene Organe ausgebildet, die nach der Geburt für die Produktion von Blutkörperchen zuständig sind. Eine besondere Form der Blutbildung ist die extramedulläre Hämatopoese.

Dazu gehören in erster Linie die Milz, der Thymus und das Knochenmark. Beim ungeborenen Menschen ist vorerst die Leber für die Bildung von Blutzellen verantwortlich. Hier werden die ersten reifen Erythrozyten ohne Kern produziert. Außerdem bildet die Leber des Fetus auch andere wichtige Arten von Blutkörperchen.

Nach der Geburt findet die Blutbildung bei gesunden Personen im Knochenmark statt. Dabei handelt es sich um das sogenannte myelotische System. Außerdem ist auch das lymphatische System zur Bildung von Blutzellen in der Lage. Grundsätzlich werden die Zellen des Blutes aus den Stammzellen gebildet.

Diese reifen im ersten Schritt im Knochenmark und gehen schließlich in das Blut über. Manche Stammzellen sind pluripotent und produzieren myeloische und lymphatische Blutzellen. Andere Stammzellen bilden lediglich einen Typ von Blutkörperchen aus.

Ursachen

Für die extramedulläre Hämatopoese, das heißt die Bildung von Blutzellen außerhalb des Knochenmarks, gibt es eine Vielzahl von möglichen Ursachen. Dabei handelt es sich in erster Linie um bestimmte Krankheiten, die mit einer extramedullären Hämatopoese einhergehen. Zum einen sind diverse myeloproliferative Erkrankungen in der Lage, eine extramedulläre Hämatopoese hervorzurufen.

Myeloproliferative Krankheiten sind zum Beispiel die chronische myeloische Leukämie, die auch mit der Abkürzung CML bezeichnet wird oder die Osteomyelofibrose. Außerdem zählen verschiedene Knochenmarksmetastasen zu diesen Erkrankungen, sowie zum Beispiel Brustkrebs, ein kleinzelliges Bronchialkarzinom sowie ein Prostatakarzinom.

Neben den myeloproliferativen Erkrankungen stellt auch eine sogenannte Rhesus-Inkompatibilität eine potenzielle Ursache für die Entstehung einer extramedullären Hämatopoese dar. Schließlich sind auch diverse Arten von Giften in der Lage, eine extramedulläre Hämatopoese auszulösen. Dazu gehört zum Beispiel die toxische Substanz Pentachlorphenol.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine extramedulläre Hämatopoese geht mit diversen typischen Symptomen einher, die charakteristisch für die Krankheit sind. Grundsätzlich gilt, dass die Krankheit in mehreren Organen auftreten kann. Dazu gehören zum Beispiel die Milz, die Leber und die Haut.

Im überwiegenden Teil der Fälle wird die extramedulläre Hämatopoese dabei von chronischen myeloproliferativen Krankheiten ausgelöst. Auch eine unmittelbare Verletzung am Knochenmark, das für die Bildung von Blutzellen zuständig ist, hat unter Umständen eine extramedulläre Hämatopoese zur Folge. Prinzipiell stellt die extramedulläre Hämatopoese eine Verdrängung der Blutbildung aus ihrem gewöhnlichen Bereich dar.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Leidet eine Person unter charakteristischen Anzeichen und Symptomen einer extramedullären Hämatopoese, ist umgehend ein Facharzt aufzusuchen. Der behandelnde Arzt bespricht mit dem jeweiligen Patienten zuerst dessen persönliche Krankengeschichte und führt die Anamnese durch. Im Anschluss daran finden diverse klinische Untersuchungen statt.

Das wichtigste Element zur Diagnose einer extramedullären Hämatopoese bildet ein peripherer Blutausstrich. Liegt eine extramedulläre Hämatopoese vor, zeigt sich hierbei, dass ungewöhnlich viele unreife Blutkörperchen in das periphere Blut austreten. Dies sind beispielsweise tropfenförmige Erythrozyten mit Kern beziehungsweise sogenannte Dakryozyten.

In einigen Fällen handelt es sich auch um nicht vollständig ausgereifte Granulozyten. Besteht der Verdacht auf eine extramedulläre Hämatopoese, ist die Durchführung einer Biopsie des Knochenmarks angezeigt. Sind hier die typischen fibrösen oder malignen Vorgänge zu erkennen, gilt die Diagnose als relativ gesichert. Im Rahmen der Differentialdiagnose ist in erster Linie eine aplastische Anämie abzuklären.

Behandlung & Therapie

Da die extramedulläre Hämatopoese in der Regel die Folge beziehungsweise ein begleitendes Symptom einer anderen Grunderkrankung ist, stellt die Therapie der zu Grunde liegenden Krankheit das Mittel der Wahl dar. Aus diesem Grund ist es essenziell, die Grunderkrankung korrekt zu diagnostizieren und anschließend eine adäquate Therapie einzuleiten. Ist die Behandlung erfolgreich, ist eine Rückbildung der extramedullären Hämatopoese möglich.


Vorbeugung

Wirkungsvolle Maßnahmen zur direkten Vorbeugung einer extramedullären Hämatopoese sind aktuell noch nicht bekannt. Grundsätzlich müssten präventative Maßnahmen an den möglichen Grunderkrankungen ansetzen, die unter Umständen eine extramedulläre Hämatopoese nach sich ziehen.

Da die extramedulläre Hämatopoese einen bedrohlichen Zustand darstellt, ist so schnell wie möglich eine geeignete Therapie einzuleiten. Aus diesem Grund ist bei typischen Anzeichen einer extramedullären Hämatopoese ein Arzt zu konsultieren.

Quellen

  • Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
  • Neumeister, B. et al.: Klinikleitfaden Labordiagnostik. Elsevier/Urban & Fischer, München 2009
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage, de Gruyter, Berlin 2014

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