Chronische myeloische Leukämie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist eine spezielle Unterart der Leukämie, bei der die weißen Blutkörperchen im Blut erkranken und sich schädlich auf den gesamten Organismus auswirken. Doch wie genau lässt sich eine Erkrankung an CML diagnostizieren? Und wie kann die chronische myeloische Leukämie behandelt werden?
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Was ist eine chronische myeloische Leukämie?
Bei der chronischen myeloischen Leukämie sind die weißen Blutkörperchen, die Leukozyten, betroffen. Diese Blutkörperchen werden aus Stammzellen gebildet, die im Knochenmark zu finden sind. Die Aufgabe der weißen Blutkörperchen ist zum Einen das Zerstören der Erreger und Zelltrümmer, zum Anderen aber auch die Immunabwehr.
Bei einer Erkrankung an CML können die Leukozyten nicht vollständig heranreifen und sind somit funktionslos. Gleichzeitig tritt eine starke und kontinuierliche Vermehrung der fehlerhaften Leukozyten im Blut und Knochenmark auf.
Schreitet die chronische myeloische Leukämie voran, so verdrängen diese Leukämiezellen die gesunden Blutzellen, wodurch ein akuter Mangel an roten und funktionstüchtigen weißen Blutplättchen, sowie an Blutplättchen entsteht.
Die Erkrankung verläuft über mehrere Jahre meist symptomlos und lässt sich daher schlecht im Anfangsstadium, der chronischen Phase, erkennen. Die CML ist abzugrenzen von der akuten myeloische Leukämie.
Ursachen
Als Ursache einer Erkrankung an chronischer myeloischer Leukämie gilt meist die genetische Störung des Erbgutes. Bei der CML handelt es sich dabei meist um das sogenannte Philadelphia-Chromosom, welches verkürzt ist und so eine übermäßige Aktivität der Tyrosinkinase bewirkt.
Dieses Enzym ist dann für den drastischen Anstieg der Zahl der Leukozyten im Blut verantwortlich. Als ein Risikofaktoren der Erkrankung an CML nennen Mediziner zudem Benzol, ionisierende und radioaktive Strahlung und Viren. Die genauen Ursachen sind jedoch trotz des heutigen Standes der medizinischen Forschung noch unbekannt.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die chronische myeloische Leukämie verläuft schleichend und verursacht oft über Jahre keine Beschwerden. Bereits im frühen Stadium der Erkrankung können bei einer routinemäßigen Blutuntersuchung eine Erhöhung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und das Vorhandensein unreifer Blutzellen auffallen. Erste spürbare Symptome sind häufig eine verminderte Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, depressive Verstimmungen und Appetitlosigkeit – diese Beschwerden sind aber sehr unspezifisch und können ebenso durch andere, meist harmlose gesundheitliche Störungen verursacht werden.
Einen deutlicheren Hinweis gibt ein Druckgefühl im Oberbauch, das durch die tastbar vergrößerte Milz verursacht wird. Gelegentlich treten dadurch auch Rückenschmerzen auf. Schreitet die Erkrankung fort, macht sich eine erhöhte Blutungsneigung oft durch Zahnfleischbluten, Nasenbluten und Einblutungen in die Haut bemerkbar.
Ein Mangel an roten Blutkörperchen zeigt sich durch auffallende Hautblässe und deutlichen Leistungsabfall, auch Atemnot und ein erhöhter Pulsschlag sind möglich. Die Schwächung des Immunsystems zieht eine erhöhte Infektanfälligkeit nach sich. Häufig auftretende Symptome sind auch Fieber ohne erkennbare Ursache, vermehrter Nachtschweiß und eine ungewollte Gewichtsabnahme.
An eine chronische myeloische Leukämie ist vor allem zu denken, wenn diese Beschwerden immer wieder auftreten oder über längere Zeit anhalten. Ohne Behandlung verschlechtert sich in der Regel im Verlauf der Erkrankung die Symptomatik, die von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein kann.
Diagnose & Verlauf
Liegt ein Verdacht auf eine chronische myeloische Leukämie vor, so wird zunächst das Blutbild gründlich im Labor untersucht. Um die Erkrankung dann möglichst schnell und effektiv bekämpfen zu können, ist zudem eine Knochenmarksbiopsie nötig. Als definitiver Beweis der CML gilt aber der Beweis über das Auftreten des Philadelphia-Chromosoms.
Eine Erkrankung an CML beginnt mit der oftmals symptomlosen chronischen Phase. Daran anschließend äußert sich die sogenannte Akzelerationsphase. Dieses Stadium zeichnet sich in erster Linie durch eine Verschlechterung des Blutbildes aus, wodurch sich die Blutungsneigung erhöht, während sich gleichzeitig das Immunsystem verschlechtert. Betroffene neigen dann zu Atemnot, Blässe, Herzrasen und Leistungsabfall.
An dieses Stadium schließt meist die sogenannte Blastenkrise an, die sich dadurch äußert, dass die unreifen Leukozyten, die Blasten, in noch größerer Zahl im Blut vorliegen. Bleibt eine Behandlung der Erkrankung an CML in diesem Stadium aus, kann dies für den Patienten innerhalb kürzester Zeit tödlich enden.
Komplikationen
Bei der chronischen myeloischen Leukämie kommt es zu nicht ausgebildeten Formen von Leukozyten. Sie gilt daher als neoplastische Erkrankung innerhalb des blutbildenden Systems. Das Symptom unterliegt keiner erblichen Veranlagung und ist nicht nach Art einer Ansteckung übertragbar. Die Veränderungen betreffen direkt die im Knochenmark blutbildenden Stammzellen.
Als Pathogenese wird eine durch äußere Umstände bedingte genetische Veränderung vermutet. Eventuell könnten ionisierende Strahlungen, Chemotherapeutika, Benzol oder Viren eine auslösende Beteiligung haben. Bisher weisen sämtliche Betroffenen der chronisch myeloischen Leukämie das Philadelphia-Chromosom auf. Das Symptom tritt im Alter von vierzig bis sechzig Jahren auf, die Mehrzahl der Erkrankten sind männlich.
Zu Beginn werden die Symptome oft falsch gedeutet. Was verschiedene Komplikationsrisiken birgt. Im Allgemeinen klagen Betroffene über Schweißausbrüche, Fieberschübe, starke Kopfschmerzen und einer erheblichen Leistungsminderung. Der Immunhaushalt sinkt und die Infektgefahr steigt. Wird das Symptom nicht rechtzeitig ärztlich abgeklärt, können sich leukämische Thromben bilden.
Die Milz vergrößert sich und es entstehen Schmerzen im Oberbauch. Teilweise kommt es zum regelrechten Milzinfarkt. Mit Hilfe des aussagekräftigen Blutbildes und der Differentialdiagnose wird eine Normalisierung des Zustandes sowie ein weiteres Ausbreiten der Krankheit angestrebt. Fallabhängig kommt eine Stammzelltransplantation, Chemotherapie oder Präparate der Tyrosinkinaseinhibitoren-Gruppe zum Einsatz. Ist der Patient zu geschwächt, können Kreislaufprobleme als Komplikationsfolgen auftreten.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Beim Verdacht auf eine chronische myeloische Leukämie sollte auf jeden Fall ein Arzt konsultiert werden. Vor allem Blässe, Müdigkeit und ein ungewöhnlicher Blutverlust gehören zu den Symptomen, die unbedingt von einem Mediziner abgeklärt werden müssen.
Ein Druckgefühl im linken Oberbauch deutet auf eine fortgeschrittene Leukämie hin – in diesem Fall sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden. Auch Blutungen, zunehmende Schmerzen im Bereich des Magens und das charakteristische Fieber, welches unabhängig von einer Infektion auftritt, bedürfen einer sofortigen Abklärung durch den Hausarzt oder einen Spezialisten.
Besonders gefährdet sind Personen, die bereits einmal an Krebs erkrankt sind. Auch ein ungesunder Lebensstil sowie der Kontakt mit Umweltgiften und Schadstoffen scheinen im Zusammenhang mit der Entstehung einer chronischen myeloischen Leukämie zu stehen. Wer zu diesen Risikogruppen zählt, sollte bei ersten Warnzeichen mit dem Hausarzt sprechen. Bei einem konkreten Verdacht kann der Onkologe oder ein Internist aufgesucht werden. Sollten sich bereits Komplikationen bemerkbar machen, ist die 112 oder der ärztliche Notdienst zu kontaktieren.
Behandlung & Therapie
Die chronische myeloische Leukämie lässt sich am besten mithilfe von tumorspezifischen Medikamenten bekämpfen, sodass sie Heilungschancen in zahlreichen Fällen sehr hoch sind. Diese sogenannten Tyrosinkinase-Inhibitoren hemmen das Enzym Tyrosinkinase und sorgen somit dafür, dass die Leukämiezellen zurückgedrängt werden.
Während der Behandlung kann es zu leichteren Beschwerden kommen, wie zum Beispiel Flüssigkeitsansammlungen, Muskelkrämpfen oder auch Übelkeit. Für die Patienten ist es wichtig, dass sie weiterhin regelmäßig ihr Blut und Knochenmark untersuchen lassen, um frühzeitig den Erfolg der Behandlung erkennen zu können. Außerdem ist diese Behandlungsmethode dauerhaft über einen längeren Zeitraum durchzuführen, um eine vollständige Heilung herbeizuführen. Wird die Behandlung mit Tyrosinkinase-Inhibitoren frühzeitig abgebrochen, kommt es in häufigen Fällen zu einem Rückfall.
Schlagen die Tyrosinkinase-Inhibitoren bei dem an CML erkrankten Patienten jedoch nicht an, so wird eine Knochenmark- oder Stammzell-Transplantation in Betracht gezogen. Hierfür ist jedoch ein passender, gesunder Spender notwendig. Bevor aber die Blutstammzellen des Spenders injiziert werden, muss der Patient eine Hochdosis-Chemotherapie über sich ergehen lassen, damit alle Leukämiezellen vernichtet werden. Eine Transplantation muss jedoch im Vorhinein gründlich überlegt werden, da sie zahlreiche Risiken aufwerfen kann.
Aussicht & Prognose
Vor den heute existierenden Behandlungsmöglichkeiten bei chronischer myeloischer Leukämie war die Prognose der Erkrankung sehr schlecht. Ohne Behandlung beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung der betroffenen Patienten lediglich drei bis vier Jahre. Die Erkrankung läuft typischerweise dann immer nach dem Schema chronische Phase, Akzelerationsphase und Blastenkrise ab. Wenn die Phase der Blastenkrise erreicht ist, beträgt die Lebenserwartung nur noch wenige Wochen.
Bei der heute möglichen medikamentösen Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) kann die chronische Phase so stabilisiert werden, dass sogar eine normale Lebenserwartung möglich ist. Durch die Hemmung der Tyrosinkinase-Aktivität wird die fortlaufende Vermehrung von unreifen Leukozyten gestoppt. Bei manchen Patienten können nach dieser Behandlung die mutierten multipotenten hämatopoetischen Vorläuferzellen mit den heutigen zur Verfügung stehenden Nachweismethoden nicht mehr festgestellt werden. Dabei ist aber noch nicht klar, ob dann eine vollständige Heilung erreicht ist.
Ein Absetzen der Behandlung könnte zu einem erneuten Aufleben der Erkrankung führen. In seltenen Fällen schlägt jedoch die medikamentöse Therapie nicht an. Dann muss eine Stammzelltransplantation durchgeführt werden, die zwar zur vollständigen Heilung führt, aber durch die Nebenwirkungen (Abstoßungsreaktionen, Infektionen) die Lebenserwartung senken kann. So hat sich erwiesen, dass eine lebenslange Therapie mit Tyrosinkinase-Hemmern ohne vollständige Heilung in vielen Fällen für den Patienten vorteilhafter ist als bei einer Stammzelltherapie mit vollständiger Heilung.
Vorbeugung
Wirkliche Vorbeugungsmaßnahmen kann man bei einer chronischen myeloischen Leukämie leider nicht treffen. Im Falle der Erkrankung ist es jedoch notwendig, dass sie verabreichten Medikamente über einen längeren Zeitraum hinweg kontinuierlich eingenommen werden, um so einen Rückfall vermeiden zu können. Die Überlebensrate der CML liegt, abhängig von der jeweiligen Behandlungsmethode, über zehn Jahre hinweg betrachtet zwischen 40 und 55 Prozent.
Nachsorge
Die chronische myeloische Leukämie (AML) ist eine selten auftretende, bösartige Bluterkrankung. Die unkontrollierte Vermehrung weißer Blutkörperchen wird durch Anstöße aus dem Rückenmark verursacht. Da Blut und Rückenmark wichtige Vitalzentren darstellen, ist nach der Akutbehandlung der chronischen myeloischen Leukämie eine medizinische Überwachung unerlässlich. Auch kleine und größere Kinder leiden an AML.
Ein Facharzt für Hämatologie muss die Betroffenen mit chronischer myeloischer Leukämie regelmäßig untersuchen. In der Regel handelt es sich um einen Facharzt für Innere Medizin mit einer Zusatzausbildung. Solange die Behandlung andauert, sollte die Vorstellung beim Hämatologen alle drei, später alle sechs Monate erfolgen.
Tritt eine Verschlechterung der Symptome ein, ist der Arzt umgehend aufzusuchen. Eine engmaschige Nachsorge ist sinnvoll, weil es zu einem Leukämie-Rückfall kommen kann. Soziale Ausgrenzung oder psychische Probleme sind im Rahmen der Nachsorge zu berücksichtigen. Der Grund für die lange Nachsorge ist in der Intensität der Therapien zu sehen. Die verordneten Leukämie-Präparate werden hoch dosiert. Es kann zu radioaktiven Bestrahlungen kommen.
Außerdem belastet das Wissen um eine nicht heilbare Erkrankung viele Menschen stark. In der Akutphase dominiert die Konzentration auf die Therapie. Erst nach Ende Akutbehandlung wird die Erkrankung in ihrer ganzen Dimension verarbeitet. Jetzt stehen die seelischen Belastungen der chronischen myeloischen Leukämie eher im Vordergrund.
Das können Sie selbst tun
Die chronische myeloische Leukämie verläuft langsam und ist durch eine individuell abgestimmte medikamentöse Therapie meist gut zu beeinflussen. Betroffene können daher in der Regel über lange Zeit einen weitgehend normalen Alltag und eine hohe Lebensqualität aufrechterhalten.
Voraussetzung dafür ist die regelmäßige Einnahme der vom Arzt verordneten Medikation und das konsequente Wahrnehmen der Kontrolltermine. Allerdings kann die Diagnose die eigene Psyche und das Verhältnis zu den Mitmenschen stark belasten, ein großer Stellenwert kommt daher der Krankheitsbewältigung zu:
Ein offener Umgang mit der Erkrankung und die gründliche Information über Ursachen, Therapieoptionen und möglichen Verlauf erleichtert die Anpassung an die veränderte Situation. Neben den behandelnden Ärzten können auch psychosoziale und psychoonkologische Beratungsstellen unterstützend zur Seite stehen, der Austausch mit anderen Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe kann ebenfalls hilfreich sein.
Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und moderater sportlicher Aktivität stärkt das Immunsystem und kann viel zum körperlichen und psychischen Wohlbefinden beitragen. Im Alltag sollten Erkrankte regelmäßige Ruhepausen einplanen und die Anforderungen so weit wie möglich an die eigene Leistungsfähigkeit anpassen. Speziell am Anfang der Therapie kann die Infektanfälligkeit erhöht sein: Verstärkte Hygienemaßnahmen wie gründliches Händewaschen, der Verzicht auf Rohkost und das Vermeiden von Menschenansammlungen schützt vor einer Ansteckung.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Groß, U.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Thieme, Stuttgart 2009
- Wolff, H.-P., Weihrauch, T.R. (Hrsg.): Internistische Therapie. Urban & Fischer, München 2012