Felsenbein

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Felsenbein ist ein Knochen und gehört zum Schädel des Menschen. Es befindet sich an der Schädelbasis und gehört zum Schläfenbein (Os temporale). In seiner pyramidenähnlichen Grundform liegt das Innenohr mit Gleichgewichtsorgan und Hörschnecke. Klinisch von Bedeutung sind für das Felsenbein vor allem die Felsenbeinfraktur sowie das Gradenigo-Syndrom.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Felsenbein?

Als Knochen übt das Felsenbein allgemein schützende und stabilisierende Funktionen aus. In seinem speziellen Fall schützt es das Gleichgewichtsorgan und die Hörschnecke, die von ihm umgeben sind.
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Das Felsenbein ist ein Teil des menschlichen Schädels. Es gehört zum Schläfenbein (Os temporale) und liegt an der Schädelbasis. Wegen seiner pyramidenähnlichen Form ist es auch als Felsenpyramide bekannt. Vom Felsenbein umgeben ist das Innenohr, welches das Gleichgewichtsorgan sowie die Hörschnecke umgeben.

Eine Besonderheit des Felsenbeins ist seine Knochenstruktur: Sie bildet einen sogenannten Geflechtknochen, im Englischen auch „woven bone“ (wörtlich: „gewebter Knochen“). Normalerweise kommt diese Art von Knochengewebe nur in Knochen vor, die noch nicht voll entwickelt sind: Während der embryonalen Entwicklung bilden sich die Knochen aus Geflechtknochen, um das Grundgerüst des Skeletts zu bilden. Parallel verlaufende Kollagenfasern verstärken es jedoch bei anderen Knochen und machen so aus dem Geflechtknochen einen Lamellenknochen. Beim Felsenbein verhält es sich jedoch anders – auch bei erwachsenen Menschen besteht es aus dem ursprünglichen Geflecht. Infolgedessen ist er weniger stabil als andere Knochen und kann dementsprechend leichter brechen.

Anatomie & Aufbau

Die anatomischen Bezeichnungen zur Beschreibung des Felsenbeins orientieren sich an seiner groben geometrischen Form, die einer dreiseitigen Pyramide gleicht. Die Felsenbeinspitze (Apex) liegt im Schädelknochen zwischen dem Hinterhauptbein (Os occipitale) und dem Keilbein (Os sphenoidale). Die Basis des Felsenbeins ist nicht klar von anderen Teilen des Knochens abgrenzbar, sondern geht bei erwachsenen Menschen fließend in den Pars squamose und den Pars mastoidea über; beide Teile gehören ebenfalls zum Schläfenbein.

Entsprechend der Pyramiden-Analogie spricht die Medizin auch von Flächen bzw. Facies und Winkeln bzw. Anguli, um genauere Aussagen über das Felsenbein zu treffen. Dies spielt vor allem bei der genauen Beschreibung von Brüchen eine wichtige Rolle. In seiner Gesamtheit gehört das Felsenbein zum Schläfenbein (Os temporale). Der Kanal der Ohrtrompete (Canalis musculotubaris) ist einer von drei Hauptzugängen im Felsenbein und verbindet es mit dem Mittelohr. Nerven können die Pyramidenstruktur durch den Porus acusticus internus und das Foramen stylomastoideum erreichen.

Funktion & Aufgaben

Als Knochen übt das Felsenbein allgemein schützende und stabilisierende Funktionen aus. In seinem speziellen Fall schützt es das Gleichgewichtsorgan und die Hörschnecke, die von ihm umgeben sind. Diese beiden Strukturen bilden das Innenohr. Das Gleichgewichtsorgan besteht aus Bogengängen, die Flüssigkeit beinhalten und mit Haarzellen bekleidet sind. In Verbindung mit losen, knochenähnlichen Festkörpern, die im Gleichgewichtsorgan liegen, können diese Sinneszellen feststellen, ob sich der Mensch aufrecht hält oder eine andere Position im Raum einnimmt – je nachdem, in welche Richtung sich die feinen Ausläufer der Haarzellen biegen.

Dieser Typ von Sinneszellen kommt nicht nur im Gleichgewichtsorgan vor, sondern auch in der Hörschnecke oder Cochlea. In ihr befinden sich Hörzellen, die empfindlich auf den Druck von Schallwellen reagieren und dadurch für die Wahrnehmung von Tönen verantwortlich sind. Die Tonhöhe ist dabei durch den Ort der Reizung kodiert: tiefe Frequenzen bestehen aus langen Schallwellen, die nicht weit in die Hörschnecke eindringen können, während die höchsten hörbaren Töne mit ihren sehr kurzen Schallwellen bis ins Innerste der Schnecke vorstoßen. Dieses Phänomen beruht auf den physikalischen Eigenschaften der Schallwellen sowie der Anatomie der Hörschnecke, die sich spiralförmig windet und nach innen immer weiter verengt.


Krankheiten

Wenn zu hoher Druck auf das Felsenbein einwirkt, kann es zu einem Bruch des Knochens kommen. Die Felsenbeinfraktur tritt häufig zusammen mit anderen Schädelfrakturen auf und kann von weiteren Krankheitsbildern begleitet sein. Beim Schädel-Hirn-Trauma ist außerdem das Gehirn beteiligt; den Schweregrad bestimmen Mediziner anhand dreier Stufen, wobei die niedrigste die Gehirnerschütterung darstellt.

Sie verläuft oft ohne Langzeitfolgen, wohingegen das schwere Schädel-Hirn-Trauma bzw. die Gehirnquetschung mit langer Bewusstlosigkeit unmittelbar nach dem Trauma einhergeht (mindestens 60 Minuten) und in vielen Fällen permanente Läsionen hervorruft. Auch beim Polytrauma mit vielen beteiligten Körperbereichen kann eine Felsenbeinfraktur vorliegen. Das Felsenbein ist anfälliger für Frakturen als andere Knochen, da es sich um einen Geflechtknochen handelt, den keine zusätzlichen Kollagen-Lamellen stabilisieren. Berstungsbrüche sind bei der Felsenbeinfraktur deshalb besonders häufig.

Ein anderes klinisches Bild, das speziell das Felsenbein betrifft, ist das Gradenigo-Syndrom oder Pyramidenspitzensyndrom. Der Name des Krankheitsbildes geht auf den italienischen Mediziner Giuseppe Conte Gradenigo zurück, der das Syndrom 1904 in die Fachliteratur einbrachte. Ärzte verstehen darunter eine Entzündungskomplikation, die auf eine akute Mittelohrentzündung folgen kann. Typisch ist eitriger Ausfluss durch die Entzündung. Menschen mit Gradenigo-Syndrom leiden oft unter Schmerzen hinter den Augen sowie Gesichtsschmerzen und können wegen einer Lähmung der Augenmuskeln doppelt sehen.

Die Symptome gehen auf Schäden an den beteiligten Hirnnerven zurück: Die akute Mittelohrentzündung wandert in den Schädel breitet sich entweder auf die Hirnnerven aus oder lässt das Gewebe anschwellen (d. h. es entwickelt sich ein Ödem), das wiederum auf die Hirnnerven einwirkt. Bei den Nerven, die das Gradenigo-Syndrom beeinträchtigt, handelt es sich um den Nervus trigemus, den Nervus abducens und/oder den Nervus occulomotorius.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Kugler, P.: Der Menschliche Körper. Anatomie, Physiologie, Pathologie. Urban & Fischer/ Elsevier, München 2017
  • Schwegler, J., Lucius, R.: Der Mensch – Anatomie und Physiologie. Thieme, Stuttgart 2016

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