Fetofetales Transfusionssyndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das fetofetale Transfusionssyndrom ist eine Form der Mangeldurchblutung, die in eineiig monochorialen Zwillingsschwangerschaften durch Anastomosen auf der Plazenta verursacht werden kann. Einer der Zwillinge erhält mehr Blut als der andere. Unbehandelt führt das Syndrom meist zum Tod beider Zwillinge.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das fetofetale Transfusionssyndrom?

Beim FFTS zeigen sich die Symptome in der Regel im Ultraschall. Unspezifische Beschwerden wie Polyhydramnion treten im Verlauf des Syndroms auf.
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Als Krankheitsgruppe der transplazentare Transfusionssyndrome werden verschiedene Erkrankungen des Fötus zusammengefasst, die auf plazentabedingte Mangeldurchblutung zurückzuführen sind. Eine Krankheit aus dieser Gruppe ist das fetofetale Transfusionssyndrom, das auch als Zwillingssyndrom bekannt ist.

Wie allen anderen Syndromen der Krankheitsgruppe liegt auch diesem Syndrom eine Mangeldurchblutung mit daraus resultierender Mangelernährung zugrunde. Das fetofetale Transfusionssyndrom ist relativ selten, in seiner Manifestation aber meist schwerwiegend. Betroffen sind ausschließlich Zwillingsfeten. Das Syndrom tritt bei rund zwölf von 100 Schwangerschaften mit eineiigen Zwillingen auf.

Eine kanadische Studie gibt eine Prävalenz von 48 Betroffenen unter 142.715 Neugeborenen an. Bei eineiigen Zwillingen besteht auf der Plazenta eine Verbindung der fetalen Blutkreisläufe und ihrer Gefäße. Daher kann zwischen den ungeborenen Kindern ein Ungleichgewicht im Blutaustausch entstehen, das die einzelnen Symptome des fetofetalen Transfusionssyndroms hervorruft.

Ursachen

Das fetofetale Transfusionssyndrom bezieht sich nur auf eineiige Zwillingsschwangerschaften, während der sich die ungeborenen Kinder dieselbe Plazenta teilen. Diese Schwangerschaften werden auch als monochoriale Zwillingsschwangerschaften bezeichnet. In einer Vielzahl der Fälle bilden sich im Mutterkuchen bei diesen Schwangerschaften Blutgefäßanastomosen.

Diese Verbindungen zwischen zwei Arterien, zwei Venen oder Arterien und Venen lässt eine Plazenta mit kommunizierenden Blutsystemen entstehen. Die Transfusion des Bluts ereignet sich wechselseitig durch die Anastomosen der Plazenta. Meist führt diese Art von Blutaustausch nicht zu Komplikationen, da sich der Austausch zwischen den Feten im Normalfall die Waage hält.

Wenn der Blutaustausch unausgewogen ausfällt, verliert einer der Zwillingsfeten aber Blut an sein Geschwister. Wenn er mehr Blut verliert, als er erhält, tritt ein Ungleichgewicht in den Blutkreisläufen auf. Ein Zwilling ist in der beschriebenen Situation der Spenderzwilling. Der andere ist der Empfängerzwilling.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Beim FFTS zeigen sich die Symptome in der Regel im Ultraschall. Unspezifische Beschwerden wie Polyhydramnion treten im Verlauf des Syndroms auf. Ein großes Missverhältnis an Fruchtwassermenge liegt zwischen den beiden Zwillingen vor. Oft ist die Harnblase des Spenderzwillings sonographisch nicht abbildbar. Der Dopplerultraschall zeigt fehlend oder negativ enddiastolische Blutfluss.

Im Verlauf kann außerdem eine Dekompensation des Herzens erkennbar sein. Der Empfängerzwilling ist weitaus größer als der Spender und bildet vermehrt das Fruchtwasser, sodass sich ein Polyhydramnion entwickelt. Oft ist dieses Symptom mit einer Überdehnung der Gebärmutter vergesellschaftet, die eine frühzeitige Wehentätigkeit zur Folge haben kann oder vorzeitig die Fruchtblase platzen lässt. Wegen des erhöhten Blutvolumens entwickelt der Empfängerzwilling oft eine Herzinsuffizienz oder eine generalisierte Ödembildung.

Der Spenderzwilling ist wegen der Mangelernährung deutlich kleiner als der Empfänger. In seiner Fruchthöhle vermindert sich das Fruchtwassers. Nach der Geburt leidet der Spender an Blutarmut. Sowohl der Spender, als auch der Empfänger können bei einem unbehandelten TTTS versterben. Wenn einer der beiden Feten stirbt, verblutet der zweite wegen den Anastomosen in etwa einem Drittel der Fälle.

Diagnose

Der erste Schritt zur Diagnose eines fetofetalen Transfusionssyndroms ist der Nachweis darüber, dass eine monochoriale Zwillingsschwangerschaft vorliegt. Die Chorialität wird idealerweise zwischen neunter und zwölfter Schwangerschaftswoche überprüft. Monochoriale Zwillingsschwangerschaften werden engmaschig etwa jede dritte Wochen sonographisch kontrolliert.

Differentialdiagnostisch muss der Arzt bei der Diagnose eine Plazentainsuffizienz ausschließen. Bei einer Insuffizienz würde sich beim größeren Fötus keine starke Vermehrung des Fruchtwassers einstellen. Unbehandelt mündet das fetofetale Transfusionssyndrom in eine vorzeitige Geburt und annähernd 100-prozentig den Tod der Kinder zur Folge. Wenn die Gefahr früh genug erkannt und behandelt wird, ist die Prognose etwas günstiger. Bleibende Beeinträchtigungen sind eine häufige Konsequenz aus überlebenssichernden Behandlungen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei diesem Syndrom muss in jedem Fall eine Behandlung stattfinden. Sollte es nicht zu einer Behandlung oder nur zu einer verspäteten Behandlung kommen, so versterben in der Regel beide Kinder an dieser Erkrankung. Die Erkrankung kann in den meisten Fällen schon direkt vor der Geburt im Rahmen von Kontrolluntersuchungen diagnostiziert werden. Aus diesem Grund sollten Schwangere regelmäßig an solchen Untersuchungen teilnehmen, um derartige Komplikationen zu vermeiden.

Sollte ein Fötus aufgrund des Syndroms sterben, so verstirbt in der Regel auch der andere aufgrund der Mangeldurchblutung. Sollte das Syndrom erkannt werden, so ist dabei eine sofortige Behandlung notwendig. Die Diagnose und Behandlung kann bei einem Frauenarzt oder in einem Krankenhaus erfolgen. Weiterhin muss auch dann ein Arzt aufgesucht werden, wenn die Patientin an einem frühzeitigen Einsetzen der Wehen leidet.

In dem Fall sollte direkt das Krankenhaus aufgesucht werden. In Notfällen ist der Notarzt zu rufen. Der Erfolg der Behandlung hängt stark von der Ausprägung und vom Zeitpunkt der Diagnose ab, sodass eine allgemeine Voraussage leider nicht gegeben werden kann. Bei einer frühzeitigen Diagnose treten in der Regel keine besonderen Kompilationen ein.

Behandlung & Therapie

Für das fetofetale Transfusionssyndrom existieren bis heute keine Behandlungsmethoden, die das Überleben der Kinder mit Gewissheit sichern. Bei geringer Symptomatik wird oft abgewartet. Bei einer Verschlechterung wird zunächst meist eine Fruchtwasserentlastungspunktion angewendet. Die Fruchtblase des Empfängers wird punktiert. Durch den so entstehenden Abfluss ergibt sich eine Entlastung.

Die Fruchtblase platzt nicht und es kommt nicht zu frühzeitigen Wehen. Diese symptomatische Behandlung behebt nur einen Teil der Folgen, da sich nach der Punktion erneut ein Polyhydramnion ausbilden kann. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist die Laserablation. Die Gefäßanastomosen werden dabei mittels Laser durchtrennt und sind bei ausgeprägten fetofeltalen Transfusionssyndromen die Therapie der Wahl.

Der Ablation geht eine Spiegelung der Fruchtblase voraus, die die Gefäßverbindungen auffindbar und präzise mit dem Laser bearbeitbar macht. Die Gefäße verschließen sich und zwei voll getrennte Kreisläufe liegen vor. Diese kausale Behandlung behebt die Ursache der Symptome. Abhängig von der Ausbildung der Plazenta können sich bei dieser Behandlung Komplikationen einstellen.

So ist es zum Beispiel denkbar, dass einem der beiden Zwillinge nach der Durchtrennung nicht genügend Plazenta zur Verfügung steht. In diesem Fall stirbt der Zwilling. Der zweite Zwilling überlebt aber in der Regel und bleibt durch die getrennten Kreisläufe vom Tod des anderen unbeeinflusst. Die Fetuskopie kann außerdem weitere Komplikationen wie einen vorzeitigen Blasensprung oder Blutungen begünstigen.

Aussicht & Prognose

Die Prognose des fetofetalen Transfusionssyndrom ist schwer einschätzbar. Ohne die Inanspruchnahme eines erfahrenen Ärzteteams ist sie jedoch ungünstig. Nach dem derzeitigen medizinischen Stand kann die Erkrankung von den Ärzten aufgrund fehlender Möglichkeiten nicht ausreichend behandelt werden. Bis heute kann das Syndrom einen tödlichen Krankheitsverlauf einnehmen.

Zunächst werden die Entwicklungen von eineiigen Zwillingen im Mutterleib von den Ärzten überwacht und beobachtet. Treten keine schwerwiegenden Komplikationen ein, wird nicht weiter in den Wachstumsprozess eingegriffen. Bei einer Vielzahl der Fälle kommt es zu einer guten Prognose. Die Geburt findet bei ihnen ohne weitere Auffälligkeiten oder Besonderheiten statt.

Dennoch treten während der Schwangerschaft sehr häufig Störungen wie plötzliche Blutungen oder der Sprung der Blase auf. In diesen Fällen ist ein sofortiges Eingreifen der Ärzte notwendig. Je nach dem Fortschritt der Schwangerschaft wird eine Frühgeburt eingeleitet. Ziel ist es, das Überleben der Föten zu sichern.

Häufig kommt es bei dem fetofetalen Transfusionssyndrom trotz aller Bemühungen zum Ableben eines Zwilling. Der Tod beider Zwillinge ist ebenfalls möglich. Kann der Kreislauf nicht stabilisiert werden und damit der heranwachsende Organismus nicht ausreichend mit Blut versorgt werden, sinkt die Aussicht auf eine gute Prognose.

Die Heilungschancen steigen, wenn sich die werdende Mutter von einem gut ausgebildeten Geburtszentrum betreuen lässt.


Vorbeugung

Dem fetofetalen Transfusionssyndrom lässt sich nicht vorbeugen. Allerdings kann die Behandlung in einem erfahrenen Zentrum dem Tod der Feten vorbeugen.

Nachsorge

Beim Transfusionssyndrom stehen Betroffenen in der Regel keine besonderen oder direkten Maßnahmen und Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung. In den meisten Fällen führt dieses Syndrom leider zum Tod beider Kinder, sodass dabei auch keine weitere Nachsorge erfolgen kann, die die Kinder am Leben erhält.

Die Nachsorge selbst richtet sich dabei meist nach dem psychischen Zustand der Eltern und soll psychische Verstimmungen oder Depressionen verhindern. In der Regel sind die betroffenen Eltern beim Transfusionssyndrom auf die Hilfe und die Unterstützung durch Freunde und durch Familie angewiesen, um solche psychischen Verstimmungen zu verhindern. Dabei kann jedoch auch der Besuch bei einem professionellen Psychologen sehr sinnvoll sein.

Auch der Kontakt zu anderen betroffenen Eltern des Transfusionssyndroms erweist sich sehr häufig als sinnvoll. Sollte es durch das Transfusionssyndrom nicht zum Tode der beiden Kinder kommen, müssen diese meistens intensiv versorgt werden. Nicht selten überlebt bei solch einer Versorgung jedoch nur eines der beiden Kinder. In der Regel wird die Gesundheit der Mutter durch das Transfusionssyndrom nicht negativ beeinflusst, sodass es bei ihr auch nicht zu einer verringerten Lebenserwartung kommt.

Das können Sie selbst tun

Werdende Mütter sollten zum Schutz ihres eigenen Lebens sowie dem des Nachwuchses an allen angebotenen Kontroll- und Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft teilnehmen. In diesen Untersuchungen werden Krankheiten erkannt und können behandelt werden.

Bei dem fetofetalen Transfusionssyndrom führen die natürlichen Heilkräfte zu keiner Linderung der Symptome. Es kommt bei einer Zwillingsschwangerschaft vielmehr zum Ableben eines Fötus. Daher liegen die Selbsthilfemaßnahmen bei dieser Erkrankung in der Teilnahme der Untersuchungen während einer bestehenden Schwangerschaft.

Bemerkt die werdende Mutter trotz aller Kontrollen und Abklärungen plötzliche Unregelmäßigkeiten, sollte sie unverzüglich einen Arzt aufsuchen. Dies gilt auch, wenn sich ein diffuses Gefühl, dass etwas mit den ungeborenen Kindern nicht stimmen könnte, einstellt. Die Schwangere sollte auf ihre Wahrnehmung und ihre Intuition vertrauen und sich nicht von anderen Menschen oder Einflüssen irritieren lassen. Zum Schutz der Mutter sowie der Föten ist es ratsam, bei einem Verdacht erneut einen Arzt zu konsultieren.

Darüber hinaus hilft die Schwangere sich und ihren ungeborenen Zwillingen, wenn sie während der gesamten Behandlungszeit Ruhe bewahrt und nicht in ein ängstliches oder panisches Verhalten verfällt. Unnötige Aufregung ist zu vermeiden, da dies den gesamten Blutkreislauf sowie die Durchblutung zusätzlich fordert und aus dem Gleichgewicht bringen kann.

Quellen

  • Rath, W., Gembruch, U., Schmidt, S. (Hrsg.): Geburtshilfe und Perinatologie: Pränataldiagnostik - Erkrankungen - Entbindung. Thieme, Stuttgart 2010
  • Wassermann, K., Rohde, A.: Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung. Schattauer, Stuttgart 2009
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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