Plazentainsuffizienz

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Plazentainsuffizienz

Als Plazentainsuffizienz bezeichnet man eine Mangelfunktion des Mutterkuchens (Plazenta), der für die Ernährung des Ungeborenen wichtig ist. Die Plazenta wird dabei nicht ausreichend durchblutet, sodass der Stoffaustausch zwischen Fetus und Mutterkuchen nicht richtig funktioniert.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Plazentainsuffizienz?

Bei einer akuten Plazentainsuffizienz sind eigentlich keine direkten Symptome feststellbar. Sie tritt während des Geburtsvorganges unvermittelt auf.
© bilderzwerg – stock.adobe.com

Die Plazenta ist für das Ungeborene von großer Bedeutung, da durch sie Nährstoffe und Sauerstoff vom Kreislauf der Mutter in den des Kindes gelangen können. Außerdem werden im Mutterkuchen Hormone gebildet, darunter beispielsweise Gestagene, Östrogene beziehungsweise das humane Chorion-Gonadotropin (hCG).

Darüber hinaus sorgt der Mutterkuchen für den Abtransport von Abfallprodukten und hält Giftstoffe vom Ungeborenen fern. Die Plazentaschranke ist also eine Art Filter, mit dem der Fötus geschützt werden kann. Wenn die Plazenta diese Funktionen nicht erfüllen kann, so wird von einer Plazentainsuffizienz gesprochen.

Ursachen

Eine akute Plazentainsuffizienz tritt dann auf, wenn der Blutfluss im kindlichen oder mütterlichen Anteil des Mutterkuchens vermindert wird. Mögliche Ursachen dafür können Blutdruckabfall oder ein Wehensturm im Zuge der Geburt sein. Aber auch das so genannte Vena-Cava-Kompressionssyndrom (eine Kreislaufstörung der Mutter, da das Kind im liegenden Zustand Druck auf die untere Hohlvene ausübt) oder eine vorzeitige Lösung der Plazenta können eine Plazentainsuffizienz hervorrufen. In manchen Fällen sind auch Nabelschnurprobleme wie Knotenbildung, Vorfall oder Umschlingung ursächlich.

Bei einer akuten Plazentainsuffizienz wird das Kind nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt, sodass Lebensgefahr besteht. Ein verlangsamtes Wachstum des Ungeborenen ist die Ursache für eine chronische Plazentainsuffizienz, wobei hier meistens eine Grunderkrankung seitens der Mutter wie Bluthochdruck, Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus oder Anämie besteht. Aber auch Umstände, die für eine Schwangerschaft spezifisch sind, können eine aktue Plazentainsuffizienz hervorrufen.

Dazu zählen beispielsweise die Präeklampsie (Schwangerschaftsintoxikation) oder die Rhesus-Inkompatibilität. Des Weiteren können auch Nikotin beziehungsweise Alkohol während der Schwangerschaft zu einer akuten Plazentainsuffizienz führen. Weitere Faktoren, die eine chronische Plazentainsuffizienz begünstigen können, sind außerdem eine geringe Gewichtszunahme bei der Mutter während der Schwangerschaft, vor allem wenn diese schon vor der Schwangerschaft einen einen niedrigen Body-Mass-Index aufweist. Auch eine geringe Körperhöhe der Mutter, sowie Drogenabusus während der Schwangerschaft und andere genetisch bedingte Faktoren spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei einer akuten Plazentainsuffizienz sind eigentlich keine direkten Symptome feststellbar. Sie tritt während des Geburtsvorganges unvermittelt auf. Das Kind wird dadurch unterversorgt und der Herzschlag verlangsamt sich. Bei der Mutter kann es zu Krämpfen und Blutungen kommen. Ein weiteres Warnzeichen können sehr seltene auftretende Kindesbewegungen sein. In diesem Fall sollte am besten ein Arzt konsultiert werden.

Bei einer chronischen Plazentainsuffizienz wächst das Kind sehr langsam und die Fruchtwassermenge ist verringert. Das noch ungeborene Kind reagiert auf die Mangelversorgung auf vielfältige Art und Weise. Dazu zählen folgende Veränderungen:

  • metabolisch: die Insulinausschüttung, die Glukoneogenese sowie das Lactat steigen an und die Transportfähigkeit für Aminosäuren nimmt ab.
  • endokrin: Anstieg von Glukagon und Abnahme von Cholesterin
  • vaskulär: Der fetale Blutfluss wird umverteilt, was zu einem Anstieg des Blutflusses in der Nebenniere, den Koronargefäßen sowie der Leber führt.
  • biophysikalisch: Die Maturation ist verzögert und die Herzfrequenz verändert sich. Die physikalische Aktivität nimmt ab.
  • hämatologisch: Veränderungen im Immunsystem treten auf, vor allem fällt die anzahl der B-Lymphozyten un der T-Helfer-Zellen ab.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Liegt beispielsweise bei der Mutter eine Diabetes mellitus vor, so kann das verminderte Größenwachstum des Kindes mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung festgestellt werden. Darüber hinaus kann der Arzt mittels Dopplersonographie die Blutströmungsgeschwindigkeit messen und so einen Hinweis auf eine eventuelle Plazentainsuffizienz erhalten. Manchmal wird die Mutter bei einer chronischen Plazentainsuffizienz auch ins Krankenhaus eingewiesen, damit das Baby überwacht und bei eventuellen Problemen auch sofort behandelt werden kann.

Für die Diagnose einer chronischen Plazentainsuffizienz werden außerdem folgende Kriterien herangezogen wie die fetale Bewegungsaktivität und die fetale Herzfrequenz, Oxytocin-Belastungstext (OBT) und Amnioskopie. Auch die Fruchtwasserfarbe, Clifford-Rating und bildgebende Verfahren (Sonographie, MRT), um postportal eine Hirnläsion nachweisen zu können.

Komplikationen

Durch die Plazentainsuffizienz kann es zu schwerwiegenden Beschwerden und Komplikationen bei der Schwangerschaft oder bei der Geburt kommen. In der Regel wird diese Krankheit allerdings nur zufällig entdeckt, sodass eine frühzeitige Diagnose und Therapie in der Regel nicht möglich ist. Die Mutter leidet aufgrund der Plazentainsuffizienz in den meisten Fällen an starken Blutungen und an Krämpfen.

Diese führen zu starken Schmerzen und nicht selten zu einer Reizbarkeit des Betroffenen. Auch eine innere Unruhe oder Angstgefühle können aufgrund der Plazentainsuffizienz auftreten und damit die Lebensqualität erheblich verringern. Die Menge an Fruchtwasser ist verringert, sodass das Kind an einer deutlichen Unterversorgung leidet. Dadurch kann es im schlimmsten Falle zur Ausbildung verschiedener Missbildungen oder Fehlbildungen kommen.

Im schlimmsten Fall erleidet die Betroffene eine Totgeburt oder das Kind verstirbt kurz nach der Geburt. Die Patienten und ihre Angehörigen sind aus diesem Grund nicht selten auf eine psychologische Behandlung angewiesen. In der Regel muss bei einer Plazentainsuffizienz die Geburt frühzeitig eingeleitet werden. Dabei kann es zu unterschiedlichen Komplikationen kommen. Möglicherweise wird auch das Leben der Mutter aufgrund der frühzeitigen Geburt in Gefahr gebracht.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine akute Plazentainsuffizienz äußert sich durch Blutungen und Krämpfe. Wenn diese und andere ungewöhnliche Symptome auftreten, sollte ein Frauenarzt aufgesucht werden. Der Gynäkologe kann das Leiden anhand einer Ultraschalluntersuchung feststellen und weitere Maßnahmen einleiten. Droht eine Frühgeburt, muss die Patientin umgehend in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Bis zur Geburt des Frühchens ist dann eine enge ärztliche Überwachung angezeigt, damit auf etwaige Komplikationen schnell reagiert werden kann. Mütter, bei denen während der Schwangerschaft eine Plazentainsuffizienz aufgetreten ist, müssen zudem weitere Nachsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen.

Auch das Kind muss von dem Kinderarzt und einem Neurologen ausführlich untersucht werden. Eine chronische Plazentainsuffizienz ruft keine eindeutigen Symptome hervor. Wenn das Leiden im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge festgestellt wird, empfehlen sich regelmäßige Arztbesuche. Sollten die Behandlungsmaßnahmen nicht die erwünschte Wirkung zeigen, muss der Arzt darüber informiert werden. Je nach vermuteter Ursache kann ein Kardiologe oder ein Ernährungsberater in die Behandlung involviert werden. Viele Patientinnen benötigen zudem therapeutische Unterstützung.

Behandlung & Therapie

Tritt eine akute Plazentainsuffizienz auf, sind sofortige Notfallmaßnahmen erforderlich. Dazu zählen beispielsweise eine Zangen- oder Saugglockengeburt oder eine Kaiserschnittentbindung. Löst sich die Plazenta vorzeitig, so wird die Geburt ebenfalls verfrüht eingeleitet. Bei einer chronischen Plazentainsuffizienz ist strenge Bettruhe erforderlich und das Befinden des Ungeborenen wird regelmäßig durch CTG (Kardiotokographie) beziehungsweise Ultraschall-Untersuchungen überprüft. Eine direkte Behandlung der eingeschränkten Funktion des Mutterkuchens ist allerdings nicht möglich.

Behandelt werden aber sehr wohl die Ursachen wie Diabetes mellitus oder Bluthochdruck. Allerdings kann das Kind auf Grund einer mangelnden Sauerstoffversorgung starke Schädigungen erleiden. Bei einer extremen Unterversorgung ist es daher notwendig, die Geburt vor dem Geburtstermin einzuleiten. Ist das Ungeborene noch nicht geburtsreif, so kann die Lungenreife mit entsprechenden Medikamenten beschleunigt werden. Wenn das Baby zwar klein ist, sich aber trotzdem weiterentwickelt, so sollten die Ursachen der chronischen Plazentainsuffizienz behoben werden, sonst besteht jedoch kein dringender Handlungsbedarf.


Vorbeugung

Wenn die Mutter an Diabetes oder Bluthochdruck leidet, so kann eine eingeschränkte Plazentafunktion mit Hilfe intensiver Untersuchungen erkannt und behandelt werden. Darüber hinaus sollten schwangere Frauen auch auf Zigaretten verzichten, da so ein Versagen des Mutterkuchens erheblich verringert werden kann.

Nachsorge

In den meisten Fällen stehen Betroffenen bei einer Plazentainsuffizienz keine besonderen und direkten Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Dabei ist in erster Linie eine schnelle und vor allem eine sehr frühzeitige Diagnose und anschließende Behandlung der Erkrankung notwendig, um weitere Komplikationen und Beschwerden zu verhindern. Allerdings kann die Plazentainsuffizienz in vielen Fällen nicht vollständig geheilt werden, sodass das Kind mitunter verstirbt.

Eine frühe Diagnose wirkt sich daher in der Regel sehr positiv auf den weiteren Verlauf dieser Erkrankung aus. In vielen Fällen wird das Kind per Kaiserschnitt zur Welt geholt. Dabei sollte sich die Mutter nach dem Eingriff auf jeden Fall ausruhen und sich schonen. Von Anstrengungen oder körperlichen und stressigen Tätigkeiten ist abzusehen.

In vielen Fällen ist bei der Plazentainsuffizienz die Unterstützung und die Pflege durch die eigene Familie und Freunde sehr wichtig. Dadurch kann der Entstehung von Depressionen und anderen psychischen Beschwerden verhindert werden. Nicht immer ist ein Eingriff notwendig, sodass die Plazentainsuffizienz bei einer gewöhnlichen Entwicklung des Kindes nicht immer behandelt werden muss.

Das können Sie selbst tun

Eine Plazentainsuffizienz führt dazu, dass das Kind im Mutterleib nicht mehr ausreichend versorgt werden kann. Mütter, die in der Schwangerschaft Nikotin konsumieren, riskieren, dass die Plazenta frühzeitig während der 40 Schwangerschaftswochen so verkalkt, dass das Baby nicht mehr genügend versorgt wird. Entsprechend ist es im Bereich der Selbsthilfe dringend anzuraten, das Rauchen in der Schwangerschaft sofort aufzugeben. Mütter, die trotz bekannter Risiken rauchen, sollten dies dem Arzt keinesfalls verheimlichen, sondern ihr Laster offen ansprechen.

Mithilfe spezieller Ultraschalluntersuchungen kann der Arzt bei der Vorsorge feststellen, wie es um die Versorgung des Kindes bestellt ist. Wichtig im Alltag ist also, dass Mütter alle Vorsorgetermine wahrnehmen und bekannte Risiken wie Nikotin auch ansprechen, damit der Gynäkologe hier besonders auf die Versorgung über die Plazenta achten kann.

Abgesehen von Risiken wie Rauchen ist eine Plazentainsuffizienz oft ein überraschender Befund, der in keinem Zusammenhang mit dem Lebensstil der Mutter oder bekannten anderen Erkrankungen steht. Entsprechend können Betroffene eine Plazentainsuffizienz auch nicht selbst therapieren. Ist die Insuffizienz der Plazenta einmal sicher festgestellt worden, gilt es, engmaschige Kontrollen durchzuführen. Wird dabei festgestellt, dass das Baby im Bauch unterversorgt ist, kann eine Therapie nur darin bestehen, die Schwangerschaft zu beenden und die Geburt einzuleiten.

Quellen

  • Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
  • Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
  • Rath, W., Gembruch, U., Schmidt, S. (Hrsg.): Geburtshilfe und Perinatologie: Pränataldiagnostik - Erkrankungen - Entbindung. Thieme, Stuttgart 2010

Das könnte Sie auch interessieren