First-Pass-Effekt

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als First-Pass-Effekt bezeichnet der Mediziner einen biochemischen Metabolisierungsvorgang in der ersten Leberpassage, der peroral eingenommene Arzneimittel zu sogenannten Metaboliten verformt und damit entweder ihre Wirksamkeit abschwächt oder aktiviert.

Die Intensität der Metabolisierung in der Leber hängt unmittelbar mit den persönlichen Leberfunktionen zusammen und kann sich so von Patient zu Patient unterscheiden. Vor allem bei der Arzneimittelentwicklung spielt der First-Pass-Effekt eine Rolle, da er unabdingbar mit der Bioverfügbarkeit von Medikamenten in Zusammenhang steht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der First-Pass-Effekt?

Während der ersten Passage der Leber wird ein Arzneimittel biochemisch umgewandelt. Wie extrem diese Umwandlung betrieben wird, hängt mit der persönlichen Leberfunktion des Patienten zusammen.

Während der ersten Passage der Leber wird ein Arzneimittel biochemisch umgewandelt. Wie extrem diese Umwandlung betrieben wird, hängt mit der persönlichen Leberfunktion des Patienten zusammen. Den biochemischen Umwandlungsprozess selbst bezeichnet der Mediziner auch als Metabolisierung.

Die Metabolisierung in der ersten Passage der Leber wird medizinisch wiederum als First-Pass-Effekt bezeichnet und ergibt jeweils ein Zwischenprodukt, das mit dem eigentlichen Arzneistoff kaum mehr etwas zu tun hat. Entweder schaltet die Metabolisierung die Wirksamkeit eines Arzneistoffes aus, oder sie ergibt erst ein wirksames Produkt, so zum Beispiel bei peroralen Arzneimitteln, die unter Berücksichtigung des First-Pass-Effekts entwickelt wurden.

Während einige Arzneimittel durch den First-Pass-Effekt also an Wirksamkeit verlieren, werden andere durch die Metabolisierung erst aktiviert. In direktem Zusammenhang damit versteht die Pharmakokinetik unter dem Begriff des First-Pass-Effekts die Extraktmenge einer Arznei nach der ersten Passage der Leber.

Funktion, Wirkung & Ziele

Der First-Pass-Effekt spielt in erster Linie für perorale Arzneimittel eine Rolle, das heißt für alle Medikamente zum Schlucken. Tabletten, Dragees und Kapseln fallen hierunter genauso, wie Arzneimittellösungen zum Trinken.

Nach der peroralen Einnahme gelangt das Arzneimittel in den Magen, von wo aus es in den Dünndarm weiter wandert. Sowohl im Magen als auch im Dünndarm beginnt das Mittel zu resorbieren, damit es in den Blutkreislauf übertreten und seine Wirkung entfalten kann. Magen und Dünndarm stehen allerdings beide mit dem so genannten Pfortadersystem in Verbindung, wodurch Arzneistoffe im Zuge dieses Prozesses zuerst in die Leber gelangen. Erst nach Durchwanderung der Leberpassage gelangen sie mit dem Blut in den Rest des Körpers und verteilen sich dort, um den Ort ihrer geplanten Wirkung zu erreichen.

Sowohl bei der Durchwanderung des Darms als auch der Durchquerung der Leberpassagen stellen sich biochemische Reaktionen wie der First-Pass-Effekt ein. Die Enzyme der peroral eingenommenen Medikamente werden so gespalten und chemischen Gruppen zugeteilt. Bei diesen Metabolisierungen entstehen Metabolite als Reaktionsprodukte, wobei der Körper generell versucht, den körperfremden Arzneistoffe zu deaktivieren. In der Regel steigert sich im Zuge der Metabolisierungen auch die Wasserlöslichkeit körperfremder Stoffe, da der Organismus die fremden Substanzen so schnell wie möglich ausscheiden möchte.

Wenn also ein extremer First-Pass-Effekt vorliegt, dann erreicht der jeweilige Arzneistoff seinen Wirkort niemals, weil er lange zuvor ausgeschieden wird. Damit sinkt die Bioverfügbarkeit und allgemeine Wirksamkeit des Medikaments. Andererseits machen sich die so genannten Prodrugs den First-Pass-Effekt zunutze, denn bei ihnen handelt es sich um Medikamente, die Vorstufen eines wirksamen Metaboliten entsprechen. Das heißt, erst wenn sie in der Leber metabolisiert werden, werden sie zu wirksamen Substanzen gegen eine bestimmte Beschwerde.

Eine besondere Rolle spielt die Miteinbeziehung des First-Pass-Effekts im Allgemeinen bei Patienten mit Lebererkrankungen. Die erwünschte Form der Metabolisierung ist insbesondere wiederum für die örtliche Anwendung von Arzneimitteln relevant, bei der nach der Resorption so auch die Nebenwirkungen auf den gesamten Organismus bedeutend reduziert werden können.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Außer im Fall von Prodrugs ist der First-Pass-Effekt bei peroralen Medikamenten in der Regel ein unerwünschter Nebeneffekt. Um diesen Nebeneffekt zu vermeiden, lassen sich verschiedene Wege gehen. Das Rektum steht zum Beispiel nicht mit dem Pfortadersystem in Verbindung. Aus diesem Grund lässt sich über Zäpfchen beispielsweise der First-Pass-Effekt umschiffen.

Andere Möglichkeiten der Arzneigabe in Unabhängigkeit zur Magen-Darm-Passage sind transdermales Pflaster oder intravenöse und intramuskuläre Injektionen. Letztlich eigenen sich im Grunde alle parenteralen, sublingualen und bukkalen Arzneimittelgaben zur Umgehung der Leberpassage. Soweit das ohne erhöhte Risiken im Bereich des Möglichen liegt, kann aber auch eine Erhöhung der Dosierung die Wirksamkeit des peroralen Arzneimittels wiederherstellen. Enzymatische Vorgänge und proteinvermittelte Transportprozesse lassen sich so nämlich absättigen, sodass der First-Pass-Effekt fast immer an eine bestimmte Dosis des jeweiligen Mittels gebunden ist.

Ab einer bestimmten Dosierung kommt es zur Absättigung sämtlicher wirkstoffschwächender Vorgänge und dem jeweiligen System stehen automatisch höhere Mengen des Wirkstoffs zur Verfügung. Die absättigende Konzentration des jeweiligen Arzneimittels nennt sich auch Durchbruchdosis. Allerdings lässt sich die Dosierung nicht beliebig steigern, da jede Übersteigung der leberinternen Metabolisierungsfähigkeit negative Konsequenzen nach sich zieht. Eine Besonderheit des Metabolisierungsvorgangs in der Leber ist die Individualität. Der First-Pass-Effekt variiert damit von einem Menschen zum anderen und steht in direktem Zusammenhang mit dessen Leberfunktionen.

Dementsprechend variiert auch die Durchbruchsdosis für ein bestimmtes Medikament mit dem Patienten und dessen Leberqualitäten. Bei Patienten, die anfangs keinen nennenswerten First-Pass-Effekt für ein bestimmtes Medikament in einer bestimmten Dosierung zeigen, kann sich nach einiger Zeit allerdings trotzdem noch immer eine Metabolisierung einstellen. Wenn sich durch die Einnahme des Medikaments zum Beispiel verstärkt bestimmte Enzyme in der Leber bilden, dann sinkt auch durch diese Enzyminduktion unter Umständen die Wirksamkeit des Arzneimittels bei Daueranwendung.

Quellen

  • Bob, A., Bob, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2009
  • Lehnert, H., Werdan, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2006
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage, de Gruyter, Berlin 2014

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