Graft-versus-Host-Reaktion

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Graft-versus-Host-Reaktion ist eine immunologische Komplikation, die bei allogenen Transplantationen zur Abstoßung des Transplantats führen kann. Mittlerweile lässt sich die Reaktion durch die prophylaktische Gabe von Immunsuppressiva kontrollieren. Trotzdem gilt auch heute noch eine Sterblichkeitsrate von zehn Prozent.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Graft-versus-Host-Reaktion?

Die Ursache für eine Graft-versus-Host-Reaktion ist die Verpflanzung von fremden Immunzellen. Bei immunologischen Zellen handelt es sich um spezialisierte Zellen aus dem Knochenmark, aus der Milz oder den Lymphknoten.
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Bei einer Transplantation wird organisches Material von einem Spender in einen Empfänger verpflanzt. Wenn es sich bei dem Spender und dem Empfänger nicht um Zwillinge handelt, ist von einer allogenen Transplantation die Rede. Das Gewebe des Empfängers ist dabei genetisch nicht mit dem Gewebe des Spenders identisch. Daher können sich Abstoßungen einstellen. In solchen Fällen liegt oft eine Graft-versus-Host-Reaktion vor. Diese Reaktion ist sogar eine der häufigsten Komplikationen bei Transplantationen.

Es sich um eine zytotoxisch immunologische Reaktion, die die implantierten oder transfundierten Immunzellen im Transplantat gegen den Organismus des Empfängers unternehmen. Vor allem die T-Lymphozyten reagieren gegen den Transplantatempfänger. Die wörtliche Übersetzung der Graft-versus-Host-Reaktion lautet Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion. Sie spielt vor allem für Knochenmarktransplantationen und Stammzelltherapien eine Rolle, wird aber auch bei anderweitigen Transplantationen beobachtet. Von der Reaktion gibt es vier verschiedene Schweregrade.

Ursachen

Die Ursache für eine Graft-versus-Host-Reaktion ist die Verpflanzung von fremden Immunzellen. Bei immunologischen Zellen handelt es sich um spezialisierte Zellen aus dem Knochenmark, aus der Milz oder den Lymphknoten. Solche Zellen können zum Beispiel in Transplantaten enthalten sein und lösen im Organismus des Transplantatempfängers zelluläre Immunreaktionen aus.

Im Rahmen der Reaktion bilden sich spezifische, zytotoxische T-Zellen, die gegen den Wirt gerichtet sind. Das Risiko für eine Komplikation wie die Graft-versus-Host-Reaktion hängt von der immunologischen Kompatibilität von Empfänger- und Spenderorganismus ab. Das humane Leukozyten-Antigen bestimmt diese Kompatibilität und sollte möglichst gleich sein. Sogar bei Transplantation von Geschwisterspendern mit dem gleichen HLA entwickeln sich allerdings in über einem Drittel der Fälle Graft-versus-Host-Reaktionen des leichten bis mittleren Schweregrads.

Auch die Stabilität des Empfängerorganismus hat Einfluss auf das Reaktionsrisiko. Immungesunde Empfänger bauen die übertragenen Immunzellen in der Regel komplikationslos ab. Immungeschwächte Wirte sind dazu nicht in der Lage.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome der Graft-versus-Host-Reaktion hängen vom Schweregrad ab. Bei immungeschwächten Personen sind schwere Erkrankungen, wie eine Atrophie der lymphatischen Organe, Störungen des Magen-Darm-Trakts und Hautveränderungen oder Kachexien denkbar. Die Graft-versus-Host-Reaktion kann somit sogar einen tödlichen Ausgang nehmen. Von einer akuten Graft-versus-Host-Reaktion ist bei einer Reaktion in den ersten Wochen nach einer Transplantation die Rede.

Die Epithelzellen der Haut sind dabei von makulopapulösen Exanthemen oder Erythrodermie betroffen. Im Darm stellt sich oft eine Darmentzündung Enteritis mit Folgen wie Diarrhoe oder schmerzhafter Stuhlgang Tenesmus ein. Die Leber reagiert zeitgleich mit einem Ikterus, der bis hin zu Leberversagen führen kann. Die chronische Graft-versus-Host-Reaktion stellt sich erst nach etwa drei Monaten ein.

Schwere Infektionen und Schleimhautveränderungen im Magen-Darm-Trakt sind ihre Leitsymptome. Außerdem können die serösen Häute der Haut und Leber betroffen sein. Bei allen Formen äußerst sich die Reaktion vor allem in Symptomen der Haut, der Leber, des Darms oder den Augen.

Diagnose & Verlauf

Die akute Form der Graft-versus-Host-Reaktion äußert sich histologisch in einer lymphozytären Infiltration. Auch Zellschäden und Zelluntergänge liegen vor. Der histologische Nachweis dieser Umstände hat nach einer Transplantation diagnostischen Wert.

Da die Symptomatik relativ typisch ist und in direktem Zusammenhang mit einer Transplantation vorliegt, ist die Diagnostik relativ einfach. Der Verlauf hängt vom Schweregrad der Reaktion ab.

Obwohl die Medizin beim gegenwärtigen Stand der Wissenschaften über Wege verfügt, die die Risiken einer Graft-versus-Host-Reaktion beträchtlich verringern, liegt die Sterblichkeitsrate durch eine immunologische Abstoßung für allogene Transplantationen gegenwärtig noch immer bei etwa zehn Prozent.

Komplikationen

Durch die Graft-versus-Host-Reaktion kann es zu unterschiedlichen Komplikationen und Beschwerden kommen. Der weitere Verlauf hängt allerdings von der Ausprägung und vom Schweregrad der Krankheit ab. In den meisten Fällen kommt es allerdings zu Beschwerden im Bereich des Magens und des Darms. Auch die Haut kann von Veränderungen betroffen sein.

Wird die Graft-versus-Host-Reaktion nicht richtig oder nicht frühzeitig behandelt, so kann es auch zum Tode des Patienten kommen. Die Beschwerden am Darm entstehen in der Regel durch eine Darmentzündung. Diese ist mit starken Schmerzen und Durchfall verbunden. Ebenso kann es zu einem vollständigen Versagen der Leber kommen, was zum Tode führt.

Eine Behandlung findet nur dann statt, wenn die Graft-versus-Host-Reaktion einen lebensgefährlichen Zustand für den Patienten darstellt. Dabei werden vor allem Medikamente eingesetzt und es kommt nicht zu weiteren Komplikationen. Die Behandlung wird streng überwacht, damit es zu keinen Infekten und Entzündungen kommt.

In schwerwiegenden Fällen kann auch eine Bestrahlung durchgeführt werden. In der Regel wird die Lebenserwartung durch die Graft-versus-Host-Reaktion nicht verringert, wenn ihre Behandlung richtig durchgeführt wird. Allerdings kann die Lebenserwartung durch die vorhergehende Krebserkrankung schon verringert worden sein.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In den meisten Fällen wird die Graft-versus-Host-Reaktion noch im Krankenhaus diagnostiziert und kann dadurch auch relativ schnell behandelt werden. Eine zusätzliche Diagnose ist aus diesem Grund nicht mehr notwendig. Die Behandlung durch einen Arzt ist dann notwendig, wenn es nach einer Transplantation zu Beschwerden im Magen oder im Darm kommt.

Dabei leiden die Betroffenen an Schmerzen beim Stuhlgang oder im Allgemeinen an Bauchschmerzen. Häufig deutet auch Durchfall auf die Graft-versus-Host-Reaktion hin und sollte vor allem nach einer Transplantation untersucht werden.

Die Beschwerden können auch erst einige Wochen nach dem Eingriff eintreten. Sollten die Beschwerden auffallen, so muss sofort der behandelnde Arzt der Transplantation oder ein Krankenhaus aufgesucht werden. Auch die Behandlung erfolgt dann in der Regel stationär, um ein Leberversagen und damit den Tod des Betroffenen zu vermeiden.

Ob es zu einem positiven Verlauf kommt, kann nicht im Allgemeinen vorhergesagt werden. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung wirkt sich aber positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus.

Behandlung & Therapie

Grundsätzlich ist eine Graft-versus-Host-Reaktion in schwachem Ausmaß nicht unbedingt lebensbedrohlich, sondern kann dem Empfänger bei Krebsleiden sogar nutzen und die verbliebenen Krebszellen abtöten. Die Reaktion darf nichtsdestotrotz nicht unbehandelt oder unkontrolliert stattfinden.

Die Therapiemaßnahmen gegen eine Graft-versus-Host-Reaktion setzen sich aus einer Prophylaxe und einer tatsächlichen Behandlung zusammen. Die Prophylaxe erhält jeder Transplantatempfänger. Sie soll der Reaktion vorbeugen und wird noch vor der Transplantation begonnen.

Zur Vorbeugung werden vor allem Medikamente wie Ciclosporin A und Methotrexat eingesetzt. Auch Immunsuppressiva wie Kortikosteroide, Antimetabolite oder monoklonale Antilymphozyten-Antikörper zählen heute bei Transplantationen zum Standard der Prophylaxe und können die immunologisch bedingte Abstoßung in vielen Fällen verhindern oder zumindest kontrollieren.

Wenn trotz umfangreicher Prophylaxe und relativ kompatiblem Transplantat die akute Form der Graft-versus-Host-Reaktion eintritt, werden zusätzlich zu den standardisierten Immunsuppressiva Kortikosteroide in hochdosiertem Maß gegeben.

Falls trotz dieser Behandlung eine Besserung ausbleibt, erhält der Patient der akuten Form TNF-α-Antikörper. Um die chronische Form zu verhindern, werden Thrombozyten- und Granulozytenkonzentrate vor der Transfusion zum Beispiel prophylaktisch bestrahlt. Stellt sich trotzdem eine Reaktion ein, stehen als regulierende Medikamente Prednisolon oder Azathioprin zu Verfügung.

Aussicht & Prognose

Die Prognose der Graft-versus-Host-Reaktion ist nach den individuellen Gegebenheiten und dem gesundheitlichen Zustand des Betroffenen zu bewerten. Grundsätzlich birgt die Transplantation eines Organs ein hohes Risiko für jeden Patienten.

Die Sterberate liegt beim Vorliegen einer Graft-versus-Host-Reaktion bei ungefähr zehn Prozent. Wenngleich eine Vielzahl der Patienten keine nennenswerten Beeinträchtigungen durch eine Transplantation erleben, kann es jederzeit zu Komplikationen und Funktionsstörungen kommen.

Wird eine medizinische Behandlung eigenverantwortlich vom Betroffenen abgebrochen, steigt die Sterberate zusätzlich an. Die Prognose ist zudem gebunden an den Schweregrad der vorliegenden Erkrankung. Bei einem schwachen Ausmaß ist die Aussicht auf eine Linderung der Beschwerden günstig.

Die Gabe von Medikamenten genügt häufig aus, damit eine Verbesserung der Situation eintritt. Meist kann der Patient im weiteren Verlauf als beschwerdefrei aus der Behandlung entlassen werden. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind jedoch weiterhin notwendig, damit Veränderungen und Auffälligkeiten möglichst frühzeitig erkannt und therapiert werden.

Wird das Spenderorgan vom Organismus mithilfe der medikamentösen Behandlung angenommen, ist die Prognose günstig. Oftmals wird Zeit für die Umstellung benötigt. Werden die Gewöhnungsprozesse vom Körper erfolgreich überwunden, steigen die Lebenserwartung sowie die Lebensqualität des Patienten erheblich an. Darüber hinaus können bereits im Vorfeld der Transplantation Maßnahmen in Anspruch genommen werden, die zu einer Abschwächung der Graft-versus-Host-Reaktion führen.


Vorbeugung

Beim gegenwärtigen Stand der Medizin lässt sich der Graft-versus-Host-Reaktion im Rahmen von Transplantationen durch immunsuppressive Prophylaxen und die Auswahl relativ immunkompatibler Transplantate bis zu einem gewissen Grad vorbeugen. Mit Sicherheit ausschließen lassen sich die entsprechenden Reaktionen bei einer Transplantation trotz des medizinischen Fortschritts und der prophylaktischen Maßnahmen heute aber noch nicht.

Nachsorge

Die Nachsorge bei der Graft-versus-Host-Reaktion ist oftmals durch entsprechende Prophylaxe zu vermeiden. Hier greifen die Immunzellen des Spenders den Empfängerkörper an, nicht etwa umgekehrt. Neben der akuten Graft-versus-Host-Reaktion gibt es eine chronische Variante, die eine lebenslange Immunsuppression erfordert.

Da es sich um eine häufige Folgeerscheinung von allogenen Blutstammzell- oder Knochenmarks-Transplantationen handelt, sollte einer Spender-gegen-Empfänger-Reaktion von vorneherein vorgebeugt werden. Die Therapie einer akuten Graft-versus-Host-Reaktion richtet sich nach deren Schweregrad.

Haben die Präventionsmaßnahmen nicht ausreichend gefruchtet, wird bei einer mittelschweren bis schweren Graft-versus-Host-Reaktion eine systemische immunsuppressive Behandlung mit Kortikosteroiden eingeleitet. Transplantations-Patienten bedürfen ohnehin einer lebenslangen Nachsorge. Das gilt auch für Patienten, die Knochenmarks- oder Stammzelltransplantationen überstanden haben.

Oftmals passen die Spenderzellen und die Gene des Transplantationspatienten nicht zu 100 Prozent zusammen. Eine Graft-versus-Host-Reaktion kann aufgrund individueller Gegebenheiten trotz aller Vorsichtsmaßnahmen entstehen. Das Alter des Patienten spielt für die Nachsorge oder die Überlebenschancen nach einer Graft-versus-Host-Reaktion ebenso eine Rolle, wie seine Grunderkrankung.

Alle Nachsorgemaßnahmen betreffen die Grunderkrankung, die in unterschiedlichen Stadien der Behandlung oder in einer Remission befindlich sein kann. Die akute Graft-versus-Host-Reaktion bedarf einer umgehenden Akutbehandlung. Da sie in 30 bis 60 Prozent der Transplantationsfälle auftreten kann, sind die behandelnden Mediziner auf entsprechende Symptome vorbereitet. Sie können mit Eintreten dieser Komplikation umgehend tätig werden.

Das können Sie selbst tun

Bei der Graft-versus-Host-Reaktion - kurz GVHR - handelt es sich vereinfacht gesagt um eine körpereigene Abwehrreaktion gegen implantierte Zellen. Die Diagnose wird von einem Arzt gestellt, die GVHR kann nicht vom Patienten selbst diagnostiziert werden. Wohl aber kann der Patient, sofern er in der Lage ist, über seinen Zustand und sein Befinden Auskunft zu geben, zu einer frühzeitigen Entdeckung der GVHR beitragen.

Die Behandlung der GVHR erfolgt ebenfalls durch eine medizinische Therapie. Eine Selbsthilfe des betroffenen Patienten ist nicht möglich. In der Mehrzahl der Fälle befinden sich Patienten nach einer Organ- oder Rückenmarkstransplantation unter intensivmedizinischer Beobachtung und werden regelmäßig auf eine mögliche GVHR getestet. Nur in vereinzelten Fällen entsteht eine GVHR zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Patient das Krankenhaus bereits verlassen hat.

Für alle transplantierten Patienten gilt jedoch gleichermaßen, dass ein gesunder Lebensstil das Immunsystem stärkt und zum Erhalt der Gesundheit beiträgt. Dazu gehört der komplette Verzicht auf Nikotin, Alkohol oder Drogen. Kaffee sollte nur in kleinen bis mittleren Mengen konsumiert werden, ebenfalls sollte übermäßiger Konsum von Zucker und Fett gemieden werden. Ein körperliches Betätigungsprogramm an der frischen Luft, dessen Intensität mit dem Arzt besprochen werden sollte, kann zudem zur Verbesserung des Allgemeinzustands beitragen.

Quellen

  • Krams, M., et al.: Kurzlehrbuch Pathologie. Thieme, Stuttgart 2013
  • Leuwer, M., et al.: Checkliste Intensivmedizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010

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