Habituelle Okklusion

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die habituelle Okklusion entspricht der gewohnheitsmäßig eingenommenen Zahnschlussstellung, die meist zu maximalem Vielkontakt stattfindet. Bei Fehlbissen entspricht die habituelle Okklusion nicht der physiologisch vorgesehenen Okklusion. Die sogenannte Okklusionslinie hilft bei der Objektivierung von Bissfehlstellungen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist habituelle Okklusion?

Die habituelle Okklusion entspricht der gewohnheitsmäßig eingenommenen Zahnschlussstellung, die meist zu maximalem Vielkontakt stattfindet.

Die Okklusion entspricht in der Zahnmedizin dem Zahnreihenschluss. Dabei handelt es sich um die Position, die die untere zur oberen Zahnreihe bei zwanglosem Schluss des Kiefers in der Schlussbissstellung einnimmt.

Die beiden wichtigsten Arten der Okklusion sind die statische und die dynamische Okklusion. Bei der statischen Form der Okklusion liegt ein Zusammenschluss der unteren und oberen Zahnreihe zu maximal möglichem Vielpunktkontakt und ohne Bewegung des Unterkiefers vor. Die habituelle Okklusion ist eine Unterform dieser Okklusionsart. Es handelt sich genauer gesagt um einen gewohnheitsmäßig eingenommenen Zusammenschluss der Zähne bei maximaler Interkuspidation. Die Höcker und Grübchen im Ober- und Unterkiefer greifen dabei vollständig ineinander.

Die Kontaktpunkte einer Okklusion liegen auf der sogenannten Okklusionsebene. Diese Ebene ist statt plan sagittal und transversal gekrümmt oder verwunden. Die medizinischen Fachbegriffe der Spee- und Wilson-Kurve beschreiben diese Krümmung.

Funktion & Aufgabe

Wenn der Mund geschlossen wird, treten die Zähne des Unterkiefers dabei automatisch mit den Zahnleisten des Oberkiefers in Kontakt. An welchen Stellen Kontakt zwischen der unteren und oberen Zahnreihe herrscht, hängt vom Einzelfall ab.

Die habituelle Okklusion umfasst die Zahnkontakte, die zwischen dem Oberkiefer und dem Unterkiefer beim gewohnheitsmäßigen Biss des Patienten entstehen. Habituelle Okklusion wird relativ unbewusst eingenommen und lässt sich über bewusste Prozesse nicht in ihren Zahnkontakten verändern. Meist entspricht die habituelle Okklusion der Interkuspidationsposition und damit dem Biss zu maximalem Vielkontakt der Zahnreihen.

Bei einem Fehlbiss liegt eine gewohnheitsmäßig falsche Okklusion vor. Die Okklusionsebene oder Kauebene entspricht der räumlichen Ebene, auf der sich die Zahnreihen des Unter- und Oberkiefers treffen. Sie konstruiert sich über die Verbindungslinien zwischen dem schneidekantigen Berührungspunkt der Zähne 31 und 41 und dem Distalhöcker der Zähnen 36 und 46.

Bei einer gesund habituellen Okklusion verläuft die Okklusionseben durch die Lippenschlusslinie hindurch und liegt so annähernd parallel zur Verbindungslinie beider Pupillen und in Parallelität zur Camperschen Ebene.

Die Kieferorthopädie definiert für eine habituell gesunde Okklusion eine Okklusionsebene als Verbindungslinie zwischen zwei konstruierten Punkten. Der Punkt vPOcP definiert sich durch die Halbierung der Zwischenstrecke am Schneidezahnüberbiss und entspricht so dem Mittelpunkt an der Verbindungslinie zwischen den Kontaktpunkten der unteren oberen Mittelschneidezähne. Der hPOcP entspricht in diesem Schema als zweiter konstruierter Punkt dem Ditalberührungspunkt der Molaren in Okklusion.

Die Okklusionsebene ermöglicht messtechnisch eine Orientierung für Angulationen der unteren und oberen Zähne und macht die Winkelstellung der Okklusionsebene zu verschiedenen Bezugspunkten darstellbar. Wenn die habituelle Okklusion von der gesunden Okklusionsebene zu weit abweicht, liegt ein Fehlbiss vor. Angulationen und Fehlfunktionen der Zahnreihen sind dank dieser Ebene objektivierbar.

Die Okklusionsebene ist der grobe Mittelwert aus der klinischen Okklusionskurve. Diese Spee’sche Kurve entspricht dem natürlichen Verlauf der Okklusionsebenen von einzelnen Zähnen. Die Ebene der habituellen Okklusion entspricht der Idealebene in aller Regel nicht.


Krankheiten & Beschwerden

Bei Dysgnathien unterscheidet sich die habituelle Okklusion mehr oder weniger stark von der natürlichen Okklusionsebene. Bei diesen Befunden handelt es sich um unphysiologische Entwicklungen des Unter- oder Oberkiefers, die eine Verschiebung der einzelnen Zahnreihen zur Folge haben können.

Neben der Pro- und Retrogenie sind auch die Pro- und Retrognathie Dysgnathien. Die mandibuläre Prognathie und die mandibuläre Retrognathie sind charakteristische Beispiele für solche Fehlbisse. Die mandibuläre Prognathie ist genetisch bedingt. Das Kinn und die Unterlippe stehen bei diesem Biss vor und eine positive Lippenstufe wird gebildet. Die Frontzähne im Unterkiefers befinden sich bei der habituellen Okklusion vor den Frontzähnen des Oberkiefers. Schäden an den betroffenen Zähnen und Schädigungen des Zahnhalteapparats können die Folge sein. Ein vorzeitiger Zahnverlust ist als Spätfolge denkbar.

Bei der ebenfalls genetisch bedingten mandibuläre Retrognathie liegt neben einem fliehenden Kinn ein Oberlippenvorsprung vor. So wird eine negative Lippenstufe gebildet. Die Frontzähne am Oberkiefers treten bei der Okklusion vor die Frontzähne des Unterkiefers. Oft beißt der Unterkiefer zusätzlich in den Gaumen ein. Auch bei dieser Art des Fehlbisses können Schäden an den Zähnen oder Schädigungen des Zahnhalteapparats eintreten, die auf lange Sicht einen verfrühten Zahnverlust begünstigen können.

Oft werden Gebissanomalien anhand der habituellen Okklusion der ersten Untermolaren zu den ersten Obermolaren beurteilt. Diese Beurteilung findet nach der Angle-Klassifikation statt. Befunde entsprechen entweder der Angle-Klasse I, II1, II2 oder III. In der Angle-Klasse I greift der Vorderhöcker des oberen Sechsjahrmolaren zwischen die Höcker der unteren Sechsjahrmolaren. Diese Okklusionslage entspricht der sogenannten Neutralokklusion. Ein Befund der Angle-Klasse II1 liegt vor, wenn der Vorderhöcker des Sechsjahrobermolaren vor dem Vorderhöcker des Sechsjahruntermolaren okkludiert und die Oberfrontzähne protrudiert sind. Diese habituelle Okklusion ergibt sich vor allem durch langes Daumenlutschen während der Kindheit.

Bei Befunden der Angle-Klasse II2 okkludiert der Vorderhöcker des Sechsjahrobermolaren vor dem Vorderhöcker des Sechsjahruntermolaren und die Oberfrontzähne sind gaumenwärts gekippt. Die Angle-Klasse III liegt dann vor, wenn der Vorderhöcker des Sechsjahrobermolaren hinter dem zweiten Höcker des Sechsjahruntermolaren okkludiert.

Quellen

  • Gängler, P., et al.: Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Kruse Gujer, A., Jacobsen, C., Grätz, K.W.: Facharztwissen Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Springer, Heidelberg 2013
  • Ott, R., Vollmer, H.P., Krug, W.: Klinik- und Praxisführer Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2003

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