Okklusion
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Begriff Okklusion bezeichnet in der Zahnmedizin das Verhältnis der unteren zur oberen Zahnreihe beim zwanglosen Kieferschluss in der Interkuspidation (Schlussbissstellung). Das Gegenteil ist eine Fehlstellung, ein fehlender Antagonistenkontakt, der als Nonokklusion bezeichnet wird.
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Was ist Okklusion?
Jeder Zahnkontakt zwischen den Zähnen von Ober- und Unterkiefer wird als Okklusion bezeichnet. Es handelt sich um die Verschließung im Schlussbiss. Die Zahnmedizin definiert Okklusion als „Kontakt zwischen den Zähnen beider Kiefer“.
Der Okklusionsabdruck wird als Abformung beider Zahnreihen in der Okklusionsstellung (Schlussbissstellung) genommen. Beim Zahnkontakt ohne Bewegung des Unterkiefers während des Schlussbisses (Interkuspidation) liegt eine statische Okklusion vor. Zahnkontakte, die durch Bewegungen des Unterkiefers entstehen, bezeichnet die Zahnmedizin als dynamische Okklusion.
Funktion & Aufgabe
Das Okklusionskonzept steht in enger Verbindung mit dem Phänomen der Okklusionsstörungen, die Attritionen (Abreibung) und Abrasionen (Abschleifung der Zahnoberfläche) verursachen können. Nach diesem Vorbild wird die Verzahnung Okklusion genannt. Voraussetzung für eine normale Okklusion ist die störungsfreie Zusammenarbeit zwischen Kaumuskulatur, Kiefergelenk und Zähnen. Ober- und Unterkiefer müssen korrekt ausgeformt sein.
Zahnärzte testen anhand einer Okklusionsfolie, ob eine normale Okklusion vorliegt oder nicht. Dazu beißt der Patient auf die dünne Folie, die wie Durchschlagpapier wirkt und die Abdrücke der Zähne auf der Hinterseite aufnimmt. Auf diese Weise kann der Zahnarzt nachvollziehen, wo sich die einzelnen Kontaktpunkte (Okklusionspunkte) befinden.
Die Okklusionsfolie ist auch unter den Begriffen Kontaktfolie, Prüffolie oder Artikulationspapier bekannt. Sie ist mit Farbstoff beschichtet. Treffen beide Zahnreihen in der Okklusionsstellung zusammen, bilden sie eine Okklusionsebene. In der Ruhelage berühren sich die Zähne nicht, sondern klaffen in der statischen Okklusion (Interkuspidation) ein bis zwei Millimeter auseinander. Jeder Zahn der oberen Zahnreihe trifft nicht auf den ihm gegenüber liegenden Zahn der unteren Zahnreihe, sondern hat während der Okklusion Kontakt mit zwei Antagonisten (Zähnen) der unteren Zahnreihe, auf die sich der Druck verteilt (dynamisch Okklusion).
Bei der statischen maximalen Okklusion erfolgen Zahnkontakte ohne Bewegung des Unterkiefers. Die maximale Interkuspidation ist eine statische Okklusion mit einem maximalen Vielpunktkontakt der Zähne beider Kieferreihen. Die habituelle Okklusion ist die gewohnheitsmäßige statische Okklusion, mit der sich Handlungen gewohnheitsmäßig wiederholen. Bei der zentrischen Okklusion erfolgt eine Verschließung bei zentrischer Kondylusposition (Gelenkköpfchen des Kiefergelenks).
Die auf der Oberfläche der Zähne befindlichen Grübchen und Höcker sorgen für eine optimale Zahnstellung. Die obere Zahnreihe ist eine halbe Zahnbreite weiter nach hinten versetzt, da die oberen Schneidezähne breiter sind als ihr Gegenpart der unteren Zahnreihe. Während des Kauvorgangs bewegen sich die Zähne gleitend aufeinander zu. Bei dieser Artikulation übernimmt der Eckzahn die Führung (Eckzahnführung). Bei der Frontzahnführung findet eine dynamische Okklusion zwischen den Frontzähnen des Ober- und Unterkiefers statt. Die Gruppenführung ist eine dynamische Okklusion mehrerer Zähne der Laterotrusionsseite (Arbeitsseite des Kiefergelenks).
Bei der regulären Okklusion bilden Lippenschlusslinie und Okklusionsebene eine Gerade. Bei der Ausführung einer Komplettprothese berücksichtigt der Zahntechniker die Okklussions-Situation seiner Patienten. Jeder Kontakt der einzelnen Zähne zueinander wird durch die Rezeptoren der Wurzelhaut innerhalb der Zahnwurzel gemeldet. Das Gebiss verfügt über eine sehr fein abgestimmte Sensorik. Die Meldung, wann der Bisskontakt erreicht ist und die Kiefermuskulatur die Kaubewegung durchführt, erfolgt schnell.
Die Mundschleimhaut ist mit Nervenenden durchzogen, die Größe und Lage der eingehenden Nahrungsteile erfassen. Im Fall einer gestörten Rückkopplung arbeiten die Zähne nicht gleichmäßig, was zu einer Fehlsteuerung führt. Reflexartig versuchen die Kaumuskeln den Kontakt herzustellen, was durch die gestörte Okklusion nicht gelingt und eine übermäßige Aktivität der Kiefermuskeln hervorruft. Dieser Vorgang zieht eine Ermüdung der Kiefermuskeln nach sich, die zu Verspannungen an allen beteiligten Strukturen führt. Gestörte Bisskontakte wirken sich durch Parafunktionen wie Zähneknirschen und Zahnpressen aus. Dabei können Schlifffacetten und Zahnhalserosionen entstehen.
Krankheiten & Beschwerden
Stellungsanomalien wie offener Biss, Kreuzbiss oder Zwangsbiss verhindern eine reguläre Okklusion. Störungen der physiologischen Okklusion können recht unangenehme Beschwerden nach sich ziehen. Durch die ungleichmäßige Belastung einzelner Zähne wird der gesamte Zahnapparat nachhaltig geschädigt. Auch die Kaumuskulatur und das Kiefergelenk sind negativ betroffen. Zahnschmerzen, Verspannungen der Kaumuskulatur und Schmerzen im Kiefergelenk können die Folgen sein.
Nicht nur die Kiefergelenke sind betroffen, sondern auch andere Körperregionen wie Kopf, Schultern, Wirbelsäule und sogar die Kniegelenke, denn Kiefergelenke, Zähne und Wirbelsäule können einheitliche Krankheitsbilder erzeugen. Da eine reguläre Artikulation nicht mehr gegeben ist, kann die Kaufunktion gleichfalls beeinträchtigt sein.
Zahnärzte beseitigen in leichten Eingriffen einfache Ursachen wie zu hohe Zahnfüllungen, Zahnlücken oder schadhafte Kronen. Erhöhte Areale werden mittels Okklusionsfolie festgestellt und durch Einschleifung beseitigt. Kieferorthopädische Eingriffe, die je nach Schwere des Eingriffes von Kieferchirurgen ambulant oder stationär durchgeführt werden, stellen im Fall von Bissanomalien eine geregelte Okklusion wieder her.
Quellen
- Reitemeier, B., Schwenzer, N., Ehrenfeld, M.: Einführung in die Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2006
- Schumacher, G.-H., Gente, M.: Odontographie – Anatomie der Zähne und des Gebisses. Hüthig, Heidelberg 1995
- Weber, T.: Memorix Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2016