Inselrinde

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Inselrinde, auch Insula, Lobus insularis oder Insellappen genannt, ist eines der geheimnisvollsten Teile des menschlichen Gehirns und kaum größer als ein 2 Euro Stück. Evolutionär ist dieser Teil des menschlichen Gehirns uralt und erfüllt viele verschiedene Aufgaben, von denen noch längst nicht alle entdeckt sind.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Inselrinde?

Durch ihre Verbindung zum limbischen System ist die Inselrinde reziprok mit dem Thalamus und der Amygdala verschaltet und damit hat sie auch Einfluss auf unser Bewusstsein und unsere Emotionen.
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Auch wenn man von außen auf das Gehirn blicken könnte, würde man die Inselrinde kaum sehen. Sie liegt versteckt in der Tiefe der Großhirnfurche (Sulcus lateralis cerebri) und ist vom Stirnlappen, Scheitellappen und Schläfenlappen verdeckt.

Anatomie & Aufbau

Die Inselrinde besteht als Rinde des Endhirns aus Grauer Substanz mit mehreren Schichten von Nervenzellkörpern. Sie ist mit dem limbischen System verbunden. Bis heute ist es der Wissenschaft nicht gelungen, wirklich zu entschlüsseln, welche Aufgaben die Inselrinde zu erfüllen hat.

Es ist aber mittlerweile klar, dass sie für viele Gefühle zumindest mitverantwortlich ist. Sie ist an der Fähigkeit zum Riechen und zum Schmecken beteiligt und gleichzeitig an der Bewertung des Geschmeckten und Gerochenem. Ob uns etwas an- oder abtörnt, erfreut oder ekelt, auch dabei spielt die Inselrinde höchstwahrscheinlich eine sehr wichtige Rolle. Aber weit darüber hinaus dürfte die Inselrinde auch Signale aller inneren Organe empfangen und weiterleiten. Ist uns übel oder schwindelig, haben wir Hunger oder Durst, verspüren wir Atemnot, ist unsere Blase voll, ist uns heiß oder kalt?

An all diesen (unbewussten) Gefühlen hat die Insula Anteil. Aber damit immer noch nicht genug. Durch ihre Verbindung zum limbischen System ist die Inselrinde reziprok mit dem Thalamus und der Amygdala verschaltet und damit hat sie auch Einfluss auf unser Bewusstsein und unsere Emotionen. Sie ist direkt oder indirekt (auf welche Weise ist noch unklar) daran beteiligt, wie wir Situationen emotional bewerten. Empathie, Mitgefühl, Mutterliebe, selbst der Orgasmus werden im weiteren Sinn von der Insula mit gesteuert, genauso wie Abscheu, Ekel, Ablehnung. Manche Forscher nennen diesen Teil des Gehirns deshalb auch "Insel der Seele". Aber auch an der Spracherzeugung ist die Inselrinde erwiesenermaßen beteiligt.

Funktion & Aufgaben

Gehirnforschung ist ein sehr komplexes und sehr schwieriges Aufgabengebiet. Sie hat schließlich nicht nur die Aufgabe, die Funktionsweise des Gehirns als Organ zu verstehen, was auch schon sehr kompliziert ist. Sie muss darüber hinaus auch noch versuchen, zu ergründen, wie die Verknüpfung der Gehirntätigkeit mit unserem Denken und Fühlen eigentlich funktioniert.

Machen wir uns klar, dass im Gehirn geschätzte 100 Milliarden Nervenzellen über 100 Billionen Synapsen miteinander kommunizieren, dann wird das Ausmass der Schwierigkeit deutlich, diese Prozesse zu verstehen oder gar beeinflussen zu können. Trotzdem gibt es auch heute schon vielversprechende Ansätze. So können Hirnforscher messen, welche Teile unseres Gehirns unter welchen Bedingungen besonders aktiv sind und in welchem Umfang beansprucht werden. Dazu gibt es verschiedene bildgebende Verfahren wie zum Beispiel die Magnetoenzephalographie. Dabei messen Sensoren die elektrischen Aktivitäten der Nervenzellen.

Sie werden in Bilder umgesetzt und so lässt sich erkennen, wie stark die Aktivität bestimmter Hirnareale unter bestimmten Umständen ist. Und genau auf diese Weise konnten Hirnforscher auch einiges über die Arbeit der Inselrinde herausfinden. So haben Neurowissenschaftler zum Beispiel in Studien mit bildgebenden Verfahren bewiesen, dass die Inula aktiv ist, nicht nur bei eigenem Schmerz sondern auch bei beobachteten Schmerz. Das ist ein Beweis dafür, dass sie beim Mitgefühl einer der menschlichsten Fähigkeiten überhaupt, beteiligt ist. Es hat sich anhand verschiedener Aktivitätsmuster auch gezeigt, dass der vordere Teil der Inselrinde erkennt, welche Gefühle wir haben, während der hintere Teil unterscheiden kann, wie stark das Gefühl ist, wo zum Beispiel etwas weh tut und um welche Art von Schmerz es sich handelt.

Es gibt aber auch Forschungen darüber, wie Menschen sich verhalten, bei denen durch Krankheiten und Unfälle die Inselrinde geschädigt wurde. Man hat bei Patienten mit einer Verletzung der Inula zum Beispiel eine teilweise aber auch vollständige Störung der Geräusch-Zuordnung (audithorische Agnosie) festgestellt. Andere Patienten haben zum Beispiel nach einem Schlaganfall im Bereich der Inselrinde den Geruchs- bzw Geschmackssinn eingebüßt oder das Gefühl für Hunger und Durst verloren. Ein Patient, der vorher starker Raucher war, verlor durch eine Schädigung der Inselrinde vollkommen das Vergnügen am Rauchen.


Krankheiten

Wenn man heute in Ansätzen weiß, was die Inselrinde alles steuert, dann gibt das Hinweise darauf, mit welche Erkrankungen sich Veränderungen der Insula in Verbindung bringen lassen.

Eine ganze Reihe von psychischen und physischen Gesundheitsstörungen kommen hier infrage. Zum Beispiel könnten Autismus, Suchtkrankheiten, Angststörungen, Zwangserkrankungen und Depressionen durchaus auf eine Störung der Inselrinde hinweisen. Zu diesem Themengebiet gibt es bereits viele Forschungen. So haben Wissenschaftler zum Beispiel autistische Mäuse untersucht und festgestellt, dass bei ihnen in der Inselrinde ein Missverhältnis zwischen hemmenden und erregenden Impulsen bestand.

Diese Störung konnte sogar teilweise medikamentös behoben werden. Die Mäuse zeigten weniger stereotype Verhaltensweisen, ihr Sozialverhalten verbesserte sich, sie interagierten wesentlich mehr. Natürlich ist es noch ein sehr weiter Weg, bis sich aus diesen Forschungen auch Möglichkeiten der Behandlung von Krankheiten beim Menschen ergeben, aber der Weg führt in diese Richtung.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Lüttjen-Drecoll, Rohen, J.W.: Innenansichten des menschlichen Körpers. Schattauer, Stuttgart 2010
  • Weniger, W.: Gehirn und Nervensystem. Facultas, Wien 2019

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