Karpaltunnel
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Karpaltunnel ist eine knöcherne Rinne an der Innenseite der Handwurzel, durch die insgesamt 9 Sehnen sowie der Mittelarmnerv verlaufen. Nach außen wird die knöcherne Rinne durch ein straffes Bindegewebsband, das Retinaculum flexorum, geschützt, so dass sich ein tunnelartiger Durchlass, der Karpaltunnel, formiert. Häufige Probleme entstehen durch eine Einengung des Tunnels, der zur Kompression des Mediannervs führt und das Karpaltunnelsyndrom auslöst.
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Was ist der Karpaltunnel?
Der Karpaltunnel wird durch eine spezielle Verformung der Handwurzelknochen auf der Innenseite des Handwurzelgelenks gebildet und durch ein straffes Gewebeband, das Retinaculum flexorum, nach außen begrenzt.
Die knöcherne Rinne und das Gewebeband, das auch als queres Handgelenksband bezeichnet wird, bilden zusammen einen tunnelartigen Durchlass, den Karpaltunnel. Er nimmt die neun Sehnen der Fingerbeugemuskeln und den Mittelarmnerv, den Nervus medianus, auf. Die Hauptbedeutung des Karpaltunnels besteht darin, dass die Sehnen der Fingerbeugemuskeln, auch bei nach innen abgewinkeltem Handgelenk, durch den vorgegebenen Verlauf des Tunnels zwangsgeführt werden und dadurch körpernah verlaufen. Das vermindert enorm das Verletzungsrisiko der Sehnen bei einem Abknicken der Hand nach innen und begünstigt die notwendige präzise Feinmotorik der Finger.
Direkt unterhalb des Retinaculum flexorum verläuft der Mittelarmnerv oder Nervus medianus, der afferente motorische und efferente sensorische Fasern enthält. Wenn es im Bereich des Karpaltunnels durch Verletzungen oder Entzündungsreaktionen zu einer Schwellung der Gewebestrukturen kommt, gerät der Nervus medianus in eine Kompressionssituation, die der Auslöser für das bekannte Karpaltunnelsyndrom ist.
Anatomie & Aufbau
Nach außen wird die Rinne durch das Retinaculum flexorum abgedeckt, so dass eine tunnelartige Struktur entsteht. Das Gewebeband bildet für die acht Sehnen der tiefen und der oberflächlichen Fingerbeuger eine gemeinsame und für die Sehne des langen Daumenbeugers eine separate Sehnenscheide aus. In den Sehnenscheiden sorgt die Synovialflüssigkeit, die auch als Gleitflüssigkeit oder Gelenkschmiere bezeichnet wird, dafür, dass sich die Sehnen möglichst reibungsarm bewegen können. Darüber hinaus versorgt die Synovialflüssigkeit die Sehnen und die Sehnenscheiden mit Nährstoffen.
Oberhalb der Sehnen, unmittelbar unterhalb des Retinaculum flexorum, verläuft daumenseitig der Nervus medianus, der meist noch innerhalb des Karpaltunnels einen kleinen motorischen Ast an einen Teil der Daumenmuskulatur abgibt.
Funktion & Aufgaben
Die wichtigsten Funktionen des Karpaltunnels bestehen im Schutz und in der Zwangsführung der acht Sehnen der Fingerbeugemuskeln und des daumenseitigen Handgelenksbeugers sowie im physischen Schutz der Sehnen. Sie hätten ohne den Karpaltunnel bei der Flexion der Hand nach innen keinen Halt, und die Umsetzung der Kontraktion der einzelnen Fingerbeugemuskeln in eine entsprechende Beugung der Finger könnte nicht funktionieren, wenn die Hand nach innen flektiert wird.
Dass der Nervus medianus ebenfalls durch den Karpaltunnel zieht, dient ausschließlich dem mechanischen Schutz des Nervs, vor allem bei Flexionen der Hand nach innen und außen. Allerdings macht sich der Verlauf des Mittelarmnervs durch den Karpaltunnel direkt unterhalb des Retinaculum flexorum manchmal auch negativ bemerkbar, wenn sich die darunter liegenden Strukturen ein wenig „breit machen“ und den Nerv dadurch „unter Druck“ setzen, also durch Verdrängung dem Nerven keinen Platz mehr lassen.
Es kann dadurch eine typische Nervenkompression entstehen, die in diesem Fall als Karpaltunnelsyndrom bezeichnet wird. Das Retinaculum flexorum, das den Karpaltunnel nach außen abgrenzt, ist Teil der Handfaszien und übernimmt damit im Verbund mit ihnen Aufgaben zur Stabilisierung der Handwurzelgelenke und des gesamten Handgelenks.
Krankheiten
Das Syndrom entsteht in der Regel durch Entzündungsreaktionen an Strukturen innerhalb des Karpaltunnels. Beispielsweise können sich Sehnenscheiden aufgrund von Überlastungen oder Fehlbelastungen entzünden und leicht anschwellen. Das reicht aus, um den Nervus medianus zu komprimieren und typische Symptome auszulösen. Weil der Mittelarmnerv nicht nur motorische, sondern auch sensorische Fasern führt, können erste Symptome in sensorischen Störungen wie Ameisenkribbeln in der Handfläche oder verringerte Sensibilität bestehen. Große Teile der Handinnenfläche werden sensorisch vom Nervus medianus versorgt.
Weitere Symptome sind motorische Probleme und Ausfälle an den Fingern und Schmerzen. Beispielsweise lassen sich Zeige- und Mittelfinger nicht mehr schließen beim Versuch, eine Faust zu bilden, ein Symptome, die als „Schwurhand“ bezeichnet werden. Bei einem länger anhaltenden Karpaltunnelsyndrom ist ein von außen sichtbarer Abbau der Daumenballenmuskeln (Muskelatrophie) ebenfalls typisch. Das Risiko, an einem Karpaltunnelsyndrom zu erkranken, hängt auch von den genetisch bedingten anatomischen Verhältnissen innerhalb des Karpaltunnels ab.
Das bedeutet, dass die Risiken, an einem Karpaltunnelsyndrom zu erkranken, ungleichmäßig verteilt sind. Sehr häufig kommt es durch wiederkehrende Fehlhaltungen wie Abstützen des Handgelenks an der Tischkante beim Bedienen der Computermaus zu Reizungen des Mittelarmnervs und damit zu ersten Symptomen des Karpaltunnelsyndroms. Schwieriger und komplexer gestalten sich Handgelenksfrakturen oder auch handgelenksnahe Speichenbrüche. Sie können noch nach Jahren zu einer Verengung des Karpaltunnels führen und ein Karpaltunnelsyndrom verursachen. Alle raumfordernden Veränderungen im Bereich des Handgelenks wie Arthrose, Hormonumstellungen, bestimmte Medikamente und vieles mehr können Verursacher der Probleme sein.
Quellen
- Fritsch, H., Kühnel, W.: Taschenatlas der Anatomie. Bd. 2: Innere Organe. Thieme, Stuttgart 2018
- Lanz, T., Wachsmuth, W.: Praktische Anatomie, Band 4 – Arm. Springer, Berlin 2004
- Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012