Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom handelt es sich um eine Krankheit, die genetisch an die Nachkommen weitergegeben wird. Das Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom kommt vergleichsweise selten vor. Die gängige Abkürzung für den Krankheitsbegriff lautet KID-Syndrom. Das Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom ist in erster Linie durch eine gestörte Verhornung der Haut, Schwerhörigkeit und eine entzündete Cornea gekennzeichnet.
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Was ist eine Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom?
Das Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom wird synonym als Erythrokeratodermia progressiva Burns bezeichnet. Im Rahmen der Krankheit bilden sich typische Verhornungen im Bereich der Haut. Zudem ist die Haut von speziellen Rötungen betroffen. Diese beiden Symptome werden im medizinischen Bereich auch Erythrokeratodermie genannt.
Darüber hinaus leiden die am Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom erkrankten Personen an einer sogenannten Innenohrschwerhörigkeit. Zudem entzündet sich infolge der Erkrankung die Hornhaut, wobei sich charakteristische Vernarbungen bilden. Dieses Phänomen wird mit medizinischen Fachbegriff vaskularisierende Keratitis bezeichnet. Grundsätzlich handelt es sich bei dem Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom um eine Erbkrankheit.
Beobachtungen stärken die Vermutung, dass die Krankheit entweder autosomal-rezessiv oder autosomal-dominant an die Kinder der betroffenen Patienten vererbt wird. Bei zahlreichen an dem Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom erkrankten Menschen kommt es allerdings zu einer Neumutation. Die Krankheit wurde 1915 erstmalig durch einen Dermatologen namens Burns beschrieben.
Ursachen
Es ist sowohl ein autsomal-dominanter als auch ein autosomal-rezessiver Vererbungsgang des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms möglich. Zudem kommt die Krankheit in zahlreichen Fällen durch Neumutation zustande.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom tritt durch eine Vielzahl an Krankheitsbeschwerden in Erscheinung. Besonders typisch sind Veränderungen der Hornhaut der erkrankten Personen. In der Folge davon kommt es zu einer Trübung der Hornhaut, wodurch die Patienten lichtscheu sind. Außerdem reduziert sich durch die getrübte Hornhaut in der Regel der Visus.
Das zweite Feld an Beschwerden umfasst die Hautsymptome des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms. Hier zeigen sich vor allem Störungen der Verhornung sowie gerötete Hautbereiche, Ausschläge auf der Haut sowie eine Nesselsucht. Die Haare der Wimpern und Augenbrauen wachsen entweder nur sehr spärlich oder fehlen gänzlich.
Auch das Kopfhaar ist oftmals schütter. Die am Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom erkrankten Personen neigen zu einer Glatze. Die Nägel an Fingern und Zehen sind meist ungewöhnlich dick und zum Teil hypoplastisch. Zudem schwitzen die betroffenen Personen mehr als ein gesunder Mensch. Weitere mögliche Fehlbildungen betreffen die Schleimhaut von Zahnfleisch und Zunge sowie jene des Mundes insgesamt.
Auch das zentrale Nervensystem ist im Rahmen des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms unter Umständen von den Missbildungen betroffen. Möglich ist zum Beispiel eine Agenesie im Kleinhirn, wobei in manchen Fällen die Reflexe reduziert sind. Einige Patienten mit dem Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom leiden an einer Lähmung der Halbseite. Typisch sind auch ein Minderwuchs sowie ein Kryptorchismus sowie ein Zusammenhang zu Morbus Hirschsprung.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die am Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom erkrankten Personen leiden von Geburt an der Krankheit. Einige Symptome entwickeln sich allerdings erst im Verlauf der Zeit und werden mit zunehmendem Lebensalter immer deutlicher sichtbar. Wenn die Sorgeberechtigten bei ihren Kindern den Verdacht hegen, dass das Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom vorliegt, ist so schnell wie möglich der Kinderarzt aufzusuchen.
Möglich ist auch, dass erste Symptome zufällig im Rahmen von Kontrolluntersuchungen festgestellt werden. Zunächst führt der behandelnde Arzt eine Erstanamnese durch, wobei der minderjährige, am Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom erkrankte Patient sowie dessen Sorgeberechtigten anwesend sind. Die vorliegenden Beschwerden werden analysiert und der Zeitpunkt des ersten Auftretens erörtert.
Der Kinderarzt überweist den Patienten in der Regel an einen spezialisierten Facharzt. Dort werden verschiedene Untersuchungsmethoden zur Diagnose des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms eingesetzt. Im ersten Schritt erfolgt eine sogenannte Sichtdiagnose, bei der der Arzt die äußerlich erkennbaren Anzeichen des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms analysiert.
Danach kommen weitere klinische Methoden der Untersuchung zur Anwendung. So wird beispielsweise das Blut des Patienten zahlreichen labortechnischen Analysen unterzogen, sodass womöglich Hinweise auf die Krankheit gefunden werden. Röntgentechnische Untersuchungen liefern Indizien auf einen vorliegenden Minderwuchs, der sich im Kindesalter bereits andeutet.
Das Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom lässt sich mit relativ großer Sicherheit mit Hilfe eines genetischen Tests diagnostizieren. Neben der charakteristischen Kombination an Krankheitsbeschwerden gilt der Gentest als verlässliches Mittel zur Diagnose.
Komplikationen
Ebenso kommt es zu verschiedenen Fehlbildungen im Mundraum, sodass die Patienten auf verschiedene Behandlungen von einem Zahnarzt angewiesen sind. Ebenso tritt ein erhöhtes Schwitzen auf, das die Lebensqualität des Patienten deutlich verringert. Auf der Haut kommt es nicht selten zu Ausschlägen oder zu Juckreizen. Ebenso leiden viele Patienten an einem stark ausgeprägten Minderwuchs.
Auch auf dem Kopf kann es zur Ausbildung einer Glatze kommen, wobei nicht selten auch Wimpern oder Augenbrauen beim Patienten fehlen. Diese Beschwerden des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms können auch bei Kindern zu Mobbing oder zu Hänseleien führen. Die geistige Entwicklung ist allerdings nicht eingeschränkt. Eine kausale Behandlung des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms ist nicht möglich. Die Beschwerden können allerdings relativ gut behandelt werden, sodass die Lebenserwartung des Patienten durch das Syndrom nicht verringert ist.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Erkrankte des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms zeigen Auffälligkeiten der Augen, des Hörens sowie des Hautbildes. Wird eine Schwerhörigkeit bei einem Neugeborenen bemerkt, ist ein Kontrollbesuch durch einen Arzt notwendig. Entwickelt sich im Verlauf des Lebens eine deutliche Verringerung des Hörens, sollten ebenfalls ärztliche Untersuchungen eingeleitet werden. Bei Fehlbildungen im Bereich des Mundraumes, einem starken Schwitzen oder dem Verlust des Kopfhaares besteht Grund zur Besorgnis.
Spärlich ausgebildete Wimpern, Augenbrauen oder Haare auf dem Kopf gelten als ungewöhnlich. Ein Arztbesuch ist zur Abklärung der Ursache erforderlich. Wird eine Veränderung der Hornhaut oder eine Trübung der Linse bemerkt, muss ein Arzt aufgesucht werden. Bei einer Empfindlichkeit gegenüber normalen Lichteinflüssen ist die Konsultation eines Arztes anzuraten, da dies ein Warnhinweis des Organismus ist. Kommt es zu Besonderheiten des Hautbildes, wird ebenfalls ein Arzt benötigt.
Bei einem Juckreiz und offenen Wunden, Ausschlägen sowie Rötungen der Haut liegt eine Erkrankung vor, die untersucht und behandelt werden muss. Ohne eine ausreichende medizinische Versorgung können weitere Krankheitserreger in den Organismus gelangen und zusätzliche Krankheiten auslösen. Menschen, die einen Minderwuchs aufweisen, neurologische Auffälligkeiten zeigen oder halbseitige Lähmungen erleiden, benötigen eine umfassende ärztliche Untersuchung. Kommt es zu Veränderungen der Zunge oder der Schleimhäute in Mund und Rachen, ist ein Arztbesuch anzuraten.
Behandlung & Therapie
Grundsätzlich ist es nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft noch nicht praktikabel, das Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom ursächlich zu behandeln. Denn es handelt sich um eine genetisch verursachte Erkrankung. Stattdessen ist eine symptomatische Behandlung des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms möglich, sodass die Lebensqualität der betroffenen Personen erhöht wird.
So lassen sich zum Beispiel die Beschwerden der Haut mit entsprechenden Arzneimitteln lindern. Auch die Veränderungen der Hornhaut werden regelmäßig ärztlich kontrolliert, um einer zunehmenden Verschlechterung des Zustandes nach Möglichkeit Einhalt zu gebieten. Der Minderwuchs lässt sich unter Umständen mit der Gabe von Wachstumshormonen behandeln. Das Ziel der Behandlung besteht auch darin, den Patienten mit dem Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom ein so weit wie möglich selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Aussicht & Prognose
Die Prognose der Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom ist ungünstig. Der Patient leidet unter einer genetisch bedingten Erkrankung, die nach dem derzeitigen medizinischen Stand nicht heilbar ist. Wissenschaftlern und Forschern ist es aufgrund der aktuellen Gesetzeslage verboten, die Genetik des Menschen zu verändern. Daher kann die Ursache der genetische Disposition weder korrigiert noch behoben werden.
Eine Therapie ist nur durch die Versorgung der Symptome möglich. Da der Patient unter einer Einschränkung des Hörvermögens leidet, bleiben den Medizinern kaum Möglichkeiten einer adäquaten Behandlung. Störungen des Wachstums können bei einigen Betroffenen durch die Gabe von hormonellen Präparaten verbessert werden. Die Therapie ist jedoch mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden und kann nur im Entwicklungs- und Wachstumsprozess des Patienten angewendet werden.
Bei einem erwachsenen Menschen führt die Gabe von Hormonen zu keinen Veränderungen der körperlichen Größe. Zusätzlich drohen bei der Erkrankung aufgrund der vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen verschiedene Folgeschäden. Neben einer erhöhten Unfall- und Verletzungsgefahr ist der Betroffene starken emotionalen Belastungen ausgesetzt. Eine Umstrukturierung bei der Bewältigung der alltäglichen Gegebenheiten und Anpassung an die Möglichkeiten des Patienten sind notwendig, damit eine Optimierung der Lebensqualität erfolgen kann. Bei einem ungünstigen Verlauf der Erkrankung drohen psychische Erkrankungen. Diese sind bei der Stellung einer Gesamtprognose mit zu berücksichtigen.
Vorbeugung
Bedingt durch die genetischen Ursachen des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms bestehen aktuell keine erprobten und effektiven Maßnahmen zur Prävention der Krankheit. Bedeutsam ist eine adäquate Behandlung und Betreuung der vom Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom betroffenen Personen.
Nachsorge
Meistens sind die Möglichkeiten einer Nachsorge beim Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom stark eingeschränkt oder stehen Betroffenen gar nicht zur Verfügung. Daher muss bei dieser Krankheit in aller erster Linie eine schnelle und vor allem eine frühzeitige Diagnose stattfinden, um weitere Komplikationen oder um eine weitere Verschlechterung der Beschwerden zu verhindern.
Eine Selbstheilung kann in der Regel nicht eintreten, sodass Betroffene idealerweise schon bei den ersten Anzeichen und Symptomen der Krankheit einen Arzt aufsuchen sollte. Falls ein Kinderwunsch besteht, sollte der Patient eine genetische Untersuchung und Beratung durchführen lassen, damit das Syndrom nicht erneut bei den Kindern auftreten kann. Da das Syndrom die Wahrscheinlichkeit von Tumoren deutlich erhöht, sind regelmäßige Untersuchungen und Kontrollen von einem Arzt notwendig.
Dabei ist häufig auch die Unterstützung des Betroffenen durch die Eltern oder durch andere Angehörige notwendig. Auf diese Weise können auch psychische Beschwerden oder Depressionen verhindert werden. Bei Kindern müssen vor allem die Eltern auf den Zustand der Beschwerden achten und gegebenenfalls einen Arzt aufsuchen. Eventuell ist durch das Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndrom die Lebenserwartung des Betroffenen verringert oder anderweitig eingeschränkt.
Das können Sie selbst tun
Da eine kausale Behandlung des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms nicht möglich ist, liegt der Fokus auf der Behandlung der Beschwerden. Veränderungen der Haut oder Hornhaut sollten regelmäßig ärztlich kontrolliert werden. Dadurch ist es möglich auf eine eventuelle Verschlechterung des Zustandes zügig zu reagieren.
Besonders Ausschläge, Ekzeme oder Einrisse müssen unverzüglich behandelt werden, damit keine Krankheitserreger oder Keime in den Organismus eindringen und weitere Krankheiten nach sich ziehen. Überhaupt ist penible Körper-Hygiene bei diesem Krankheitsbild von großer Wichtigkeit, da zu den häufigen Symptomen auch erhöhtes Schwitzen gehört. Leider werden Kinder, die unter dieser Krankheit leiden, häufig gemobbt, so dass in diesem Falle Gespräche eine wichtige Form der Prävention bilden.
Patienten, die aufgrund des Keratitis-Ichthyosis-Taubheitssyndroms an Minderwuchs leiden, können unter Umständen mit Wachstumshormonen behandelt werden. In diesem Falle wurden mit individuellen Therapien schon respektable Erfolge erzielt. Es gilt mit Hilfe von Fachärzten eine Lösung zu suchen, die den Betroffenen ein möglichst selbst bestimmtes Leben ermöglicht. Aufgrund ihrer Schwerhörigkeit, bzw. Taubheit sind die meisten Patienten mit diesem Krankheitsbild in ihrem Alltag stark eingeschränkt. Hilfe zur Selbsthilfe finden Erkrankte bei der Deutschen Hörbehinderten Selbsthilfe e. V. (DHS) - der gemeinnützigen Selbsthilfegruppe für Schwerhörige und Ertaubte.
Quellen
- Augustin, A.J.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2007
- Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003