Keshan-Krankheit
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Keshan-Krankheit ist eine selten auftretende Erkrankung des Herzmuskels, die hauptsächlich auf Selenmangel zurückgeführt wird. Die Krankheit erhielt ihren Namen nach einer Stadt in der nordostchinesischen Mandschurei. Bei Selenmangel kann der Körper nicht in genügendem Umfang das Enzym Glutathionperoxidase synthetisieren, das wesentlich an der Neutralisierung oxidativen Stresses beteiligt ist und zu seinem Aufbau die selenhaltige Aminosäure L-Selenocystein benötigt.
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Was ist die Keshan-Krankheit?
Die Keshan-Krankheit erhielt ihren Namen nach einer Stadt in der Mandschurei, einer nordöstlichen Provinz Chinas und verkörpert eine Herzmuskelerkrankung, eine Kardiomyopathie. Die spezielle Kardiomyopathie wird im Wesentlichen auf einen Mangel des Spurenelementes Selen zurückgeführt.
Die Region ist bekannt für ihre Selenarmut und für ein vergleichsweise häufigeres, nahezu endemisches Auftreten der Keshan-Krankheit als in Regionen der Welt, deren Böden genügend Selen bereithalten. Selen wird von Pflanzen aufgenommen und ist dann in der gesamten Nahrungskette verfügbar. Die Keshan-Krankheit geht auf einen Mangel des Enzyms Glutathionperoxidase zurück, zu deren Aufbau die selenhaltige Aminosäure Selenocystein benötigt wird.
Die Keshan-Krankheit lässt sich nicht ohne weiteres symptomatisch von anderen Kardiomyopathien abgrenzen. Die Verläufe der Krankheit variieren zwischen akuten, chronischen und latenten Formen. Symptomatische Beschwerden sind Herzinsuffizienz, Herzrhythmusprobleme und bei chronischem Verlauf auch Hypertrophierungen des Herzmuskels mit allen sich daraus ergebenden weiteren Problemen.
Ursachen
Das Enzym reduziert Wasserstoffperoxid und oxidiert gleichzeitig das Tripeptid Glutathion zu Glutathiondisulfid. Bei der Reaktion wirkt Selen als Coenzym. Glutathionperoxidase ist notwendiger Bestandteil der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), für die Wasserstoffperoxid stark toxisch wirkt. Glutathionperoxidasen üben damit für das kardiovaskuläre System eine wichtige Schutzwirkung vor Schädigungen durch Peroxide aus.
Ein Mangel des Enzyms in den Erythrozyten kann daher eine hämolytische Anämie auslösen, eine Form der Blutarmut, die durch eine vorzeitige und verstärkte Auflösung der roten Blutkörperchen verursacht wird. Die Entstehung der Keshan-Krankheit lässt sich zwar mit Selenmangel über die Ursachenkaskade Selenmangel, Selenocysteinmangel und dadurch bedingter Mangel an Glutathionperoxidase erklären.
Dennoch ist der zugrunde liegende Mechanismus für das Auftreten der Krankheit (noch) nicht vollständig verstanden. In Fachkreisen wird als Ursache der Keshan-Krankheit neben Selenmangel die gleichzeitige Beteiligung eines Virus aus der Familie der humanen Coxsackieviren diskutiert.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Keshan-Krankheit äußert sich durch unterschiedliche Symptome und Beschwerden Neben Herzrhythmusstörungen, die sich als erste Symptome zeigen können, kommt es allmählich zu einer Veränderung des Myokards. Muskelzellen werden durch bindegewebsartige Zellen ersetzt, so dass sich eine Durchsetzung des Herzmuskels mit Bindegewebe einstellt.
Damit einher geht außerdem eine Hypertrophierung des Herzmuskels, typische Anzeichen einer Kardiomyopathie. Im weiteren Verlauf der Krankheit ist eine zunehmende Herzinsuffizienz zu beobachten, die durch entsprechende Leistungseinbußen begleitet wird. Die Keshan-Krankheit kann in seltenen Fällen auch Verursacher eines unmittelbar lebensbedrohlichen kardiogenen Schocks sein.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Symptome der Keshan-Krankheit sind meist reichlich unspezifisch, da eine Hypertrophierung des Myokards, Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz verschiedener Schweregrade auch auf anderen Ursachen beruhen können, ist eine sorgfältige Diagnose angezeigt. Wichtige Diagnoseinstrumente sind neben dem EKG bildgebende Verfahren wie Koronarangiographie, Echokardiographie, Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) und nuklearkardiologische Verfahren.
Die Diagnoseverfahren sind gut dazu geeignet, den jeweiligen Ist-Zustand abzubilden. Allerdings liefern die Befunde noch keine eindeutige Aussage darüber, welche Ursachen die pathologischen Veränderungen bewirkt haben. Der Verdacht auf Vorliegen der Keshan-Krankheit kann nur erhärtet werden, wenn eine Laboranalyse des Blutplasmas einen Selenmangel attestiert. Der Verlauf der Keshan-Krankheit reicht von schwach ausgeprägt über chronisch bis schwerwiegend.
Komplikationen
Ebenso kommt es zu einem Muskelschwund und zu Schmerzen an den Muskeln. Die Belastbarkeit und die Leistung des Patienten sinken enorm ab und es tritt ein allgemeines Krankheitsgefühl auf. Die Lebensqualität und der Alltag des Betroffenen werden durch die Keshan-Krankheit erheblich eingeschränkt. Weiterhin kann es zu einem sogenannten kardiogenen Schock kommen. Wird dieser nicht behandelt, kann der Betroffene im schlimmsten Falle daran versterben.
Die Behandlung erfolgt kausal und symptomatisch und führt in den meisten Fällen zu einer schnellen Besserung der Beschwerden. Dabei treten keine besonderen Komplikationen auf. Der Betroffene muss allerdings herausfinden, wodurch der Mangel an Selen ausgelöst wird. Weiterhin können Infusionen oder Medikamente verwendet werden, um die Beschwerden der Keshan-Krankheit einzuschränken. Bei einer Behandlung wird die Lebenserwartung des Patienten nicht verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Unregelmäßigkeiten der Herztätigkeit und Störungen des Herz-Rhythmus sollten grundsätzlich von einem Arzt intensiv untersucht werden. Kommt es zu Unterbrechungen des Herzschlages, Herzrasen, einer Auffälligkeit des Blutdrucks, Störungen der Durchblutung oder einem Schmerzempfinden im Brustkorb, ist unverzüglich ein Arzt aufzusuchen. Eine Abnahme der gewohnten körperlichen Leistungsfähigkeit, eine innere Unruhe oder ein gestiegenes Schlafbedürfnis weisen auf vorhandene Unstimmigkeiten des Organismus hin, die von einem Arzt abgeklärt werden sollten.
Bei der Keshan-Krankheit entwickeln sich die Beschwerden langsam und allmählich über einen längeren Zeitraum. Bei diesem stetig progressiven Krankheitsverlauf ist es oftmals schwierig, die gesundheitliche Entwicklung objektiv einschätzen zu können. Empfehlenswert ist daher die Teilnahme an regelmäßigen Kontrolluntersuchungen und Belastungstests. Zusätzlich ist ein Arzt zu konsultieren, sobald der Betroffene über eine längere Zeit an einer allgemeinen Schwäche, Abgeschlagenheit oder Schlafstörungen leidet. Bei einem Gefühl des Sauerstoffmangels, bei allgemeinen Funktionsstörungen oder Veränderungen der Atemtätigkeit ist ein Arztbesuch erforderlich.
Reizbarkeit, Auffälligkeiten des Verhaltens, Unzufriedenheit oder Stimmungsschwankungen können auf vorhandene gesundheitliche Probleme hinweisen. Mehren sich die Beschwerden oder breiten sie sich weiter aus, ist ein Arzt aufzusuchen. Kommt es zu schnellen Ermüdungserscheinungen, können gewohnte berufliche Anforderungen nicht mehr erfüllt werden und wird eine Abnahme der kognitiven Leistungen bemerkt, muss ein Arzt konsultiert werden.
Behandlung & Therapie
Falls sich durch Laboruntersuchungen ein Selenmangel bestätigt, besteht eine der wichtigsten Maßnahmen darin, den Selenmangel zu beheben. Allerdings sollte vorher abgeklärt werden, welche Ursachen den Selenmangel und damit die Keshan-Krankheit hauptsächlich verursacht haben.
Falls kein Selenmangel aufgrund einseitiger Kost mit ausgewiesenem niedrigem Selengehalt vorliegt, kann die Resorptionsfähigkeit für das Spurenelement aufgrund entzündlicher Erkrankungen im Verdauungstrakt oder aufgrund von Durchfallerkrankungen vermindert sein, so dass über eine vorübergehend höhere Selenzufuhr nachgedacht werden sollte. Mit einer ausreichenden Selenkonzentration im Blutplasma, die bei über 80 µg/l liegen sollte.
Mit einer ausreichenden Selenkonzentration im Blutplasma und Blutserum werden die Ursachen der Keshan-Krankheit bekämpft. Falls das Myokard bereits irreversibel beschädigt ist, können auch weitere therapeutische Maßnahmen erwogen werden, die der direkten Behandlung bestimmter Symptome dienen.
Nach Erreichen einer Konzentration von etwa 80 bis 160 µg/l im Blutplasma kann die Selengabe verringert werden, um eine Selenvergiftung (Selenose) zu vermeiden. Die tägliche Zufuhr von Selen als Erhaltungsbedarf beträgt für einen gesunden Erwachsenen zwischen 30 und 70 Mikrogramm.
Aussicht & Prognose
Bei einer frühzeitigen Diagnosestellung sowie einer medizinischen Behandlung ist eine vollständige Genesung des Patienten möglich. Der Mangel an Selen wird durch die Gabe von speziellen Medikamenten allmählich ausgeglichen. Dadurch kommt es zu einer Linderung der aufgetretenen Beschwerden und im Verlauf der kommenden Wochen oder Monate zu einer Beschwerdefreiheit. Die Werte an Selen werden im Organismus weiter regelmäßig überwacht, damit eine optimale Versorgung stattfinden kann. Zusätzlich wird die Ursache für den Mangel analysiert. Können die Gründe von die Keshan-Krankheit geklärt und dauerhaft behoben werden, ist eine anhaltende Heilung möglich.
Unbehandelt kann der Selenmangel bei einem schweren Krankheitsverlauf zu einem vorzeitigen Ableben des Betroffenen führen. Dem Betroffenen droht bei einem akuten und langanhaltenden Selenmangel ein Herztod. Die Gefahr des Ablebens besteht ebenfalls, wenn die Erkrankung bereits weit fortgeschritten ist oder es zusätzlich Erkrankungen des Herzens gibt.
Aufgrund des schweren Krankheitsverlaufs ist eine frühzeitige Behandlung besonders wichtig. Kommt es im Verlauf des Lebens zu einem erneuten Ausbruch der Krankheit, sollte ebenfalls schnellstmöglich reagiert werden und eine medizinische Versorgung in Anspruch genommen werden. In einigen Fällen ist der Organismus des Betroffenen bereits derart geschwächt, dass die Beschwerden bei einem erneuten Ausbruch der Krankheit stärker sind und es früher zu Komplikationen sowie Beeinträchtigungen kommt.
Vorbeugung
Vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung der Keshan-Krankheit in Form zusätzlicher Selengaben zur täglichen Nahrung sind nur in Regionen mit extremer Selenarmut in den Acker- und Gartenböden anzuraten. Die dort erzeugten Nahrungsmittel weisen ebenfalls einen sehr geringen Selengehalt auf und auch das Fleisch der Tiere, die sich von den Pflanzen ernähren.
Der Selenmangel durchzieht in den betreffenden Regionen die gesamte Nahrungskette. Ein über längere Zeit vermindertes Absorptionsvermögen von Spurenelementen im Darm kann ebenfalls die Zufuhr zusätzlichen Selens über die normale Nahrung hinaus erforderlich machen, falls die Selenkonzentration im Blut unter etwa 80 µg/l abgesunken ist.
Nachsorge
In der Regel sind die Maßnahmen zur Nachsorge bei der Keshan-Krankheit sehr stark eingeschränkt. Hierbei ist in erster Linie eine schnelle und vor allem frühzeitige Diagnose der Krankheit sehr wichtig, damit keine weiteren Komplikationen oder andere Beschwerden auftreten. Es kann bei der Keshan-Krankheit auch nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen, sodass der Betroffene schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Krankheit einen Arzt aufsuchen sollte.
Die Krankheit selbst kann in den meisten Fällen durch die Einnahme von verschiedenen Medikamenten relativ gut gelindert werden. Dabei sollte der Betroffene allerdings immer auf eine regelmäßige Einnahme und auch auf die richtige Dosierung der Medikamente achten, da es bei der Keshan-Krankheit auch nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen kann.
Dabei sind auch regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen durch einen Arzt notwendig, um die Konzentration im Blut richtig zu bestimmen. Bei Kindern müssen vor allem die Eltern auf die Symptome der Krankheit achten und bei Bedarf einen Arzt aufsuchen. In vielen Fällen kann auch eine richtige Ernährung die Beschwerden der Keshan-Krankheit dauerhaft und vor allem richtig lindern, wobei die Krankheit nur selten die Lebenserwartung des Betroffenen verringert.
Das können Sie selbst tun
Abhängig von der Ursache, kann die Keshan-Krankheit von den Betroffenen selbst behandelt werden. Liegt der Erkrankung ein Selenmangel zugrunde, genügt bereits eine Umstellung der Ernährung. Eine ausgewogene und gesunde Diät führt dem Körper die notwendigen Spurenelemente zu und reduziert dadurch auch die Beschwerden. Empfohlen werden vor allem Obst und Gemüse, insbesondere Schonkost und Lebensmittel, die das Herz nicht übermäßig belasten sowie mageres Fleisch und viel Flüssigkeit. Genussmittel wie Alkohol, Kaffee oder Zigaretten sollten gemieden werden.
Sollten bereits irreversible Schädigungen entstanden sein, sind weitere therapeutische Maßnahmen angezeigt, zum Beispiel gezieltes Herzmuskeltraining oder das Tragen eines Herzschrittmachers. Bei ernsten Komplikationen wie einem kardiogenen Schock muss umgehend der Notarzt gerufen werden. Es muss Erste Hilfe geleistet werden und unter Umständen sind auch Wiederbelebungsmaßnahmen angezeigt.
Bei einem solch schweren Verlauf ist auf jeden Fall ein längerer Krankenhausaufenthalt notwendig. Der Betroffene kann den Heilungsverlauf am besten unterstützen, indem er auf körperliche Anstrengungen verzichtet und die verordnete Diät einhält. Eine fortgeschrittene Keshan-Krankheit muss außerdem regelmäßig überprüft werden, damit etwaige Komplikationen frühzeitig erkannt und behandelt werden können.
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hg.) Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Neuer Umschau Verlag GmbH, Neustadt an der Weinstraße 2015
- Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
- Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004