Kardiogener Schock

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der kardiogene Schock stellt eine Form des Schocks dar, der durch eine geschwächte Pumpleistung des Herzens verursacht wird. Er ist ein absoluter Notfall, der ohne sofortige Behandlung häufig zum Tode durch Herzversagen führt. Es gibt vielfältige Ursachen für einen kardiogenen Schock.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein kardiogener Schock?

Ein Schockzustand kann sehr schnell anhand der Symptome diagnostiziert werden. Schwieriger ist es jedoch festzustellen, welche Form des Schocks vorliegt.
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Der kardiogene Schock wird durch ein Pumpversagen des Herzens hervorgerufen. Im Rahmen dieses Krankheitsgeschehens ist das Herz nicht mehr in der Lage, das benötigte Herzminutenvolumen (HMV) sicherzustellen. Das Herzminutenvolumen definiert das Blutvolumen, welches das Herz innerhalb einer Minute durch den Körper pumpt. Es stellt das Produkt aus Herzfrequenz und Schlagvolumen dar.

Die Herzfrequenz bezeichnet wiederum die Herzschläge pro Minute. Das Schlagvolumen ist diejenige Blutmenge, die durch einen Herzschlag in den Kreislauf gepumpt wird. Normalerweise beträgt das Herzminutenvolumen ungefähr 4,5 bis 5 Liter pro Minute. Bei ungewöhnlichen Belastungen kann das HMV um das Vierfache steigen. Das kann sowohl durch die Steigerung der Herzfrequenz als auch durch die Erhöhung des Schlagvolumens hervorgerufen werden.

Durch verschiedene Ursachen kann das Herzzeitvolumen drastisch sinken. Zu diesen Ursachen zählen unter anderem strukturelle Herzveränderungen, Herzklappenfehler, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Versteifung der Herzwände. Der kardiogene Schock ist die extremste Form von vermindertem Herzminutenvolumen. Allerdings ist der kardiogene Schock nur eine Form des Schocks.

Neben dem kardiogenen Schock gibt es noch den Volumenmangelschock, septischen Schock und anaphylaktischen Schock. Jeder Schock kennzeichnet jedoch einen lebensbedrohlichen Zustand, der mit einer Sauerstoffunterversorgung der inneren Organe einhergeht. Unabhängig von der Ursache ist der Verlauf eines Schocks immer gleich.

Ursachen

Der kardiogene Schock wird allgemein durch ein Versagen der Herzleistung hervorgerufen. Als Ursache kommt meist eine Vorerkrankung des Herzens infrage. Dabei verringert sich plötzlich das durch den Körper fließende Blutvolumen. In der Folge kommt es zu einer Sauerstoffunterversorgung der Organe. Durch den fehlenden Sauerstoff laufen in verstärktem Maße anaerobe Abbauprozesse ab.

Dieser Stoffwechselweg benötigt zum Abbau der Nährstoffe und körpereigenen Stoffe kein Sauerstoff. Dadurch findet kein vollständiger Abbau statt. Es entstehen unter anderem saure Abbauprodukte. Der Körper übersäuert daher immer mehr und feuert damit den Prozess noch weiter an. Diese Azidose lässt die Arteriolen erschlaffen und die Blutkapillaren schädigen. Dabei setzt ein Flüssigkeitsverlust ein, der wiederum die Hypovolämie steigert.

Außerdem kommt es in den Haargefäßen zu einem Blutstau, der zu Mikrothromben führen kann. Der gesamte Prozess verstärkt sich unabhängig von seiner Ursache in Form eines Circulus vitiosus immer mehr und wird daher auch als sogenannte Schockspirale bezeichnet. Der kardiogene Schock kann unter anderem durch einen Herzinfarkt, eine allgemeine Herzinsuffizienz, Bradykardie.

Eine extreme Steigerung der Herzfrequenz, eine Ischämie, einen arteriellen Bluthochdruck oder einen Herzklappenfehler hervorgerufen werden. Aber auch Herzmedikamente wie Betablocker sowie Zytostatika oder Antidepressiva können unter Umständen einen kardiogenen Schock auslösen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Zu den allgemeinen Symptomen eines Schocks gehören Blässe und Hypotonie. Beim kardiogenen Schock finden sich noch zusätzlich Atemnot, Thoraxschmerz und gestaute Halsvenen. Des Weiteren kann auch eine stark verringerte Pulsfrequenz (Bradykardie), Herzkammerflimmern oder ein Lungenödem auftreten. Die erschwerte Atmung findet unter feuchten Rasselgeräuschen statt.

Der systolische Blutdruck liegt unter 90 mmHg mit einem Herzindex unter 1,8 l/min/m². Jeder Quadratmeter der Körperoberfläche wird maximal von 1,8 Liter Blut pro Minute durchflossen. In der Folge kann es zu einem Multiorganversagen von Leber, Niere, Darm und zentralem Nervensystem kommen. Das Bewusstsein trübt ein. Ohne Behandlung kann der kardiogene Schock tödlich enden.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Ein Schockzustand kann sehr schnell anhand der Symptome diagnostiziert werden. Schwieriger ist es jedoch festzustellen, welche Form des Schocks vorliegt. Eine bekannte Herzerkrankung und die auftretenden zusätzlichen Symptome wie Atemnot oder Lungenödem werden den Arzt jedoch schnell auf die Verdachtsdiagnose „kardiogener Schock“ führen. So kann nach der Notbehandlung des Schocks sofort die eigentliche Behandlung des Herzens beginnen.

Komplikationen

Bei diesem Schock handelt es sich in der Regel um einen medizinischen Notfall. Sollte es dabei nicht zu einer sofortigen Behandlung kommen, so kann der Patient auch versterben. In der Regel tritt bei diesem Schock eine starke Atemnot auf. Die Belastbarkeit des Patienten sinkt deutlich ab und der Betroffene wirkt müde und erschöpft.

Ebenso kann es zu einer verringerten Herzfrequenz kommen und der Betroffene kann weiterhin auch das Bewusstsein vollständig verlieren. Die Lebensqualität wird durch diesen Schock erheblich eingeschränkt und verringert. Auch die inneren Organe funktionieren oft nicht mehr richtig, sodass es im schlimmsten Falle zu einem Organversagen kommen kann. Nicht selten leiden die Patienten dabei auch an Todesangst, Panikattacken oder an Schweißausbrüchen.

Die Behandlung dieses Schocks muss sofort erfolgen, damit der Patient überlebt. Dabei sind operative Eingriffe und Medikamente notwendig, um die Beschwerden zu bekämpfen. Weiterhin ist allerdings auch eine kausale Behandlung dieser Beschwerde notwendig, damit die Grunderkrankung eingeschränkt wird und es nicht erneut zum Schock kommt. Unter Umständen wird die Lebenserwartung dabei verringert. Weitere Komplikationen hängen dabei stark von der Grunderkrankung ab, sodass in der Regel keine allgemeine Voraussage möglich ist.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Symptome wie Atemnot, Beschwerden des Herz-Kreislauf-System oder Brustschmerzen bemerkt werden, sollte in jedem Fall ein Arzt konsultiert werden. Treten die Symptome ganz plötzlich auf, muss ein Notarzt gerufen werden. Der kardiogene Schock kann tödlich enden, wenn er nicht rechtzeitig behandelt wird. Deshalb muss bereits bei ersten Anzeichen ein Arzt konsultiert werden. Sollten Anzeichen einer Schockreaktion bemerkt werden, ist ebenfalls medizinischer Rat vonnöten.

Die Ersthelfer sollten den Rettungsdienst einschalten und im Zweifelsfall Maßnahmen zur ersten Hilfe leisten. Typische Schocksymptome wie Atemnot oder Kreislaufbeschwerden sollten in jedem Fall von einem Arzt abgeklärt werden, unabhängig davon, ob der Verdacht auf einem kardiogenen Schock liegt. Neben dem Hausarzt kann der Internist oder ein Kardiologe eingeschaltet werden. Unter Umständen ist auch die Miteinbeziehung eines Therapeuten sinnvoll, insbesondere dann, wenn der kardiogene Schock im Zusammenhang mit einem Unfall oder Sturz aufgetreten ist. Kinder, die Anzeichen eines kardiogenen Schocks zeigen, sollten zeitnah zum Kinderarzt gebracht werden.

Behandlung & Therapie

Der kardiogene Schock ist ein Notfall und muss so schnell wie möglich behandelt werden. Dazu erfolgt unter anderem eine perkutane Koronarintervention (PCI). Hier werden mit einem Linksherzkatheter Engstellen aufgedehnt. Dazu wird über einen Katheterein Ballon oder ein Stent eingeführt. Bei Vorhandensein von Blutgerinnseln wird eine systemische Fibrinolyse durchgeführt.

Bei der Fibrinolyse handelt es sich um eine enzymatische Spaltung des Fibrins, wodurch die Thromben aufgelöst werden können. Des Weiteren müssen oft Notfallbypassoperationen durchgeführt werden. Gleichzeitig werden gerinnungshemmende Substanzen verabreicht, um die weitere Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern.

Zu den gerinnungshemmenden Substanzen zählen unter anderem Thrombozytenfunktionshemmer oder Thrombinhemmer. Parallel zur Notfallbehandlung muss das Herzkreislaufsystem stabilisiert werden. So sollte der Patient in eine Herzbettlagerung gebracht werden. Bei der Herzbettlagerung wird der Oberkörper hoch und die Beine tief gelagert. So soll der venöse Blutstrom zum Herzen verringert werden.

Der Patient muss bei dieser Position gegen Verrutschen abgesichert sein. Das Kreislaufsystem wird zusätzlich durch gefäßaktive Substanzen wie Dobutamin, Vasodilatatoren oder Noradrenalin stabilisiert. Oft wird auch eine intraaortale Ballongegenpulsation durchgeführt. Das ist eine in der Notfallmedizin häufig eingesetzte Ballonpumpe, die durch eine Verbesserung der Durchblutung auch das Sauerstoffangebot verbessert.


Aussicht & Prognose

Durch die Behandlung mit der Katheterintervention und der sofortigen Öffnung der verschlossenen Herzkranzgefäße konnte in den letzten 20 Jahren die akute Sterblichkeit von Patienten mit einem kardiogenen Schock deutlich gesenkt werden. Entscheidend für die Verringerung der Akutsterblichkeit ist das frühe Erkennen des kardiogenen Schocks.

Bleibt der kardiogene Schock unbehandelt führt dies zu einem multiplen Organversagen und in der Folge zum Tod des Patienten. Für die weitere Prognose überlebender Patienten eines kardiogenen Schocks scheint die erste Zeit unmittelbar nach der Klinikentlassung besonders kritisch zu sein. Innerhalb der ersten 60 Tage versterben deutlich mehr Patienten mit einem kardiogenen Schock, als Patienten ohne Schock. Während des Aufenthalts im Krankenhaus sind die Überlebenschancen in den letzten Jahren aber deutlich angestiegen. Noch in den 80er Jahren verstarben rund 70 Prozent aller Patienten, die mit einem kardiologischen Schock in eine Klinik eingeliefert wurden. Heute sind es etwa 40 Prozent.

Durch ein adäquates Therapiemanagement und engmaschige kardiologische Kontrollen kann die Kurz- und Langzeitprognose von Patienten mit einem kardiogenen Schock verbessert werden. Jedoch ist eine vollständige Erholung nach einem ausgedehnten Infarkt in der Regel nicht mehr zu erwarten.

Vorbeugung

Die beste Vorbeugung vor einem kardiogenen Schock ist die Verhinderung von Arteriosklerose, welches zu Herzerkrankungen führen kann. Das kann durch eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, viel Bewegung sowie durch den Verzicht auf Alkohol und Rauchen erreicht werden.

Nachsorge

Bei einem solchen Schock stehen dem Betroffenen in der Regel nur wenige Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Dabei sollte schnell ein Notarzt gerufen oder direkt ein Krankenhaus aufgesucht werden, damit der Betroffene nicht an den Folgen dieses Schocks verstirbt. Weiterhin muss die zugrundeliegende Krankheit behandelt werden, um ein erneutes Auftreten dieser Beschwerde zu verhindern.

In vielen Fällen verringert ein solcher Schock jedoch die Lebenserwartung des Betroffenen erheblich. Im Allgemeinen sollte sich der Patient bei dieser Krankheit schonen und sich ausruhen. Dabei ist von Anstrengungen oder von stressigen oder körperlichen Tätigkeiten abzusehen, um den Körper nicht unnötig zu belasten. Weiterhin kann sich auch eine gesunde Lebensweise mit einer gesunden Ernährung und leichten sportlichen Aktivitäten positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken.

Nach der Notbehandlung muss zuerst die Ursache für den Schock erkannt werden. Weiterhin muss die zugrundeliegende Krankheit eingeschränkt werden, sodass hierbei keine allgemeine Voraussage erfolgen kann. Der Betroffene sollte sein Herz regelmäßig von einem Arzt untersuchen und kontrollieren lassen. Weitere Maßnahmen einer Nachsorge stehen dem Betroffenen dabei meist nicht zur Verfügung. Sie sind in vielen Fällen stark von der Grunderkrankung abhängig.

Das können Sie selbst tun

Wenn es zu einem kardiogenen Schock kommt, muss umgehend Erste Hilfe geleistet werden. Die Ersthelfer sollten den Oberkörper des Betroffenen leicht erhöht lagern. Bei schwachem Blutdruck empfiehlt sich die Rückenlage, denn andernfalls strömt zu viel Blut in den Oberkörper und der bereit geschädigte Pumpmuskel wird zu stark belastet. Ist der Patient bei Bewusstsein, sollte er sich mit ausgestreckten Beinen auf den Boden setzen und den Oberkörper nach hinten mit den Armen abstützen. Zu beachten ist, dass der Betroffene nichts trinken darf. Seine Kleidung wird am besten gelockert.

Begleitend zu diesen Maßnahmen muss so schnell wie möglich der Rettungsdienst gerufen werden. Bei Bewusstlosigkeit ist eine Herzdruckmassage oder Atemspende angezeigt. Nach der Behandlung muss sich der Patient für mindestens drei bis vier Wochen schonen. Unter Umständen ist auch eine Umstellung des Lebensstils notwendig. Abhängig von der Ursache, wird der Arzt etwa eine gesündere Ernährung, mehr Bewegung und die Vermeidung von Stress empfehlen. Auf Genussmittel gilt es in der ersten Zeit nach der Behandlung zu verzichten. Um einen erneuten Schock zu vermeiden, sollte die Klinik regelmäßig für Kontrolluntersuchungen aufgesucht werden.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Müller, S.: Notfallmedizin. Thieme, Stuttgart 2011
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004

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