Kieferzysten

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Zysten sind Gewebehohlräume, die mit einer Epithelzellschicht ausgekleidet sind und Flüssigkeitsansammlungen aus Gewebewasser, Blut oder, bei entzündeten Zysten, auch Eiter enthalten können. Im Fall der Kieferzysten befinden sich diese Hohlräume im Unter- oder Oberkieferknochen bzw. im angrenzenden Weichteilgewebe.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Kieferzysten?

Kieferzysten rufen zu Beginn meist keine eindeutigen Beschwerden hervor. Die ersten Symptome stellen sich ein, wenn die Hohlräume einen großen Umfang erreicht haben.
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Kieferzysten entstehen häufiger im Ober- als im Unterkiefer und treten meist im mittleren Lebensalter auf. Bei den Kieferzysten unterscheidet man zwei Arten: die odontogene Zyste, die aus Zahngewebe entstanden ist und die nicht-odontogene Zyste, die sich im umliegenden Weichteilgewebe entwickelt.

Die Zyste ist durch die Zystenwand (Kapsel oder Hülle aus Weichteilgewebe) von ihrer Umgebung abgegrenzt und hat keinen Abfluss. Der Inhalt der Zyste wird meist durch die Epithelzellen, die die innere Zystenwand auskleiden, produziert.

Da der Zysteninhalt nicht abfließen kann, wächst die Zyste mit der Zeit und drückt auf benachbartes Gewebe. Kieferzysten sind in den allermeisten Fällen gutartig und werden erst bemerkt, wenn sie durch das Anwachsen Beschwerden verursachen.

Ursachen

Als Ursachen gelten Wachstumsstörungen bzw. Fehlentwicklungen, genetische Veranlagungen und Entzündungen, die zur Bildung einer Kieferzyste beitragen können. Etwa 80% aller Kieferzysten sind odontogene Zysten, die sich bei Entzündungen an der Wurzelspitze eines kranken oder toten Zahns bilden.

Diese Entzündungen können beispielsweise durch eine Wurzelbehandlung mit einer Reizung der Wurzelhaut entstehen und werden auch als radikuläre Zysten bezeichnet. Follikuläre Zysten entstehen dagegen bereits beim Fötus im Mutterleib bei der Anlage des Zahnkeims. Diese Art von Kieferzyste umgibt den Milchzahn noch vor dessen Durchbruch.

Manche follikuläre Zysten liegen auch direkt auf dem Zahn und wölben das Zahnfleisch nach oben, noch bevor der Zahn durch das Zahnfleisch bricht. Paradontalzysten bilden sich an gesunden Zähnen, während man Zahnfleischzysten häufig in der Nähe von Eckzähnen oder den vorderen Backenzähnen findet. Nicht-odontogene Zysten entstehen aus dem Weichteilgewebe, das den Kieferknochen umgibt. Sie befinden sich meist im Gaumen oder in der Kieferhöhle und können unter anderem zu Zahnfehlstellungen führen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Kieferzysten rufen zu Beginn meist keine eindeutigen Beschwerden hervor. Die ersten Symptome stellen sich ein, wenn die Hohlräume einen großen Umfang erreicht haben. Dann sind sie von außen fühlbar, und wenn sie mit dem Finger abgetastet werden, kann ein knackendes oder knisterndes Geräusch auftreten. Im weiteren Verlauf rufen die Zysten Gewebeschäden in der benachbarten Region hervor.

Möglich sind Druckstellen, Schwellungen und Infektionen, aber auch Frakturen oder eine Verformung des Knochens. Wenn die Zysten auf einen Nerven drücken oder das Gewebe im Kieferbereich verdrängen, treten außerdem Schmerzen auf. Die Schmerzen werden meist als dumpf oder pochend beschrieben. Sie treten meist in Phasen auf und können auf die umliegenden Körperregionen ausstrahlen.

Schreitet das Wachstum der Kieferzysten weiter voran, können Zahnfehlstellungen oder Zahnlockerungen auftreten. Ein weiteres Anwachsen der Zysten führt schließlich zum Ausfall der Zähne in der betroffenen Region. Begleitend dazu wird der Kieferknochen aufgerieben.

Dieser Vorgang kann Monate oder Jahre andauern und äußert sich durch zunehmende Schmerzen und eine Instabilität des Kieferknochens. Bleiben die Zysten unbehandelt, kann es zu einem Kieferbruch kommen. Zudem können die Zysten aufbrechen und Entzündungen oder Infektionen hervorrufen.

Diagnose & Verlauf

Da Kieferzysten sehr langsam wachsen und lange keine Beschwerden hervorrufen, werden sie in vielen Fällen nur durch Zufall bei Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen oder Zahnbehandlungen entdeckt. Werden die Zysten größer, können sie Schmerzen und durch die Verdrängung des umliegenden Gewebes unspezifische Druckgefühle im Bereich des Kieferknochens verursachen.

Wird die Kieferzyste nicht behandelt, kann diese sogar den Kieferknochen "aufweichen" und verformen. Drückt man mit dem Finger gegen einen durch die Zyste aufgequollenen Kieferknochen, lässt sich eine Art knisterndes Geräusch vernehmen.

Im weiteren Stadium kann die Zyste den Kieferknochen so weit verformen, dass dieser seine Substanz und Stabilität verliert und es dadurch sogar zu Entstellungen im Gesicht kommen kann. Auch Nervenschädigungen mit einhergehenden Lähmungserscheinungen sind möglich.

Komplikationen

In vielen Fällen führen Kieferzysten nicht zu besonderen Beschwerden oder Komplikationen. Diese können sich schon über mehrere Jahre im Körper des Patienten ausbreiten und führen dabei nicht zu Schmerzen oder anderen Beschwerden. Allerdings können die Kieferzysten auch zu einer Schwellung des Kiefers führen, die in der Regel sichtbar ist. Ebenso kann durch ein leichtes Drücken auf den Kiefer die Zyste diagnostiziert werden.

Ebenso kann die Zyste den Knochen des Kiefers verformen, sodass es dadurch zu starken Schmerzen kommen kann. Ebenso treten dabei Entstellungen im Gesicht auf, die nicht selten zu Depressionen oder zu anderen psychischen Beschwerden führen. Damit wird die Lebensqualität des Patienten deutlich eingeschränkt und verringert. Es kann dabei zu Lähmungen im Gesicht kommen, sodass die Einnahme von Flüssigkeiten und Nahrung für den Betroffenen möglicherweise erschwert ist.

Die Entfernung der Kieferzysten erfolgt in der Regel durch einen Chirurgen oder durch einen Zahnarzt. Dabei kommt es nicht zu besonderen Komplikationen. Betroffene sind weiterhin allerdings auf die Einnahme von Antibiotika angewiesen, damit es nicht zu Entzündungen nach der Entfernung kommt. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Kieferzysten in der Regel nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da eine Kieferzyste oftmals über eine lange Zeit symptomfrei bleibt, sollte der Betroffene an regelmäßigen zahnärztlichen Kontrolluntersuchungen teilnehmen. In vielen Fällen kommt es durch Zufallsbefunde zu einer Entdeckung der vorhandenen Zysten. Ein Arztbesuch ist erforderlich, sobald sich Beschwerden und Unregelmäßigkeiten im Mundraum entwickeln. Bei Schmerzen, Zahnverschiebungen oder Lockerungen der Zähne wird ein Arzt benötigt. Breiten sich Schmerzen über das Gesicht weiter in den Kopfbereich aus, sollte ein Arztbesuch erfolgen. Bei Schlafstörungen oder Unterbrechungen der Konzentration empfiehlt sich ebenfalls eine Abklärung der Beschwerden. Kommt es zu Problemen beim Kauvorgang, bilden sich Schwellungen oder stellt sich im Mund ein Gefühl der Enge ein, ist ein Arzt aufzusuchen.

Werden beim Tragen von Zahnspangen Unregelmäßigkeiten festgestellt oder setzen Störungen bei einem eingearbeiteten Zahnersatz ein, ist ein Arzt zu konsultieren. Eine Verweigerung der Nahrungsaufnahme über mehrere Tage sowie eine starke Überempfindlichkeit gegenüber Lebensmitteln und Flüssigkeiten sind Hinweise, die von einem Arzt begutachtet werden sollten. Kommt es neben den Beschwerden der Zähne zu Auffälligkeiten des Zahnfleisches oder des Kiefers, sollte ein Kontrollbesuch bei einem Arzt stattfinden. Verfärbungen der Schleimhäute und eine Eiterbildung im Mund sind einem Mediziner vorzustellen. Bei einer Fehlstellung des Kiefers, optischen Veränderungen der Gesichtsform oder plötzlichen Blutungen im Mund ist ein Arzt aufzusuchen.

Behandlung & Therapie

Wurde eine Kieferzyste bei einem bildgebenden Verfahren entdeckt, wird immer zu deren Entfernung geraten. Auf Röntgen- und Ultraschallbildern ist eine Zyste oftmals nicht von einem selten vorkommenden Tumor abgrenzbar, so dass nur die Entfernung durch einen Zahnarzt oder Kieferchirurgen und eine eventuell anschließende histologische Untersuchung Aufschluss über die Art der Zyste geben kann.

Radikuläre Zysten lassen sich in vielen Fällen mit der Zahnextraktion entfernen. Bei kleineren Zysten im Kieferknochen oder Weichteilgewebe wird meist eine Zystektomie (Entfernung) vorgenommen, während größere und ungünstig liegende Zysten auch nur eingeschnitten werden können (Zystostomie), damit der Inhalt der Zyste abfließen kann.

Ist durch die Kieferzyste ein Hohlraum im Kieferknochen entstanden, wird dieser mit Knochenersatzmaterial gefüllt, um die Stabilität des Kieferknochens zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Sowohl bei der Entfernung als auch dem Einschnitt der Zyste ist eine anschließende Behandlung mit Antibiotika erforderlich, um eine Entzündung zu verhindern. Kieferzysten können rezidivieren, das heißt, sich später an der gleichen Stelle neu bilden.


Aussicht & Prognose

Kieferzysten werden in der Regel ganz zufällig vom behandelnden Zahnarzt entdeckt. In den meisten Fällen diagnostiziert der Arzt sie anhand eines Röntgenbildes, welches aufgrund eines kranken Zahns angefertigt wurde. Generell gelten solche Kieferzysten als harmlos, sollten allerdings zeitnah behandelt werden. Entscheidet sich die betroffene Person für eine Behandlung beim Arzt, so wird die bestehende Kieferzysten mittels einer Operation entfernt. Der dabei entstehende Hohlraum wird mit einem speziellen Material gefüllt, sodass eventuelle Komplikationen frühzeitig ausgeschlossen werden.

Erfolgt eine solche Operation nicht, so muss die betroffene Person mit erheblichen Probleme rechnen. Eine bestehende Kieferzyste kann sich nämlich innerhalb kürzester Zeit vergrößern, sodass diese sogar von Außen sichtbar wird. Zudem sind Fehlstellungen des Kiefers oder der Zähne möglich, die im Nachhinein nur sehr schwer und aufwendig korrigiert werden können. Aus diesem Grund ist eine Entfernung solcher Kieferzysten dringend erforderlich.

Entscheidet sich die betroffene Person für eine ärztliche und medikamentöse Behandlung, so ist mit einer schnellen und zugleich vollständigen Genesung zu rechnen. Ohne jeglichen ärztlichen Eingriff ist eine Selbstheilung so gut wie ausgeschlossen. Kieferzysten werden Sie nicht von alleine zurückbilden, sodass der Gang zum Arzt unerlässlich ist.

Vorbeugung

Die beste Prophylaxe sind eine gute Zahnpflege und Mundhygiene, eine gesunde Ernährung und regelmäßige zahnärztliche Kontrollen. Selbst bei kleineren oder unklaren Beschwerden sollte man den Zahnarztbesuch nicht scheuen, um eine sich eventuelle bildende Kieferzyste rechtzeitig zu erkennen. Wurde eine Zyste entfernt oder behandelt, ist eine regelmäßige Nachkontrolle erforderlich, um ein mögliches Rezidiv rechtzeitig aufzuspüren.

Nachsorge

Die Nachsorge betrifft vor allem Krankheiten, die nach einer Ersttherapie wieder auftreten können. Tumore gehören unter anderem dazu. Ärzte versprechen sich durch eine frühzeitige Behandlungsaufnahme eine bessere Prognose. Auch nach der Entfernung einer Kieferzyste kann ein solches Verfahren angebracht sein.

Denn in bestimmten Fällen kommt es zu einer Neubildung. Der Rhythmus einer Nachsorge wird in der Abhängigkeit der Ursache zwischen dem Arzt und dem Patienten vereinbart. Zur Diagnose eignen sich Röntgenbilder, auf denen die Zysten eindeutig auszumachen sind. Ferner zielt die Nachsorge darauf, Schmerzen und Komplikationen zu verhindern.

Dieses gelingt am besten durch Schonung unmittelbar nach einer Operation. Feste Speisen sind kurzzeitig zu meiden. Der Arzt verschreibt oft spezielle Mundspülungen, die die Hygiene sicherstellen sollen. Ist die Wunde am Zahnfleisch abgeklungen, kann die akute Nachsorge enden. Es besteht nur die Frage einer Neubildung.

Kieferzysten benötigen meist keine Behandlung, solange sie noch klein sind. Weil keine Beschwerden auftreten, verzichten Ärzte oft auf eine operative Entfernung. Stattdessen wählen sie eine langfristige Therapie beziehungsweise Nachsorge, bei der sie die Entwicklung der Zysten beobachten. Geeignet sind etwa jährliche Vorstellungen, in denen der Entwicklungsstand per Röntgenbild analysiert wird.

Das können Sie selbst tun

Eine Kieferzyste bereitet in aller Regel keine Beschwerden, muss aber trotzdem von einem Zahnmediziner behandelt werden. Andernfalls vergrößert sich der Hohlraum und kann gesundes Gewebe verdrängend oder Zahnfehlstellungen bedingen.

Als Selbsthilfe empfiehlt sich, dass Betroffene bei ersten Anzeichen einer Zyste einen Zahnarzt oder Kieferchirurg aufsuchen. Bis zum Arztbesuch sollte der betroffene Bereich möglichst nicht gereizt oder mit der Zunge berührt werden, um Verletzungen oder die Entstehung eines Bakterienherds zu vermeiden. Nach der Behandlung sind zunächst die Ratschläge und Vorgaben des Mediziners zu befolgen. Grundsätzlich ist eine gründliche Zahn- und Mundraumpflege wichtig.

Damit die Genesung problemlos vonstatten gehen kann, sollte der Körper ausreichend geschont werden. Direkt nach der Operation bedeutet dies auf essen und trinken zu verzichten. Nach und nach können zunächst wieder flüssige Speisen wie Suppen oder Brei verzehrt werden. Alkohol, Kaffee und Nikotin sind nach Möglichkeit zu vermeiden, da der Körper bereits einer großen Belastung ausgesetzt ist. In den Tagen danach sollten anstrengende Tätigkeiten und Sport vermieden werden. Zudem sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt angezeigt. Bei unerwünschten Komplikationen sollte direkt die Zahnarztpraxis aufgesucht werden.

Quellen

  • Gängler, P., et al.: Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Hausamen, J.-E., et al.: Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Springer, Heidelberg 2012
  • Kruse Gujer, A., Jacobsen, C., Grätz, K.W.: Facharztwissen Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Springer, Heidelberg 2013

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