Kieferbruch

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Kieferbruch kommt bei mehr als der Hälfte aller Frakturen vor, welche den Schädel betreffen. Aus diesem Grund gilt der Kieferbruch als einer der häufigsten Brüche am Kopf.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Kieferbruch?

Ein Kieferbruch äußert sich zunächst durch Kieferschmerzen. Die Schmerzen treten vor allem beim Kauen und Sprechen auf und werden von den Betroffenen oft als stechend oder drückend beschrieben.
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Der Kieferbruch kann sich in zwei unterschiedlichen Ausmaßen darstellen und sowohl am Ober- als auch am Unterkiefer lokalisiert sein. Besteht ein Kieferbruch, ist der Knochen zerstört worden, sodass der Kieferbruch zu den Frakturen gehört. Je nachdem, wo der Kieferbruch lokalisiert ist, geht es um eine Ober- oder Unterkieferfraktur.

Beide Diagnosen benötigen eine entsprechende Behandlung, um dem Kiefer mit den darin eingebetteten Zähnen wieder eine normale Funktion zu verleihen. In einzelnen Fällen ist die Kieferfraktur jedoch so umfangreich und komplex, dass es eine enorm lange Zeit dauert, bis dessen Physiologie wieder komplett hergestellt und der Kiefer belastbar ist.

Ursachen

Die Ursachen für einen Kieferbruch basieren in der Regel auf der plötzlichen Einwirkung mechanischer Kräfte, welche zu einer Fraktur der Knochen führen.

Bei einem Kieferbruch am oberen Kiefer sind es meist sogenannte stumpfe Gewalteinwirkungen. Diese treffen meist mit einem hohen energetischen Potential auf die doch recht dünnen Knochen. Ein Kieferbruch des Oberkiefers ist eine Folge von Verkehrsunfällen sowie nach intensiven tätlichen Übergriffen.

Darüber hinaus kann ein Kieferbruch auch am Unterkiefer durch das Eindringen von Gewehrkugeln oder in Folge von Explosionsgeschossen sowie nach Stürzen auf den Kopf entstehen. Unfälle bei sportlicher Betätigung sowie Krafteinwirkungen durch Tiere (Hufe bei ausschlagenden Pferden) verursachen ebenfalls recht oft einen Kieferbruch.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein Kieferbruch äußert sich zunächst durch Kieferschmerzen. Die Schmerzen treten vor allem beim Kauen und Sprechen auf und werden von den Betroffenen oft als stechend oder drückend beschrieben. Damit verbunden ist eine eingeschränkte Beweglichkeit des Kiefers. Infolge einer Kieferfehlstellung kann es zu einer Zahnfehlstellung kommen, bei der die Zähne nicht mehr richtig aufeinander passen.

Oft sind die Zähne locker oder fallen sogar aus. Im Bereich der Unterlippe kann ein anhaltendes Taubheitsgefühl auftreten. Zudem sind Einblutungen in den Mundboden möglichen. Bei schweren Verletzungen treten neben dem Kieferbruch außerdem Blutungen auf. Betroffen sind meist die Lippen, das Kinn und die Nase. Auch Verletzungen an der Zunge und an den Wangentaschen sind denkbar.

Die sichtbare Fehlstellung des Kiefers ist das deutlichste äußerliche Merkmal. Daneben kann ein Kieferbruch anhand etwaiger Deformierungen und Blutungen erkannt werden. Eine Zahnfehlstellung weist auf einen zurückliegenden Kieferbruch hin. Die Symptome eines Kieferbruchs klingen nach einigen Tagen bis Wochen ab. Erfolgt frühzeitig eine operative Behandlung, kann auch eine etwaige Fehlstellung des Kiefers korrigiert werden, ohne dass Spätfolgen zu erwarten sind. Die Schmerzen klingen bei entsprechender Behandlung bereits nach wenigen Stunden wieder ab.

Diagnose & Verlauf

Bei der Diagnosestellung mit dem Ziel, einen Kieferbruch sowohl in dessen Ausmaß als auch dessen Lokalisation zu erkennen, wenden die Fachärzte verschiedene Methoden an. Als primärer Anhaltspunkt dient die Aussage des Patienten. Ist dieser jedoch nicht ansprechbar, erfolgt zunächst eine visuelle Begutachtung des Kiefers.

Beim Kieferbruch ist es schwierig, eine eindeutige Diagnose zu betreiben. Die endgültigen Resultate, die einen Kieferbruch bestätigen, beruhen überwiegend auf der Einbeziehung technischer Geräte, zu denen Röntgenvorrichtungen gehören. Neben der Prüfung der Beweglichkeit beim Kieferbruch und die Auslösung eines Schmerzes können die Mediziner bei unklaren befunden eine Computertomographie vornehmen.

Je nachdem, wo sich der Kieferbruch befindet, treten entweder abnorme Bewegungsabläufe auf oder es lassen sich auffällige Schwellungen im Gesicht erkennen. Bei der Diagnose und beim Verlauf handelt es sich beim Kieferbruch immer um einen Komplex mehrerer Anomalien, bei denen auch die Augenhöhlen inspiziert werden müssen.

Komplikationen

Ein Kieferbruch ist ein Krankheitsbild, das ärztlich versorgt werden sollte. Andernfalls besteht die Gefahr von schwerwiegenden Folgeschäden, von denen Betroffene nicht mehr vollständig genesen können. Demnach ist ein solcher Kieferbruch auch mit verschiedenen Komplikationen verbunden, die immer von einem entsprechenden Arzt versorgt werden sollten.

Wenn ein Kieferbruch ohne jegliche Behandlung bleibt, wird diese Fraktur nicht von alleine zusammenwachsen. Natürlich kommen auch überaus starke Schmerzen hinzu, die ebenfalls nur durch einen operativen Eingriff beseitigt werden können. Wer an dieser Stelle auf eine Operation verzichtet, der muss natürlich mit erheblichen Komplikationen rechnen. Die Fraktur kann unter Umständen sogar einen Abszess aufweisen, sodass die Gefahr einer Blutvergiftung besteht.

Natürlich muss auch diese Komplikation ärztlich versorgt werden, ansonsten besteht akute Lebensgefahr. Auch bestehende Bakterien und Viren können sich durch einen solchen Abszess im gesamten Körper ausbreiten, sodass es zu einem Infekt kommt. Wer einen solchen Infekt ohne Behandlung belässt, der geht natürlich ebenfalls ein großes Risiko ein. Kopfschmerzen, Fieber und Halsschmerzen können auftreten, sodass auch an dieser Stelle eine Behandlung durch einen Arzt notwendig wird.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Kommt es nach einem Sturz, Unfall oder der Einwirkung von Gewalt zu starken Schmerzen im Mundbereich, ist ein Arztbesuch erforderlich. Kann der Kiefer nicht mehr wie gewohnt bewegt werden oder stellen sich Unregelmäßigkeiten beim Kauvorgang ein, wird ein Arzt benötigt. Optische Veränderungen der Gesichtsform, Verfärbungen der Haut im Bereich des Kinns oder Deformierungen am oberen Hals weisen auf Unregelmäßigkeiten hin, die untersucht und behandelt werden müssen. Eine Einschränkung der Lautgebung, Schluckbeschwerden sowie Probleme beim Öffnen des Mundes sind Anzeichen einer gesundheitlichen Problematik.

Ein Arztbesuch ist vonnöten, damit unverzüglich eine medizinische Versorgung eingeleitet werden kann. Wird die Zufuhr von Lebensmitteln und Getränken verweigert, benötigt der Betroffene einen Arzt. Halten die Beschwerden über mehrere Stunden an oder kommt es zu einer Zunahme der Symptome, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Angst, Schweißausbrüche, Zittern und Beschwerden bei einem vorhandenen Zahnersatz sind Zustände, die kontrolliert werden sollten. Kommt es zu einem Blutverlust oder dem Erbrechen von Blut, muss ein Arzt konsultiert werden.

Bei einem Zusammenbruch des Kreislaufs ist ein Rettungsdienst zu alarmieren. Gleichzeitig müssen Erste-Hilfe-Maßnahmen von anwesenden Personen ergriffen werden. Zeigen Kinder plötzliche Verhaltensänderungen, indem sie unvermindert über eine längere Zeit schreien und weinen, sollten sie schnellstmöglich einem Arzt vorgestellt werden.

Behandlung & Therapie

Im Rahmen der möglichen Therapie bei einem Kieferbruch kommt es in der Regel zu einer Erstversorgung des Bruches. Später folgen nach intensiver Differentialdiagnostik weiterführende Behandlungen. Diese beruhen beim Kieferbruch auf einem operativen Eingriff, einer Reposition und einer Fixation.

Bei der Erstbehandlung, die meist als Unfallversorgung erfolgt, wird eine verbesserte Atmung ermöglicht. In einigen Fällen kann durch die Verlegung der Atemwege beim Kieferbruch eine Intubation erforderlich werden. Ein vorübergehendes Schienen des Ober- oder Unterkiefers sowie eine notfallmäßige Schmerzbehandlung schließen sich beim Kieferbruch an.

Ein chirurgischer Eingriff bei einem Kieferbruch beinhaltet eine ästhetische Wiederherstellung. In diesem Zusammenhang kann es sein, dass bei einem Kieferbruch einzelne gesplitterte Knochenteile miteinander verbunden werden müssen und deren Fixierung am Schädelknochen notwendig ist. Beim Intubieren erfolgt die Beatmung vorwiegend durch die Nase.

Ist der Kieferbruch extrem umfangreich, kann eine Beatmung mittels Tubus durch den eröffneten Mundboden vorgenommen werden. Um eine exakte Rekonstruktion des gesunden Kiefers beim Kieferbruch zu erhalten, werden die Knochenteile im Rahmen einer Reposition an ihre natürlichen anatomischen Orte gesetzt. Die Behandlung beim Kieferbruch wird durch eine lang anhaltende Ruhigstellung und eine eventuelle Kompression auf die Bruchstelle begleitet.

Schmerzmittel und entzündungshemmende Arzneistoffe sollen eine bessere Abheilung fördern. Die Schmerzmedikamente helfen darüber hinaus, die permanent auftretenden, starken Kopfschmerzen zu lindern.


Aussicht & Prognose

Ein Kieferbruch ist im Normalfall gut heilbar, wenn unmittelbar nach dem auslösenden Ereignis eine medizinische Versorgung in Anspruch genommen wird. Andernfalls drohen dem Betroffenen dauerhafte Schädigungen sowie eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität. Ohne eine ärztliche Hilfe wächst der Bruch nicht selbstständig zusammen. Es kommt zu starken Schmerzen und das Risiko von Komplikationen ist deutlich erhöht.

Der Kauvorgang ist wesentlich beeinträchtigt und das Sprechen deutlich erschwert. Viren und Bakterien können sich im Mund und Rachenbereich einnisten und ausbreiten. In schweren Fällen droht dem Betroffenen eine Atemnot oder einer Blutvergiftung. Eine Sepsis bedeutet eine unmittelbare Gefährdung des Lebens. Bei Störungen der Atemwege kann es ebenfalls zu einem tödlichen Krankheitsverlauf kommen.

Mit einer Behandlung findet eine umfangreiche Kontrolle der erlittenen Beschädigungen statt. In schwierigen Fällen wird unverzüglich ein operativer Eingriff vorgenommen, um das Leben des Betroffenen zu sichern. Es erfolgt eine Ruhigstellung des Kiefers, damit der bestmögliche Heilungserfolg stattfinden kann. Unter optimalen Bedingungen erhält der Patient nach einigen Wochen oder Monaten eine Schiene, die im weiteren Verlauf des Genesungsprozesses für die Stabilität des Kiefers sorgt. Bei einigen Menschen finden zusätzlich aus ästhetischen Gründen weitere chirurgische Eingriffe statt. Gesplittete Knochenteile müssen miteinander verbunden und dauerhaft am Schädelknochen fixiert werden.

Vorbeugung

Um einem Kieferbruch vorzubeugen, kommt es insbesondere darauf an, mechanische Gewalteinwirkungen auf diesen Bereich zu verhindern. Darüber hinaus ist es unvermeidbar, bei der Unfallvorsorge einen Kinnschutz zu tragen, um einwirkende Stöße oder Schläge abzufedern oder zu dämmen.

Nachsorge

Die Nachsorge zielt unter anderem darauf, durch planmäßige Nachuntersuchungen das Wiederauftreten einer Erkrankung zu verhindern. Diese Zielbestimmung kann aber für einen Kieferbruch nicht umgesetzt werden. Die typischen Beschwerden kommen nämlich durch äußere Krafteinwirkung wie Stürze oder Schläge zustande. Sie ereignen sich rein zufällig und punktuell.

Ein Arzt kann nicht wie bei einem Tumor einen künftigen Sturz oder Schlag auf den Kiefer im Frühstadium erkennen. Dadurch kommt der Nachsorge nach der Genesung keinerlei Bedeutung zu. Die ärztliche Versorgung stellt sicher, dass keine Komplikationen im Heilungsprozess entstehen. Einen erneuten Kieferbruch vermag sie allerdings nicht zu verhindern.

Kommt es zu einem neuen Kieferbruch, versucht der Arzt seinen Patienten wie im Rahmen der vorherigen Behandlung in seinem Alltag zu unterstützen. Für sechs Wochen hat sich der Patient zu schonen. Eine Nahrungsaufnahme ist ausschließlich in flüssiger Form möglich. Da im Alltag keine Mundhygiene durchgeführt werden kann, muss der Betroffene auf zuckerhaltige Lebensmittel verzichten.

Der Fortgang der Heilung wird in regelmäßigen Untersuchungen kontrolliert. Geeignet sind dafür bildgebende Verfahren wie eine Röntgenaufnahme oder das CT. Anschließend ist der Kiefer wieder voll belastbar. Es besteht kein Anlass für weitere ärztliche Untersuchungen.

Das können Sie selbst tun

Bei Verdacht auf einen Kieferbruch gilt zunächst kühlen und schonen. Bis der Notarzt eintrifft, muss der Kiefer mit einer Kühlpackung behandelt und ruhig gestellt werden. Handelt es sich um einen offenen Bruch, muss dieser sofort mit keimfreien Wundauflagen bedeckt werden. Im Falle eines Schocks ist der Betroffene in die stabile Seitenlage zu befördern – anschließend beruhigen und wiederholt Bewusstsein und Atmung prüfen. Der Rettungsarzt muss sofort über die Umstände des Kieferbruchs informiert werden.

Nach der initialen Behandlung empfiehlt sich Bettruhe. Der Kiefer muss für einige Wochen geschont werden. Um in dieser Zeit möglichst wenig abzunehmen, ist eine Ernährungsumstellung nötig. Zu Anfang kann nur flüssige Nahrung aufgenommen werden – Suppen und Tees, pürierte Gerichte und Trinknahrung aus der Apotheke decken den Kalorienbedarf ausreichend ab. Begleitend dazu muss auch die Mundhygiene angepasst werden. Spezielle Hygienespülungen aus der Drogerie bieten sich ebenso an wie natürliche Hausmittel (z.B. Teebaumöl oder Aloe vera) und gebogene Zahnbürsten.

Zuletzt sollte die Kiefermuskulatur durch regelmäßige Übung gestärkt werden. Vor allem bei größeren Brüchen gilt es, das Kauen täglich zu trainieren, damit nach der Genesung keine Beschwerden auftreten.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

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