Wurzelbehandlung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. Mai 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine Wurzelbehandlung gilt als kompliziertes und je nach Krankheitsbild auch als zeitaufwendiges Verfahren. Der Grund für eine Wurzelbehandlung ist eine Entzündung des Zahnmarks. Nach einer erfolgreichen Wurzelbehandlung kann der erkrankte Zahn gerettet werden.
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Was ist eine Wurzelbehandlung?
Bei einer Wurzelbehandlung entfernt der Zahnarzt durch einen Kanal entzündetes Gewebe im Zahninnenraum. Danach reinigt er das Innere des Zahns, entfernt das erkrankte Gewebe und versiegelt schließlich die Zahnwurzel mit einer dichten Füllung, so dass keine Bakterien in den Innenraum eindringen können.
Der medizinische Fachbegriff für die Wurzelbehandlung lautet Wurzelkanalbehandlung oder endodontische Behandlung. Verantwortlich für eine Entzündung des Zahnmarks (Pulpitis), das aus Blutgefäßen und Nerven besteht, sind in vielen Fällen Kariesbakterien.
Diese können bei einem fortgeschrittenen Befall die Entzündung auslösen. Als Gründe für eine Wurzelbehandlung gelten aber auch eine Zahnfraktur, bei der Teile des Zahns abgebrochen oder abgesplittert sind, und ein Behandlungstrauma wie nach dem Schleifen einer Zahnkrone. Eine Wurzelbehandlung ist die einzige Möglichkeit, den Zahn zu erhalten.
Geschichte & Entwicklung
Die Geschichte der Wurzelbehandlung, auch als Endodontie bekannt, erstreckt sich über mehrere Jahrhunderte und zeigt eine bemerkenswerte Entwicklung von primitiven Methoden zu modernen, hochspezialisierten Techniken.
Die frühesten Hinweise auf die Behandlung von Zahnschmerzen stammen aus dem antiken Ägypten, etwa 2000 v. Chr., wo man feststellte, dass Karies und Zahnschmerzen ein häufiges Problem waren. Erste Versuche, erkrankte Zahnpulpen zu behandeln, sind aus dem antiken Griechenland und Rom bekannt, wo Ärzte wie Hippokrates und Galen verschiedene Methoden zur Schmerzlinderung vorschlugen, einschließlich der Anwendung von Kräutern und heißen Nadeln.
Im Mittelalter wurden diese Methoden weiterentwickelt, aber die meisten Behandlungen blieben rudimentär und schmerzhaft. Ein bedeutender Fortschritt kam im 18. Jahrhundert, als der französische Zahnarzt Pierre Fauchard, bekannt als der Vater der modernen Zahnmedizin, Techniken zur Entfernung der Pulpa und Füllung des Zahninneren beschrieb.
Der Durchbruch in der modernen Wurzelbehandlung erfolgte im 19. Jahrhundert mit der Entdeckung der Anästhesie und der Einführung von sterilen Instrumenten. 1838 erfand Edwin Maynard die erste Feile speziell für Wurzelkanalbehandlungen. Louis I. Grossman, ein Pionier der Endodontie im 20. Jahrhundert, standardisierte viele Techniken und Materialien, die bis heute verwendet werden.
In den 1970er Jahren wurden operative Mikroskope und verbesserte bildgebende Verfahren eingeführt, die die Präzision und den Erfolg der Behandlungen erheblich steigerten. Heutzutage verwendet die Endodontie hochentwickelte Technologien wie digitale Röntgenaufnahmen, elektrische Pulpa-Vitalitätstests und computergestützte Anästhesiesysteme, um Wurzelbehandlungen effektiver und weniger invasiv zu gestalten.
Die kontinuierliche Forschung und technologische Fortschritte haben die Wurzelbehandlung zu einem effektiven und weit verbreiteten Verfahren gemacht, das Millionen von Menschen hilft, ihre natürlichen Zähne zu erhalten.
Einsatz & Indikation
Eine Wurzelbehandlung wird durchgeführt, wenn das Zahnmark (die Pulpa) im Inneren des Zahns entzündet oder infiziert ist. Dies kann durch tiefe Karies, wiederholte Zahnbehandlungen, Risse oder Absplitterungen des Zahns verursacht werden. Eine unbehandelte Entzündung oder Infektion kann zu starken Schmerzen und Abszessen führen, die das umliegende Gewebe und den Kieferknochen beeinträchtigen.
Notwendig wird eine Wurzelbehandlung insbesondere bei folgenden Symptomen und Diagnosen:
Anhaltende Schmerzen: Starke, anhaltende Zahnschmerzen, besonders bei Kälte- oder Wärmeempfindlichkeit, können auf eine Pulpaentzündung hinweisen.
Schwellung und Eiterbildung: Schwellungen im Zahnfleisch oder Eiter, der sich um den betroffenen Zahn bildet, sind Anzeichen einer Infektion.
Verfärbung des Zahns: Ein dunkel verfärbter Zahn kann auf eine Absterben der Pulpa hinweisen.
Abszesse: Schmerzhafte, mit Eiter gefüllte Schwellungen an der Wurzelspitze sind ein klares Zeichen dafür, dass eine Wurzelbehandlung erforderlich ist.
Röntgenbefunde: Röntgenaufnahmen können Veränderungen im Knochen um die Zahnwurzel herum zeigen, die auf eine Infektion hinweisen.
Die Wurzelbehandlung zielt darauf ab, die entzündete oder infizierte Pulpa zu entfernen, den Wurzelkanal gründlich zu reinigen und zu desinfizieren und anschließend mit einer Füllung zu versiegeln. Dies bewahrt die Struktur des Zahns und stellt sicher, dass er seine Funktion im Kiefer beibehalten kann. Ein rechtzeitiges Eingreifen verhindert weitere Komplikationen und den möglichen Verlust des Zahns.
Vorteile & Nutzen
Eine Wurzelbehandlung bietet gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden zahlreiche Vorteile, die sowohl die Erhaltung der Zahnstruktur als auch die langfristige Mundgesundheit betreffen.
Der wichtigste Vorteil einer Wurzelbehandlung ist die Erhaltung des natürlichen Zahns. Im Gegensatz zu einer Zahnextraktion, bei der der Zahn vollständig entfernt wird, ermöglicht die Wurzelbehandlung, den betroffenen Zahn zu retten und seine Funktion im Kiefer zu bewahren. Dies hilft, den natürlichen Biss und die Kaueffizienz aufrechtzuerhalten und verhindert die Notwendigkeit von teureren und invasiveren Zahnersatzlösungen wie Implantaten oder Brücken.
Ein weiterer Vorteil ist die Schmerzlinderung. Eine Wurzelbehandlung entfernt die entzündete oder infizierte Pulpa, was die Ursache der Schmerzen beseitigt. Dies bietet eine dauerhafte Lösung für Zahnschmerzen im Vergleich zu temporären Schmerzlinderungsmaßnahmen.
Die Wiederherstellung der Zahnfunktion ist ein weiterer bedeutender Vorteil. Nach einer erfolgreichen Wurzelbehandlung kann der Zahn wieder normal genutzt werden, was die Lebensqualität des Patienten verbessert. Zudem ist der Zahn nach der Behandlung oft stabiler und weniger anfällig für weitere Infektionen oder Schäden.
Eine Wurzelbehandlung ist auch oft kosteneffizienter als alternative Behandlungen. Während die anfänglichen Kosten möglicherweise höher sind als bei einer einfachen Extraktion, vermeidet sie die langfristigen Kosten und Komplikationen, die mit Zahnersatzlösungen verbunden sind.
Zudem ist eine Wurzelbehandlung weniger invasiv als chirurgische Alternativen und hat eine hohe Erfolgsquote. Die Verwendung moderner Techniken und Instrumente macht die Prozedur sicher und effektiv.
Zusammengefasst bietet die Wurzelbehandlung eine optimale Lösung zur Erhaltung der Zahnstruktur und Funktion, Schmerzlinderung und langfristige Mundgesundheit, was sie gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden vorteilhaft macht.
Funktion, Wirkung & Ziele
Vor der eigentlichen Wurzelbehandlung sorgt der Zahnarzt durch eine lokale Betäubung dafür, dass der Patient während der Wurzelbehandlung keine Schmerzen empfindet. Ist der Nerv nämlich noch nicht abgestorben, können die Schmerzen eine erfolgreiche Wurzelbehandlung verhindern. Ein Gummituch schützt den Zahn vor dem Eindringen von Bakterien und stellt sicher, dass der Patient keine Spülflüssigkeit und keines der kleinen Instrumente, die bei der Wurzelbehandlung eingesetzt werden, verschluckt.
Um einen Zugang zum Zahnmark zu erhalten, muss der Zahnarzt den erkrankten Zahn aufbohren. Da die Wurzelkanäle mit bloßem Auge nicht erkennbar sind, verwendet der Zahnarzt eine Lupenbrille oder ein Mikroskop und ertastet dann mit feinen Instrumenten die Eingänge zu den Wurzelkanälen. Um die Länge der Wurzelkanäle genau zu bestimmen, steckt der Zahnarzt Feilen in die Kanäle. Aus speziellen Röntgenaufnahmen der Feilen zusammen mit dem Zahn lässt sich die Länge der Kanäle ablesen.
Danach kann der Zahnarzt mit viel Fingerspitzengefühl und flexiblen Instrumenten selbst gebogene Kanäle reinigen und eventuell den toten Nerv entfernen. Eine zusätzliche Spülung tötet alle im Wurzelkanal vorhandenen Bakterien ab. Da ein Zahn bis zu vier Kanäle haben kann, muss die Wurzelbehandlung manchmal auf mehrere Termine verteilt werden.
Zum Abschluss der Wurzelbehandlung trocknet der Zahnarzt den Wurzelkanal und füllt ihn mit einem elastischen Biomaterial, das sich durch Erwärmung im gesamten Kanalsystem ausbreitet. Weitere Röntgenaufnahmen kontrollieren den Behandlungserfolg und zeigen, ob die Füllung ausreicht oder eine Krone notwendig ist.
Vorrangiges Ziel einer Wurzelbehandlung ist die vollständige Entfernung aller Keime und Bakterien sowie die Reinigung der Wurzelkanäle von entzündeten Gewebsresten. Außerdem soll durch einen dichten Verschluss der Kanäle erreicht werden, dass keine weiteren Keime das Zahnmark befallen können. Eine erfolgreiche Wurzelbehandlung beugt so einer Entzündung der Wurzelspitze vor, die sogar bis in den Kieferknochen vordringen kann.
Durchführung & Ablauf
Eine Wurzelbehandlung erfolgt in mehreren Schritten, die darauf abzielen, die infizierte oder entzündete Zahnwurzel zu reinigen, zu desinfizieren und dauerhaft zu versiegeln.
Zunächst führt der Zahnarzt eine gründliche Untersuchung durch, oft mit Hilfe von Röntgenbildern, um das Ausmaß der Infektion und die Struktur der Wurzelkanäle zu beurteilen. Nachdem der Zahn betäubt wurde, um Schmerzen während des Eingriffs zu verhindern, wird ein Gummidammtuch um den Zahn gelegt, um ihn trocken und frei von Speichel zu halten.
Der Zahnarzt öffnet den Zahn, um Zugang zum Wurzelkanalsystem zu erhalten. Mit speziellen Instrumenten, wie endodontischen Feilen, entfernt er die infizierte oder entzündete Pulpa aus dem Wurzelkanal. Diese Phase erfordert große Präzision, um sicherzustellen, dass alle Kanäle vollständig gereinigt werden. Nach der Entfernung der Pulpa wird der Kanal mit einer antiseptischen Lösung gespült, um verbleibende Bakterien zu eliminieren.
Anschließend wird der gereinigte Wurzelkanal getrocknet und mit einer biokompatiblen Füllung (meist Guttapercha) versiegelt, um eine erneute Infektion zu verhindern. Diese Füllung wird durch Erhitzen und Verdichten in den Kanal eingebracht. Schließlich wird die Zugangsöffnung im Zahn mit einer provisorischen oder dauerhaften Füllung verschlossen.
In vielen Fällen ist eine nachfolgende Kronenversorgung notwendig, um die strukturelle Integrität des behandelten Zahns wiederherzustellen und ihn vor Brüchen zu schützen. Der Zahnarzt plant in solchen Fällen eine zweite Sitzung zur Platzierung der Krone.
Nach der Wurzelbehandlung können leichte Schmerzen oder Empfindlichkeiten auftreten, die jedoch in der Regel gut mit rezeptfreien Schmerzmitteln kontrollierbar sind. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen und gute Mundhygiene sind entscheidend, um den langfristigen Erfolg der Behandlung sicherzustellen.
Risiken & Gefahren
Trotz ihrer guten Erfolgsaussichten von bis zu 90 % bleibt die Wurzelbehandlung' eine komplizierte Behandlungsmethode, die einige Risiken birgt. So können die feinen Instrumente während der Wurzelbehandlung brechen, die Seite des Wurzelkanals oder den Nerv verletzen. Wenn die Entzündung nicht abklingt oder mehrere Wochen nach der Wurzelbehandlung wieder auftritt, muss entweder die Wurzelspitze des Zahns abgetrennt oder der Zahn komplett entfernt werden.Komplikationen bei einer Wurzelbehandlung ereignen sich besonders dann, wenn ein Zahn, der bereits eine Wurzelfüllung erhalten hat, behandelt wird. Die Gefahr, dass die Instrumente den Wurzelkanal beschädigen, ist größer als bei einem noch unbehandelten Zahn.
Nach der Wurzelbehandlung können sich um den behandelten Zahn herum Schwellungen bilden, die allerdings nach etwa einer Woche abklingen sollten. Dasselbe gilt für die Schmerzen: Wenn sie unerträglich werden oder aber nach ein paar Tagen nicht verschwinden, sollte der Patient seinen Zahnarzt aufsuchen. Er kann entscheiden, welche Ursachen die Schmerzen von der Wurzelbehandlung haben und entsprechende Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen.
Alternativen
Wenn eine Wurzelbehandlung nicht möglich ist oder nicht erfolgreich durchgeführt werden kann, gibt es mehrere alternative Verfahren zur Behandlung eines erkrankten Zahns.
Eine gängige Alternative ist die Zahnextraktion, bei der der betroffene Zahn vollständig entfernt wird. Dies ist oft die letzte Option, wenn der Zahn nicht gerettet werden kann oder wenn eine Infektion sich auf den Kieferknochen oder das umliegende Gewebe ausgebreitet hat. Nach der Extraktion kann der fehlende Zahn durch einen Zahnersatz wie ein Implantat, eine Brücke oder eine Prothese ersetzt werden, um die Funktion und Ästhetik des Gebisses wiederherzustellen.
Ein weiteres Verfahren ist die endodontische Chirurgie, insbesondere die Wurzelspitzenresektion (Apikotomie). Dabei wird die Spitze der Zahnwurzel und das umliegende infizierte Gewebe chirurgisch entfernt. Dies kann bei Zähnen erforderlich sein, bei denen eine konventionelle Wurzelbehandlung nicht erfolgreich war oder nicht durchgeführt werden kann.
In einigen Fällen kann eine Pulpaüberkappung oder partielle Pulpektomie in Betracht gezogen werden. Diese Verfahren sind vor allem bei jüngeren Patienten mit offenen Wurzelspitzen geeignet. Sie zielen darauf ab, die Vitalität des Zahns zu erhalten, indem nur ein Teil der Pulpa entfernt und der Rest geschützt wird, um Heilung und Fortsetzung der Wurzelbildung zu ermöglichen.
Lasertherapie ist eine weitere innovative Methode, bei der ein Laser verwendet wird, um das infizierte Gewebe im Wurzelkanal zu entfernen und zu desinfizieren. Diese Methode kann in bestimmten Fällen weniger invasiv und schmerzhafter sein als herkömmliche Verfahren.
Für Patienten, die weder eine Wurzelbehandlung noch eine Zahnextraktion in Erwägung ziehen können, sind konservative Maßnahmen wie Antibiotika zur Kontrolle von Infektionen und Schmerzmanagement durch Analgetika oder entzündungshemmende Medikamente möglich, um die Symptome zu lindern und eine vorübergehende Lösung zu bieten.
Quellen
- Gängler, P., Hoffmann, T., Willershausen, B., Schwenzer, N., Ehrenfeld, M. (Hrsg.): Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Thieme, Stuttgart 2010
- Hausamen, J.-E., et al.: Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Springer, Heidelberg 2012
- Ott, R., Vollmer, H.P., Krug, W.: Klinik- und Praxisführer Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2003