Konfrontationstherapie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. August 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine Konfrontationstherapie ist eine bestimmte Vorgehensweise im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung, bei welcher der Patient mit angstauslösenden Situationen oder Faktoren direkt konfrontiert wird. Dies soll erreichen, dass die Angst abgebaut werden kann. Eine Konfrontationstherapie sollte nur unter fachkundiger Aufsicht stattfinden.
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Was ist Konfrontationstherapie?
Unter der Bezeichnung Konfrontationstherapie verstehen Experten einen Bestandteil einer psychotherapeutischen Behandlung, der etwa dann zum Einsatz kommt, wenn der Patient unter Angst- oder Zwangsstörungen leidet.
Besonders die Symptome von Angsterkrankungen werden meist durch einen oder mehrere Faktoren ausgelöst, was zu einer Panikattacke führen kann. Bei der Konfrontationstherapie wird der Patient gezielt mit genau diesem auslösenden Faktor konfrontiert (alternativ wird sie daher auch „Exposition“ genannt). Sie findet unter therapeutischer Aufsicht statt und soll ein Abschwächen oder gar vollständiges Abklingen der Ängste/Zwänge erreichen.
Eine Konfrontationstherapie ist keine eigenständige Therapie, wie der Name vielleicht vermuten lässt, sondern immer nur ein Teil einer umfassenderen Behandlung. Studien haben gezeigt, dass Therapeuten mit solchen Konfrontationsverfahren großer Erfolge bei Angstpatienten erzielen können.
Geschichte & Entwicklung
Die Konfrontationstherapie, auch bekannt als Expositionstherapie, hat ihre Wurzeln in der Verhaltenstherapie, die in den 1950er und 1960er Jahren an Bedeutung gewann. Die ersten Ansätze dieser Therapieform lassen sich auf den Psychologen Joseph Wolpe zurückführen, der die Methode der systematischen Desensibilisierung entwickelte. Dabei wurden Patienten schrittweise mit ihren Ängsten konfrontiert, während sie sich in einem entspannten Zustand befanden. Wolpes Arbeit war stark von der klassischen Konditionierung beeinflusst, die auf den Theorien von Iwan Pawlow und John B. Watson basierte.
In den 1960er und 1970er Jahren wurde die Konfrontationstherapie weiterentwickelt, insbesondere durch die Arbeiten von Stanley Rachman und Victor Meyer, die das Prinzip der direkten Exposition ohne vorherige Entspannung betonten. Diese direkte Konfrontation mit dem angstauslösenden Reiz in der realen oder einer imaginierten Situation erwies sich als effektiv, um phobische und zwanghafte Verhaltensweisen zu reduzieren.
In den folgenden Jahrzehnten wurde die Konfrontationstherapie zunehmend verfeinert und in verschiedenen Kontexten, wie der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen, Panikstörungen und spezifischen Phobien, angewendet. Heute gilt die Expositionstherapie als eine der effektivsten Methoden zur Behandlung von Angststörungen und wird in vielen psychotherapeutischen Ansätzen integriert.
Einsatz & Indikation
Eine Konfrontationstherapie wird durchgeführt, wenn eine Person unter starken Ängsten, Phobien oder Zwangsstörungen leidet, die ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Sie wird besonders dann notwendig, wenn diese Ängste oder Zwänge dazu führen, dass Betroffene alltägliche Situationen vermeiden, was ihre Fähigkeit, normal zu funktionieren, stark einschränkt.
Bei spezifischen Phobien, wie der Angst vor Spinnen (Arachnophobie) oder Höhen (Akrophobie), kann die Konfrontationstherapie helfen, indem der Patient schrittweise und kontrolliert mit dem angstauslösenden Reiz konfrontiert wird. Dies geschieht so lange, bis die Angstreaktion abnimmt und die Person lernt, die Situation ohne übermäßige Angst zu bewältigen.
Auch bei posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) oder Panikstörungen kann die Konfrontationstherapie eingesetzt werden. Hier hilft sie den Betroffenen, sich traumatischen Erinnerungen oder Paniksituationen zu stellen, anstatt diese zu vermeiden. Durch die wiederholte und kontrollierte Exposition kann das Gehirn lernen, diese Erinnerungen oder Situationen nicht mehr als bedrohlich wahrzunehmen.
Die Therapie wird notwendig, wenn andere Behandlungsmethoden, wie beispielsweise kognitive Verhaltenstherapie ohne Exposition, nicht ausreichend wirken oder wenn die Ängste so stark sind, dass sie das tägliche Leben des Betroffenen dominieren und einschränken.
Vorteile & Nutzen
Die Konfrontationstherapie bietet gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden mehrere Vorteile, insbesondere in der Behandlung von Angststörungen und Phobien. Einer der größten Vorteile ist ihre Wirksamkeit: Studien zeigen, dass die Exposition gegenüber angstauslösenden Reizen in einem kontrollierten therapeutischen Umfeld eine signifikante Reduktion von Angst und Vermeidungsverhalten bewirken kann. Diese direkte Konfrontation hilft den Betroffenen, neue, weniger bedrohliche Assoziationen zu den Angst auslösenden Reizen zu entwickeln, wodurch die Angst langfristig abnimmt.
Ein weiterer Vorteil der Konfrontationstherapie ist ihre relativ schnelle Wirkung im Vergleich zu anderen psychotherapeutischen Ansätzen. Während andere Methoden, wie zum Beispiel tiefenpsychologische Verfahren, oft lange dauern, um Veränderungen herbeizuführen, können bei der Konfrontationstherapie bereits nach wenigen Sitzungen deutliche Fortschritte erzielt werden. Dies macht sie besonders effizient für Patienten, die eine rasche Linderung ihrer Symptome suchen.
Darüber hinaus hilft die Konfrontationstherapie den Patienten, ihre Selbstwirksamkeit zu steigern. Indem sie lernen, sich ihren Ängsten direkt zu stellen und diese zu überwinden, gewinnen sie an Selbstvertrauen und Glauben in ihre Fähigkeit, ähnliche Situationen in der Zukunft zu bewältigen. Dies ist ein zentraler Bestandteil des langfristigen Erfolgs der Therapie und trägt dazu bei, Rückfälle zu verhindern.
Funktion, Wirkung & Ziele
Menschen, die unter einer Angststörung leiden, sind nicht selten in ihrem täglichen Leben eingeschränkt. Bestimmte Reize verursachen bei ihnen Angst- und Panikreaktionen von unterschiedlicher Heftigkeit.
Bei diesen Reizen kann es sich entweder um eher unspezifische Situationen (große Menschenmengen, enge Räume) oder sehr spezifische Auslöser (Spinnen) handeln. Je nach Schwere der Angststörung und der Wahrscheinlichkeit, auf den jeweiligen Auslöser zu treffen, leiden Angstpatienten unterschiedlich stark unter ihrer Erkrankung. Suchen sie deswegen einen Psychotherapeuten auf, kann dieser in Ansprache mit dem Patienten eine Konfrontationstherapie durchführen.
Im Verlauf dieser Intervention werden die betroffenen Personen gezielt dem auslösenden Reiz ausgesetzt; sie müssen sich also dem stellen, was ihnen am meisten Angst macht. Vorab findet ein ausführliches Gespräch statt, in dem der Therapeut den Patienten langsam auf das Bevorstehende vorbereitet. Das bedeutet, zunächst wird über den Reiz gesprochen und es werden beispielsweise entsprechende Bilder oder Videos angesehen. Jeder Schritt ist genau mit dem Patienten abgestimmt. Ein abruptes oder überraschendes Vorgehen des Therapeuten könnte die Angststörung noch verschlimmern.
Als letzter Schritt findet die direkte Konfrontation statt. Während der ganzen Zeit ist der Therapeut anwesend und wirkt positiv auf den Patienten ein. Die Konfrontationstherapie hat das Ziel, dem Betroffenen zu zeigen, dass seine Angst Grenzen hat. Angstpatienten glauben oftmals, ihre Angst könne sich bis in „Unendliche“ steigern und letztendlich zu ihrem Tod führen. Werden sie mit dem Auslöser konfrontiert, stellen sie nach einer Weile fest, dass die Angst nicht größer wird, sondern zunächst gleich bleibt und sich dann sogar abschwächt.
Experten sprechen dabei von einem „Verlernen“ der Angst, bei dem der Patient als letzte Konsequenz erkennt, dass seine Ängste unbegründet waren und er in Zukunft nicht mehr darunter leiden wird.
Durchführung & Ablauf
Eine Konfrontationstherapie läuft strukturiert und in mehreren Schritten ab, wobei der Patient schrittweise mit seinen Ängsten konfrontiert wird. Der Ablauf beginnt in der Regel mit einer ausführlichen Anamnese, bei der der Therapeut die spezifischen Ängste des Patienten sowie deren Auslöser und Intensität ermittelt.
Zu Beginn der Therapie wird oft eine Hierarchie der Angst auslösenden Situationen erstellt, beginnend mit den am wenigsten bedrohlichen bis hin zu den intensivsten. Diese Hierarchie dient als Leitfaden für die schrittweise Exposition.
Die Exposition selbst kann auf verschiedene Weisen erfolgen: In-vivo-Exposition bedeutet, dass der Patient realen Situationen begegnet, während in-sensu-Exposition eine Konfrontation in der Vorstellung beschreibt. Bei graduierter Exposition wird der Patient schrittweise und kontrolliert mit den Angstreizen konfrontiert, beginnend mit leichteren Szenarien, bis hin zu den schwierigsten. Eine andere Methode ist die Flooding-Technik, bei der der Patient direkt den intensivsten Angst auslösenden Reizen ausgesetzt wird, ohne vorherige Abstufung.
Während der Exposition ermutigt der Therapeut den Patienten, die Situation auszuhalten, ohne zu flüchten, und unterstützt ihn mit Techniken zur Angstbewältigung, wie zum Beispiel Atemübungen. Der Patient bleibt in der Situation, bis die Angst merklich abnimmt. Durch die wiederholte Exposition lernt der Patient, dass die angstauslösenden Reize nicht so gefährlich sind, wie er ursprünglich dachte, und die Angstreaktion nimmt langfristig ab.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Eine Konfrontationstherapie erzielt statistisch gesehen oftmals gute Erfolge. Sie birgt allerdings auch einige Risiken für den Betroffenen. Wird die Exposition beispielsweise mittendrin abgebrochen, weil der Patient die Situation nicht ertragen kann, führt dies unter Umständen zu einer Verschlimmerung der Symptome.
Auch das Selbstbewusstsein kann erheblich darunter leiden, wenn die Konfrontationstherapie fehlschlägt. Schlimmstenfalls verstärkt sich die Angststörung als Konsequenz, und eine Behandlung wird dadurch deutlich erschwert. Es ist daher für den Erfolg der Therapie von großer Wichtigkeit, dass der Patient die Konfrontation bis zum Ende aushält. Nicht zuletzt hängt der Erfolg auch maßgeblich vom Therapeuten bzw. von der Beziehung zwischen Patient und Therapeut ab.
Die Angststörung kann nur mithilfe einer Konfrontationstherapie abgeschwächt bzw. beseitigt werden, wenn vorab bzw. begleitend eine umfassende Behandlung stattfindet. Auch die vorbereitenden Sitzungen sind dabei von großer Bedeutung. Ein Therapeut, der seinen Patienten nicht adäquat nicht auf die Konfrontation vorbereitet, geht Gefahr, die Angststörungen nur noch zu verstärken. Die Konfrontationstherapie sollte daher nur durchgeführt werden, wenn der Patient sich damit einverstanden erklärt und ein entsprechendes Vertrauensverhältnis zwischen beiden Parteien besteht.
Alternativen
Wenn eine Konfrontationstherapie nicht möglich oder nicht geeignet ist, gibt es mehrere alternative Verfahren zur Behandlung von Angststörungen und Phobien. Eine gängige Alternative ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), bei der der Fokus darauf liegt, die Denkmuster zu verändern, die Angst und Vermeidungsverhalten auslösen. Patienten lernen, ihre negativen Gedanken zu identifizieren und durch realistischere und weniger angstauslösende Überzeugungen zu ersetzen.
Eine weitere Option ist die systematische Desensibilisierung, die ähnlich wie die Konfrontationstherapie funktioniert, aber in einem sehr entspannten Zustand durchgeführt wird. Dabei wird der Patient schrittweise mit angstauslösenden Reizen konfrontiert, während er Entspannungstechniken anwendet, um die Angstreaktion zu reduzieren. Dies kann besonders nützlich sein für Patienten, die eine direkte Konfrontation als zu belastend empfinden.
Medikamentöse Therapien stellen ebenfalls eine Alternative dar, insbesondere bei schweren Angststörungen. Antidepressiva, insbesondere selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), und Benzodiazepine können eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern und den Patienten zu stabilisieren.
Schließlich gibt es auch Achtsamkeit und Akzeptanz-basierte Ansätze wie die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT), die darauf abzielen, die Beziehung des Patienten zu seinen Ängsten zu verändern, ohne diese direkt zu bekämpfen. Hierbei lernt der Patient, seine Ängste zu akzeptieren und gleichzeitig in Übereinstimmung mit seinen Werten zu handeln, wodurch die Angst an Macht verliert.
Quellen
- Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
- Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
- Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015