Kußmaul-Atmung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Kußmaul-Atmung beschreibt eine Art der Atmung, welche auf eine Erkrankung hindeuten kann. Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine Azidose, der Übersäuerung des Körpers aufgrund einer Störung des Säure-Base Gleichgewichtes.
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Was ist eine Kußmaul-Atmung?
Die Kußmaul-Atmung wurde nach dem Biologen und Mediziner Adolf Kußmaul benannt. Sie wird auch als Azidose-Atmung sowie als Azidoseausgleichsatmung bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Art der Atmung, die als Hyperventilation bezeichnet wird. Es kommt zu einer sehr tiefen und schnellen Atmung zur verstärkten Aufnahme von Sauerstoff.
Diese Atmung kommt durch eine metabolische Azidose zustande. Dabei kommt es zu einer Übersäuerung des Blutes im Körper des Betroffenen. Der pH-Wert des Blutes sinkt auf unter 7,35 aufgrund einer Anhäufung von Protonen. Bei dem pH-Wert handelt es sich einen Messwert für den Säuregehalt bedingt durch Säuren und Basen im Körper. Säuren besitzen in wäβriger Lösung einen pH-Wert von unter 7 und Basen besitzen einen pH-Wert von über 7. Der physiologische pH-Wert des Menschen liegt zwischen 7,35 und 7,45.
Ursachen
Andere Ursachen sind eine alkoholische Ketoazidose oder ein langanhaltendes Hungern. Weitere Ursachen für eine Azidose sind eine Methanol- oder eine Salicylvergiftung. Eine Azidose kann auch durch eine Diarrhoe, einer Erkrankung, die zu einer auffällig starken Entleerung des Darms führt, ausgelöst werden.
Zudem sind eine Niereninsuffizienz, das Versagen der Nieren, welches zu einer Anreicherung von sogenannten harnpflichtigen Substanzen im Blut führt, oder Morbus Addison Ursachen für eine Azidose. Bei Morbus Addison handelt es sich um lebensbedrohliche Erkrankung, die zu einem Verlust der Funktion der Nebenniere führt.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Symptome einer Kußmaul-Atmung sind eine veränderte Atmung ähnlich einer Hyperventilation und eine metabolische Azidose. Diese Azidose kann anhand des charakteristischen Geruchs des Atems des Betroffenen festgestellt werden. Durch die Kußmaul-Atmung versucht der Körper Kohlendioxid, welches eine Quelle der Azidose sein kann, durch starkes Ausatmen aus dem Körper zu entfernen, den pH-Wert im Blut zu normalisieren und so die Azidose abzumindern.
Zusätzlich zu der Atmung sind auch eine Vergröβerung der Leber sowie ein hoher Blutzucker, welcher auch Diabetes mellitus schlieβen lässt, Indizien für eine angeborene metabolische Störung. Dabei handelt es sich um eine angeborene Erkrankung, welche in verschiedene Kategorien eingeteilt wird, je nach Art des Metabolismuses oder Stoffwechsels der beeinträchtigt ist.
Unterschieden werden der Kohlenhydrat-, der Aminosäure-, der Steroid-Stoffwechsel und der Stoffwechsel der lysosomalen Speicherung. Lysosomen sind kleine Membranformationen, die Enzyme beinhalten, die dazu dienen Teile der Zelle, die nicht mehr benötigt werden oder nicht mehr funktionsfähig sind, in ihre Einzelteile zu zerlegen, damit sie wiederverwendet werden können.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Der Kußmaul-Atmung liegt eine metabolische Azidose zugrunde. Diese wird mithilfe einer Blutgasanalyse festegstellt. Bei dieser Analyse wird der pH-Wert sowie die Konzentration an Sauerstoff und an Kohlendioxid im Blut bestimmt. Der pH-Wert eines Erwachsenen sollte zwischen 7,35 und 7.45 liegen. Der Kohlendioxid-Partialdruck liegt normalerweise bei 35 bis 45 mm. Es kann auch zu einer sogenannten kompensierten Übersäuerung kommen.
Dann liegt der pH-Wert im Normalbereich, die anderen Werte der Analyse weisen jedoch auf eine Störung hin. Zusätzlich kann auch der pH-Wert des Urins ermittelt werden, um den Betroffenen auf eine mögliche Azidose hin zu testen. Im Verlauf der Azidose kommt es zu einem Sauerstoffmangel. Die Organe werden nicht mit genϋgend Sauerstoff versorgt. Um den erhöhten Säuregehalt auszugleichen, gibt der Körper vermehrt Wasser ab.
Die verstärkte Säuerung des Körpers kann zu einer Tachykardie (Herzrasen) fϋhren. Weitere Folgeerscheinungen sind eine Störungen des Bewusstseins, eine Verringerung des Blutdrucks, Osteoporose, rheumatische Arthritis, Arteriosklerose und Erkrankungen des Herzens. Bei der Arteriosklerose handelt es sich um die Arterienverkalkung, welche zu einem Herzinfarkt führen kann. Rheumatische Arthritis ist eine Erkrankung der Gelenke, welche oft mit zunehmenden Alter in Erscheinung tritt.
Komplikationen
Beschwerden an der Leber sind im Allgemeinen gefährlich und können im schlimmsten Fall zum Tode des Betroffenen führen. Auch der Stoffwechsel des Patienten ist durch die Kußmaul-Atmung eingeschränkt, sodass es zu Störungen der Verdauung und zu weiteren Beschwerden kommt. Die Lebensqualität des Patienten wird durch diese Krankheit deutlich verringert. Nicht selten führen die Beschwerden auch zu psychischen Erkrankungen oder zu Depressionen.
Weiterhin kommt es nicht selten zu Herzrasen und zu Störungen des Bewusstseins. Die Patienten können ohnmächtig werden oder in ein Koma fallen. Die Behandlung der Kußmaul-Atmung wird mit Hilfe von Medikamenten durchgeführt. Komplikationen treten in der Regel nicht auf. Allerdings ist auch die Behandlung der Grunderkrankung notwendig, damit es nicht zu weiteren Folgeschäden kommt.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wer bei sich einen starken Mundgeruch bemerkt, der sich durch strikte Mundhygiene nicht beheben lässt, sollte den Haus- oder Zahnarzt aufsuchen. Treten begleitend dazu Anzeichen einer Vergrößerung der Leber auf (etwa Leberschmerzen oder Gelbsucht), muss umgehend mit einem Mediziner konferiert werden. Starke Müdigkeit, Atembeschwerden und eine verringerte Belastbarkeit sind weitere Warnzeichen, die einer sofortigen Abklärung bedürfen. Bei Herz-Kreislauf-Beschwerden oder Hyperventilation muss der Notarzt gerufen werden bzw. muss der Erkrankte eine Klinik aufsuchen.
Patienten, die an Diabetes, alkoholischer Ketoazidose, chronischer Diarrhö oder einer Niereninsuffizienz leiden, sind besonders anfällig für die Entstehung einer Kußmaul-Atmung. Auch im Rahmen von Morbus Addison und einer Laktatazidose treten die Beschwerden auf. Personen, die Teil dieser Risikogruppen sind, begeben sich am besten direkt in die Arztpraxis, damit etwaige Komplikationen abgeklärt und umfassend behandelt werden können. Während der Behandlung muss sich der Patient regelmäßig zum Arzt begeben. Da die metabolische Azidose immer wieder auftreten kann, sind auch nach der Behandlung weitere Untersuchungen notwendig.
Behandlung & Therapie
Die metabolische Azidose wird je nach Ursache mit verschieden Therapien behandelt. Bei Diabetes mellitus kommt es zur Verabreichung von Insulin. Bei einer Übersäuerung des Atems wird das respiratorische System direkt behandelt. Dies geschieht mit Bronchospasmolytika, einem Medikament, das zu einer Weitung der Bronchien führt.
Das Bronchialsystem der Lunge beinhaltet die Luftwege, welche die ein- oder ausgeatmete Luft in der Lunge nimmt. Zur Behandlung der metabolischen Azidose werden Puffersubstanzen verabreicht, um den pH-Wert wieder zu normalisieren. Tris-Puffer oder Natriumbikarbonatlösungen sind solche Puffersubstanzen. Kommt es zu einer Azidose aufgrund einer Niereninsuffizienz, wird diese mithilfe eine Dialyse, behandelt.
Aussicht & Prognose
Die Kußmaul-Atmung ist eine bestimmte Art der Atmung. Diese wird durch eine diabetesbedingte oder eine metabolische Azidose des Körpers verursacht. Die damit verbundene Hyperventilation weist auf ein ernsthaftes und umgehend medizinisch zu versorgendes Problem hin. Die Kußmaul-Atmung stellt den Versuch des übersäuerten oder komatösen Organismus dar, durch umfangreiches Abatmen von Kohlendioxid einen Ausgleich zur Azidose zu schaffen.
Wenn diese sehr tiefe Hyperventilations-Atmung nicht korrekt als das erkannt wird, was sie ist, droht dem Betroffenen ein Koma und anschließend der Tod. Die Betroffenen leiden meistens an Diabetes vom Typ 1, sehr selten an Diabetes Typ 2. Ein diabetisches Koma, das mit einer Kußmaul-Atmung einhergeht, ist eine Notfallsituation. Diese bedarf der umgehenden Notarzt-Behandlung. Die Ursache der Kußmaul-Atmung ist oft in einer schweren Hypoglykämie zu sehen. Es kann jedoch auch eine Ketoazidose vorliegen, die an einem Aceton-Geruch aus dem Mund des Betroffenen erkennbar ist.
Die Notfallmaßnahmen bei Eintreten der Kußmaul-Atmung müssen berücksichtigen, dass der Betroffene sich möglicherweise zu viel Insulin verabreicht hat. Alternativ hat er nicht genügend Nahrung aufgenommen. Die Prognose ist bei sofortigen Notfall-Maßnahmen gut. Schlecht ist sie, wenn nicht umgehend Hilfe geholt wird. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Patient alleine lebt und seinen schleichend eingetretenen Zustand nicht wahrnehmen kann.
Vorbeugung
Die metabolische Azidose und damit auch die Kußmaul-Atmung können vermieden werden, wenn die zugrundeliegenden Erkrankungen behandelt werden, die zu einer Übersäuerung des Körpers fϋhren. Funktionsstörungen der Lunge sowie Diabetes mellitus und Niereninsuffizienz mϋssen frϋhzeitig behandelt werden, um eine Azidose zu vermeiden.
Zusätzlich ist eine gesunde Ernährung und ein gemäβigter Genuss von Alkohol ratsam, um dem Auftreten der Azidose und der Kußmaul-Atmung zuvorzukommen. Auch eine ausreichende Menge an Flϋssigkeit, vorwiegend Wasser, wirkt sich positiv auf den Gesundheitszustand aus.
Nachsorge
Bei der Kußmaul-Atmung erweist sich eine Nachsorge in den meisten Fällen als relativ schwierig, wobei dem Betroffenen in vielen Fällen gar keine besonderen Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung stehen. Bei dieser Krankheit sollte daher schon früh ein Arzt aufgesucht werden, damit keine weiteren Beschwerden auftreten. Nur durch eine frühe Diagnose können Komplikationen verhindert werden, sodass der Betroffene idealerweise schon bei den ersten Anzeichen der Kußmaul-Atmung in Behandlung begibt.
Eine Selbstheilung kann dabei in der Regel nicht eintreten. Die meisten Betroffenen sind auf die Einnahme von unterschiedlichen Arzneimitteln angewiesen. Dabei sollten immer die Anweisungen des Arztes beachtet werden. Bei der Einnahme ist ebenso auf eine richtige Dosierung und weiterhin auch auf eine regelmäßige Einnahme der Medikamente zu achten.
Da bei der Kußmaul-Atmung auch Diabetes behandelt werden muss, sollten Betroffene auf ihre Ernährung achten und gegebenenfalls auch einen Ernährungsplan von einem Arzt einhalten. Der weitere Verlauf der Erkrankung ist stark vom Zeitpunkt der Diagnose abhängig, sodass eine allgemeine Voraussage in der Regel nicht gegeben werden kann. Allerdings schränkt die Kußmaul-Atmung in vielen Fällen die Lebenserwartung des Betroffenen erheblich ein.
Das können Sie selbst tun
Patienten, bei denen eine Kußmaul-Atmung diagnostiziert wurde, sollten sich zur Abklärung der Ursachen an einen Facharzt wenden. Je nachdem, welche Erkrankung der metabolischen Azidose zugrunde liegt, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um die Beschwerden zu lindern.
Ist ein Diabetes mellitus ursächlich, muss der Patient regelmäßig Insulin einnehmen. Die wichtigste Maßnahme besteht darin, auf eine gut eingestellte Medikation zu achten und die Risiken für eine Unterzuckerung zu senken. Zudem muss der Lebensstil angepasst werden, um etwaiges Übergewicht zu reduzieren und den Körper insgesamt zu entlasten. Im Gespräch mit dem Facharzt oder einem Ernährungsmediziner können weitere Maßnahmen erarbeitet werden, um die Beschwerden langfristig zu reduzieren. Liegt der Kußmaul-Atmung eine Erkrankung des respiratorischen Systems zugrunde, ist eine medikamentöse Behandlung angezeigt. Atemübungen können zur Weitung der Bronchien beitragen und die Beschwerden langfristig reduzieren.
Sollte der metabolischen Azidose eine alkoholische Ketoazidose oder länger andauerndes Fasten zugrunde liegen, muss die Ernährung bzw. der Lebensstil umgestellt werden. Da diese Beschwerden meist eine psychische Ursache haben, ist begleitend zur ärztlichen Behandlung auch ein Besuch bei einem Therapeuten sinnvoll.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016